Der Vogelwinter 2022/23 in Süd-Niedersachsen – mild mit einem kalten Monatsdrittel

Am 29. Oktober 2022 hat die vogelkundlich engagierte Publizistin Johanna Romberg anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) eine bemerkenswerte Rede gehalten. Titel: „Vogelschützer, raus aus der Defensive! Plädoyer für einen Naturschutz, der mehr Konflikte wagt“. Die Rede kann hier nachgelesen werden. Sehr zu empfehlen! Seitdem hat sich die Lage noch verschlimmert. Eine neue EU-Notfallverordnung ermöglicht den galoppierenden Ausbau gigantischer Industrieanlagen zum „Schutz des Weltklimas“ in Wald und Offenland. Naturschutzfachliche Vorgaben bei der Genehmigung spielen keine Rolle mehr, der Natur- und Artenschutz wird planiert wie eine güllegetränkte Kiebitzwiese im Frühling. Und was machen die Natur- und Vogelschutzverbände gegen diesen Generalangriff? Nichts, nada. Widerstand regt sich allenfalls regional, z.B. in Brandenburg. Warum? Auch hier könnte es wieder einmal heißen: folge der Spur des Geldes. All diese Verbände sind mittlerweile in einem hohen Maß von staatlichen Zuwendungen in Millionenhöhe abhängig, unter anderem vom Bundesumweltministerium oder dem Bundesamt für Naturschutz. Sollte der Versuch unternommen werden, eine nach den Vorstellungen von Frau Romberg „wirklich kompromisslose“ Gegenwehr ins Leben zu rufen, würde der Geldhahn zugedreht.
Ein Aufbegehren militanter Artenschützer, das sich beispielsweise in der medienwirksamen Besetzung von Bauplätzen für Windräder manifestieren könnte, ist nicht in Sicht. Ähnliches gilt für großflächige Photovoltaikanlagen im Offenland (gegen Module auf Hausdächern hat ja niemand etwas). In Göttingen werden von den Stadtwerken zwei riesige, jeweils 48 Hektar (!) große „Solarparks“ geplant, davon einer in der Feldmark Deppoldshausen mit einer besonders hohen Bestandsdichte der Feldlerche (Rote Liste Kat. 3, „gefährdet“). War da mal was mit dem Schutz der Artenvielfalt, auch und gerade im Agrarland, wo die meisten Verluste zu beklagen sind? Egal: „Klimaschutz“ geht vor. Göttinger Umweltverbände haben schon ihre Zustimmung signalisiert. Und so wird es leider dabei bleiben, dass immer weniger Vögel von immer mehr Leuten immer genauer gezählt werden. Das ist die bittere Realität in einer Zeit, in der vieles aus den Fugen gerät. Immerhin ist eine neue Form der Liebe zum Tier entstanden: Kriegsberichterstatter samt ihren politischen Stichwortgebern aus Regierung und Opposition begeistern sich neuerdings für Leoparden, Wiesel und Marder…
Und nun? Können wir weiterhin auf die Anpassungsfähigkeit und natürliche Dynamik von Vogelbeständen vertrauen? Blau- und Schwarzkehlchen haben sich als neue Brutvögel etabliert. Die – gegen alle Unkenrufe – einsetzende Bestandszunahme von Transsaharaziehern wie Zwergdommel und Drosselrohrsänger ist erfreulich. Die spektakuläre Erholung der Brutbestände von Uhu, Wanderfalke, Seeadler und Kranich basiert vor allem auf dem Nachlassen menschlicher Verfolgung, aber auch auf Naturschutzmaßnahmen. Die Gesamtartenzahl bei den Brutvögeln bleibt stabil, weil verschwundene Arten durch Einwanderer ersetzt werden, darunter exotische Wasservögel. Die Vögel kommen und gehen…

Ein Rotkehlchen sitzt auf einem Sofa im Lagerraum der Brockensammlung in Göttingen.
Abb. 1: Rotkehlchen im Keller der Göttinger Brockensammlung. Foto: T. Geske

Die Witterungsbedingungen im Berichtszeitraum Dezember bis Februar gestalteten sich im Wesentlichen mild (aus meteorologischer Sicht „zu warm“). An zehn Tagen im Dezember wurde es hingegen richtig kalt, mit Nachtfrösten bis zu -14°C. Die kleineren Stillgewässer froren schnell zu. Sogar der Leinekanal in Göttingen war mit Eis bedeckt, ein im Dezember äußerst seltenes Phänomen. Auf der Weser trieben die ersten Eisschollen. Zum Jahresende gingen die Temperaturen durch die Decke und bescherten Göttingen mit 15°C das wärmste Silvester seit Jahrzehnten. Januar und Februar verliefen weithin ereignislos. Der Februar verabschiedete sich kalt und sonnig. In allen drei Monaten fiel beständig moderater Niederschlag, zumeist als Regen. Am 22. Januar reichte es in der Göttinger Innenstadt sogar für einen Schneemann, der aber am nächsten Tag schon wieder an Statur verlor. Für Gewässer, die Talsperren im Harz eingeschlossen, und Bodenfeuchte waren diese Niederschläge ein Segen.

Kommen wir nun zu den traditionell spärlichen Wintergästen:

Die Feldlerche war im Dezember und Januar (im Februar setzt der Heimzug ein) deutlich zahlreicher vertreten als im Vorwinter. Am 18. Dezember hielten sich ca. 120 Ind. in der Feldmark östlich Barterode auf, ansonsten traten vereinzelt Trupps in mittlerer zweistelliger Größe in Erscheinung.
Der Zilpzalp präsentierte sich mit 56 Beobachtungen deutlich häufiger als im Vorwinter. Allerdings betrafen die Beobachtungen insgesamt wohl nur um die 20 Ind., so dass der Bestand des Winters 2021/22 eher unterschritten wurde. Hinweise auf Überwinterungen gab es vom Northeimer Freizeitsee, vom Seeanger und aus dem Umfeld des Göttinger Kiessees.

