Späte Brutzeit und Wegzug 2014 in Süd-Niedersachsen: gemächlich dem Winter entgegen

Bartmeise - M.Siebner
Abb. 1: Bartmeise am Göttinger Kiessee. Foto: M.Siebner

Das Wetter im Berichtszeitraum gestaltete sich, wie sollte es anders sein, wechselhaft. Der Juli war warm und mit elf Gewittertagen noch feuchter als üblich, der August ungewöhnlich kühl, der September sonnig und trocken, der Oktober anfangs golden, später nass, aber immer noch der drittwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1927. Der November verlief mild, windstill und, nun ja, nicht gerade kurzweilig. Gleichwohl gibt es wieder eine Menge zu vermelden, und komplett salzlos war die vogelkundliche Tagessuppe auch diesmal nicht…

Am 30. Oktober flogen fünf Zwergschwäne (4 ad., 1 K1-Ind.) über den Seeanger. Aus regionaler Sicht ist das Datum bemerkenswert früh. Am 22. November trafen zwei Singschwäne an der Geschiebesperre Hollenstedt ein, darunter als alter Bekannter der 2011 in Lettland markierte Vogel (2E94) in seinem dritten Winter in Folge.

Singschwan - L.Söffker
Abb. 2: Lettischer Stammgast im Winterurlaub. Foto: L. Söffker

Ab dem 30. September vagabundiert eine Kanadagans zwischen dem Seeanger, der Geschiebesperre Hollenstedt und dem Leinepolder Salzderhelden. Die übliche Weißwangengans vom Dienst ließ sich am 2. und 3. Oktober an der Kiesgrube Reinshof und in der angrenzenden Feldmark blicken. Vermutlich derselbe Vogel erschien am 4. Oktober an der Geschiebesperre Hollenstedt und verweilte dort bis mindestens zum 18. Oktober.

Weißwangengans - M.Siebner
Abb. 3: Weißwangengans an der Kiesgrube Reinshof. Foto: M. Siebner

Eine am 2. Juni 2012 bei Chomutov in Tschechien als männlicher Nestling markierte (rote Halsmanschette I29) Graugans hielt sich im August an der Alten Rosdorfer Tongrube bzw. an der Geschiebesperre Hollenstedt auf. Damit liegt der zweite Nachweis einer Graugans aus dem tschechischen Beringungsprojekt vor: Im Januar 2009 konnte ein am 7. Juni 2008 bei Prag gekennzeichneter Vogel (B14) an der Geschiebesperre abgelesen werden.

Die Nilgans legte ordentlich nach: Ab dem 19. Juli machte sich im Seeanger eine Familie mit fünf oder sechs Jungen bemerkbar, von denen vier die Flugfähigkeit erreichten. Anfang August schlüpften aus einem Gelege am Seeburger See (Rotmilannest) drei Junge, die später nicht mehr aufzufinden waren. Am 11. August wurde vom Dorfteich in Falkenhagen eine Familie mit sechs Jungen gemeldet, die später, wohl unter Verlust eines Jungvogels, in die Schweckhäuser Wiesen umzog. Ab dem 15. August bereicherte ein Paar mit drei Jungen, die Ende Oktober fliegen konnten, erstmals die Brutvogelfauna des Göttinger Kiessees. Ab dem 14. September führten im Göttinger Levin-Park zwei Altvögel sechs Pulli (später nur noch vier). Die Jungvögel wurden um den 25. November flügge. Ob es sich um das traditionelle Brutpaar handelt, das bereits im Frühjahr sechs Nachkommen zum Ausfliegen bringen konnte, muss offen bleiben. Gleichwohl ist eine – unter Enten und Gänsen sehr ungewöhnliche – Zweitbrut, die bei dieser Art in klimatisch begünstigten Regionen West- und Süddeutschlands aber öfter vorkommt, nicht auszuschließen. Am 24. Oktober flogen 31 Ind. den Kiessee an, was für Göttinger Verhältnisse einer Invasion gleichkommt. Der traditionelle Spätherbst-Wegzugbestand an der Geschiebesperre Hollenstedt lag bei maximal ca. 130 Ind. und damit erheblich niedriger als im Vorjahr (bis zu 300 Ind.).

Nilgans - M.Siebner
Abb. 4: Noch niedlich und friedlich: Junge Nilgans am Levin-Park. Photo: M. Siebner

Die Brandgans machte sich bis zum Spätherbst rar. Maximal fünf bzw. vier Ind. konnten am 1. Juli am Seeanger und am 6. Juli am Seeburger See ausgemacht werden, später dort bis zum 22. September nur noch ein Einzelvogel. Ein solcher wurde auch Anfang bis Mitte Juli an der Geschiebesperre Hollenstedt gesehen. Eine Brandgans, die am 4. und 5. August die ehemaligen Tongruben Siekgraben beehrte, ist eine lokale Besonderheit. Am 21. November zeigten 13 Ind. auf dem Seeburger See ein jahreszeitlich eher ungewöhnliches Maximum an.

