Die diesjährige Wegzugsaison lief etwas schleppend an. Das lag nicht zuletzt an den Beobachtern, die in der Sahara-Hitze des Juli 2006 an schattigen Plätzen ihr WM-Fieber zu kurieren versuchten. Wer sich doch einmal aufraffte, konnte am azzurro-blauen Himmel nicht viel entdecken. Erst der wechselhafte und um einiges kühlere August brachte den Zug langsam in Gang.
Ab Ende Juli konnte starker Mauersegler– und Schwalbenzug registriert werden, wie 5000 ziehende Segler in einer Woche am Göttinger Kiessee und mindestens 3000 Rauchschwalben am Schlafplatz am Seeburger See recht eindrucksvoll belegen.
Der Limikolenzug machte sich im Seeanger bislang ohne nennenswerte Besonderheiten bemerkbar. Bis Anfang September wurden nur einzelne adulte Alpen– und Sichelstrandläufer gesichtet. Erst am 10.09. gingen die Zahlen in die Höhe. Bei den Tringa-Arten war das für den Wegzug relativ zahlreiche Erscheinen des Dunklen Wasserläufers mit bis zu sechs gleichzeitig anwesenden Individuen bemerkenswert.
Mittelmeermöwen blieben mit einer Handvoll Beobachtungen auf dem niedrigen Niveau der letzten Jahre. Dagegen stellte das gehäufte Auftreten junger Schwarzkopfmöwen mit bis zu sechs Individuen am Seeburger See sowie einem Einzelvogel an der Kiesgrube Reinshof eine regionale Novität dar.
Als weitere Besonderheiten vom Seeburger See sind eine adulte Zwergseeschwalbe im Juli und eine junge Küstenseeschwalbe im August zu nennen, in deren Begleitung sich eine alte Flussseeschwalbe befand. Für den Wegzug bemerkenswert waren auch 23 Trauerseeschwalben ebenda.
Die Planbeobachtungen am Diemardener Berg begannen am 12. August mit einem Paukenschlag: Der erste Seggenrohrsänger in unserem Bearbeitungsgebiet seit 30 Jahren ließ sich in einem schmalen Entwässerungsgraben mit Ruderalvegetation zur Rast nieder! Es handelte sich um einen Vogel im ersten Kalenderjahr.
Der achte regionale Mornellregenpfeifer überflog das Gebiet am 23.08. Bei den regulären Durchzüglern konnten bis zum 13.09. recht hohe Zahlen ermittelt werden. Insgesamt wurden 89 Wespenbussarde und 28 Rohrweihen sowie acht Baumfalken notiert. Die beiden häufigsten heimischen Greifvögel Mäusebussard und Turmfalke waren hingegen in erbärmlichen Zahlen vertreten, was mit dem schlechten Mäusejahr und dem damit einhergehenden geringen Bruterfolg erklärt werden kann.
Baumpieper waren im zehnten Jahr der Planbeobachtungen mit mehr als 470 Individuen so zahlreich wie nie. Der Durchzug von Brachpieper (16) und Ortolan (7) blieb im guten Schnitt der vergangenen Jahre. Vom Braunkehlchen wurde am 30.08. mit 83 Individuen am südlichen Göttinger Stadtrand ein neuer Tagesrekord erzielt. Steinschmätzer waren bislang eher unterdurchschnittlich repräsentiert.
Die stabile Hochdruckwetterlage, die Europa im Juni und Juli im Schwitzkasten hielt, scheint besonders den wärmeliebenden und insektivoren Arten wie Wespenbussard, Baumpieper und Braunkehlchen einen sehr guten Bruterfolg beschert zu haben.
Man darf gespannt sein, was der Herbst 2006 noch für die Region bereithält.
C. Grüneberg