Ein überwinternder Zilpzalp an der Leine in der Nähe vom Göttinger Kiessee.
Abb. 2 : Zilpzalp an Heiligabend beim Göttinger Kiessee. Foto: M. Siebner

Mönchsgrasmücken frequentierten Futterhäuschen in Gö.-Geismar (Männchen vom 4. bis 28. Januar), im Göttinger Ostviertel nahe den Schillerwiesen (zwei Männchen am 7. Januar), am Klausberg im Göttinger Osten (ein Männchen, ein Weibchen am 14. Januar), am 15. Januar in der Göttinger Innenstadt (Männchen), am 19. und 25. Januar in der Nordstadt (Männchen) sowie ein Männchen am 14. Februar in Waake. Acht Wintergäste sind für unsere Region rekordverdächtig. Ob sie einen Trend anzeigen bleibt abzuwarten.
Das Sommergoldhähnchen geriet mit 23 Beobachtungen und 29 Ind. in den Blick. Damit liegt eine neue Rekordzahl vor. Wenn das so weitergeht ist ein positiver Trend unverkennbar.
45 Beobachtungen von 50 Ind. des Hausrotschwanzes übertrafen die 43 Ind. aus dem letzten Winter locker. Das Maximum lag bei fünf Ind. am 4. Februar am Northeimer Freizeitsee. Hinweise auf überwinternde Einzelvögel gab es vom Freizeitsee, aus Gö.-Weende und, wie üblich, vom Briefzentrum Staufenberg. Offenkundig konnten ein paar der robusten Kerlchen den wiederholten (kurzzeitigen) Schneefällen trotzen. Gut gemacht!
Eine weitere Referenzart, die Singdrossel, war im Dezember und Januar (im Februar setzt der Heimzug ein) mit überdurchschnittlichen acht Beobachtungen vertreten. Durchgehend überwintert hat wohl keine.
Satte 75 Nachweise von ca. 44 Ind. der Heckenbraunelle aus dem Dezember und Januar (auch bei diesem Kurzstreckenzieher setzt der Heimzug im Februar ein) scheinen ein neues Allzeithoch zu signalisieren. Allerdings lag die Zahl im letzten Winter um die 50 Ind. Daher kann von einem stabilen Winterbestand ausgegangen werden. Jeweils acht Ind. stellten am 20. Dezember am Freizeitsee und am 24. Januar an den ehemaligen Tongruben Siekgraben im Göttinger Westen bemerkenswerte Maxima dar. Den Schwerpunkt bei den Überwinterern bildete wieder der Northeimer Freizeitsee mit seinen attraktiven Ruderal- und Aufwuchsflächen.
Der Wiesenpieper konnte mit 56 Beobachtungen aufwarten. Das Maximum lag bei 70 Ind. am 26. Januar im Leinepolder. Ansonsten bewegten sich die Zahlen im einstelligen bzw. niedrigen zweistelligen Bereich. Eine stetige Zunahme als Wintergast ist daraus nicht abzuleiten.
Bieten 61 Nachweise der Gebirgsstelze, die, vor allem im Göttinger Stadtgebiet, wegen Mehrfachmeldungen vermutlich weit weniger Vögel betrafen, Anlass zur Sorge? Konnten die Verluste nach dem brutalen Kälteeinbruch im Februar 2021 immer noch nicht kompensiert werden? Andererseits: Für den Winter 2019/20 lagen auch nur 68 Meldungen vor.
79 Meldungen der Bachstelze zeigten einen normalen Winterbestand an. Zumeist handelte es sich um Einzelvögel, 20 Ind. am 5. Januar am Göttinger Flüthewehr und 30 Ind. am 30. Januar nahe der Northeimer Seenplatte bildeten im Hochwinter die Ausnahmen. Der skurrile Schlafplatz in der Göttinger Weststadt erwies sich erneut als verlassen.

Eine Bachstelze auf einem winterlichen Acker.
Abb. 3: Bachstelze in der Feldmark Reinshof. Foto M. Siebner

Vom Girlitz gab es neun Meldungen. Diese betrafen wohl nur fünf Ind. Über die Jahre ist ein vergleichbar kleiner Winterbestand normal. Sorgen bereitet eher der Rückgang bei den Bruten dieses quirligen Finken, der Ende des 19. Jahrhunderts aus den lichten Wäldern Südwesteuropas in unsere Region eingewandert ist. Das Winterdomizil im Göttinger Norden war wieder verwaist.
28 Beobachtungen der Rohrammer im Dezember/Januar sind zwei mehr als im letzten Winter. Es handelte sich zumeist um Einzelvögel in den bekannten Feuchtgebieten, das Maximum lag bei vier Ind. am 12. Dezember an den ehem. Tongruben Siekgraben.

Damit endet die Übersicht über die spärlichen Wintergäste. Die Anzeichen für positive Trends beim Sommergoldhähnchen und Hausrotschwanz scheinen sich zu verstetigen. Aber: Unsere Region ist nur ein winziger Klecks auf der Landkarte. Das Klima im hiesigen Bergland ist immer noch um einiges rauer als in West- und Südwestdeutschland. Insofern sind die Angaben alles andere als repräsentativ, ermöglichen aber über die Jahre (hoffentlich) valide Angaben zu regionalen Trends.

Der Winterbestand des Singschwans setzte sich überwiegend aus zehn Individuen inklusive einer Familie mit drei Jungschwänen zusammen. Ihr Aktionsradius reichte vom Leinepolder Salzderhelden bis zu einer ihrer traditionellen Nahrungsflächen, einem Maisacker in der Leineniederung bei Nörten-Hardenberg. Die Maximalzahl wurde am 21. Januar mit 13 Singschwänen erreicht, wobei anschließend die Region, mit Ausnahme eines Einzelvogels am 15. Februar im Leinepolder, gänzlich geräumt wurde. An den Seeburger Feuchtgebieten gelang lediglich eine Winterbeobachtung am 3. Januar.

