Der Vogelwinter 2016/17 in Süd-Niedersachsen: zeitweise kalt und meistens ruhig

Abb. 1: Seidenschwanz am Göttinger Kiessee. Foto: M. Siebner

Das Winterwetter war geprägt von einem eisigen Januar, der ca. 2°C kälter ausfiel als im Mittel. In den Niederungen fiel jedoch nur wenig Schnee. Die Stillgewässer waren über Wochen zugefroren. Nur der Northeimer Freizeitsee wies einen eisfreien Bereich von nennenswerter Größe auf, an dem sich im Hochwinter mehr als 1000 Wasservögel konzentrierten. In der letzten Februardekade tauten die Gewässer wieder auf, wobei das Orkantief „Thomas“ am 23. des Monats diesen Prozess mit ergiebigen Regenfällen beschleunigte. Um der Wassermassen Herr zu werden, wurde die Leine im Polder 1 bei Salzderhelden schnell angestaut.
Anders als im vorangegangenen milden Winter 2015/16 verharrten einige Kurzstreckenzieher dieses Mal in nennenswerter Zahl. Dazu später mehr.

Der Winterbestand des Singschwans in der Leineniederung zwischen Northeim und Einbeck kann auf maximal zwölf bis 14 Ind. beziffert werden, darunter der seit Ende November präsente lettische Stammgast 2E 94 und nur zwei Jungvögel.
Am 18. Januar rasteten zwei Ind. im Seeanger nur kurz.

Zwei Kanadagänse hielten sich im Januar am Freizeitsee und an der Geschiebe-sperre auf, ein Einzelvogel ab dem 26. Februar am Seeburger See. Sechs Weißwangengänse präsentierten am 11. Dezember am Seeanger das Maximum für den Berichtszeitraum. Zwei Vögel vom 19. bis 21. Februar am Tanzwerder sind vermutlich ein Erstnachweis für den Altkreis Münden. Im Northeimer Raum konnten bis zu drei Vögel (am 26. Februar im Leinepolder) ausgemacht werden.

Weißwangengans - W.Vogeley
Abb. 2: Weißwangengänse in Hann. Münden. Foto: W. Vogeley

Mitte Januar erreichten Tundrasaatgänse an ihrem Schlafplatz an der Geschiebesperre mit bis zu 3000 Ind. ihr hochwinterliches Maximum.

Am 5. Februar überflogen zwei Kurzschnabelgänse den Leinepolder Richtung Süden. Maximal 1800 Blässgänse fielen Mitte Januar an der Geschiebesperre zum Schlafen ein.
Am 9. Dezember ballerten Zeitgenossen, die sich in der Öffentlichkeit als „grüne Abiturienten“ spreizen, südlich der Geschiebesperre auf einfliegende Gänse. Dies geschah bis in die Dunkelheit, als nur noch die Silhouetten der Vögel zu erkennen waren. Man fragt sich (und wird es wohl nie erfahren), was von Leuten, deren Vogelartenkenntnis sich auch tagsüber im Nanobereich bewegt, zum reinen Vergnügen so alles vom Himmel geholt wird…

Der Winterbestand der Nilgans lag an der Geschiebesperre regelmäßig bei bis zu 150 Ind. Bemerkenswerte Ausnahmen bildeten der 27. Januar und der 14. Februar, als dort ca. 400 bzw. mindestens 320 Ind. notiert wurden. Das sind die höchsten jemals ermittelten Winterzahlen. Weiterhin darf gerätselt werden, woher die Mehrzahl dieser Gäste stammt. Aus dem Osten wohl kaum und auch nicht aus der Region, weil die Nilgans hier ein spärlicher Brutvogel ist. Zudem krakeelten die meisten der ansässigen Brutpaare an ihren Nistplätzen auch im Winter munter vor sich hin.

Winterliche Brandgänse ließen sich im Februar einzeln am Seeanger und Seeburger See sowie zu zweit (am 1. des Monats) an der Kiesgrube Reinshof bewundern.

Ein bis zwei Mandarinenten bevölkerten den Obertorteich in Duderstadt sowie über Wochen den Seeburger See und Seeanger, obwohl beide Gewässer nahezu komplett zugefroren waren.

