Das Leinetal als riesiges Feuchtbiotop! – der Vogelwinter 2023/2024 in Südniedersachsen

Insgesamt war der vergangene Winter (wieder einmal) „zu mild“. Anfang Dezember und Anfang bzw. Mitte Januar fiel bis zu 20 cm Schnee und die Nachttemperaturen lagen tageweise unter der Marke von -10°C. Diese Kälte- und Schneeperioden waren nur von kurzer Dauer. Im Januar gab es die buchstäbliche Handvoll Frosttage.
Also Bedingungen, die unseren gefiederten Freunden nicht besonders abträglich waren. Alles total normal? Von wegen!

In der Weihnachtszeit sorgte das Sturmtief „Zoltan“ für enorme Regenfälle. Diese kulminierten auf den ohnehin durchnässten Böden in einer Hochwasserlage, wie sie unsere Region – obwohl solche Unwetterereignisse regelmäßig vorkommen – in dieser Dimension selten gesehen hat. Das Hochwasser-Rückhaltebecken Salzderhelden war mit knapp 40 Millionen m³ (!) Wasser randvoll, sogar der Polder V, der sonst ausschließlich landwirtschaftlich genutzt wird, war zum ersten Mal einbezogen. Zahlreiche Straßen waren überflutet. Die Northeimer Kiesteiche gingen ihres Plurals verlustig.
An der Rhume brach ein Damm und die braune Brühe ergoss sich in den Northeimer Freizeitsee. Die touristischen Einrichtungen wurden schwer geschädigt. Dies betraf auch den Seeburger See, dessen Ufer stellenweise, wenn überhaupt, nur mit Wathosen oder Traktoren zu erreichen waren. Die Wasserfläche des Seeangers verdreifachte sich locker. Auch das Leinetal zwischen Bovenden und Northeim glich einer Seenlandschaft. Bei Klein Schneen trat eine Kiesgrube über die Ufer und setzte die weitere Umgebung unter Wasser. Dies war aber nur ein Abglanz der Situation anderswo: Nahezu 30 Prozent der Landfläche Niedersachsens soll unter Wasser gestanden haben, vor allem im Einzugsbereich von Weser, Aller, Hunte und Ems – und das bis weit ins Jahr 2024!
Und Göttingen? Unsere sympathische Metropole kam glimpflich davon. Kein Vergleich mit 1981, als der Rosdorfer Weg ein venezianisch anmutendes Erscheinungsbild bot und die Wassermassen erst am Groner Tor halt machten – nur wenige Meter fehlten und sie hätten die Innenstadt geflutet.

Milde Winter gelten aus vogelkundlicher Sicht als langweilig. Auch der vergangene? Darüber kann sich die Leserschaft ein Urteil bilden. Auf jeden Fall ist wieder eine Unmenge von Daten zusammen gekommen, obwohl das Beobachten von (Wasser-)Vögeln vielerorts nur eingeschränkt möglich war, am Northeimer Freizeitsee z.B. über zwei Wochen gar nicht.

Überflutete Straße
Abb. 1: Land unter: Landesstraße 572 südostlich von Hollenstedt. Foto: Mathias Siebner

Kommen wir zunächst wie üblich zu den Referenzarten von Kurzstreckenziehern, die aus regionaler Sicht traditionell spärliche Wintergäste sind.

Deutlich weniger Feldlerchen als im vergangenen Winter, aber dem langjährigen Trend folgend, wurden im Dezember und Januar gemeldet. Anfang Dezember wurden noch größere Trupps (Feldmark südl. Göttingen: 382, Leineniederung Bovenden: 300, südl. Diemarden: 300) gesehen. Danach ging der Bestand schnell zurück. Mitte Januar konnten nach einem Kälteeinbruch mit Schnee gar keine Lerchen gefunden werden.
Die 58 Zilpzalpbeobachtungen lassen sich wohl auf mindestens 23 Individuen an 19 Orten herunterbrechen. Das Niveau der Vorjahre wurde damit erneut gehalten. Drei Individuen am 12. Januar an der Geschiebesperre Hollenstedt waren die höchste gemeldete Anzahl. Längere Aufenthalte die eine Überwinterung anzeigen könnten gab es an der Geschiebesperre Hollenstedt, im Göttinger Stadtgebiet, dem Seeanger und an den Northeimer Kiesteichen.
Wird die Mönchsgrasmücke möglicherweise zum weniger seltenen Überwinterer in Südniedersachsen als bisher dokumentiert? Winterbeobachtungen an neun verschiedenen Orten liegen zumindest deutlich über dem Mittel der letzten Jahre. Während ein Vogel am 7. Dezember am Göttinger Kiessee noch ein verbummelter Zugvogel gewesen sein könnte, zeigte ein Weibchen mit seinem zwölftägigen Aufenthalt (6. bis 18. Januar) an einer Fütterung in Seeburg deutlich seinen Willen zu bleiben an. Auch in der Göttinger Oststadt deuten Beobachtungen am 7. Dezember und 29. Januar (sogar zwei Tiere) auf eine Überwinterung hin. Februarbeobachtungen an drei verschiedenen Orten im Göttinger Stadtgebiet, sowie in Bremke, Niedernjesa und Duderstadt könnten weitere Überwinterer betreffen.