Aus regionaler Sicht ungewöhnlich früh sind zwei Pfeifenten, die am 20. Juli im Seeanger eintrafen. Dies trifft auch auf fünf Spießenten am 18. August ebenda zu. Der Wegzugbestand der Krickente und anderer Schwimmentenarten war im Seeanger an manchen Oktobertagen mit weniger als zehn Ind. ungewöhnlich niedrig bzw. wies starke Schwankungen auf (z.B. 203 Krickenten am 4.10., dagegen am 11. und 12. keine einzige sowie nur sechs bzw. neun Ind. am 18. und 23.10.), die mit der arttypischen Wegzugdynamik nicht erklärt werden können. Ob Prädationsdruck durch Vier- oder Zweibeiner die Ursache war muss offen bleiben. Auffällig ist jedoch, dass in Ufernähe ein neuer Hochsitz installiert wurde. In diesem kleinräumig strukturierten und für Störungen besonders sensiblen Gebiet reicht ein einziger Schuss (auf welches Tier auch immer), um alle Wasservögel in Aufruhr zu versetzen und nachhaltig zu vergrämen…

Vom 26. Oktober bis 26. November hielt sich am Seeburger See eine weibchenfarbene Sichelente auf (T. Meineke u.a.). Der Vogel war scheu und offenkundig unberingt. Damit liegt der erste Nachweis dieser ostpaläarktischen Entenart für Süd-Niedersachsen vor. In der deutschen Artenliste wird die Sichelente als möglicher Gefangenschaftsflüchtling (Kategorie D) geführt. Die zeitweise Bindung des Vogels an Stockenten macht eine wilde Herkunft unwahrscheinlicher als ohnehin schon. Nach einem Masseneinflug von Pfeifenten, unter denen sich der Vogel versteckte, hätte man wenigstens noch spekulieren können. Zudem zeigen (schlechte) Belegfotos auf ornitho.de eine sehr helle Brust und einen für diese Art extrem spitzen Schwanz. Diese abweichenden Merkmale könnten aber auch Artefakte aufgrund des Lichteinfalls am Abend gewesen sein (Anmerkung: Im Feb 2019 bestimmte J.Lehmhus die mögliche Sichelente als wahrscheinlichen Bahama- x Brautententen-Hybrid).

Positives gibt es von den Göttinger Reiherenten zu berichten. Zwar waren die im Vorbericht erwähnten zehn Jungvögel vom Levin-Park Anfang Juli samt Mutter nicht mehr aufzufinden. Jungeführende Reiherenten sind jedoch für ihr manchmal tollkühn anmutendes Abwanderungsverhalten bekannt. Ob sich die Familie über die Grone zur Leine durchschlagen konnte muss dennoch offen bleiben. Am 10. Juli wurde in Höhe des Leineparks ein Weibchen mit vier Jungen entdeckt, das sich einen Tag später etwas weiter südlich aufhielt. Am Kiessee führte ein Weibchen ab dem 11. Juli sechs Kleine, von denen drei selbständig wurden. Am 12. Juli erschienen am Flüthewehr zwei Weibchen mit fünf bzw. acht (später sieben) Jungen.

Reiherente - M.Siebner
Abb. 5: Reiherentenmutter am Flüthewehr mit fünffachem Nachwuchs, der es sich auf einer alten Felge gemütlich macht. Foto: M.Siebner

Dann wurde die Lage unübersichtlich. Die Bruten spalteten sich auf: Die beiden Weibchen verfügten sich mit drei bzw. fünf ihrer Jungen in den Bereich südlich des Wehrs, möglicherweise tauchten sie unter der Absperrung hindurch und ließen den ängstlichen Teil ihres Nachwuchses zurück. Die vier mutterlosen Jungenten hielten sich wacker und trotzten dem enormen Freizeitrummel von planschenden Dauerkläffern und ihrem ebenfalls lautstark agierenden Anhang souverän bis zur Flugfähigkeit. Sehr wahrscheinlich hat es an der Leine eine weitere Brut gegeben, denn es wurde zweimal nahe der Stegemühle ein Weibchen mit sechs bzw. fünf Jungen gesehen, die altersmäßig nicht zu den anderen passten. Sechs erfolgreiche Bruten mit hohem Ausfliegeerfolg sind das beste Ergebnis seit Jahren. Auch am Seeanger kam es zu zwei erfolgreichen Bruten mit vier bzw. drei Jungen.

Frühe Schellenten im Jugendkleid tauchten am 6. August am Göttinger Kiessee und zu zweit am 18. August am Seeburger See auf. Die Tradition scheint sich zu verfestigen (vgl. die Vorjahresberichte auf dieser Homepage).

Früh dran waren auch vier junge Gänsesäger am 14. August auf dem Seeburger See. Ob sie unweit unserer Region erbrütet wurden muss (wieder einmal) offen bleiben. Ihre Mutter war mit Sicherheit nicht das flugunfähige Göttinger Weibchen „Wilma“, das den Sommer und Herbst an der Geschiebesperre Hollenstedt verbrachte und ab Anfang Juli Gesellschaft von einer Artgenossin bekam. Auch bei dieser Art hat sich das jahreszeitlich frühe Auftreten offensichtlich zur Tradition gemausert.

Am 21. Juli ließ sich im Bratental bei Gö.-Nikolausberg eine Wachtel vernehmen. Ansonsten: Fehlanzeige in einem offenbar sehr schlechten Jahr für diese Art.

An den Husumer Teichen konnte sich wie in den Vorjahren ein Paar des Zwergtauchers mit zwei Jungen erfolgreich fortpflanzen. Am Seeanger kam es zur Brut eines zweiten Paars, das einen Jungvogel hochbrachte.