Der Winterbestand der Pfeifente an der Rhume bei Northeim lag auch im kalten Januar unvermindert bei ca. 160 Ind. Als skurrile Göttinger Besonderheit ist ein über Wochen an der Leine präsentes Paar erwähnenswert, das an der Gailgrabenbrücke in der Südstadt bald jede Scheu ablegte und sich mit Weißbrot füttern ließ – seine obligatorische Pflanzenkost mal in anderer Form.

In der Wasserwüste des gefluteten Polder 1 versammelten sich Ende Februar mindestens 1900 Stockenten, für die Jahreszeit nicht untypisch.

Am 17. Februar zierte eine männliche Kolbenente die Northeimer Kiesteiche. Ihr folgten zehn Tage später am Seeburger See gleich sechs Ind. (4 M., 2 W.).

Auf dem eisfreien, nur wenige Hundert Quadratmeter großen Wasserloch am Northeimer Freizeitsee stapelten sich im Januar, nach dem Zufrieren aller anderen Stillgewässer, bis zu 620 Reiherenten, darunter auch (bis in den März) der aus dem Vorbericht bekannte männliche Hybrid Tafel- x Reiherente.

ReiherXTafelente - BRiedel
Abb. 3: Männlicher Hybrid Tafel- x Reiherente am Freizeitsee. Foto: B. Riedel

Das Maximum von bis zu 300 Tafelenten fiel schwächer aus als bei der vorigen Art, ist aber dennoch bemerkenswert, weil die Höchstzahlen normalerweise Ende Februar/Anfang März erreicht werden.

Eine männliche Bergente hielt am Seeburger See und Seeanger bis zum 21. Dezember durch. Als mögliche Eisflüchter vom Seeburger See, wo sie im Herbst länger präsent waren, trafen am 5. Dezember an den Northeimer Kiesteichen (Fischzuchtteich bei Edesheim) drei Artgenossen ein. Einer harrte bis zum 15. Januar aus.

Die seit dem 11. November 2016 an den Northeimer Kiesteichen anwesende weibliche Eisente wich auf den Freizeitsee aus und wurde dort letztmalig am 21. Januar beobachtet.

Eine weibchenfarbene Trauerente legte am 29. Dezember an den Northeimer Kiesteichen offenbar nur einen Zwischenstopp ein. In einer milden Phase um Weihnachten trafen am 23. Dezember am Seeburger See vier Samtenten ein. Ihre Zahl erhöhte sich am 30. des Monats auf fünf Ind., die dann der wieder zunehmenden Vereisung weichen mussten. Von den ursprünglich drei seit dem 23. November 2016 an den Northeimer Kiesteichen stationären Vögeln suchten zwei nach dem 20. Dezember das Weite. Der verbliebene Solitär ließ sich von den widrigen Bedingungen nicht beirren und legte auf dem Eisloch am Freizeitsee eine komplette Überwinterung hin, die aktuell noch andauert.

Zwergsäger lieferten am Freizeitsee mit 21 Ind. (7 M., 14 wf. Ind.) am 16. Februar ein aus regionaler Sicht bemerkenswertes, aber nicht untypisches Maximum.

Abb. 4: Männlicher Zwergsäger. Foto: M. Siebner

Ein weibchenfarbener Mittelsäger vom Dienst (es wird höchste Zeit für ein prächtiges Männchen!) machte sich zuerst am 13. Januar am Seeburger See bemerkbar, zog dann wohl , weil dort nur ein kleiner eisfreier Bereich nahe der Auemündung existierte, nach dem 15. an den Freizeitsee um, wo er bis zum Ende des Berichtszeitraums gesehen wurde.

Bei einer gründlichen Zählung wurden am 31. Dezember auf der Leine im Göttinger Siedlungsbereich elf überwinternde Zwergtaucher gezählt, die, wie in den letzten Jahren, einen leicht unterdurchschnittlichen Bestand anzeigten.

Am Northeimer Freizeitsee ballten sich im Januar bis zu 140 Haubentaucher. Als auch dieses Gewässer bis auf das bereits erwähnte Loch zugefroren war, harrten immer noch bis zu 81 (25.1.) von ihnen dort aus. Später ging ihre Zahl auf 25 bis 30 Vögel zurück, die wahlweise als kaltblütig oder dickfellig zu bezeichnen auch für Vögel nur ein metaphorischer Behelf ist. Sie wurden zu guter Letzt vom Tauwetter zum Ende der zweiten Februardekade belohnt.
Von den beiden aus dem Vorbericht bekannten Schwarzhalstauchern an den Northeimer Kiesteichen hielt einer (auf den Freizeitsee umgezogen) bis zum 18. Januar durch.