Abb. 2: Winterliche, einsam vor sich hin singende Mönchsgrasmücke. Foto: Mathias Siebner

39 Beobachtungen des Sommergoldhähnchens weisen augenscheinlich auf einen guten Winterbestand hin. Bei der Betrachtung der zeitlichen Verteilung fällt jedoch auf, dass bis auf drei Dezemberbeobachtungen alle Nachweise aus dem Februar stammen. 29 Beobachtungen fielen auf die Zeit nach dem 15. Februar. Ab diesem Zeitpunkt waren Sommergoldhähnchen in Südniedersachsen an vielen Stellen zu sehen. Möglicherweise zeigt dies eher einen temperaturbedingten frühen Heimzug an und weniger einen hohen Winterbestand. Dies wird auch dadurch bestärkt, dass es keine Beobachtung aus dem Januar gab.
43 Beobachtungen des Hausrotschwanzes zeigen einmal mehr, dass Überwinterungsversuche dieser Art immer mehr zur Regel bei uns werden. Die 50 Beobachtungen aus dem Vorwinter wurden zwar nicht erreicht, trotzdem liegt die Zahl an Beobachtungen im Trend der letzten Jahre. Fünf Individuen am Siekgraben in Göttingen sind die Maximalzahl. Überwinterungen gab es vermutlich am DHL-Verteilerzentrum in  Staufenberg (dort traditionell) und dem Göttinger Innenstadtgebiet.
Singdrosseln gerieten mit 21 Beobachtungen im Dezember und Januar deutlich häufiger als sonst in Erscheinung. Der Rekordwinter 2021/22 mit 32 Beobachtungen wurde trotzdem nicht überboten. Überwinterungen konnten für die im Winter sehr heimliche Art nicht nachgewiesen werden.
76 Heckenbraunellenbeobachtungen mit mindestens 51 Vögeln fügen sich in den Trend der letzten Winter. Die Beobachtungen verteilen sich auf etwas mehr als 30 Orte, wobei der Große Freizeitsee bei Northeim mit maximal acht Braunellen erneut die meisten Individuen beherbergte.
89 Wiesenpieperbeobachtungen an mindestens 29 Orten sind im Vergleich der letzten Jahre ein recht hoher Wert. Größere Trupps wurden nur Anfang Dezember mit maximal 70 Vögeln in der Feldmark nördlich Bovenden gesehen. Nach dem 10. Dezember gingen die Beobachtungen deutlich zurück. Im Januar und Februar waren es meist Einzelvögel oder kleine Trupps, welche in Anblick gerieten.
Die Gebirgsstelze scheint sich mittlerweile von dem Bestandseinbruch nach dem kalten Februar 2021 erholt zu haben. Zumindest sind 106 Beobachtungen sehr erfreulich. Die wahre Anzahl überwinternder Vögel dürfte auf Grund von Mehrfachmeldungen derselben Individuen jedoch deutlich geringer sein.
Ausgesprochen viele Beobachtungen wurden von der Bachstelze bekannt. Die 235 Meldungen verteilen sich auf etwa 40 Orte. Das Maximum waren 35 Vögel am 23. Januar an den Northeimer Kiesteichen.
Von einem Winterbestand des Girlitz’ kann diesen Winter wohl nicht gesprochen werden. Je ein Vogel am 2. Dezember in Gö.-Weende und Gö-Holtensen sind die einzigen Beobachtungen.
31 Rohrammerbeobachtungen im Dezember und Januar liegen im Schnitt der vergangenen Winter. 15 Vögel am 10. Januar im Seeanger ist eine vergleichsweise starke Truppgröße für Mittwinter.

Der maximale Rastbestand des Singschwans in der Leineniederung zwischen Northeim und Einbeck wurde mit 13 adulten Vögeln erreicht. Die Gesamtzahl anwesender Individuen dürfte aber höher gelegen haben. Am 6. Dezember landeten zwölf Tiere zu einer Stippvisite auf der Kiesgrube Reinshof. Ein einzelner Schwan überflog am 10. Dezember den Seeanger gen Süden.
Die beiden Schwarzschwanpärchen in Bad Gandersheim und Bernshausen erfreuen sich weiterhin bester Gesundheit.

Am 27. Januar überflogen elf Kanadagänse den Großen Freizeitsee bei Northeim. Ansonsten tauchten an verschiedenen Gewässern einzelne Tiere auf.
Vermutlich die aus dem Sommerhalbjahr bekannten ein bis zwei Weißwangengänse ließen sich auch den Winter über wahlweise bei Seeburg oder in der südlichen Göttinger Feldmark finden. Den Jahreswechsel verbrachte ein Vogel an der Geschiebesperre Hollenstedt. Aus regionaler Sicht bemerkenswert ist die Beobachtung von 30 Nonnengänsen am 21. Januar bei Katlenburg-Lindau.
Maximal 2000 Saatgänse wurden am 9. Januar in der Geschiebesperre Hollenstedt gemeldet.
Nachdem bereits im letzten Jahr die ersten Zwerggänse für Südniedersachsen am Seeanger nachgewiesen wurden, bestand die Hoffnung, dass sie auch in diesem Jahr wieder auftauchen würden. Dementsprechend war die Freude über das Wiedersehen groß, als am 4. Februar erneut zwei adulte Zwerggänse am Seeanger bestimmt wurden. Überraschender Weise stellte sich nach genauer Beobachtung der Tiere heraus, dass beide Vögel Kennringe an ihren Füßen trugen („N6N“ und „G0WA“), was sie als Projektvögel des schwedischen Wiederansiedlungsprojektes auswies. Da die Gänse aus dem letzten Jahr eindeutig unmarkiert waren, ist es nur folgerichtig, dass es andere Individuen gewesen sind.