An der Northeimer Seenplatte (Kiesteiche, Großer Freizeitsee, Abbaugewässer zwischen dem Freizeitsee und Höckelheim – „Wunderteiche“) schritten elf Paare des Haubentauchers zur Brut. Produktiv waren sie nur an den Kiesteichen. Hier konnten sechs von neun Brutpaaren mit insgesamt 16 Jungen Erfolg vorweisen. An den Thiershäuser Teichen brachte ein Paar zwei Bruten mit jeweils drei Jungen zum Ausfliegen.
Am Göttinger Kiessee konnte ein Rekordbestand von sieben Paaren ermittelt werden, die insgesamt 15 Bruten unternahmen. Davon verliefen jedoch nur sechs (darunter mindestens zwei Zweit- bzw. Schachtelbruten) mit insgesamt sieben bis acht Jungvögeln erfolgreich, von denen die letzten Ende Oktober flügge wurden. Die Vögel brüten jetzt vermehrt auf Ästen, die ins Wasser ragen. Hier sind sie dem Freizeitrummel durch Wassersportler und normale Bootsfahrer noch stärker ausgesetzt als im Röhricht. Spätestens nach der traditionellen Regatta Ende Mai hatten vier Paare das Gebiet wieder verlassen. Mit der Inbetriebnahme von zwei Drachenbooten ab 2015, die jeweils mit 20 Ruderern, einem Trommler und einem Steuermann bestückt werden, dürfte sich ihre Situation weiter verschlechtern. Darüber ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen (vgl. Göttinger Tageblatt vom 20.10. und 13.11.)…

Haubentaucher - S.Hilmer
Abb. 6: Haubentaucher mit Nachwuchs aus zwei Bruten. Foto: S. Hillmer

Am Seeburger See waren mindestens 18 Paare präsent. Drei Bruten ab Anfang Mai im Schilfgürtel wurden bis Ende des Monats wieder aufgegeben. Ab Juni erfolgten mindestens 15 Bruten, wie in den letzten beiden Jahren alle auf den im Frühsommer tragfähigen Blättern von See- und Teichrosen. Mindestens elf Bruten verliefen erfolgreich, wenngleich in der Regel mit nur einem bzw. zwei selbständig gewordenen Jungen.

Am 17. November rastete ein Rothalstaucher an den Northeimer Kiesteichen, dem am 22. November gleich fünf Artgenossen folgten. Am 9. Oktober hielt sich ein Ohrentaucher ebenda auf.

Am 26. November zog ein junger Prachttaucher vom Northeimer Freizeitsee an den Fischzuchtteich an der B 3 um, wo er auch an den Folgetagen bis zum Monatsende gesehen wurde.

Prachttaucher - B.Bartsch
Abb. 7: Prachttaucher an den Northeimer Kiesteichen. Foto: B. Bartsch

Am 12. Oktober und 6. November ließ sich am Seeburger See eine Rohrdommel erblicken. Am 12. Juli flog eine männliche Zwergdommel über ebendieses Gewässer. Ihr folgte am Abend des 20. Juli ein immaturer Nachtreiher.

Silberreiher auf dem Wegzug waren im Oktober/November mit bis zu 130 Ind. im Leinepolder Salzderhelden gut vertreten. Am 19. September hielt sich an der Geschiebesperre Hollenstedt ein Ind. mit storchenroten Beinen und schmalem schwarzen Schnabel (modesta-Typ) auf. Über den Winterbestand wird später zu berichten sein. Im Vergleich zu dem des weißen Vetters nimmt sich das Maximum von 51 Graureihern am 3. September im Seeanger beinahe mickrig aus.

Nach der Brut in Lütgenhausen (vgl. den Vorbericht) scheiterten im Landkreis Göttingen auch die Neuansiedlungen des Weißstorchs in Seulingen und Westerode. Von drei Jungvögeln in einem Nest bei Wollbrandshausen überlebte nur einer, der erst Anfang September flügge wurde. In Obernfeld (Neuansiedlung), Gieboldehausen und im Seeanger erlangten jeweils drei Jungvögel die Flugfähigkeit, in Seeburg zwei. Aktuell halten sich im Leinepolder Salzderhelden und Umgebung bis zu sechs Ind. auf, bei gedeihlicher Witterung könnte es hier zu Überwinterungen kommen.

Am 8. August rasteten im Seeanger gleich sieben junge Schwarzstörche. Von drei Jungvögeln, die einen Tag später zusammen mit einem Altvogel dort standen, waren zwei beringt. Eine Ablesung war wegen der großen Entfernung nicht möglich.

Am Seeburger See hielt es ein Fischadler bis (mindestens) zum 6. November aus. An diesem späten Datum zog auch einer über das Kerstlingeröder Feld, der nicht identisch mit dem Seeburger Vogel war.

Späte Wespenbussarde traten am 18. Oktober über der Göttinger Innenstadt und am Seeanger in Erscheinung. Außergewöhnlich spät dran war ein Ind., das am 28. Oktober über die ehemaligen Tongruben Siekgraben nach Südosten flog.

Wespenbussard - V.Lipka
Abb. 8: Wespenbussard, hier ein Weibchen. Foto: V. Lipka

Fotografisch belegt und bereits bei der Deutschen Avifaunistischen Kommission (DAK) dokumentiert ist Süd-Niedersachsens erste Steppenweihe (im ersten Kalenderjahr, wegen der kräftigen Statur wohl ein Weibchen) vom 23. und 24. August am Wüsten Berg südlich von Göttingen (L. Söffker, S. Paul). Ihr folgte am 10. September im Leinepolder Salzderhelden ein altes Männchen. Zuvor gab es nur zwei Wahrnehmungen vom 8. April 1977 bei Ebergötzen (ad. M.) und vom 11. April 1993 bei Northeim (ziehendes W.), die nicht bei den damaligen Kommissionen dokumentiert wurden und nicht als valide Nachweise gelten können (vgl. Dörrie 2010).

Steppenweihe - L.Söffker
Abb. 9: Junge Steppenweihe am Wüsten Berg. Foto: L. Söffker

Den Wegzug der Kornweihe eröffnete am 28. August am Seeanger ein Männchen im dritten Kalenderjahr. Danach wurden bis dato bei ornitho 54 Ind. gemeldet (17 M., neun W., 21 wf./K1-Ind. und sieben Ind. ohne Alters- und/oder Geschlechtsangabe). In dieser hohen Zahl sind jedoch etliche Mehrfachmeldungen identischer Vögel aus dem Leinepolder enthalten, wo ab Mitte November bis zu sieben Ind. über einen längeren Zeitraum einen Schlafplatz bezogen. Deshalb kann das reale Vorkommen auf ca. 30 Vögel beziffert werden, was immer noch eine ganze Menge ist. Das gute Mäusejahr macht’s möglich.