An der Geschiebesperre Hollenstedt nahm am 19. Januar eine Rohrdommel ein Sonnenbad. Auch am 19. Februar zeigte sich dieser Vogel (oder ein Artgenosse) dort ganz offen, während ein anderer am Nordufer des Seeburger Sees entlang flog und im Schilf verschwand.

Der Rastbestand des Silberreihers erreichte in diesem Winter einen Tiefstand der letzten Jahre. Die bis zu 150 Vögel, die sich im Herbst am Seeburger See und im Seeanger zum Fischfang versammelt hatten, zogen nach dem weitgehenden Zufrieren dieser Gewässer schnell ab. An der Geschiebesperre Hollenstedt (Schlafplatz) hielten sich am 5. Dezember 86 Ind. auf. Im Hochwinter fielen dort maximal um die 40 bis 45 Vögel ein. In den Leinepoldern waren sie zumeist nur in einstelliger Zahl vertreten. Gebietsweise wurden mehr Graureiher als Silberreiher gezählt, das hat es lange nicht mehr gegeben. Am Göttinger Levin-Park begeisterten wiederum ein bis zwei „Stadt-Silberreiher“ mit geringer Fluchtdistanz die Laufkundschaft. Von der Auschnippe bei Adelebsen gibt es zwei Totfunde. Abgebissene Federn deuteten auf einen Raubsäuger, der die Vögel aber nicht unbedingt getötet haben muss. Als Grund für das ungewöhnlich magere Wintervorkommen kann Mäusemangel vermutet werden.

Silberreiher - MSiebner
Abb. 5: Silberreiher auf dem zugefrorenen Kiessee. Foto: M. Siebner

Das Weißstorch-Brutpaar aus Hollenstedt verbrachte den Winter nahe dem Brutplatz.

Von der Kornweihe liegen beachtliche 37 Winterbeobachtungen von 41 Ind. vor (wegen Mehrfachmeldungen vermutlich nur 17 Ind. betreffend), darunter fünf adulte Männchen. Länger präsent waren nur ein bis zwei Vögel im Leinepolder Salzderhelden, ein adultes Männchen in der Feldmark Eberhausen/Ellershausen (bis Anfang März) sowie, etwas aus dem Rahmen fallend, ein altes Weibchen am südlichen Göttinger Stadtrand, dem sich tageweise ein zweiter Vogel zugesellte.

Fliegende Haustüren, im Volksmund auch Seeadler genannt, werden allmählich (fast) zur Allerweltsart. Am 17. und 21. Dezember geriet am Seeburger See ein immaturer Vogel (wohl derselbe) in den Blick. Am 27. Dezember flog einer im 2. Kalenderjahr (eventuell ebenfalls der vom Seeburger See) über die Kiesgrube Ballertasche bei Hann. Münden nach Norden. Am 15. Februar sorgte ein Altvogel in der Feldmark Rosdorf für Panik unter Graureihern und Gänsen. Ein immaturer Artgenosse tat es ihm am 18. Februar an der Geschiebesperre und einen Tag später am Freizeitsee nach.

Seeadler - BRiedel
Abb. 6: Seeadler auf dem Eis des Freizeitsees. Foto: B. Riedel

Der Raufußbussard war vergleichsweise gut vertreten: Am 3. Dezember zog einer über den Diemardener Berg, am 23. Dezember einer über den Seeburger See und am 15. Januar über Gö.-Nikolausberg. Mit Fotos gut belegt ist ein adultes Männchen vom 26. Januar, das seine entspannte Patrouille am Göttinger Stadtrand bis zum Flüthewehr und zum Wassergewinnungsgelände führte. Den Abschluss bildet ein zweijähriger Vogel vom 25. Februar im Seeanger.

Winterliche Merline gerieten am 16. Januar in der Feldmark Reinshof (ad. M.) und am 28. Januar in der Feldmark Geismar vor die Optik. An der Geschiebesperre Hollenstedt gab ein adultes Weibchen am 25. Februar ebenfalls nur ein kurzes Gastspiel.