Zwerggänse im Seeanger bei Seeburg mit einer Blässgans
Abb. 3: Die beiden Zwerggänse im Seeanger ließen sich unter den vielen Blässgänsen relativ leicht durch ihre Ringe zu entdecken. Foto: Mathias Siebner

Das Blässgansmaximum wurde mit 3200 Nahrung suchenden Gänsen am 19. Februar in der Feldmark bei Stöckheim erreicht. Zwei Gänse mit Halsmanschetten konnten im Berichtszeitraum abgelesen werden. Sowohl „schwarz T2R“ als auch „schwarz TD6“ wurden in den Niederlanden markiert, erstere im Jahr 2022 und letztere 2015.
800 Graugänse am 9. Januar in der Geschiebesperre Hollenstedt bilden die größte Ansammlung in diesem Winter. Der bekannte markierte Vogel „gelb D545“ wurde wieder abgelesen.
Ein Vogel der Kombination Grau- x Kanadagans besuchte am 11. Februar den Seeanger.

Dass Nilgänse sich nicht an traditionelle Brutzeiten halten ist bekannt. Eine am 17. Dezember brütend im Storchennest an der Geschiebesperre Hollenstedt entdeckte Gans bestätigte dies. Erfolgreich scheint der Versuch jedoch nicht verlaufen zu sein. Die im Oktober 2023 geschlüpften Nilgansküken im Levinpark wurden zuletzt am 11. Januar hier gesehen.
Zwischen dem 17. und dem 29. Februar hielten sich in wechselnder Anzahl bis zu sieben Rostgänse in der Leineaue zwischen Northeim und Salzderhelden auf. Vom 23. bis zum 27. Februar schmückten zwei Vögel den Göttinger Süden.
Einer Brandgans am 8. Januar auf dem Göttinger Kiessee folgten einen Monat später vom 8. auf den 9. Februar sechs Vögel ebenda. Auf dem Seeanger rasteten vom 26. Januar bis Ende Februar bis zu zwei Gänse. Vier dieser Halbgänse bei Scheden am 6. Februar, eine am 15. Februar an der Geschiebesperre Hollenstedt und drei Brandgänse zwei Tage später im Leinepolder III komplettieren die Beobachtungen der Art diesen Winter.

Den gesamten Winter über glänzten die bekannten weißen Mandarinenerpel auf dem Seeburger See. Ein Ziergeflügelhalter lässt die Vögel dort frei herumstreichen. Am 3. Februar tauchte ein Männchen auf dem Wendebachstau auf.
Je eine ausgebüxte Warzenente hielt sich vom 10. bis 21. Januar in der Göttinger Südstadt, vom 7. Januar bis 7. Februar bei Bernshausen und am 19.Februar bei Hemeln auf.
Am 21. Januar suchten, für Mitte Januar außerordentlich viele, 160 Schnatterenten auf den Northeimer Kiesteichen nach Nahrung.
150 Pfeifenten bevölkerten den Leinepolder Salzderhelden am 28. Januar. An der Leine in der Göttinger Südstadt überwinterten drei Vögel.
Ein sehr interessanter Entenvogel wurde am 9. Februar auf dem Lutteranger entdeckt. Der männliche Hybrid Schnatter- x Pfeifente spec. wurde zuletzt am 24. Februar auf dem Seeanger gesehen. Bis vor Kurzem war offen, ob der Pfeifentenpart möglicherweise auch den Vornamen „Chile-“ oder „Kanada-“ trägt. Mittlerweile kann angenommen werden, dass es sich gar um einen Mix aus Kanada und Chile handelt.

Ein seltener Schwimmenten-Hybrid im Seeanger bei Seeburg
Abb. 4: Unbestimmter Pfeifenten-Schnatterentenhybrid im Seeanger. Foto: Mathias Siebner

Maximal traten Krickenten im Berichtzeitraum am 25. Februar im Seeanger mit 164 Individuen und am 28. desselben Monats mit 500 Tieren im Leinepolder I auf.
Spießenten traten im Dezember und Januar nur vereinzelt an unterschiedlichen Gewässern in Südniedersachsen in Erscheinung. Ab Mitte Februar stiegen die Individuenzahlen heimzugbedingt an. Das vorläufige Frühjahrsmaximum wurde am 28. Februar im Leinepolder I mit beeindruckenden 260 Vögeln erreicht. Auf anderen Gewässern trat die Art ausschließlich in einstelliger Anzahl auf.
Die Löffelente ist in Südniedersachsen ein eher seltener Wintergast. Dementsprechend rangieren die Truppgrößen beobachteter Vögel durchweg im einstelligen Bereich. Nur am 28. Februar konnte ein Trupp von elf Enten im Leinepolder Salzderhelden ausgemacht werden.
Am Neujahrstag wurde die Geschiebesperre Hollenstedt von einer weiblichen Kolbenente beehrt. Auf dem Leinepolder III tauchte am 22. Februar ein Pärchen auf.

Rastzahlen der Tafelente fielen in diesem Jahr etwas höher aus als in den vergangenen Wintern. Am 17. Januar bevölkerten 95 Individuen den Freizeitsee bei Northeim. Am 17. Februar waren es gar 192 Vögel im Leinepolder Salzderhelden.
Auch die Reiherente trat in diesem Winter in den überschwemmten Leinepoldern zahlreich auf. Bis zu 350 Vögel nutzten das offenbar gute Nahrungsangebot des Polders I bei Salzderhelden.
Nur kurz hielt sich der seit nunmehr acht Wintern am Freizeitsee erscheinende Hybrid aus Tafel- x Reiherente auf dem Gewässer auf. Er wurde vom 15. bis zum 21. Januar beobachtet.
Vom 2. bis zum 30. Dezember ließ sich ein diesjähriger Bergentenerpel auf dem Seeanger beobachten. Am 13. Januar tauchte ein Weibchen auf den Northeimer Kiesteichen auf und blieb bis zum 21. Januar. Am letzten Tag gesellte sich ein vorjähriger Vogel zu ihr. Am 28. Januar wurden eine männliche und eine weibliche Bergente im Leinepolder Salzderhelden entdeckt.
Eine diesjährige Trauerente nutzte den Freizeitsee Northeim vom 3. bis 17. Dezember für eine längere Verschnaufpause. Wohl derselbe Vogel wurde am 17. Dezember auf dem Seeburger See gesehen.
Drei durchziehende Samtenten am 3. Dezember registrierten den Northeimer Freizeitsee nur im Vorbeifliegen. Am 15. Dezember wurde auf dem Göttinger Kiessee eine Samtente entdeckt. Nach ihrem Abflug wurde sie auf dem Freizeitsee bei Northeim wiedergesehen.