Vom 19. Oktober bis 15. November ließ sich im Leinepolder eine junge Rohrweihe beobachten (immer derselbe Vogel?). Aus regionaler Sicht bemerkenswert spät ist auch ein weibchenfarbenes Ind. am 10. November im Seeanger.

Der Habicht, Vogel des Jahres 2015, ist in der Regel nicht einfach zu beobachten. Derzeit hält sich ein Jungvogel im Göttinger Kiessee-Leinegebiet auf und kann mit einiger Garantie beim Aufmischen von Rabenkrähen bestaunt werden.

Der Reigen später Greifvögel wird von einem jungen Schwarzmilan am 21. Oktober im Leinepolder Salzderhelden fortgesetzt. Bemerkenswert ist auch ein später Trupp von 13 Ind., der am 27. September über den Seeanger zog.

Am 26. November wurde im Leinepolder ein junger Seeadler von einer Kornweihe und einem Mäusbussard gemobbt.

Am 3. (ad. M.) und 15. November rasteten im Leinepolder einzelne Raufußbussarde. Im Oktober und November zogen 291 Mäusebussarde über das Kerstlingeröder Feld. Herausragende Zugtage waren der 6. November (74 Ind.) und der 7. November (63 Ind.).

Mäusebussard - L.Söffker
Abb. 10: Raufußbussard? Von wegen… Foto: L. Söffker

Vom Merlin liegen bis dato überdurchschnittliche 29 Beobachtungen von 31 Ind. vor.

Der beispiellose Einflug von Rotfußfalken, der sich in Polen in Trupps von bis zu 800 Vögeln bemerkbar machte und auch im Osten Deutschlands für Rekordzahlen sorgte, machte auch vor unserer Region nicht halt. Nachweise liegen vom 4. September aus dem Leinepolder Salzderhelden (M.) vor, vom 16. September am Seeburger See (W.), vom 19. September im Leinepolder (K1) und in der Feldmark Hohnstedt (K1, möglicherweise identisch), vom 25. September an der Geschiebesperre Hollenstedt (K1) sowie vom 26. September wiederum aus dem Leinepolder (K1).

Vom Kranich gibt es interessante Neuigkeiten. Während übersommernde Vögel im Leinepolder nicht mehr ungewöhnlich sind (2014 vier bis fünf Ind.), ist die Beobachtung eines Paars (?) im Mecklenbruch im Solling (knapp im Landkreis Holzminden, 500 m ü.NN) sehr bemerkenswert. Die Vögel hielten sich dort im Mai auf und waren mit einiger Wahrscheinlichkeit identisch mit zwei Ind.,, die am 13. Juli in einem Wiesental südwestlich von Neuhaus gesehen wurden. Die nicht geringe Entfernung zum Mecklenbruch deutet darauf hin, dass es sich nicht um einen behinderten Vogel samt treu ausharrendem Partner gehandelt hat. Als Mittelgebirgsvogel zur Brutzeit dürfte der Kranich eine singuläre Erscheinung sein, zumindest in Mitteleuropa.
Am 4. und 5. September hielten sich sieben Ind. im Seeanger auf, am 5. September wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit dieser Trupp über dem Kerstlingeröder Feld nach Südwesten ziehend gesehen. Nach dieser frühen Ouvertüre plätscherte der Wegzug an den meisten Tagen vor sich hin. Während Anfang November über Hessen Massenzug von Zehntausenden Vögeln stattfand, lagen die Zahlen im Landkreis Göttingen durchweg im zwei- bis dreistelligen Bereich. Dies änderte sich erst am 9. November, als ca. 10.000 Ind. in breiter Front die Region überflogen.

Kranichzug - ornitho.de
Abb. 11: Kranichzug am 9. November. Im Vergleich mit dem westlichen NRW/Ruhrgebiet (Abzug von der Diepholzer Moorniederung) sind die süd-niedersächsischen Zahlen ein Klacks. Über Deutschland haben sich zwei Korridore (blau) etabliert. Unsere Region (grüner Punkt) liegt an den meisten Tagen irgendwie dazwischen… Quelle: ornitho.de

Im Leinepolder hat sich, wohl als Folge des „Märzwinters 2013“, eine Rasttradition herausgebildet. Hier hielten sich ab Ende Oktober bis in die erste Novemberdekade bis zu 1200 Vögel auf. Als Besonderheit sind 64 Kraniche zu vermerken, die vom 2. bis 3. November auf der Drachenwiese am südlichen Göttinger Stadtrand die Nacht verbrachten und am Morgen weiterzogen.

Wasserrallen grunzten in vielen Feuchtgebieten zahlreich um die Wette. An Leine und Landwehrgraben am südlichen Göttinger Stadtrand, wo wieder einmal das Flüthewehr repariert wurde, ließen sich ein bis zwei Ind. auf den Schlammflächen optimal beobachten.

Wasserralle - M.Siebner
Abb. 12: Wasserralle nahe dem Flüthewehr. Foto: M. Siebner

Wachtelkönige hatten im Leinepolder Salzderhelden mit bis zu 25 Rufern ein ordentliches Jahr (vgl. den Vorbericht). Ein flügger Jungvogel zeigte am 6. August zudem eine erfolgreiche Reproduktion an. Dagegen bestätigten (nur) zwei Beobachtungen einzelner Tüpfelsumpfhühner am 4. Juli im Leinepolder und am 10. September im Seeanger das schwache Auftreten in diesem Jahr.

