Am 2. Mai gingen drei Teams an den Start, um in ihrem Beritt während 24 Stunden so viele Vogelarten wie möglich zu registrieren (Informationen und Ergebnisse unter www.dda-web.de).
Die Wetterbedingungen waren passabel bis optimal (sonnig, kaum Wind, um 15° C). Aber wie so oft: Bei eintönig „schönem“ Wetter muss man sich noch mehr abmühen, um Arten auf die Liste zu bekommen. Zudem war die Südhälfte Deutschlands von heftigen Regenfällen geplagt, so dass von dort nur wenige gefiederte Migranten nach Norden starten konnten, um etwas Dynamik ins örtliche Zuggeschehen zu bringen.
Mit dem Titel des Süd-Niedersachsen-Meisters kann sich diesmal das Team „Dynamo avigoe“ schmücken. Mit Maarten Mooij, Silvio Paul und Martin Schuck (extra aus der Schweiz angereist, wacker!) gehörten ihm Mitglieder früherer Formationen („Leinehänflinge“, „Göttinger Siebenschläfer“) an. Sie beackerten den Landkreis Northeim und brachten es auf 122 Arten.
Um 02:45 Uhr ging es im Hochsolling los. Die typischen Arten in diesem montanen Lebensraum zeigten sich sehr entgegenkommend. Mit drei Repräsentanten (Waldkauz, Waldohreule und Raufußkauz) war die Eulenfamilie gut vertreten. Der Uhu kam an anderer Stelle hinzu. Am Lakenteich ließ sich bei völliger Dunkelheit verfolgen, wie lange ein verschlafener Zwergtaucher braucht, um einen ordentlichen Balztriller zustande zu bringen. Von den gewöhnlichen Waldarten „fehlte“ erstaunlicherweise die Sumpfmeise. Aber wenn die kleinen Kerle im Geäst nicht akustisch auf sich aufmerksam machen, hat man eben keine Chance… In der Leineniederung zwischen Northeim und Einbeck warteten die Mühen der Ebene auf das Team, die durch einen Imbiss im traditionellen Stil (Bratwurst bei Leinemann) nur unwesentlich gelindert werden konnten. Die Geschiebesperre Hollenstedt erwies sich wie so oft als öde. Als Besonderheit tat sich hier nur eine Weißwangengans zweifelhafter Provenienz hervor. Die Vogelwelt im Leinepolder, der noch vor wenigen Tagen von Limikolen nur so gewimmelt hatte, war überschaubar. Zwar gerieten die üblichen Watvögel ins Blickfeld (darunter immerhin 100 Bruchwasserläufer), aber wie vor zwei Jahren z.B. keine kleinere Art der Gattung Calidris. Immerhin ließ sich ein recht früher Wachtelkönig vernehmen. Als weitere Spezialitäten des Gebiets sind Rohrschwirl und Kranich erwähnenswert, wie auch ein Drosselrohrsänger auf der Rast. Der Teichrohrsänger machte sich (noch) ungewöhnlich rar. Dies betrifft auch die Mehlschwalbe, von der erst kurz vor Toresschluss ein Einzelvogel gesehen wurde. Am Abend hatten sich alle einen veritablen Sonnenbrand zugezogen, was aber an der guten Stimmung nichts änderte. Fazit: Bei den Brutvögeln lief es sehr gut, bei den Gastvögeln eher mau.
Das homogene Traditionsteam der „Göttinger Sozialbrachvögel“ (Hans H. Dörrie, Christoph Grüneberg, Karl Jünemann, Moritz Otten und Mathias Siebner) konnte heuer sein 10-jähriges Bestehen feiern und startete wie gewohnt um 04:00 Uhr Richtung Bramwald. Das Ergebnis von 119 Arten war dem spektakulären Anlass nicht ganz angemessen. Immerhin: An der großen Windwurffläche bei Ellershausen gratulierten gleich zwei Turteltauben, wohl die einzigen weit und breit. Weil dort aber weder Baumpieper (galoppierende Verbuschung) noch Grauspecht oder Erlenzeisig auszumachen waren, fehlten diese Arten beim Gesamtergebnis, zumal man auf einen Besuch des Kerstlingeröder Felds verzichten musste. Glanzlichter in Göttingen waren eine Zwergschnepfe an den ehemaligen Tongruben Siekgraben und ein trommelnder Kleinspecht an der Leine südlich vom Flüthewehr. Was „Dynamo avigoe“ mit der Sumpfmeise widerfuhr, geschah den „Sozialbrachvögeln“ mit der Haubenmeise, die sich hartnäckig den Blicken und Gehörgängen entzog. Eine weitere Lücke verursachte der Wanderfalke, obwohl sich das Team für längere Zeit beim Pizzaverzehr an der Turmmensa aufhielt, wo ein Paar ab und an den Nistkasten inspiziert. Bei der Fahrt in den Ostkreis gab es eine kleine Manifestation gegen die Schnapsidee, in einem beliebten Naherholungsgebiet mit bemerkenswerter Vogelfauna einen Golfplatz zu bauen. Akustische Unterstützung kam dabei vom einzigen Feldschwirl der Tour.
Am Seeanger gab es mit einem Regenbrachvogel eine schöne Bonusart. Den stärksten Adrenalinstoß während des Rennens verursachte ein Fasan in der Feldmark Bernshausen. Das abendliche Ausharren am Seeburger See, wo zwei Küstenseeschwalben kurz zuvor das Weite gesucht hatten, sorgte mit einer Sturmmöwe, einem singenden Rohrschwirl und zwei Beutelmeisen für einen gedeihlichen Abschluss.
Als drittes Team gingen die „Schweißstörche“ (Pauline Mergel, Jonas Hegeler, Mike Kuschereitz und David Singer) an den Start.
Die jungen StudentInnen absolvierten, wohlgemerkt im Leinebergland, 80 km mit dem Fahrrad und kamen auf genau 100 Arten. Das sehr bemerkenswerte Ergebnis – eigentlich waren “nur” 80 Arten das Ziel – ließ die Strapazen schnell vergessen. Begonnen wurde um 03:45 Uhr bei Nikolausberg, dann ging es durch den Göttinger Wald über das Weißwassertal zum Seeanger und Seeburger See. Hier sorgten vor allem Braun-, Schwarz- und Blaukehlchen für Begeisterung. Der Rückweg führte über das Kerstlingeröder Feld nach Göttingen, wo am Kiessee und an der Kiesgrube Reinshof weiter beobachtet wurde, allerdings mit mäßigem Erfolg.
Der zuvor abwesende Wanderfalke an der Turmmensa, der – wie um die Konkurrenz zu verhöhnen – sich beim Pizzaessen in Szene setzte, sorgte am späten Nachmittag für das Grande Finale. Mit Waldohreule, Grauspecht, Waldlaubsänger, Erlenzeisig, Baumpieper und Wendehals sah das Team Arten, die den „Sozialbrachvögeln“ schmerzlich fehlten. Dagegen wollte es mit Wasseramsel und Eisvogel einfach nicht klappen, und die Haubenmeise zeigte auch diesem Team die kalte Schulter. Für das nächste Jahr haben die „Schweißstörche“ ein Ergebnis angekündigt, dass bei gestiegenem Regionalwissen womöglich noch knapper ausfallen könnte. Was die körperliche Fitness anbelangt, sind die Newcomer ohnehin wohl unschlagbar. Man darf gespannt sein…
Allen TeilnehmerInnen hat das Rennen großen Spaß bereitet. 2016 kann kommen!
Hans H. Dörrie, Mike Kuschereitz, Silvio Paul und David Singer