Eine Samtente in Begleitung von Reiherenten auf dem Göttinger Kiessee
Abb. 5: Samtente auf dem Göttinger Kiessee. Foto: Stefan Hillmer

Maximal 27 Schellenten am 23. Januar an der Geschiebesperre Hollenstedt liegen genau im Mittel der letzten Jahre.

Die Höchstzahl von Zwergsägern auf dem Seeburger See belief sich in diesem Winter auf 23 Vögel, auf den Northeimer Kiesteichen auf 28 und im Leinepolder Salzderhelden auf 20 Tiere. Wie viele von ihnen identische Herumtreiber waren muss offen bleiben.
Der einzige Mittelsäger in diesem Winter, ein Männchen, erfreute den Beobachter am 22. Dezember auf den Northeimer Kiesteichen.
110 Gänsesäger, welche am 10. Dezember auf dem Seeburger See rasteten, sind im Vergleich zu den letzten Wintern ein sehr guter Bestand.

Schlafplätze des Kormorans waren in der zweiten Dezemberwoche kurzzeitig mit jeweils 120 Ind. an der Geschiebesperre Hollenstedt und am Seeburger See gut bestückt; darunter sicherlich viele Kälteflüchter aus Norddeutschland. Von beringten Vögeln wurde nichts bekannt.

In denselben Beobachtungsgebieten ließen sich zwischen dem 15. und 17. Dezember auch insgesamt drei Rohrdommeln ausmachen, bei denen es sich vermutlich ebenfalls um Kälteflüchter gehandelt hat. Überwinterungen konnten hierzulande nicht dokumentiert werden, wenngleich sich dies angesichts eines auffallend hohen Winterbestands im nahen Landkreis Kassel mit möglicherweise zweistelliger Anzahl eigentlich vermuten lässt.
Der Maximalbestand des Silberreihers wurde erst im Februar mit 145 Ind. an der Geschiebesperre Hollenstedt erreicht, aber auch die restlichen Monate kennzeichnet ein ordentlicher Bestand von bis zu 121 Ind. trotz (oder gerade aufgrund von?) mehrerer Überflungsereignisse in den Niederungen. Von Mäusen konnten sich die Reiher dort jedenfalls in diesem Winter nicht bzw. nur sehr kurzzeitig ernähren, denn dann hieß es für die kleinen Nager Land unter… Es festigt sich jedenfalls die Vermutung, dass das Leinetal in manchen Wintern ein nicht unbedeutendes Überwinterungsgebiet dieser Art darstellt. Der Seeburger See sei als Schlafgewässer von bis zu 59 Ind. am 23. Dezember ebenfalls erwähnt.
Erste Brutaktivitäten des Graureihers gab es im Februar am Göttinger Kiessee, am Seeburger See und am Sultmerberg bei Northeim. Näheres hierzu folgt wie üblich im nächsten Sammelbericht.

Früh dran waren zwei Schwarzstörche, als sie am 4. Februar nahe der Grenze unseres Bearbeitungsgebiets über Altgandersheim gen Ost strebten.
Zahlreiche Weißstörche zogen gar nicht erst weg und verbrachten den Winter nahe der Brutreviere. 205 Meldungen liegen im Trend der vergangenen Jahre und im Februar standen bereits Dutzende auf ihren Nestern.

Mit 97 Beobachtungen war diesen Winter die Kornweihe so oft vor den Linsen wie lange nicht. Der Großteil waren Schneeflüchter aus nordöstlichen Gebieten, die insbesondere im Dezember durch Südniedersachsen zogen. Es folgten nur einzelne Beobachtungen im Januar und wieder etwas zahlreicher im Februar, als sich der Heimzug einläutete.
Eine erste (vorjährige) Rohrweihe ließ sich bereits am 29. Januar im Leinepolder Salzderhelden blicken.
Winterbeobachtungen des Seeadlers werden langsam Normalzustand. 16 Beobachtungen von mindestens zwei verschiedenen Vögeln erfolgten an den größeren Feuchtgebieten der Region und sorgten für Freude bei Beobachtenden und Panik bei Wasservögeln.

Ein rüttelnder Raufußbussard
Abb. 6: Junger Raufußbussard südlich von Göttingen. Foto: Mathias Siebner

Viele Kornweihen lassen sich durch (vergleichsweise) viele Raufußbussarde ergänzen. 25 Meldungen mögen nicht viel erscheinen, sind aber aus regionaler Perspektive recht beachtlich und schließen an den im Vorbericht erwähnten Einflug an. Je ein Vogel am Großen Freizeitsee und an der Geschiebesperre Hollenstedt (jeweils Alter und Geschlecht unbekannt) blieben noch bis zum 3. Dezember, ihnen folgte ein diesjähriger Vogel bei Gladebeck am 9. des Monats. Während der ersten Dezemberwoche hielt sich weiterhin ein diesjähriger Vogel in der Feldmark südlich von Göttingen auf; ein Vogel bei Bischhausen betrifft vermutlich einen weiteren Vogel. Nach drei Wochen ohne Beobachtung folgte die Beobachtung eines nun vorjährigen Raufußbussards am 2. Januar in der Feldmark südlich von Rosdorf. Ob derselbe Jungvogel sich die ganze Zeit in der weiteren Umgebung aufgehalten hat oder ob es ein anderer Vogel war, bleibt offen.
Gewohnt spärlich waren dagegen sechs Beobachtungen von maximal vier Merlinen.