Der Kiebitz rangiert in unserer trostlosen Agrarlandschaft nur noch als spärlicher Wegzug-Rastvogel. Das Maximum wurde am 3. November mit 320 Ind. im Leinepolder erreicht.
Am 21. August ließen sich drei junge Mornellregenpfeifer auf dem Plateau des Wüsten Bergs südlich von Göttingen nieder, am Folgetag kam ein Altvogel dazu. Dieser Trupp blieb bis zum 24. August. Vom 28. bis 31. August rasteten dort vier Jungvögel. Am 25. August geriet in der Feldmark bei Gö.-Elliehausen ein abfliegender Vogel in den Blick.

Mornellregenpfeifer - V.Hesse
Abb. 13: Mornellregenpfeifer am Wüsten Berg. Foto: V. Hesse

Am 27. August und 8. September statteten die einzigen Regenbrachvögel der Saison dem Seeanger bzw. dem Leinepolder einen kurzen Besuch ab. Mit sechs Ind. erreichte der Große Brachvogel am 4. September im Seeanger ein eher mageres Maximum.

Bis dato liegen aus dem Berichtszeitraum zwölf Beobachtungen der Waldschnepfe vor, die bis auf zwei (6. Oktober am Diemardener Berg und 14. Oktober auf dem Kerstlingeröder Feld) alle aus dem Kaufunger Wald stammen.

Am 9. November flogen im Stockhäuser Bruch südlich von Göttingen sechs Zwergschnepfen vor einer ausgebüxten Schafherde auf. An den ehemaligen Tongruben Siekgraben waren ab Ende Oktober bis zu drei Vögel präsent.

Siekgraben - M.Siebner
Abb.: Abb. 14: Schnepfenparadies am Siekgraben. Foto: M. Siebner

Aus dem Leinepolder Salzderhelden liegt vom 6. Oktober die (recht späte) Beobachtung einer Doppelschnepfe vor. Nach Anerkennung durch die DAK wäre dies der vierte regionale Nachweis nach einem Ind. im Mai 1992 an der Geschiebesperre Hollenstedt, einem im Mai 1998 im Leinepolder kurz balzenden Männchen und zwei balzenden Männchen Anfang Mai 2007 im Seeanger. 45 Bekassinen zeigten am 27. Oktober im Leinepolder ihr Maximum an, das dort recht spät am 17. November mit 43 Ind. nur knapp unterboten wurde. Anderswo lagen die Zahlen deutlich darunter, auch im Seeanger, wo hoher Wasserstand die Erfassung erschwerte.

Ein Odinshühnchen (ad. W.) rastete am 4. Juli im Leinepolder. Ein Thorshühnchen (wohl K1) vom 11. Oktober auf dem Seeburger See ist, nach Beobachtungen 2004 und 2005, bereits der dritte Nachweis für das naturtrübe Auge des Eichsfelds.

Thorshühnchen - M.Siebner
Abb. 15: Thorshühnchen auf dem Seeburger See. Foto: M. Siebner

Mindestens 23 Flussuferläufer am 21. Juli auf dem großen Steg des Seeburger Sees sind ein typisches Maximum an einem typischen Datum. Maximal 25 Bruchwasserläufer am 25. Juli im Seeanger sind alles andere als üppig, der spätere Jungvogel-Wegzug machte sich faktisch kaum bemerkbar. Dies trifft auch auf die Höchstzahl von 15 Waldwasserläufern am 10. Juli ebenda zu. Beim Grünschenkel, von dem ganze sieben Beobachtungen mit maximal vier Ind. am 21. August an der Geschiebesperre Hollenstedt vorliegen, fällt die Bilanz singulär dünn aus, beim Dunklen Wasserläufer mit maximal elf Ind. am 16. September im Seeanger nur unwesentlich besser. Kampfläufer waren mit maximal 13 Ind. am 6. September im Seeanger ebenfalls nur recht schwach vertreten. Einzelne Zwergstrandläufer traten in ebendiesem Gebiet am 29. August, vom 4. bis 8. September sowie am 5. Oktober auf, ein Sichelstrandläufer am 19. und 21. September an der Geschiebesperre Hollenstedt. Damit verglichen signalisierten zwölf Alpenstrandläufer am 7. September im letztgenannten Gebiet fast schon einen Masseneinflug, anderswo lagen die Zahlen durchweg im niedrigen einstelligen Bereich. Für Limikolen-Aficionados dürfte dieser Herbst eine ziemliche Tortur gewesen sein.

Alpenstrandläufer - M.Siebner
Abb. 16: Alpenstrandläufer an der Kiesgrube Reinshof. Foto: M. Siebner

Eine Raubmöwe, entweder Schmarotzer- und Spatelraubmöwe, zog am 17. September in einiger Entfernung westlich des Seeangers nach Südwesten. Obwohl ein Belegfoto vorliegt (siehe ornitho.de), konnte der Vogel unbestimmt seinen Weiterflug fortsetzen.

Zwergmöwen machten sich vom 11. September bis 26. Oktober mit insgesamt vier Vögeln (drei am Seeburger See, einer an der Kiesgrube Reinshof) nur spärlich bemerkbar. Unter den Hunderten Lachmöwen im Herbst am Seeburger See waren zwei Vögel mit tschechischen Metallringen nicht vor der Entdeckung gefeit.

Die einzige Schwarzkopfmöwe der Saison, ein Jungvogel, wurde am 20. Juli am Seeburger See gesichtet. Damit verfestigt sich das ungewöhnlich schwache Auftreten der letzten Zeit.

Mittelmeermöwen beehrten den Seeburger See am 10. Juli mit zwei Jungvögeln sowie am 25. Juli und 7. September mit je einem Altvogel. Ein bemerkenswerter Trupp von 28 Weißkopfmöwen, die am 29. August über Ebergötzen nach Nordwesten zogen, bestand mehrheitlich aus jungen Mittelmeermöwen.