Die Hauptmasse der Kraniche zog wohl am 19. und 20. Februar durch, allerdings wie üblich zumeist in der Dunkelheit und daher nicht zählbar. Es dürften aber mehrere Tausend gewesen sein. Ansonsten tröpfelte der Zug vor sich hin, vierstellige Gesamt-Tagessummen liegen nicht vor.

Im Dezember und Januar gerieten einzelne Kiebitze am Seeanger, an der Geschiebesperre und den Northeimer Kiesteichen auf die Tageslisten. Durchgängige Überwinterungen gab es wohl nicht. Das bisherige Heimzug-Maximum lag am 26. Februar bei 920 Ind. im Polder I.

Von der Waldschnepfe gibt es fünf Beobachtungen von sechs augenscheinlich kerngesunden Ind., alle aus Waldgebieten bzw. (zweimal) aus der Kiesgrube Ballertasche.
Das Maximum ausharrender Bekassinen lag an der Geschiebesperre Hollenstedt am 28. Januar bei vier Ind. In anderen Gebieten (Kiesgrube Reinshof, Feldmark Rosdorf, Göttinger Kiessee, Kiesgrube Ballertasche und Seeanger) gab es Beobachtungen von Einzelvögeln. Zwei Vögel genossen am 2. Dezember den effektiven Schutz der JVA Rosdorf, wo ein kleiner Teich existiert.
Von der Geschiebesperre Hollenstedt liegen neun Beobachtungen des Waldwasserläufers vor. Ob sie die durchgängige Überwinterung eines Einzelvogels betreffen muss offen bleiben.

Über den Reinhäuser Berg zogen am 16. Januar drei Silbermöwen (1 ad., 2 K2). Am 17. Januar rasteten zwei Ind. am Freizeitsee. Die häufigere Steppenmöwe gelangte zehnmal zur Beobachtung, darunter zwei an der Kiesgrube Ballertasche bei Hann. Münden, die aus lokaler Sicht bemerkenswert sind. Eine adulte Heringsmöwe hielt sich vom 23. bis 25. Februar im Leinepolder auf.

Heringsmöwe -  P.Reus
Abb. 7: Heringsmöwe im Leinepolder. Foto: P. Reus

Ab dem 20. Februar labten sich bis in den März ca. 60 Hohltauben auf einem Sonnenblumenfeld am Wüsten Berg südlich von Göttingen. Anzahl und lange Verweildauer sind bemerkenswert.

Im Wäschetal bei Waake wurde am 13. Januar eine frischtote Schleiereule gefunden. Im Hochsolling gelangen im Februar Rufnachweise von je einem Raufuß– und Sperlingskauz.

Waldohreulen begannen recht früh mit der Balz. Am 10. Januar ließ sich bei Eberhausen ein Vogel vernehmen, am 19. Januar einer an der Geschiebesperre, am 22. Januar im Solling und am 15. Februar bei Mollenfelde. Am 18. Februar balzten zwei Vögel am Rand von Gö.-Nikolausberg (mit Flügelklatschen) sowie am 19. Februar auf dem Kerstlingeröder Feld und am 25. Februar in Lichtenhagen. Am 15. Dezember kreiste eine Sumpfohreule über den Häusern von Rosdorf und wurde dabei von Rabenkrähen gemobbt.

Der Göttinger Stadt-Waldkauz hat es sich möglicherweise im Alten Botanischen Garten gemütlich gemacht. Am 21. Februar ließ er sich am Bartholomäus-Friedhof blicken. Wahrnehmungen einer Eule im selben Bereich fünf Tage später könnten sich auf ihn bezogen haben. Dass er offenkundig nicht mehr heult, muss kein schlechtes Zeichen sein…

156 Beobachtungen von Eisvögeln in vielen Gebieten könnten darauf hindeuten, dass sich die Winterverluste, trotz wochenlanger Vereisung aller Stillgewässer, in Grenzen gehalten haben. Bewohner/innen der Göttinger Innenstadt war ein wenig scheuer Vogel ans Herz gewachsen, der am Leinekanal in Höhe Waageplatz ein Winterrevier besetzt hielt und ein offenbar reiches Nahrungsangebot souverän zu nutzen wusste.