Singschwäne auf einem Acker neben einer Straße.
Abb. 4: Singschwäne auf ihrem angestammten Maisacker in der Leineniederung bei Nörten. Foto: A. Stumpner

Dem Schwarzschwan-Paar am Seeburger See wurde mittlerweile der Zugang zum See verwehrt. Sein Freigang endet nun an dem Aueausfluss in Bernshausen. Den Graben teilt es sich mit weiterem Ziergeflügel wie Höckergans und Warzenente.
Die Beobachtung einer Rothalsgans beschränkte sich auf einen Tag. Der Vogel hielt sich am 27. Dezember am Seeanger in Gesellschaft von Bläss- und Graugänsen auf. Auch wenn die possierliche Gans keine direkte Markierung aufwies, welche eine Herkunft aus Gefangenschaft belegen würde, könnte die enge Bindung an Graugänse hierfür einen entscheidenden Hinweis geben. Die Gans wird folglich in der Artenliste für Süd-Niedersachsen nicht aufgeführt. Hier sind lediglich jeweils ein Individuum 1997 im Leinepolder und 2019 an der Geschiebesperre Hollenstedt enthalten. Beide Vögel hielten sich in passender Gesellschaft auf (Saatgänse) und auch sonst zu passender Jahreszeit, um eine Einstufung als Wildvögel zu rechtfertigen.
Kanadagänse traten den Winter regelmäßig in kleinen Trupps in Erscheinung. Maximal waren es fünf Ind. am Seeburger See.
Weißwangengänse überwinterten mit maximal zwei Ind. bei Seeburg und maximal drei Individuen in der Leineniederung bei Northeim. Inwiefern die Vögel zwischen den Rastgebieten hin und her gewechselt sind, lässt sich nur schwer rekonstruieren.
Eine Streifengans machte sich erstmals am 7. Januar an der Geschiebesperre Hollenstedt bemerkbar. Nach einer letzten Meldung dort am 10. Januar konnte vermutlich dieser Vogel ab dem 14. des Monats regelmäßig südlich von Göttingen (Wendebachstau, Kiesgrube Reinshof) bis zum Ende des Berichtzeitraums beobachtet werden

Eine Streifengans an der Kiesgrube Reinshof.
Abb. 5: Streifengans an der Kiesgrube Reinshof. Trotz fehlender Beringung ist eine direkte Herkunft aus Gefangenschaft wahrscheinlich. Foto: M. Siebner

Tundrasaatgänse hielten sich über den gesamten Winter in relativ hoher gleichbleibender Anzahl von bis zu 3000 Ind. in der Leineniederung bei Northeim auf. Erst ab Mitte Februar schmolzen die Rastzahlen langsam dahin. An Heiligabend konnten sogar beeindruckende 5500 Ind. am Schlafplatz an der Geschiebesperre gezählt werden.
Am 8. Januar gelangten sechs Kurzschnabelgänse in der Feldmark westlich Hollenstedt vor die Optik. Drei Tage später waren es nur noch fünf. Eine weitere Beobachtung (Einzelvogel) liegt vom 27. Januar an der Geschiebesperre Hollenstedt vor. Die Kurzschnabelgans fehlte somit seit 2020 in keinem Winter.
Am 16. Februar entdeckte M. Göpfert die ersten Zwerggänse für das Referenzgebiet. Die zwei Altvögel hielten sich vorzugsweise am Seeanger versteckt in einem Blässganstrupp bis zum Ende des Monats auf. Das Paar fügt sich damit in einen jüngst entstandenen Trend von unberingten Altvögeln, aber auch Familien in Deutschland ein, die offenbar nicht nur aus dem schwedischen Auswilderungsprojekt stammen. Mit diesem Erstnachweis wird sich in naher Zukunft in einem separaten Bericht ausgiebig beschäftigt.

Zwei seltene Zwerggänse auf einer Weide nahe des Seeburger Sees.
Abb. 6: Zwerggänse im Portrait. Foto: V. Hesse

Die Blässgans war wie gewohnt etwas weniger individuenreich als die Tundrasaatgans vertreten. Steigende Zahlen in der zweiten Winterhälfte mit bis zu 2500 Ind. Mitte/Ende Februar signalisierten dennoch einen sehr guten Rastbestand in der Leineniederung. Am Seeanger ging es mit maximal 350 Ind. eher gemächlich zu. Eine Gans mit schwarzem Halsring am 13. Dezember an der Geschiebesperre konnte leider nicht abgelesen werden.
Bei der Graugans wenig Neues, dafür aber ein paar alte Gesichter. Die Halsringe dreier Gänse konnten abgelesen werden. Die beiden Gänse (gelb, D 535 und D 545) wurden jeweils am Schillerteich in Wolfsburg beringt, waren also aus Braunschweiger Sicht „Radkappen“. Während sich erstere am Seeburger See aufhielt, bevorzugte die zweite Gans die Geschiebesperre Hollenstedt. Den bekannten tschechischen Gast (rot, I 29) zog es ebenfalls an die Geschiebesperre.
Die wohlgeformte Pommerngans (sollen wir sie „Jennifer“ nennen?) entzückte die Beobachter im Umfeld der Geschiebesperre den ganzen Winter hindurch.
Von den zehn Anfang Oktober geschlüpften Nilgänsen aus dem Göttinger Levinpark konnten alle den Kälteeinbruch Mitte Dezember überstehen. Erst am 23. Dezember fiel ein Verlust unter den nahezu selbstständigen Jungvögeln auf. Ob die junge Gans es schon vorzeitig mit den Eltern nicht mehr ausgehalten hat und abgewandert ist oder sie als Weihnachtsbraten endete, muss offen bleiben. Eine Winterbrut auf den letzten Drücker gelang am 28. Februar am Rasespring nördlich Mengershausen mit sieben wenige Tage alten Kleinen.
Jeweils eine Rostgans wurde am 3. Januar am Seeburger See und 14. Januar am Seeanger gesehen.
Brandgänse traten am 9. Dezember am Seeburger See mit zwölf Ind. in Erscheinung. Zwei Tage später war es dort noch eine. Ab dem 8. Januar bis zum Ende des Berichtszeitraum hielten sich in den Feuchtgebieten um Seeburg ein bis zwei der bunten Halbgänse auf. An den Northeimer Gewässern gelang eine erste Beobachtung von vier Vögeln am 22. Januar am Großen Freizeitsee, wovon am Folgetag immer noch drei anwesend waren. Ein nächster Trupp aus 14 Ind. erreichte das Gebiet am 6. Februar zeitgleich mit zwei Vögeln im Leinepolder Salzderhelden. Eine Brandgans am nächsten Tag am Großen Freizeitsee zeigt, wie eilig es die restlichen Vögel auf dem Weg in ihre Brutgebiete hatten.