MittelmeermÃöwe - M.Siebner
Abb. 17: Junge Mittelmeermöwe am Seeburger See. Foto: M. Siebner

Eine Steppenmöwe im zweiten Kalenderjahr flog am 9. November über den Göttinger Kiessee. Zwei Ind. besuchten am 10. November die Geschiebesperre Hollenstedt. Ihnen folgte am 23. November ebenda ein Altvogel.

Von der Trauerseeschwalbe gibt es vom 2. Juli bis 29. August Beobachtungen von sechs Einzelvögeln. Bis auf einen Jungvogel, der es immerhin drei Tage am Göttinger Kiessee aushielt, stammen alle vom Seeburger See. Zwei Flussseeschwalben ließen sich am 12. Juli vom erotisierenden Ambiente des Seeburger Sees hinreißen und kopulierten auf einer Boje.

Am 13. Juli balzte im Solling südwestlich von Neuhaus eine Turteltaube. Die einzige Wegzugbeobachtung datiert vom 28. August an der Kiesgrube Reinshof. Auch der Bestand der Türkentaube geht in unserer Region stark zurück, deshalb sind 27 Ind. am 21. November am Ortsrand von Thüdinghausen (Landkreis Northeim) bemerkenswert. Im Landkreis Göttingen dürften solche Zahlen der Vergangenheit angehören.

Am 27. Juli zeigten am Birkenberg bei Gelliehausen zwei junge Waldohreulen eine (weitere) erfolgreiche Brut an. Im Oktober wurde der Planbeobachter vom Kerstlingeröder Feld beim Dienstantritt mehrfach von bis zu vier neugierigen Federohren empfangen. Am 25. und 26. November saßen drei Ind. in Gebüschen am Ufer des Northeimer Freizeitsees; ob es sich um einen dauerhaften Schlafplatz handelt bleibt abzuwarten. Das traditionelle Winterquartier im Ortskern von Sülbeck am Leinepolder ist wieder von bis zu sieben Vögeln besetzt.

Waldohreule - B.Riedel
Abb. 18: Waldohreule in Sülbeck. Foto: B. Riedel

Bis dato liegen aus dem Zeitraum vom 20. September bis 14. November beachtliche sechs Beobachtungen der Sumpfohreule vor, vier aus dem Leinepolder (dort sogar zwei Ind. am 15. November) und je eine vom Gelände des Göttinger GVZ III und aus der Feldmark Geismar-Süd.

Am 31. August saß auf einem Hausdach in Bördel ein Wiedehopf.

Abseits des Kerstlingeröder Felds, wo er sich mit ein bis zwei Ind. bis zum 31. August aufhielt, gibt es (nur) zwei Wegzugbeobachtungen vom Wendehals, vom 31. August bei Mariaspring/Bovenden und vom 19. September am Ortsrand von Tiftlingerode.

Raubwürger gerieten am 1. Oktober in der Feldmark Geismar, am 21. Oktober in der Feldmark Reinshof sowie am 25. Oktober und am 13. November am Diemardener Berg ins Blickfeld. Die traditionellen Wintergäste im Leinepolder Salzderhelden und auf dem Kerstlingeröder Feld trafen am 15. November bzw. am 29. Oktober dort ein.

Eine Saatkrähe war am 14. August in der Feldmark nahe dem Northeimer Freizeitsee früh dran. Mit 73 Ind. wurde der größte ziehende Trupp am 27. Oktober vom Göttinger GVZ III-Gelände gemeldet. Wie üblich verbirgt sich unter den Rabenkrähen, die allabendlich ihren Schlafplatz in der Göttinger Nordstadt ansteuern, (nur) eine Handvoll Saatkrähen.

Saatkrähe - M.Siebner
Abb. 19: Saatkrähe am Siekgraben. Foto: M. Siebner

In zweifacher Hinsicht bemerkenswert ist eine Nebelkrähe, die in und um Göttingen ihren Geschäften nachgeht. Zum einen ist dieses Taxon mittlerweile in unserer Region eine Rarität, zum anderen datiert die Erstbeobachtung singulär früh auf den 3. August.

Beutelmeisen wurden am 15. Juli am Seeanger (zwei K1-Ind.) und am 28. Juli an der Geschiebesperre Hollenstedt (vier, darunter zwei K1-Ind.) notiert. Aus der eigentlichen Wegzugperiode liegt keine Beobachtung vor.

Zwischen dem 10. Oktober und 1. November zogen an sieben Beobachtungstagen 635 Kohlmeisen über das Kerstlingeröder Feld, die maximale Tagessumme betrug 163 Ind. am 10. Oktober. Aus einem Trupp von zehn Ind., die am 18. Oktober am Göttinger Kiessee nach Südwesten zogen, war der dreisilbige „Invasionsruf“ nordöstlicher Vögel zu hören.

Aus dem Zeitraum vom 27. September bis 9. November liegen 27 Beobachtungen von insgesamt mindestens 199 Heidelerchen vor. Mit 30 Ind. am 4. Oktober über dem Kerstlingeröder Feld war die maximale Tagessumme nicht gerade üppig. Dies trifft auch auf die Feldlerche zu, die am 5. Oktober am Waldrand bei Gö.-Herberhausen mit 296 ziehenden Ind. ihr Maximum erreichte.

Bartmeisen waren in diesem Herbst in ganz Deutschland gut vertreten, auch in Süd-Niedersachsen. Im Leinepolder Salzderhelden machten sich die ersten (drei) Vögel bereits am 17. Juli bemerkbar. Im Oktober waren dort bis zu zwölf Ind. präsent, im Seeanger bis zu acht. Im letztgenannten Gebiet machten am 23. November zwei Ind. (wieder?) auf sich aufmerksam. Am Göttinger Kiessee, wo zuvor der einzige Nachweis aus dem Jahr 1976 (!) stammt, zog ein Trupp von bis zu acht Ind. (darunter drei Männchen) vom 9. bis 11. Oktober viele Beobachter an. Trotz Ruffreudigkeit, geringer Beobachtungsdistanz und Ausdehnung des Röhrichts waren die dicht über dem Wasser herumwuselnden Kerlchen oft nicht einfach zu entdecken.

