Das Birdrace 2008 in Göttingen – ein launiger Rückblick

Einmal im Jahr ergreifen vier sympathische Erfolgstypen (Hans H. Dörrie, Christoph Grüneberg, Mathias Siebner und Nikola Vagt) die Initiative und bieten sich in Gestalt der „Göttinger Sozialbrachvögel“ ehrgeizigen Jungtalenten selbstlos als Projektionsfläche an. Der fernöstlichen Glückskeks-Weisheit „Versuche niemals zu gewinnen, wenn du den Gegner damit kränkst“ verpflichtet, traf sich das alteingesessene Traditionsteam am 3.5. gut ausgeschlafen und ebenso gelaunt um 6.30 Uhr, um danach im dichten Nebel der Leineaue mehr herumzustochern als effizient die Arten abzuhaken. Da waren die ambitionierten, von Silvio Paul, der an diesem Tag umziehen musste, per Handy unterstützten Mitbewerber von „Ave Göttingen!“ (Mischa Drüner, Lisa Hülsmann und Martin Schuck) schon lange auf den Beinen und absolvierten gerade eine vierstündige Umrundung von Hainholz und Kerstlingeröder Feld. Beide Gebiete waren nicht nur wie gewohnt artenreich, sondern auf weiten Strecken nebelfrei. Mit sechs Spechtarten (inklusive Mittelspecht und Wendehals), Waldkauz, Trauerschnäpper, aber ohne Misteldrossel und Neuntöter (die von beiden Teams nicht entdeckt wurden), zementierte „Ave Göttingen!“ schon am frühen Morgen das solide Fundament des späteren Newcomer-Erfolgs – zumal die „Sozialbrachvögel“ auf vielfachen Wunsch ihres Seniors, dem das irgendwie zu viel geworden wäre, diese Göttinger Hotspots erstmalig links liegen ließen. Eine Beinahe-Kollision von „Ave Göttingen!“ mit einigen Frischlingen an der Bismarckstraße ist vor allem deshalb erwähnenswert, weil Wildschweine in diesem Teil des Stadtwalds, zumindest im Frühjahr, eine echte Rarität sind – mutiert der Hainberg demnächst zum Grunewald, mit Wildschweinrotten als zudringlichen Wegelagerern?
Wasseramsel, Gartengrasmücke und Grauschnäpper, die von den „Sozialbrachvögeln“ am südlichen Stadtrand registriert wurden, gingen „Ave Göttingen!“ zwar durch die Lappen – dennoch war, nach den Siegen der „Schnellen Brüter“ respektive der personenidentischen „Feuchtkehlchen“ (F. Bindrich, J. Goedelt, V. Hesse) in den Jahren 2005 und 2006 (2007 traten nur die „Sozialbrachvögel“ an) die dritte Niederlage bereits frühzeitig programmiert.
Nach einem längeren Zwischenstopp in Geismar mit lecker Kaffee und Kuchen im Backhaus begaben sich die „Sozialbrachvögel“ unverzüglich zur ehemaligen Bauschuttdeponie, wo der Geburtstag von C. Grüneberg mit einer exotischen Kombination aus mehreren regionalen Wurstsorten und chinesischem Pflaumenwein gefeiert wurde. Wenig später veranstaltete dort auch „Ave Göttingen!“ ein Picknick und sah dabei vermutlich denselben Wiesenpieper wie die bereits in Richtung Osten verschwundenen Vorgänger.

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Der Rest ist schnell erzählt: Während „Ave Göttingen!“ am Seeanger, Lutteranger und Seeburger See die exklusiven Arten Schnatterente, Wasserralle und Waldohreule verbuchen konnte (aber nicht das Blaukehlchen, dessen Gesang nur die „Sozialbrachvögel“ bezauberte), waren es bei den Letztgenannten Habicht, Sumpfrohrsänger und Braunkehlchen, die nach Abstechern ins Weißwassertal bei Ebergötzen und zum Grenzstreifen Ecklingerode bei Duderstadt auf die Liste kamen. Mit 106 zu 104 Arten lagen die einsatzfreudigeren Hoffnungsträger zum Schluss knapp, aber verdient vorn.
Das langweilig schöne Frühlingswetter machte auch das Birdrace 2008 zu einer eher artenarmen Veranstaltung. Nicht ein Gelbspötter wurde gesehen, von ungewöhnlicheren Migranten unter den Sperlingsvögeln ganz zu schweigen. Auch das Limikolenspektrum war sehr begrenzt: Unter anderen glänzten Bekassine, Alpenstrandläufer und Rotschenkel durch Abwesenheit.


Bestimmt heißt es nächstes Jahr wieder: Wer schlägt die „Sozialbrachvögel“? Interessenten, unter welcher Bezeichnung auch immer, haben bis dahin Zeit, sich zu formieren. Auch „Ave Göttingen!“ wird gewiss wieder am Start sein.

Die „Sozialbrachvögel“ M. Siebner, N. Vagt, C. Grüneberg & H. Dörrie: Satt und glücklich auf dem Steg des Seeburger Sees.

Die vollständigen Ergebnisse können auf der Website des Dachverbands Deutscher Avifaunisten www.dda-web.de nachgelesen werden.

H. H. Dörrie, unter Verwendung einer Textvorlage von M. Drüner