Eisvogel - SHörandl
Abb. 8: Eisvogel im Göttinger Süden. Foto: S. Hörandl

Vom Raubwürger wurden nur zwei bis drei feste Winterreviere bekannt: wie immer auf dem Kerstlingeröder Feld und, recht bemerkenswert, an den ehemaligen Tongruben Siekgraben am westlichen Göttinger Stadtrand. Auf der wenig begangenen Hochfläche bei Gö.-Deppoldshausen konnte ein Ind. zweimal registriert werden. Aus dem Leinepolder (sonst alljährlich besetzt) liegt nur eine Beobachtung vom 18. Januar vor. Offenbar hat die Mäusearmut nicht nur den überwinternden Silberreihern zu schaffen gemacht. Darüber hinaus gibt es Einzelnachweise in der Feldmark Eberhausen, bei Reyershausen, im Bratental bei Gö.-Nikolausberg, bei Atzenhausen sowie östlich von Diemarden und von Duderstadt.

Von der Saatkrähe sind bis zu ca. 70 Ind. erwähnenswert, die bei Thüdinghausen überwinterten. Ansonsten lagen die Zahlen im einstelligen Bereich.

Ca. 60 Kolkraben, die sich am 8. Januar westlich von Meensen an einem Kadaver versammelt hatten und gegen Abend nach Westen abflogen sind insofern von Bedeutung, weil so große Trupps aus dem Südkreis bislang nicht bekannt geworden sind.

Sehr bemerkenswert war ab Mitte Januar das hochwinterliche Auftreten von Feldlerchen in den Feldmarken Reinhof und Gö.-Geismar mit maximal 250 Ind. am 24. des Monats. Im Januar des vorangegangenen sehr milden Winters fehlten sie komplett (was aber eher die Regel ist). Offenbar ermutigte ein gutes Nahrungsangebot (u.a. auf den Versuchsflächen des Klosterguts Reinshof) in Kombination mit wenig Schnee die Vögel zum Verweilen. Ob es sich um Winterflüchter aus dem Nordosten oder (eher unwahrscheinlich) frühe Zuzügler aus dem Südwesten handelte muss offen bleiben.

Feldlerche - Siebner
Abb. 9: Feldlerche im Göttinger Süden. Foto: M. Siebner

Nach fünf Dezemberbeobachtungen gab es im Januar nur eine Wahrnehmung des Zilpzalps (am 4. nahe der Geschiebesperre). Der Stimmfühlungsruf des Vogels wurde nur gehört, es liegt aber eine Tonaufnahme vor, die auf diese Art deutet. Aus dem Februar existieren keine Beobachtungen. Im Januar/Februar 2016 gelangten immerhin sechs zur Beobachtung.

Vom Sommergoldhähnchen (im Winter 2015/16 nur eine Beobachtung Anfang Februar!) liegen beachtliche sechs Januar-Beobachtungen vor. Am Northeimer Freizeitsee kam es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer erfolgreichen Überwinterung. Am Göttinger Levin-Park und in der angrenzenden Kleingartenkolonie „Edelweiß“ trat im Januar und Februar ein kleiner Trupp von drei Vögeln in Erscheinung, der ebenfalls eine durchgehende Überwinterung angezeigt haben könnte.

Endlich: Am 27. Januar tauchte am Northeimer Freizeitsee der erste Seidenschwanz auf. Ihm folgten vom 5. bis 7. Februar drei Artgenossen auf dem Kerstlingeröder Feld. Ein Trupp von neun Ind. fraß sich vom 8. bis 10. Februar durch die Kleingartenanlage „Am Kiessee“. Zum Monatsende ließ sich ein größerer Schwarm von mindestens 40 Vögeln auf Mistel-Pappeln am Kiessee nieder und sorgte für einen mittleren Auflauf von Vogelbeobachtern und Fotografen.

Am 26. Januar wurden im Neuen Botanischen Garten zwei Singdrosseln bestimmt. Ansonsten: Fehlanzeige bei Hochwinterbeobachtungen, wie üblich.
Am 8. und 12. Januar hielt sich ein, aus regionaler Sicht, jahreszeitlich ungewöhnliches Schwarzkehlchen in der Feldmark Gö.-Geismar auf.

43 Beobachtungen des Hausrotschwanzes sind recht bemerkenswert, bezogen sich aber zu einem Gutteil auf drei bis vier mittlerweile traditionelle Winterreviere an der Norduni, im Göttinger Industriegebiet (mit einem von unten erwärmten Flachdach als Wellness-Oase) und auf dem JVA-Gelände in Rosdorf. Wie im letzten Winter kam ihnen die Schneearmut zupass.

