Seidenschwänze – Ansturm der Invasoren?

Während der vergangene Kältewinter ungewöhnlich wenige Seidenschwänze nach Süd-Niedersachsen brachte, könnte es in den kommenden Wochen und Monaten wieder ganz anders aussehen. Seidenschwanz-Invasionen werden im wesentlichen vom mangelnden Nahrungsangebot (z.B. ausbleibende Fruktifikation der Eberesche) im Winter verursacht. Die beerenfressenden Taigavögel sind dann gezwungen, nach Süden auszuweichen.

Momentan zeichnet sich ein früher Einflug ab, vor allem an der norddeutschen Küste und auf Helgoland (dort bereits mehr als 100 rekordverdächtige Individuen). Aber auch in Mittelhessen wurden schon einige gesichtet (M. Kraft im German BirdNet). Woher die einfliegenden Vögel stammen ist unklar. Aus Südschweden (Falsterbo) liegen bis dato nur wenige Beobachtungen ziehender Individuen vor.


Der bislang stärkste Einflug konnte für den Göttinger und Northeimer Raum im Winter 2004/2005 mit Meldungen von mehr als 12.000 Vögeln registriert werden (Dörrie 2005). Die gute Erfassung auf großer Fläche wurde möglich, weil das „Göttinger Tageblatt“ seine Leserinnen und Leser dazu aufgerufen hatte, die Vögel zu melden.


Wenn uns ein erneuter Masseneinflug ins Haus steht, sollte dieser (wieder) möglichst umfassend dokumentiert werden. Derzeit leben die Vögel vor allem von Obst (Äpfel, Pflaumen etc.). Ist dieses Nahrungsangebot erschöpft, weichen sie auf Mistelbeeren aus, die sie vor allem in Pappeln finden. Seit 2004 ist der Göttinger Siedlungsbereich weiter „entpappelt“ worden. Daher ist es eine interessante Frage, welchen Einfluss die Verminderung des Mistelbeeren-Angebots auf die Rastzahlen hat und Göttingen eventuell dabei ist, seinen Ruf als „Seidenschwanz-Hochburg“ einzubüßen.


Deshalb unsere Bitte, alle Seidenschwanzbeobachtungen zu melden! Wichtig sind Angaben zu Ort, Datum, ggf. Uhrzeit, Rastdauer und Art der Nahrung bzw. Nahrungsaufnahme.
Seidenschwänze sind unverkennbar (siehe Abb.) und verraten sich oft durch ihren trillernden Kontaktruf. Gleichwohl werden sie nicht selten mit Wacholderdrosseln verwechselt, die sich ebenfalls in Obstgärten herumtreiben und manchmal mit ihnen vergesellschaftet sind. Deshalb wird hier auch die Wacholderdrossel porträtiert. Ein weiterer Kandidat ist der Star, der zwar ganz anders gefärbt ist, aber in seiner Flugweise nur schwer vom Seidenschwanz zu unterscheiden ist.

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Abb. 1: Seidenschwanz. Foto: M. Siebner
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Abb. 2: Wacholderdrossel. Foto: M. Siebner
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Abb. 3: Star. Foto: M. Siebner

Seidenschwanz-Beobachtungen können an die Mailadresse des Arbeitskreises Göttinger Ornithologen (AGO) info@ornithologie-goettingen.de geschickt werden.

H. H. Dörrie

Literatur