Ein schön gefärbter Brautenten-Erpel.
Abb. 7: Brautente präsentiert sich in voller Pracht. Foto: A. Stumpner

Die bekannte Brautente aus den Vorberichten blieb ihrem Domizil zwischen Levinpark und Klärwerk Weende treu. Über einen möglichen Spitznamen kann man sich schon mal Gedanken machen…
Von ihrem asiatischen Pendant, der Mandarinente, liegt die Beobachtung eines schon länger anwesenden Männchens am 11. Dezember am Rasespring nördlich Mengershausen vor. Beide Exoten versuchten ihr Glück bei den anwesenden Stockenten-Weibchen.
130 Schnatterenten am 20. Februar im Leinepolder Salzderhelden sind eine bemerkenswerte winterliche Ansammlung. Vor Mitte Februar war die Art in den bekannten Gebieten in den üblichen zweistelligen Anzahlen anwesend.
Das für das tiefe Binnenland bemerkenswerte Überwinterungsareal der Pfeifente an der Rhume in Northeim war diesen Winter mit maximal 65 Ind. eher schwach besetzt. Der angestammte Überwinterungsplatz an der Leine in Göttingen wurde von bis zu sechs Vögeln besucht. Im Leinepolder Salzderhelden gelangten im Spätwinter 200 Vögel zu Gesicht.
Der Leinepolder wurde auch von bis zu 110 Krickenten genutzt. Vergleichbare Zahlen gab es sonst nur vom Seeanger mit 60 Individuen.
Nachweise aus dem Dezember fehlen von der Spießente komplett und auch im Januar wurden überwiegend Einzelvögel gemeldet. Dies änderte sich Mitte Februar mit einsetzendem Heimzug schlagartig. Ansammlungen von 84 Ind. im Leinepolder Salzderhelden, aber auch elf Ind. von den Northeimer Kiesteichen und dem Seeanger belegen dies.
Der Winterbestand der Löffelente war wie üblich durchweg gering und beschränkte sich überwiegend auf kleine Trupps oder Einzelvögel. Eine zweistellige Anzahl wurde nur einmal am 9. Dezember im Seeanger mit elf Ind. erreicht. Durchgängige Überwinterungen gab es keine.
Zwei Kolbenenten konnten am 29. Dezember am Göttinger Kiessee beobachtet werden. Ihnen folgte ein Paar ab dem 23. Februar bis zum Ende des Berichtzeitraums am Großen Freizeitsee bei Northeim.
Die Maximalzahl der Tafelente wurde Anfang Februar mit 70 Ind. am Großen Freizeitsee erreicht. 55 Ind. zur Mitte des Monats im Leinepolder Salzderhelden betrafen womöglich zum Teil ebenfalls diese Vögel oder aber auch den frühen Heimzug. Auch wenn nur ein Schatten vergangener, nicht allzu ferner Zeiten, reiht sich der Winterbestand gut in den der letzten Jahre ein.
Für die Reiherente gilt ähnliches. Hier waren gut 200 Vögel am 21. Februar im Bereich der Northeimer Kiesteiche ein gutes Maß für den über den Winter recht stabilen Winterbestand in der Northeimer Leineniederung.
Vermutlich immer derselbe Hybrid Tafel- x Reiherente hielt sich auch dieses Jahr in seinem siebten Winter in der Region auf – wenn auch dieses Mal erst vergleichsweise spät. Der Erpel wurde am 18. Februar im Leinepolder Salzderhelden entdeckt und pendelte seitdem bis Ende Februar zwischen Leinepolder Salzderhelden und den Northeimer Kiesteichen.
Für Meeresenten war diesen Winter der Große Freizeitsee das Gebiet der Wahl, wenn auch ein Nachweis der Bergente in der gesamten Region gänzlich ausblieb.
Eine junge männliche Trauerente suchte das beliebte Northeimer Naherholungsgebiet ab dem 6. Januar auf. Ab dem 23. Februar verdoppelte ein adultes Männchen die Anzahl auf zwei.
Der Aufenthalt einer weiblichen Samtente am 10. Dezember ebenda war nur von kurzer Dauer. Ihr folgten aber zwei Artgenossen mit längerer Verweildauer ab dem 6. Januar, denen sich genau einen Monat später ein weiteres Ind. anschloss. Gegen Ende des Monats wurde die Situation unübersichtlicher, da vermehrt an unterschiedlichen Enden des Sees eine Gruppe von zwei bzw. drei Samtenten gesehen wurde.

Eine männliche Trauerente auf dem Großen Freizeitsee bei Northeim.
Abb. 8: Trauerente auf dem Großen Freizeitsee. Foto: S. Paul

Zusammengerechnet 27 Schellenten am 25. Januar an den Northeimer Kiesteichen stellten das winterliche Maximum dar, welches sich im Schnitt der letzten Jahre bewegte.

Zwergsäger pendelten je nach Vereisungsgrad des Seeburger Sees zwischen diesem Gebiet und den Northeimer Kiesteichen. Der Bestand von 33 Ind. war in diesem Winter leicht überdurchschnittlich. Bei 53 Zwergsägern am 15. Dezember an den Northeimer Kiesteichen unmittelbar nach dem Zufrieren des Seeburger Sees waren sicherlich noch Vögel aus anderen Gebieten, möglicherweise vom Steinhuder Meer, beteiligt.
Am 4. bis 6. Dezember bereicherte ein männlicher Mittelsäger die Vogelwelt des Großen Freizeitsees. Ihm folgte ein weibchenfarbener Vogel am 3. Januar am Seeburger See, welcher es weniger eilig hatte und noch bis zum 8. Februar verweilte.
Der Winterbestand des Gänsesägers bewegte sich auf dem Niveau der Vorjahre. Auf dem Seeburger See waren die Rastzahlen über den Winter relativ konstant mit bis zu 55 Ind. am 12. Februar, wohingegen am Großen Freizeitsee nie mehr als 15 Vögel gesehen wurden.