Fasane fielen am 2. Februar bei Duderstadt und am 25. desselben Monats im Kaufunger Wald auf.

Maximal 17 Zwergtaucher überwinterten auf der Geschiebesperre Hollenstedt.
Der seit November auf der Kiesgrube Reinshof anzutreffende Rothalstaucher blieb noch bis zum 19. Januar dort. Am 23. Dezember geriet auf dem Seeburger See ein weiteres Individuum vor die Optik.
Der Winterbestand des Haubentauchers auf den Northeimer Kiesteichen belief sich auf bis zu 50 Tiere.

Vom 11. bis zum 22. Dezember hielt sich ein Prachttaucher auf dem Großen Freizeitsee bei Northeim auf.
Der aus dem Vorbericht bekannte diesjährige Eistaucher war bis zum 22. Dezember auf dem Northeimer Freizeitsee zu beobachten. Vermutlich mussten beide Seetaucher den später aus der Rhume einstürzenden, trüben Wassermassen weichen.

Anfang Dezember läuteten noch einige hundert Kraniche mit klarer Zugrichtung nach Südwest endgültig dem Herbst ein Ende ein. Im Hochwinter gab es gewohnter Weise je nach Witterungslage weiterhin im geringen Maße Zugaktivität. Mindestens zehn Vögel (max. 13 Ind.) versuchten in der überschwemmten Leineaue bei Northeim zu überwintern, was ihnen offenbar auch gelang. Vermehrter Heimzug setzte ab Ende Januar ein. Herausragende Zugtage mit angegebenen Individuensummen (inklusive Mehrfachmeldungen) waren der 9. Februar (3.978 Ind.), 16. Februar (1.220 Ind.), 21. Februar (3.053 Ind.), sowie 23. bis 25. Februar (13.855 Ind.).
Der Winterbestand der Wasserralle erschien im Berichtszeitraum leicht erhöht. Hochwinterliche Nachweise, welche eine Überwinterung vermuten lassen, gelangen vom Seeburger See, Seeanger, Denkershäuser Teich, von der Geschiebesperre Hollenstedt, sowie bemerkenswerter Weise bis zu drei Ind. an der Leine nördlich des Flüthewehrs Göttingen. Die Vögel nutzten am letztgenannten Ort durch das Hochwasser neu geschaffene Schlickflächen zur Nahrungssuche.

Eine Wasserralle an der Leine bei Göttigen
Abb. 7: Überwinternde Wasserralle an der Leine in Göttingen. Foto: Mathias Siebner

Bis zu der hochwasserbedingten Sperrung des Großen Freizeitsees zeigten etwa 400 Blässhühner einen leicht unterdurchschnittlichen Winterbestand an. Die Konzentration an diesem Ort wurde anschließend durch Ausweichen in andere Gebiete nochmals reduziert, auch hierbei könnte eine zunehmende Trübung des Wassers eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Ein einsamer Goldregenpfeifer am 4. und 5. Dezember in der verschneiten Feldmark südlich Gö.-Geismar machte sicherlich nur einen Zwischenstopp mit dem Ziel in mildere Gefilde zu gelangen. Der vorfrühlingshafte Heimzug kündigte sich mit einem Durchzügler am 9. Februar über dem Göttinger Nachthimmel an. Auch am Folgetag setzte sich am Seeanger ein Vogel Richtung Norden in Bewegung. In den meisten Jahren treten in der dritten Februar-Dekade etwas vermehrt Trupps entlang des Leinetals in Erscheinung, diese blieben in diesem Jahr allerdings komplett aus. Wie sich der Durchzug in der Region im März fortsetzen wird, bleibt gespannt abzuwarten…
Zwischenzeitlich vier Kiebitze harrten im Winter an der Geschiebesperre Hollenstedt aus, zumindest drei Vögel auch erfolgreich. Abseits dieses Überwinterungsgebiets machte sich die Art im Hochwinter ziemlich rar. Zur Monatswende Januar/Februar war erster Zuzug festzustellen, welcher sich bereits am 5. Februar mit 100 Individuen im Leinepolder darbot. Im Vergleich der Ansammlungen der vergangenen zwei Jahre in vierstelliger Anzahl konnten bis zum Monatsende allerdings nie mehr als 300 Ind. in diesem bedeutsamen Rastgebiet erfasst werden.

Ein Kiebitz im Schnee
Abb. 8: Kiebitz im winterlichen Ambiente. Foto: Bernd Riedel