Am 9. September ließ sich am Seeanger ein junger Seggenrohrsänger nur für zehn bis 15 Sekunden erspähen. Nach Anerkennung durch die DAK (bei der die Beobachtung dokumentiert ist) wäre dies der erste Nachweis in der Region nach einem Vogel im August 2006 am Diemardener Berg. Aus der Zeit vor dem enormen Bestandsrückgang in den Brutgebieten liegen bis 1975 13 Nachweise vor. Am 16. Juli machte sich am Göttinger Kiessee ein Drosselrohrsänger akustisch ähnlich kurz bemerkbar.

Obwohl die nächsten Brutgebiete der Sperbergrasmücke in Thüringen und Sachsen-Anhalt von unserer Region nur ca. 50 km entfernt sind/waren, ist dieser Südostzieher eine Megararität, von der nur ein glaubhafter Nachweis vom 25. Mai 1962 am Seeburger See existiert. Ein Jungvogel vom 26. September am Leinepolder stellt daher den ersten Regionalnachweis seit mehr als 50 Jahren dar.

Vom 4. bis 19. Oktober konnten insgesamt 18 Ringdrosseln (davon sieben Männchen) notiert werden, zumeist auf dem Kerstlingeröder Feld, wo sie mit Tagessummen von bis zu sechs Ind. ihr weißes Lätzchen leuchten ließen.

Ringdrossel - M.Siebner
Abb. 20: Rastende Ringdrossel. Foto: M.Siebner

Vom Grauschnäpper, der im Frühjahr in unterdurchschnittlicher Zahl wahrgenommen wurde, liegen im Berichtszeitraum 14 Brutnachweise vor. Das erscheint wenig, ist aber für diese unscheinbare und von vielen Beobachtern ignorierte Art durchaus von Belang.

Beim Gelbspötter hingegen konnte keine Entwarnung gegeben werden, für ihn scheint es ein besonders schlechtes Jahr gewesen zu sein, zumindest auf regionaler Ebene.

Das Maximum von acht rastenden Steinschmätzern am 22. September in der Feldmark Gö.-Geismar wirft ein bezeichnendes Licht auf den enormen Rückgang von (Sing-)Vögeln in der agrarisch geprägten Normallandschaft. Brüten tut diese Ödlandart in der Region wegen fehlender Habitate schon lange nicht mehr.

Abb. 21: Steinschmätzer auf dem Kerstlingeröder Feld. Foto: M. Mooij

Mit einem Haussperling, der am 17. September über das Kerstlingeröder Feld nach Norden flog, liegt ein spektakulärer Erstnachweis für dieses Gebiet vor…

Vom Brachpieper gab es vom 24. August bis 1. September fünf Beobachtungen von insgesamt zehn Vögeln (maximal sechs Ind. am 29. August am Wüsten Berg).
Zwischen dem 17. August und 28. September wurden über dem Kerstlingeröder Feld an 16 Erfassungstagen 1071 ziehende Baumpieper gezählt, noch mehr als im Vorjahr (knapp 800 Ind. an 14 Tagen). Am 25., 27. und 28. August (maximal 278 Ind.) zogen jeweils mehr als 200 Ind.

Vom 16. September bis zum 2. November ließen sich an 16 Tagen ebenda insgesamt mindestens 999 Wiesenpieper zählen, deutlich mehr als im Vorjahr (505 Ind.).

Herausragender Zugtag war der 28. September mit allein mindestens 361 Durchzüglern. Bis dato wurden ganze zehn Bergpieper gemeldet, mit maximal drei Ind. im Leinepolder. An der Geschiebesperre Hollenstedt geriet an mehreren Tagen nur ein Einzelvogel (immer derselbe?) in den Blick. Am Seeanger fehlt die Art wieder einmal, trotz eines Superangebots von Nahrungshabitaten und Schlafplatzstrukturen. Der regionale Rückgang ist evident und kann vielleicht mit den zumeist kalten und schneereichen Wintern der vergangenen Jahre erklärt werden.

Kerstlingeröder Feld - M. Mooij
Abb. 22: Weiter Blick bei der Zugvogelerfassung über dem Kerstlingeröder Feld. Foto: M. Mooij

Über dem Kerstlingeröder Feld wurden vom 23. September bis 10. November an 20 Tagen 25.272 ziehende Buchfinken gezählt. Mit 5790 Ind. war der 10. Oktober der beste Zugtag. An diesem Datum zogen auch 1750 Ind. über den Göttinger Kiessee, die zumindest teilweise identisch gewesen sein könnten. Auch 1520 am 5. Oktober am Waldrand bei Gö.-Herberhausen gezählte Vögel könnten zum Teil in der Tagessumme vom Kerstlingeröder Feld (2806 Ind.) enthalten sein.

Für das tiefe Binnenland äußerst früh ist ein weibchenfarbener Bergfink vom 26. und 30. August an einer Futterstelle in Ebergötzen (Fotobeleg bei ornitho.de). Der Wegzug war auffälliger als sonst. Vom 27. September bis 11. November gerieten über dem Kerstlingeröder Feld an 20 Tagen 13.018 Ind. auf die Zählliste. Herausragender Zugtag war der 24. Oktober mit 4236 Ind. Der größte der zahlreichen Trupps umfasste immerhin 230 Vögel.