Ein zu Jagdzwecken in die Landschaft geworfener Fasan am 31. Januar und 1. Februar östlich Lagershausen besaß vor dem Beobachter nur eine geringe Fluchtdistanz. Die zum Scheitern verurteilte vorausgegangene Aussetzung von mindestens sechs Vögeln zum Aufbau eines Bestandes gibt den Grünröcken ihre Bestätigung zur Dezimierung von Fuchs, Waschbär und Co. Wenigstens mit seinem exponierten Verhalten macht der Fasan allen Anschein nach einiges richtig um nicht selber vor die Flinte zu geraten, indem er sich einem jagdlichen Ansporn verweigert.

Bis zu 22 Zwergtaucher bestätigen am 17. Dezember einen weiterhin soliden Winterbestand auf ihrer traditionellen Hochburg, der Geschiebesperre Hollenstedt. An anderen Gewässern blieben die Zahlen zumeist einstellig.
Um die 100 Haubentaucher, welche auf der Northeimer Seenplatte überwintert haben, zeigen einen durchschnittlichen Bestand an. Am Seeburger See zeichnete sich ein bekanntes Bild ab. Nach einem Ausharren von bis zu 84 Ind. Anfang Dezember löste sich die Ansammlung nach den ersten Frösten und dem beginnenden Zufrieren des Sees rapide auf. Bis Ende Februar blieb die Anzahl weitestgehend im niedrigen einstelligen Bereich, bis langsam wieder Zuzug einsetzte. Nachweise von Rothals-, Ohren- oder Schwarzhalstaucher blieben diesen Winter Fehlanzeige.

Der Sterntaucher auf dem Großen Freizeitsee aus dem Vorbericht bekam am 3. und 4. Dezember Gesellschaft von einem zweiten adulten Vogel. Der erste Vogel blieb anschließend auch nur noch zwei weitere Tage bis zum 6. Dezember. Kurz darauf tauchten am 11. Dezember zwei Sterntaucher auf dem Seeburger See auf.
Am 19. Februar gelang erneut auf dem Großen Freizeitsee die Sichtung eines vorjährigen Prachttauchers. Der Vogel tolerierte sogar aufkommenden Bootsbetrieb und hielt bis zum Ende des Berichtzeitraums durch.

Ein schlichter Prachttaucher auf dem großen Freizeitsee bei Northeim
Abb. 9: Auch für Seetaucher, wie diesen Prachttaucher, war der Große Freizeitsee das zuverlässigste Gebiet. Foto: B. Riedel

Der aus den Vorwintern bekannte Kormoran (blau, 2R8) von der Insel Rügen verbrachte den Winter erneut am Seeburger See.

Am 18. Dezember flog während der traditionellen AGO-Winterexkursion eine Rohrdommel von der Kiesgrube Reinshof zum Wartberg bei Rosdorf. Weil sie dort von Rabenvögeln lautstark gemobbt wurde, konnte sie im kahlen Geäst wieder ausgemacht werden. Kryptisches Gefieder und das Einnehmen der arttypischen Pfahlstellung halfen gegen die aggressiven Krawallmacher nur sehr bedingt… Am 23. und 25. Dezember konnte am Seeburger See ein Artgenosse ausgemacht werden, am 23. unter tätiger Mithilfe von lokalen „Steine aufs Eis-Schmeißern“. Ob ein Vogel, der sich am 3. Januar ebenda bemerkbar machte, derselbe war, bleibt offen.

Eine Rohrdommel versucht Rabenkrähen zu vertreiben
Abb. 10: Rohrdommel reagiert auf schimpfende Rabenkrähen am Wartberg bei Rosdorf. Foto: M. Siebner

Vom Silberreiher gibt es beeindruckende 732 Beobachtungen. Die Höchstzahlen stammen mit 70 Ind. vom Northeimer Freizeitsee bzw. der Geschiebesperre Hollenstedt (Schlafplatz). Am Seeburger See waren es 44 Ind. Im Dezember betätigten sich bis zu 19 Ind. am Göttinger Kiessee als Kommensalen (Tischgenossen) der Kormorane. Sie warteten am Ufer, bis die „Unterwasserterroristen“ ihnen die Beute entgegen trieben. Sehr eindrucksvoll, und praktisch vor der Haustür! Heutzutage heißt so etwas leicht bombastisch „wildes Göttingen“. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Winterzahlen in der Region insgesamt zurückgehen. Dabei könnten, neben unbekannten Faktoren, auch schlechte Mäusejahre eine Rolle spielen.
Ab Mitte Februar werkelten bis zu sieben Paare des Graureihers am Göttinger Kiessee an ihren Nestern, auch am Sultmerberg bei Northeim waren sie wieder zugange.
Reviertreue Weißstörche verbrachten die kalte Jahreszeit auf ihren Nestern bzw. in deren Umfeld u.a. im Leinepolder, bei Hardegsen, im Seeanger, bei Gieboldehausen, Wollbrandshausen, Germershausen, in Seeburg (Wellenreiter) sowie bei Seulingen. Für das Ausharren ist weniger der Klimawandel als vielmehr die diffuse Herkunft dieser Vögel – einige sind nachweislich Nachfahren von Störchen, die in Süddeutschland angesiedelt und gefüttert wurden – eine der Ursachen.

Von der Kornweihe liegen enorme 101 Meldungen vor, zumeist aus der Leineniederung, wo identische Vögel vielfach bei ornitho.de eingetragen wurden. Ortsangaben, die sich überschneiden, fehlende Aussagen zu Geschlecht und Alter etc. machen eine penible Auswertung nahezu unmöglich. Die Maximalzahl von vier Ind. (ein adultes Männchen, drei weibchenfarbene Ind.) stammt aus dem Leinepolder. Immerhin: Die Kornweihe, früher meist auf dem Wegzug vermerkt, scheint sich zum regelmäßigen, nicht seltenen Wintergast zu mausern.