Hausrotschwanz - MSiebner
Abb. 10: Hausrotschwanz auf immergrünem Flachdach. Foto: M. Siebner

Von der Heckenbraunelle liegen beachtliche 40 Januar-Beobachtungen vor, darunter etliche an Futterstellen. Eine durchgehende Überwinterung von ein bis zwei Vögeln konnte wiederum am Northeimer Freizeitsee belegt werden, desgleichen von einem Einzelvogel in Gö.-Geismar.

Auch Wiesenpieper traten deutlich zahlreicher auf als im milden Winter 2015/16. Davon zeugten unter anderem 25 Ind. am 9. Januar in der Feldmark Rosdorf sowie die gleiche Anzahl am 21. Januar im Seeanger. Natürlich sind Vergleiche von Beständen überwinternder Kurzstreckenzieher auf regionaler Basis wenig aussagekräftig. Gleichwohl können sie Hinweise darauf liefern, wie differenziert und komplex das Zuggeschehen abläuft und welche Faktoren es bestimmen (wobei die Temperaturen vor Ort nur ein Faktor von vielen sind).

Vom Bergpieper liegen klägliche sechs Beobachtungen vor. Das Maximum am Hotspot Geschiebesperre betrug ganze drei Vögel…
Der Göttinger Winterbestand der Gebirgsstelze kann, wie in den Vorwintern, auf fünf bis sechs Vögel beziffert werden. An der Geschiebesperre erfolgte die übliche Überwinterung eines Vogels.

Gebirgsstelze - M.Siebner
Abb. 11: Gebirgsstelze an der Leine in Göttingen. Foto: M. Siebner

Im kalten Januar wurden in verschiedenen Gebieten insgesamt etwas mehr als 30 Bachstelzen beobachtet (im milderen Januar 2016 24 Ind.), zumeist Einzelvögel.

Bergfinken traten in der Leineniederung nur in geringer Zahl auf. Ganz anders sah es in den Hochlagen des Sollings aus: Hier haben vermutlich Tausende überwintert. Leider konnte der Schlafplatz, den sie, schwer zu zählen, in der Dämmerung ansteuerten, nicht gefunden werden.

Vom nordischen „Trompetergimpel“ liegen seit dem 26. Oktober 2016 37 Beobachtungen (zumeist Einzelvögel) vor, erheblich weniger als im letzten Winter (80 Beobachtungen von mehr als 100 Ind.).

Aus regionaler Sicht sehr bemerkenswert, aber für kalte Winter nicht untypisch, waren ab Anfang Februar bis zu 15 Girlitze auf Ruderalflächen an der Norduni in Gö.-Weende.

Es ist allein der Systematik dieses Berichts geschuldet, dass ein Glanzlicht erst an dieser Stelle seine Strahlkraft entfalten kann: Am 24. und 25. Januar hielten sich in der Feldmark Reinshof drei Grauammern auf. Ihnen folgte am 27. ein Ind. am Freizeitsee. Seit dem Verschwinden als Brutvogel nach 1995 – das im Atlas deutscher Brutvogelarten aufgeführte Vorkommen im Leinepolder 2005 beruht auf der Wertung singender Männchen, die später wieder verschwunden waren, als „wahrscheinliche Brüter“ – traten Grauammern nur noch sehr vereinzelt auf dem Heim- und Wegzug auf. Die letzte Winterbeobachtung liegt mehr als 30 Jahre zurück.

Grauammer - MGeorg
Abb. 12: Grauammer in der Feldmark Reinshof. Foto: M. Georg

Dreistellige Maximalzahlen der Goldammer, die immer mehr aus der chemisierten Normallandschaft zu verschwinden scheint, gab es am Freizeitsee (120 Ind. am 10.1.), in der Feldmark Immensen (100 Ind. am 25.1.) und an der Otto-Hahn-Straße in Gö.-Weende (150 Ind. am 26.1.).

Der regionale Januarbestand der Rohrammer bestand aus drei Vögeln an den ehemaligen Tongruben Siekgraben, die den ganzen Monat über der Kälte trotzten.

Damit endet der Bericht, der nahezu ausschließlich auf Daten in ornitho.de beruht.

Hans H. Dörrie

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Krickente - MSiebner
Abb. 13: Überwinterndes Krickentenmännchen am Flüthewehr. Foto: M. Siebner