Zeitig dran mit der Heimreise war ein Flussregenpfeifer am 29. Februar am Großen Freizeitsee bei Northeim.
Zehn Nachweise der Waldschnepfe gelangen über die Wintermonate überwiegend in den Waldgebieten der Region. Ansonsten verweilte eine Schnepfe nicht untypisch am 8. Dezember im Siedlungsbereich von Gö.-Weende, wohingegen ein balzend überfliegender Vogel am 20. Februar auf der ausgeräumten Ackerkuppe des Diemardener Bergs im ersten Moment etwas makaber erscheint. Das gezielte Aufsuchen von Ackerflächen zur Nahrungssuche ist ein gewöhnliches Verhalten, welches besonders mit der vermehrten Nutzung von Thermalkameras auch unter Vogelkundigen immer häufiger beobachtet werden kann. Ebenfalls durch diese Technologie begünstigt sind vermehrt Funde von erfolgreichen Bruten der Art in komplett baumfreien Graslandschaften fernab jedem Baumbestandes in England. Ob so etwas gelegentlich auch in Deutschland möglich sein könnte?
Ebenfalls viel Spannendes zu entdecken gilt es auch noch bei der Zwergschnepfe. Eine durchgehende Überwinterung wurde in keinem Gebiet nachgewiesen. Am Großen Freizeitsee wurde bis zum 15. Dezember eine Zwergschnepfe festgestellt, womöglich war es dann auch diesem letzten Vogel dort zu störungsreich. Nachweise jeweils eines Vogels am 3. Dezember an der Geschiebesperre und 11. Februar im Seeanger besaßen Zufallscharakter. Das Rastmaximum von vier Individuen konnte am 26. Februar in einem langjährigen Rastgebiet bei Göttingen festgestellt werden, ob die Vögel hier auch überwinterten bleibt ungewiss.
Anders bei der Bekassine. Die Art überwinterte mit etwa sieben Individuen an der Geschiebesperre Hollenstedt. Ebenfalls vom Seeanger ist von einer durchgängigen Überwinterung von zumindest einem Individuum auszugehen.
Der im Vorbericht erwähnte späte Flussuferläufer an der Northeimer Seenplatte wurde am 3. Dezember vorerst zuletzt registriert. Ein erneuter Nachweis am 28. Januar an der Geschiebesperre macht eine Überwinterung dieses Vogels irgendwo verborgen an der Leine durchaus möglich.
Während die Überwinterung dieser Art nach wie vor eine ziemliche Ausnahme wäre, ist dies für den Waldwasserläufer (zumindest für das Gebiet) weniger ungewöhnlich. Nachdem die vergangenen Jahre immer zwischen ein bis drei Vögel eine Überwinterung an der Geschiebesperre riskiert hatten, gestaltete sich die Quantifizierung in diesem Jahr etwas schwieriger. Einer mittwinterlichen Maximalzählung von mindestens sieben Vögeln (16. Januar) stehen zehn Individuen am 26. Februar gegenüber. Der Heimzug der Art beginnt regional überwiegend erst Mitte März (u.a. Dierschke & Dierschke 1990), wobei einzelne Heimzügler womöglich bereits Ende Februar auftreten können. Dennoch erscheint in diesem Fall eine Überwinterung sämtlicher Individuen in der näheren Umgebung wahrscheinlich, mutmaßlich an direkt angrenzenden unzugänglichen Bereichen der Leine.
Sehr zeitig waren drei männliche Kampfläufer am 17. Februar im Leinepolder zwischen Kiebitzen. Noch bis zum 24. Februar wurden zumindest zwei der Vögel in der Leineniederung zwischen Northeim und Einbeck festgestellt. Am 27. und 29. des Monats gerieten erneut drei nach wie vor frühe Vögel (dieselben?) im Seeanger vor die Optik. Ebenfalls am 29. Februar wurde ein Kampfläufer auf einer Ackerfläche ausgemacht.
Den Abschluss des phänologisch bemerkenswerten Limikolenwinters setzte ein Rotschenkel, welcher am 11. Januar unmittelbar am Leineufer bei Angerstein entdeckt wurde. Hierbei stellte nicht nur der außergewöhnliche Winternachweis eine Besonderheit dar, sondern auch das gewählte Rasthabitat.

Winterbeobachtungen der Zwergmöwe treten regional unregelmäßig auf. Am 7. Dezember gelang mit einem juvenilen Vogel am Großen Freizeitsee erneut ein solcher Nachweis.
Bis zu 70 Sturmmöwen in der Northeimer Leineniederung waren ein bemerkenswerter Winterbestand, welcher nicht in jedem Jahr erreicht wird.

Eine in Tschechien beringte Steppenmöwe im Leinepolder.
Abb. 9: Tschechische Steppenmöwe in der Leineniederung bei Northeim. Foto: Martin Göpfert

Das Auftreten der Großmöwen gestaltete sich im Februar ausgesprochen zahlreich und in der Artzusammensetzung unübersichtlich. Die vier weitestgehend regelmäßig auftretenden Arten: Steppen-, Mittelmeer-, Silber- und Heringsmöwe waren offenbar alle beteiligt und sicherlich auch einige Mixe zwischen diesen. Am 2. Februar wurde ein gemischter Großmöwen-Trupp aus 76 Individuen an der Geschiebesperre bemerkt, wovon die überwiegende Mehrheit aus Steppenmöwen bestand. Am 5. Februar waren es bereits 105 Steppenmöwen im Leinepolder IV. Von einem der Vögel konnte am 18. Februar die Herkunft durch einen Farbring herausgefunden werden (Gelb: 81E:U – wobei der Doppelpunkt für die Nestlingsberingung steht). Der Vogel wurde am 8. Mai 2023 in Stéblová (Tschechien) in einer Kolonie als Jungvogel beringt. Kurz zuvor hielt sich der Vogel im Dezember allerdings noch im Tonnenmoor im Ldkr. Vechta in Niedersachsen auf.
Von der Silbermöwe waren in dem Northeimer-Trupp offenbar fünf verschiedene Individuen in wechselnder Zusammensetzung vertreten (3x 2. KJ, 1x 3. KJ, 1x adult). Bereits am 12. Dezember konnten von der Art vier überfliegende Vögel am Seeburger See registriert werden, sowie ein Vogel im ersten Winter am Seeburger See (27. Dezember) und an der Geschiebesperre (28. Januar).
Von der Mittelmeermöwe waren es ebenfalls bis zu fünf Individuen (2x 2. KJ, 1x 3. KJ, 1x 4. KJ, 1x adult), wobei ein Vogel im ersten Winter schon zwischen dem 5. und 7. Dezember am Großen Freizeitsee festgestellt werden konnte und zwei weitere Vögel (1x 4. KJ, 1x adult) ebenfalls bereits ab dem 28. Januar das Gebiet besuchten.
Im Winter bzw. auf dem frühen Heimzug seltener anzutreffen ist die Heringsmöwe. Auch hier konnte ein Altvogel vom 16. bis 29. Februar zwischen den zahlreichen Großmöwen ausgemacht werden. Am 17. Februar waren es zwischenzeitlich zwei.