Eine fliegende Kornweihe.
Abb. 11: Weibliche Kornweihe im Leinepolder. Foto: B. Riedel

Mindestens zwei Seeadler (ein adulter und ein jüngerer Vogel) sind an den Feuchtgebieten der Region zur Normalität geworden. Allerdings nicht für die Wasservögel, die jedes Mal in Panik geraten, wenn eine „fliegende Haustür“ am Horizont auftaucht…
Drei Raufußbussarde (deren Schuhwerk nichts mit „rau“, sondern mit „rauch“ (altertümlich für Fell) zu tun hat), gelangten zur Meldung, am 15. Januar über dem Kleinen Kerstlingeröder Feld, am 22. Januar im Leinepolder und am 4. Februar nahe dem Seeburger See. Fotografieren ließ sich keiner. Von einem liegt nicht mal eine Beschreibung vor. Da freut sich der Chronist…
Bemerkenswerte zwölf Merline (wegen Doppelmeldungen in der Leineniederung im und nahe dem Polder wahrscheinlich ein paar weniger) gerieten in den Blick. Bei immerhin sechs Vögeln wurde das Geschlecht/Alter (Weibchen/weibchenfarben) angegeben. Fotos: auch hier Fehlanzeige. Diese sind aber bei dem pfeilschnell dahinzischenden Knirps in der Regel nur schwer zu bewerkstelligen.

Im gesamten Berichtszeitraum konnten Zugbewegungen des Kranichs notiert werden. Mal ging es nach Westen, mal nach Osten, mal irgendwohin, je nach Witterung. Die Zahlen bewegten sich im zwei- bis dreistelligen Bereich. Im Januar waren vergleichsweise wenige unterwegs. Im Februar kam Dynamik auf. Der 20. des Monats war ein guter Zugtag mit Tausenden Vögeln, darunter allein 3000 Tag und Nacht über den Leinepolder Salzderhelden ziehende Trompeter (mit ihrem tschilpenden Nachwuchs).

Zwei Kraniche im Schnee.
Abb. 12: Kranich mit Jungvogel in der Feldmark Wollbrandshausen. Foto: M. Siebner

Am 27. Dezember legte eine Großtrappe in der Feldmark Behrensen eine kurze Rast ein. Der Vogel war beringt und trug einen dunklen Gegenstand, vermutlich einen Sender. Dies belegt die Herkunft aus einem ostdeutschen Aufzuchtprojekt. Er verhielt sich scheu und allergisch gegenüber Spaziergängern mit Hunden und entschwand schnell Richtung Bovenden. Dort konnte die Trappe nicht wieder gefunden werden. Ob sie identisch war mit einem Artgenossen, der sich im Norden Niedersachsens längere Zeit aufgehalten hat, muss offen bleiben.

Am Seeanger und Seeburger See haben wieder Wasserrallen überwintert. In der Regel waren es ein oder zwei Ferkel, drei am 23. Dezember bildeten am Seeburger See die Ausnahme.
Das Auftreten von Blässhühnern auf dem Northeimer Freizeitsee ist ein guter Indikator für die Höhe des winterlichen Rastbestands. Nach dem Zufrieren einiger Stillgewässer tummelten sich hier Ende Dezember bis zu 800 Ind. Später gingen die Zahlen leicht zurück und pendelten sich bei ca. 500 Ind. ein.

Der Durchzug des Goldregenpfeifers konzentrierte sich wie gewohnt auf den Zeitraum 20.-25. Februar und manifestierte sich in 22 rastenden Individuen im Leinepolder Salzderhelden, in einmal 48 und einmal drei Individuen in der Feldmark direkt südlich von Göttingen sowie in einem Zwölfertrupp auf einem Acker nahe des Großen Leinebuschs.
Einzelne Kiebitze waren dank milder Witterung im Winter durchgehend anzutreffen; ab Februar setzte der Heimzug ein und kulminierte in der dritten Monatsdekade mit Ansammlungen von 3.000 Vögeln im Leinepolder Salzderhelden und 916 Vögeln in der Feldmark Reinshof. Zahlreiche weitere Rastbestände mit kleineren Truppgrößen im zwei- oder dreistelligen Bereich fanden sich an diversen anderen Feucht- und Ackergebieten – alles in allem ein Heimzug im guten Durchschnitt dieser stark gefährdeten Vogelart.
Der einzige Große Brachvogel des Berichtszeitraums blickte am 14. Dezember ins „Auge des Eichsfelds“, als er vom Seeanger zum Seeburger See wechselte.
Ebenfalls singulär blieb die Beobachtung einer frühen Uferschnepfe, die am 22. Februar zwischen Kiebitzen im Leinepolder Salzderhelden rastete.
Während sieben Sichtungen der Waldschnepfe vorrangig in verschiedenen Waldgebieten erfolgten, zeigten sich Zwergschnepfen ausschließlich an der Northeimer Seenplatte – einmal Mitte Dezember und dreimal Ende Februar. Waren sie den ganzen Winter dort?
Etwas leichter lässt sich diese Frage für die Bekassine beantworten, die mit immerhin 30 Nachweisen regelmäßig an der Geschiebesperre Hollenstedt (mit bis zu neun Individuen) gesehen wurde. Interessanterweise hatte sich eine einzelne Bekassine den Bachlauf der Weende bei Bovenden zum Überwintern ausgesucht und zeigte sich hier offenbar dickfellig gegenüber Spaziergängern und ihrem vierbeinigen Gefolge.
Ein Rotschenkel und ein Alpenstrandläufer sind als frühe Vorboten des Heimzugs einzuordnen, als sie um den 22. Februar im Leinepolder Salzderhelden Rast machten.
Immerhin 38 Beobachtungen des Waldwasserläufers betreffen überwiegend drei Überwinterer an der Northeimer Seenplatte.