Eindrucksvoll verlief am Göttinger Trektelpost auch der Wegzug des Kernbeißers, von dem zwischen dem 17. August und 10. November an 26 Tagen 1410 aktiv ziehende Ind. gezählt wurden (im Vorjahr 1017 Ind. an 17 Tagen).

Der erste und bis dato einzige nordische „Trompetergimpel“ machte sich am 10. November auf dem Kerstlingeröder Feld bemerkbar.

Die Höchstzahl von Girlitzen auf dem Wegzug liegt bei deprimierenden vier Vögeln, die jeweils am 17. September und 4. Oktober an den ehemaligen Tongruben Siekgraben und am 12. Oktober am Waldrand bei Gö.-Herberhausen gesehen wurden. Bei den Planbeobachtungen am Kerstlingeröder Feld gerieten insgesamt nur drei Vögel am 5. Oktober und 1. November ins Visier.

Giritz - MSiebner
Abb. 23: Massenansammlung: Zwei von drei Girlitzen in der Göttinger Weststadt. Foto: M. Siebner

Ein kleiner Lichtblick sind mindestens 250 Stieglitze, die am 9. November im „Jägerparadies“ in der Feldmark Gö.-Geismar eine Rast einlegten. Die zweithöchste Zahl wurde mit 120 Ind. am 27. Oktober im Leinepolder Salzderhelden ermittelt. Wo sind sie geblieben, die großen Schwärme?

Trupps von 100 bzw. 75 Bluthänflingen, die am 29. November am Seeanger bzw. am 25. Oktober am Diemardener Berg rasteten, wären noch vor wenigen Jahren nicht der Rede wert gewesen. Für die aktuelle Wegzugperiode stellen sie die maximalen Rastzahlen dieses ehemaligen Allerweltsvogels dar. Über das Kerstlingeröder Feld zogen vom 27. September bis 19. Oktober an elf Tagen immerhin 547 Ind., maximal 120 Ind. am 10. Oktober. Im Vorjahr waren es mit 769 Ind. deutlich mehr.

Der unverkennbare Rückgang von Charakterarten des Agrarlands könnte zu dem Schluss verleiten, dass dieser Lebensraum für Vögel durchweg unattraktiv geworden ist. Die deutschlandweit steigenden Rastzahlen von Kranichen, Gänsen, aber auch von Rabenvögeln und anderen Ubiquisten belegen jedoch, dass auch Maiswüsten ihre gefiederten Nutznießer finden. Ob die wachsende Biomasse der rastenden Großvögel den europaweiten Schwund von 421 Millionen Vögeln seit 1980, den Forscher der Universität Exeter jüngst errechnet haben (siehe dazu auch dda-web.de vom 6.11.14), zumindest teilweise kompensieren kann, wäre eine Untersuchung wert. Gleichwohl ist der Verlust an Biodiversität – hier passt dieser Begriff, der sich auf die Häufigkeitsverteilung von Arten in einem Lebensraum bezieht ausnahmsweise – enorm, zumal Maisäcker extrem brutvogelarm bis -leer sind. Ein Persilschein für die industriellen Erzeuger von Agroenergie sind Bilanzen, die sich ausschließlich am Gewicht der Vögel orientieren, wohl kaum…

Am 3. November rastete im Leinepolder eine Schneeammer. Am 8. November ließen sich bei einem weitläufigen Rundgang zwischen Werderhof und Diemardener Warte im Süden Göttingens 60 Goldammern als klägliches Maximum zählen. Am 24. August rastete ein Ortolan am Wüsten Berg, einen Tag später einer in der Feldmark westlich von Gö.-Elliehausen. Die Rastzahlen der Rohrammer lagen fast immer im einstelligen Bereich, am 10. Oktober erreichten sie auf dem Kerstlingeröder Feld mit 14 Ind. ein Maximum im Bonsaiformat.

Hans H. Dörrie

Literatur

Dörrie, H.H. (2010): Anmerkungen zur Vogelwelt des Leinetals in Süd-Niedersachsen und einiger angrenzender Gebiete 1980-1998. Kommentierte Artenliste. 3., korrigierte Fassung im pdf-Format

Grünspecht - V.Lipka
Abb. 24: Mach’s gut, Vogel des Jahres 2014! Foto V. Lipka

Dieser Bericht basiert auf Beobachtungsdaten von:

P.H. Barthel, B. Bartsch, M. Bickel, S. Böhner, M. Borchardt, G. Brunken, J. Bryant, M. Corsmann, L. Demand, V. Dierschke, H. Dörrie, K. Dornieden, M. Drüner, H. Edelhoff, M. Fichtler, K. Gimpel, M. Göpfert, E. Gottschalk, C. Grüneberg, W. Haase, D. Herbst, V. Hesse, S. Hillmer, U. Hinz, S. Hohnwald, S. Jaehne, C. Jenewein-Stille, K. Jünemann, R. Käthner, C. Kaltofen, A. Kannengießer, R. Kellner, H.-A. Kerl, J. Kirchner, U. Kormann, M. Korn, M. Kuschereitz, T. Langer, I. Lilienthal, S. Lilje, V. Lipka, T. Matthies, T. Meineke, K. Menge, M. Mooij, M. Otten, S. Paul, L. Pelikan, G. Pfützenreuter, R. Pötzinger, K. Pollmeier, B. Preuschhof, S. Racky, D. Radde, U. Rees, R. Rehm, P. Reus, B. Riedel, V. Rösch, W. Rohlmann, C. Roos, C. Rosbach, H. Schmidt, D. Schomberg, D. Schopnie, M. Seifert, M. Siebner, D. Singer, L. Söffker, R. Spellauge, K. Stey, A. Stumpner, A. Sührig, W. Vogeley, C. Weinrich, H. Weitemeier, und D. Wucherpfennig.