Eine Heringsmöwe im Leinepolder
Abb. 10: Adulte Heringsmöwe. Foto: Bernd Riedel

Nahrungssuchende Hohltaubentrupps wurden ausschließlich mit einstelligen Individuenzahlen gesichtet (maximal acht Ind. bei Dransfeld am 23. Februar). Im Jahresvergleich sind 56 Beobachtungen als durchschnittlich einzustufen.
Türkentauben gab es hingegen häufiger zu sehen. Die größten Trupps umfassten 20-30 Vögel (max. 28 Ind. in Seeburg am 2. Dezember), und die Gesamtzahl der Beobachtungen war mit 97 deutlich höher als in den Vorjahren (70 und 68 in 22-23 und 21-22). Der Rekord der letzten Jahre von knapp 100 Vögeln im November 2022 in der Feldmark Gö.-Geismar steht aber immer noch.

Schleiereulen wurden ebenso wie Raufußkäuze diesen Winter nicht beobachtet.
Der Verlust des Steinkauzmännchens (vgl. Vorbericht) im Kreis Northeim konnte offenkundig schnell kompensiert werden. Es sollte aber noch besser kommen! Mehr dazu im Folgebericht.
Nach mageren Jahren konnten diesen Winter mehrere Nachweise von Sperlingskäuzen erbracht werden. Vier rufende Individuen wurden Ende Januar im Solling bei Sievershausen verhört, ein weiterer im Gillersheimer Forst (28. Januar und 25. Februar). Auch im Reinhäuser Wald konnten an drei Stellen rufende Käuze verzeichnet werden, sowie ein weiterer im Bramwald. Es bleibt spannend, wie viele Sperlingskäuze während der Frühjahrsbalz noch entdeckt werden, vorausgesetzt die meist recht entlegenen Waldhabitate werden auch regelmäßig durch Beobachter besucht.
Ein Schlafplatz von Waldohreulen in der Göttinger Südstadt war auch diesen Winter mit maximal sechs Individuen besetzt. Insgesamt deuten 46 Beobachtungen von Waldohreulen auf ein gutes Jahr für diese Art hin.
Vereinzelte Besuche eines Uhu-Paares in der Göttinger Innenstadt in den letzten Jahren hatten es bereits angedeutet: Göttingen hat in diesem Jahr seine ersten Stadt-Uhus. Das Paar machte ab dem 18. Januar die Göttinger Innenstadt und das Ostviertel unsicher und brütet wohl nun im Wanderfalkenkasten der Jacobikirche.

Ein Uhu-Männchen auf dem Turm von St. Jacobi in Göttingen
Abb. 11: Göttinger Innenstadt-Uhu auf St. Jacobi. Foto: M. Siebner

Nach 84, 84 und 205 Beobachtungen des Eisvogels in den letzten drei Wintern, stehen diesen Winter erfreuliche 296 Beobachtungen zu Buche. Der positive Bestandstrend nach dem Einbruch im Februar 2021 scheint sich also fortzusetzen.

Ein Sechsertrupp Heidelerchen verbrachte einige Zeit auf den Ruderalflächen am Northeimer Freizeitsee, war aber nach dem 5. Dezember nicht mehr gesehen. Dass drei Vögel am 18. Januar ebenda das Überbleibsel einer Gruppe Überwinterer waren scheint in diesem Habitat wahrscheinlich. 16 weitere Beobachtungen betrafen rastende und durchziehende Trupps von ein bis drei Vögeln.

Die mittwinterliche Zählung von Krähenvögeln auf dem Flug zum Göttinger Schlafplatz erbrachte folgende Zahlen:

Grafik Winterbestand Krähen
Abb. 12: Corvidenzählung 2024. Grafik: B. Bartsch

Bemerkenswert ist die Steigerung bei den Dohlenzahlen von 300 auf knapp 1800 Ind. Ob diese einen (über-)regionalen Populationstrend widerspiegeln, muss offen bleiben. Keiner weiß, wo genau all diese Vögel brüten. Allenfalls gibt es Hinweise auf die fortschreitende Besiedlung einiger Dörfer im Osten des Landkreises Göttingen durch diesen immer noch spärlichen Brutvogel.
Ein Hybrid Raben- x Nebelkrähe verbrachte einige Zeit im Bereich der Geschiebesperre Hollenstedt (25. Januar bis 16. Februar). Ob der Hybrid im Leinepolder am 24. Februar den selben Vogel betrifft ist nicht klar. Eine weitere Beobachtung bei Bovenden (26. Januar) ist dank Fotodokumentation einem anderen Vogel zuzuschreiben.
38 Saatkrähen bei Thüdinghausen am 23. Januar stellen für regionale Verhältnisse eine beachtliche Truppstärke dar. Auch liegen 11 Beobachtungen von 113 Vögeln in diesem Winter weit über dem Durchschnitt.