Im Zuge eines verstärkten Auftretens dieser Art in Mitteleuropa nutzten am 27. Dezember gleich zwei Dreizehenmöwen den Großen Freizeitsee für eine kurze Verschnaufpause. Als Hochseevogel tritt diese Art nur ausnahmsweise und in der Regel aufgrund von starken Westwinden im Binnenland auf.
Reichlich spät dran waren zwei Zwergmöwen, die am 11. Dezember ebenda den kalten Temperaturen zu entfliehen versuchten.

Zwei schwimmende Zwergmöwen auf dem großen Freizeitsee bei Northeim.
Abb. 13: Zwergmöwen auf dem Großen Freizeitsee. Foto: B. Riedel

Die Beobachtungen einer Herings– (15. Februar; K2) sowie von fünf Silber– (alle im Dezember; eine K1, zwei adult, zwei unbekannt) und drei Mittelmeermöwen (eine K1, zwei adult) stehen in starkem Kontrast zu 96 Beobachtungen von insgesamt 278 gemeldeten Steppenmöwen (Mehrfachzählungen inbegriffen). Das Maximum stellten bemerkenswerte 30 Individuen am 4. Februar am Seeburger See dar.
Der im Vorbericht erwähnte und seit dem 29. November am Seeburger See beobachtete Hybrid Silber-_x_Steppenmöwe (gelber Farbring „Y XHLL”; ab 2023 im 5. Kalenderjahr) überwinterte und machte sich am 12. Februar wieder aus dem Staub.

Auch vergleichsweise viele Hohltauben blieben (und balzten!) dank milder Witterung den Winter über in unseren Breiten – die Höchstzahl stellt allerdings ein Trupp von 25 Vögeln am Kerstlingeröder Feld am 16. Februar dar und ist bereits dem Heimzug zuzuordnen.
Sehr erfreulich sind 70 Meldungen der Türkentaube, die Winter-Gemeinschaften bildeten: 50 Individuen saßen allein in Seeburg an einem offenen Hühnerstall (!), 25 in Hollenstedt, 25 in Gö.-Geismar und 14 in Hillerse.

Bemitleidenswert bleibt ein Nymphensittich, der am 8. Januar am Großen Freizeitsee vorbei flog.

Nur zwei Schleiereulen ließen sich in Bodensee und bei Rosdorf dokumentieren, einmal indirekt über den Fund von Gewölle und einmal über Gesang.
Ab Mitte Februar machten an zwei Stellen Raufußkäuze auf sich aufmerksam. Der eine im nördlichen Bramwald und der andere im Reinhäuser Wald, wo die Nachweise in den letzten Jahren zugenommen haben. Beide Vögel besetzten Reviere.
Im bekannten Steinkauzrevier im Landkreis Northeim wurde nur einmal zu Jahresbeginn ein Vogel gesehen. In einer Streuobstwiese im Ort hängen seit kurzem zwei Nistkästen – ob sie den beiden als neue Unterkunft zusagen, bleibt abzuwarten.
Waldohreulen zeigen sich in diesem Jahr mit 41 Beobachtungen erfreulich motiviert, nachdem es im letzten Winter wegen Mäusearmut nur acht waren.
Der Brutplatz des Einbecker Stadt-Uhus wurde zum Zwecke einer Restaurierung im Mauerwerk mit Baugerüst und Planen hoffentlich nur vorübergehend blockiert…

203 Nachweise des Eisvogels sind Zeugen eines milden Winters einerseits und einer Erholung des regionalen Bestands nach dessen Einbruch im eisigen Februar 2021 andererseits (2021/22: 83 Beobachtungen).

Ein Eisvogel auf einer Betonbrücke neben einem Rohr.
Abb. 14: Eisvogel im Göttinger Levin-Park. Foto: M. Siebner

Nach einem schwachen Jahreswechsel 2021/2022 sind im letzten Winter wieder mehr Raubwürger beobachtet worden. Von zwölf Orten liegen 40 Sichtungen vor. Zumindest auf dem Kerstlingeröder Feld, den Leinepoldern zwischen Immensen und Drüber, der Hollenstedter Feldmark und östlich Denkershausen deuten Mehrfachbeobachtungen über einen längeren Zeitraum auf besetzte Winterreviere hin. In den letzten beiden Gebieten überwinterten jeweils bis zu zwei Individuen.

Am 15. Januar kam es zur zweiten AGO-Synchronzählung einfliegender Corviden zu den Göttinger Schlafplätzen. Insgesamt 6178 Rabenkrähen und enorme 1042 Dohlen konnten gezählt werden. Verglichen mit den Zahlen der ersten Synchronzählung 2021 konnte für die Rabenkrähe ein gleich bleibender Bestand und für die Dohle eine Zunahme um etwa 25 Prozent festgestellt werden. Jeweils ein Raben- x Nebelkrähenhybrid wurde am 22. Januar bei Dögerode/Kalefeld und am 19. Februar in der Weender Feldmark notiert.
Die Feststellung eines Saatkrähenschwarmes im Hochwinter ist aus regionaler Sicht heutzutage die große Ausnahme. Am 22. Januar flogen 43 Individuen abends in Richtung Göttinger Innenstadt. Ansonsten traten ausnahmslos Einzelvögel auf.

Winterliche Heidelerchen könnten in den nächsten Jahren häufiger im Bearbeitungsgebiet auftreten. Am 8. Januar überflog ein Individuum den Beobachter am Freizeitsee bei Northeim. Klassischerweise nach einem Kälteeinbruch mit geschlossener Schneedecke wurden am 23. Januar insgesamt sechs Heidelerchen am Rande eines Feldweges in der Feldmark westlich Weende entdeckt. Der Trupp hielt sich bis zum 27. Januar in der schneefreien Ruderalvegetation auf. Am 8. Februar wurde hier noch ein Vogel gesehen. Sechs Lerchen am 22. Februar im Nörtener Stadtwald läuteten den Heimzug ein.

Eine Schwanzmeise der nordöstlichen Unterart caudatus konnte am 17. Januar im Göttinger experimentellen botanischen Garten beobachtet und auch fotografisch dokumentiert werden.

Eine Schwanzmeise im Geäst.
Abb. 15: Eine Schwanzmeise der Unterart caudatus? Zumindest deutet ihr äußeres Erscheinungsbild stark darauf hin. Foto: M. Göpfert

Eine verspätete Beutelmeise im Schilf des Seeangers wurde am 9. Dezember entdeckt.
Im selben Gebiet kann von einer Überwinterung zweier Bartmeisen ausgegangen werden. Zwischen Dezember und Februar kamen die beiden immer mal wieder zu Gesicht. In den letzten Jahren gelangen Winterbeobachtungen der Art in Südniedersachsen fast ausschließlich an diesem Gewässer.

Auch in diesem Winter wurden die Hoffnungen vieler Beobachter auf einen Seidenschwanzeinflug enttäuscht. Wie im vergangenen Jahr hieß es leider: Fehlanzeige.

Für die Jahreszeit recht häufig traten im Berichtszeitraum Rotdrosseln in Erscheinung. 121 Beobachtungen gelangen im Laufe des Januars. Damit wurde der Wert von 2019, immerhin 103 Beobachtungen, deutlich überschritten. Die Anzahl der Vögel lag mehrheitlich im einstelligen Bereich.

Grafik mit Beobachtungen ron Rotdrosseln in den vergangenen Jahren.
Abb. 16: Die Rotdrossel trat im Januar 2023 überdurchschnittlich häufig in Südniedersachsen auf (n = Anzahl Beobachtungen). Quelle: ornitho.de

Jeweils ein Schwarzkehlchen in Göttingen, am 12. Dezember am Siekgraben und am 18. Dezember am Flüthewehr, blieb ohne Folgebeobachtungen, sodass es sich sehr wahrscheinlich um späte Durchzügler und nicht um echte Überwinterer gehandelt haben dürfte.

Bergpieper wurden nur an drei Orten, der Geschiebesperre Hollenstedt, dem Seeanger und dem Leinepolder in durchgängig niedrigen einstelligen Werten beobachtet. Über die Jahre ist ein signifikanter Rückgang unverkennbar. Die Ursachen sind unbekannt.

Ausgesprochen rar machte sich in diesem Winter der so genannte Trompetergimpel. Diese seit 2004 bei uns als Gastvogel dokumentierte nördliche Unterart unseres Dompfaffs wurde nur neunmal entdeckt. Dies ist die niedrigste Anzahl auf ornitho.de gemeldeter „Tröter“ seit 2012.

Grafik mit Beobachtungen ron Trompetergimpeln in den vergangenen Jahren.
Abb. 17: Der Trompetergimpel war diesen Winter (1. Dezember – 28. Februar) ausgesprochen selten zu hören (n = Anzahl Beobachtungen). Quelle: ornitho.de

Das Fehlen der Hanfflächen in der südlichen Göttinger Feldmark machte sich vor allem beim Bluthänfling bemerkbar, welcher hier im vergangenen Winter mit fast völliger Abwesenheit glänzte. Gleiches gilt für den Feldsperling. Stieglitze waren mit maximal 300 Exemplaren in den Blühstreifen deutlich zahlreicher anzutreffen.
30 Birkenzeisige am 23. Dezember bei Nikolausberg und 400 Erlenzeisige am 19. Februar am Seeburger See sind die jeweiligen Höchstzahlen für die beiden kleinen Finkenarten.
Ein Kanarienvogel wurde am 21. Februar in der Göttinger Innenstadt gesehen. Ob er lange glücklich mit seiner neu gewonnenen Freiheit war?
Ein in dieser Größenordnung nie dagewesenes Schauspiel konnten Vogelbegeisterte ab Mitte Januar im Solling bestaunen. Aufgrund einer außergewöhnlich starken Buchenmast in südniedersächsischen Wäldern zog es Unmengen von Bergfinken in unsere Gefilde. Während des Anfluges des gemeinschaftlichen Schlafplatzes konnten Millionen Vögel beobachtet werden, wie sie in einem nicht enden wollenden Band ihr Nachtlager ansteuerten. Am 29. Januar dann schien sich ein Teil der Bergfinken auf den Weg zu neuen Nahrungsgründen zu machen, wobei der Schlafplatz offenkundig beibehalten wurde. Mehrere hunderttausend Vögel wurden über mehreren Orten ziehend beobachtet. Zu diesem außergewöhnlichen Ereignis wird es bald einen ausführlichen Bericht auf dieser Homepage geben. Doch nicht nur die Bergfinken zogen ihren Nutzen aus dem Übermaß an Eckern.
Buchfinken wurden häufig in dreistelligen Truppgrößen in den Buchenwäldern gesehen. Ebenfalls sehr zahlreich traten Kernbeißer auf. Beispielsweise wurden am 7. Januar 126 Vögel im Nörtener Stadtwald und am 20. Januar 80 an der Ahlsburg gezählt. Aber auch große gemischte Meisentrupps mit mehreren Dutzend Tieren taten sich an den Früchten gütlich.

Ein Riesenschwarm Bergfinken am Schlafplatz im Solling.
Abb. 18: Ein winziger Ausschnitt des riesigen Bergfinkenschwarms beim Schlafplatzanflug im Solling. Foto: M. Siebner

Abgesehen von maximal 400 Goldammern in Bereich des Göttinger Nordcampus waren große Trupps dieser Art die Ausnahme.
Eine Spornammer am 23. Februar auf einer Ruderalfläche am Northeimer Freizeitsee war die erste seit 2017 in Südniedersachsen.

Damit endet dieser Bericht, der auf 24.430 Eintragungen auf ornitho.de basiert. Ein herzlicher Dank der Verfasser geht an die vielen Beobachterinnen und Beobachter im dreistelligen Bereich.

Béla Bartsch, Hans H. Dörrie, Malte Georg und Ole Henning

Eine Rotdrossel sitzt auf dem Boden im Gras.
Abb.19: Die Rotdrossel, in diesem Jahr zahlreich. Foto: Mathias Siebner