Ein Einflug weißköpfiger Schwanzmeisen aus dem Nordosten vom Typ ssp. caudatus deutete sich bereits im Vorbericht an. Trupps von bis zu 10 Individuen (am 10. Januar im Seeanger) führten zu 47 Beobachtungen von 174 Vögeln. Einige der Trupps hielten sich auch lokal länger auf, so 5-6 Individuen, die zwischen Anfang Dezember und Mitte Januar regelmäßig in Gö.-Geismar beobachtet werden konnten. So viele caudatus gab es noch nie!

Eine nordische Schwanzmeise als Überwinterer
Abb. 13: Schwanzmeise der ssp. caudatus. Foto: Daniel Schmid

Bartmeisen wurden nahezu ausschließlich vom Seeanger gemeldet (1-3 Individuen zwischen 1. und 17 Dezember), so wie ein Einzelvogel in der Leineaue am Flüthewehr (3. Dezember). Ein Überwinterungsnachweis aus beiden Gebieten liegt aber trotz regelmäßiger Besuche von Beobachtern nicht vor.

Rotdrosseln waren in diesem Winter mit 86 Beobachtungen eher durchschnittlich vertreten. Größere Trupps bestanden lediglich aus niedrig zweistelligen Individuenzahlen, so maximal 30 Vögel am 25. Januar an den überschwemmten Northeimer Kiesteichen und am 8. Januar an der Landstraße zwischen Obernfeld und Mingenrode.

Ein Zilpzalp der ostpaläarktischen Unterart ssp. tristis beehrte das Flüthewehr zum Nikolaustag, zog aber trotz tristem Wetter schnell weiter.

Ein Schwarzkehlchen hat vermutlich in der Leineniederung bei Bovenden überwintert, evtl. zwei Individuen in der umgestalteten Leineaue nahe dem Flüthewehr im Göttinger Süden. Zusätzlich gab es Beobachtungen 20 weiterer Individuen, von denen nicht bekannt ist, ob sie über den Winter hinweg ortstreu waren.

Bergpieper konnten an mehreren Feuchtgebieten beobachtet werden, so am Northeimer Freizeitsee, der Geschiebesperre Hollenstedt, dem Flüthewehr, dem Leinepolder, dem Seeanger und vom Denkershäuser Teich. Der größte Trupp versammelte sich am 17. Dezember im Leinepolder mit etwa 15 Individuen.

Nachdem zwischen dem 19. Dezember und 11. Januar wiederholt ein bis zwei rufende Seidenschwänze auf den Zietenterassen im Göttinger Osten nachgewiesen werden konnten, waren vom 20. bis 23. Januar erst drei und dann vier Vögel auf dem Kerstlingeröder Feld anzutreffen. Zwei weitere Vögel saßen am 25. in Osterode in einem Nussbaum. Klägliche Zahlen, aber immerhin deutlich mehr als in den vergangenen Wintern…

Im Heft 2/2024 des „Falken“ ist ein informativer Bericht von S. Bosch über die regelmäßige Nutzung des Borkengeflechts von Mammutbäumen als Schlafplätze von Waldbaumläufern erschienen. Nun gelang auch im Reinhäuser Wald eine vergleichbare Beobachtung.

Ein Schlafplatz eines Waldbaumläufers in der Rinde von einem Mammutbaum
Abb. 14: Winziger Vogel am Riesenbaum. Foto: Dietmar Radde

Ein Überwinterungsrevier des Raubwürgers bei Denkershausen wurde anscheinend etwas nach Osten verlagert. Am Backenberg bei Güntersen wurde ein Vogel relativ regelmäßig gesichtet, sodass auch hier von einem besetzten Winterrevier ausgegangen werden kann. Auch im Umfeld des Autobahndreiecks Drammetal war wohl ein Revier besetzt. Weitere traditionelle Reviere waren nur unregelmäßig oder gar nicht besucht.

Trompetende Gimpel der östlichen Unterart ssp. pyrrhula waren auch diesen Winter wieder regelmäßig zu hören. So wurde 48 Mal das Tröten vernommen.
Nachdem im letzten Jahr ein gigantischer Bergfinkenschlafplatz im Solling die regionale Szene von Vogelbegeisterten in Verzückung versetzte, tauchten die nordischen Finken diesen Winter seltener und nur in kleineren Trupps auf, die nie größer als 40 Ind. waren (so am 17. Februar im Bramwald).

Im Vergleich dazu war eine Ansammlung von 500 nahrungssuchenden Goldammern am 6. Dezember auf dem Diemardener Berg für regionale Verhältnisse eine erfreuliche Beobachtung.

Damit schließt der Bericht, der auf 25.415 Eintragungen in unserer Beobachtungsdatei ornitho.de beruht. Er wurde ausschließlich unter Zuhilfenahme menschlicher Intelligenz erstellt, wobei das verwendete Quantum Letzterer offen bleiben muss… Ein herzlicher Dank geht an die dreistellige (im mittleren Bereich!) Zahl von Melderinnen und Meldern.

Béla Bartsch, Christian Dienemann, Hans H. Dörrie, Malte Georg, Ole Henning und Mathias Siebner

Literatur:
Dierschke, V. & J. Dierschke (1990): Das Rastvorkommen der Limikolen (Aves: Charadrii) an den Schlammteichen der Zuckerfabrik Nörten-Hardenberg (Süd-Niedersachsen). Resting waders (Aves: Charadrii) on the settling ponds of the sugar-factory of Nörten-Hardenberg (southern Lower Saxony/FRG). Göttinger Naturkundliche Schriften 2 (1990): 73-110

Ein Wintergoldhähnchen an der Kiesgrube Reinshof
Ein winterliches Wintergoldhähnchen an der Kiesgrube Reinshof. Foto: Mathias Siebner