Heimzug und Brutzeit 2011 – vogelkundliche Neuigkeiten aus einem denkwürdigen Frühjahr

Der Mai 2010 ist als einer der kältesten seit Menschengedenken in die Annalen eingegangen. Auch dem Mai 2011 wird dies gelingen, allerdings unter umgekehrtem Vorzeichen: Er war einer der wärmsten und trockensten. Führten vor einem Jahr Nässe, Kälte und Insektenarmut zum Scheitern vieler Kleinvogelbruten, sah es im Frühjahr 2011 ganz anders aus. Für unsere Insektenfresser und ihren Nachwuchs war diesmal Überfluss angesagt. Für Feuchtgebietsarten und am Boden nach Würmern stochernde Vögel geriet die Trockenheit jedoch zum Nachteil. Auch der flächendeckende Kollaps von Mäusepopulationen, der mit dem Wetter nur bedingt zu tun hatte, forderte bei einigen Arten seinen Tribut. Aber der Reihe nach.

Im Göttinger Stadtgebiet schritten drei Brutpaare des Höckerschwans zur Brut. Das Paar vom Rückhaltebecken Grone verlor vier von anfänglich acht Jungen, drei der überlebenden Küken waren von Geburt an reinweiß (sog. immutabilis-Variation). Am Kiessee schlüpften zwei Jungvögel um den 15.6., also ungewöhnlich spät. Am Pfingstanger fiel der Reproduktionserfolg mit zwei Jungen ebenfalls gering aus. Das M. dieses Paars tobte sich am 6.6. an der rechten Seite eines blau glänzenden VW Golf mit zahllosen Schnabelhieben als „Spiegelfechter“ aus. Das Resultat erinnerte an eine avantgardistische Prägegrafik oder, je nach Gusto, an ein Diagramm der begnadeten Kurzpass-Kombinationen des FC Barcelona. Der geplagte Autobesitzer hegte vermutlich andere Assoziationen…
Mit neun Jungen (alle immutabilis) war das Brutpaar an der alten Rosdorfer Tongrube wiederum sehr erfolgreich.Ein Brutpaar (mit vier Jungen) ist vom Wendebachstau bei Reinhausen zu vermelden. An diesem ideal erscheinenden Gewässer fanden zuvor erstaunlicherweise nur zwei Höckerschwan-Bruten statt, und dies vor knapp 35 Jahren (!): 1977 (gescheitert) und 1978 (erfolgreich mit sechs Jungen). Am Seeanger scheiterte eine Brut.

Eine Kanadagans hielt sich vom 20. bis 22.3. in den Feldmarken Reinshof und Klein Schneen auf. Möglicherweise derselbe Vogel ließ sich bis Anfang Mai an den Northeimer Kiesteichen und der Geschiebesperre Hollenstedt blicken.

Baumbrütende Graugänse kommen ab und an auch in unserer Region vor (z.B. im Pappelwäldchen am Seeanger). Am 10.4. wurde in der Rhumeaue bei Bilshausen ein in ca. 10 Meter Höhe in einer Pappel brütender Vogel entdeckt. Wenige Tage später war das Gelege jedoch geplündert. Auch am Göttinger Kiessee ist es auf der „Vogelschutzinsel“ vermutlich zu einer Baumbrut gekommen. Dort waren, trotz verzögerter Brut der gegen Graugänse mit Nachwuchs besonders aggressiven Höckerschwäne, nur zwei Paare mit drei bzw. einem Jungvogel erfolgreich. Weitere Bruten sind aus dem Göttinger Stadtgebiet nicht bekannt.

Ein Hybrid Kanada- x Graugans schmückte Mitte April für zwei Tage den Levin-Park und zog dann, weil seine Gesellschaft nicht erwünscht war, an die Geschiebesperre Hollenstedt um.

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Abb. 1: Kanada- x Grauganshybrid sucht vergeblich Familienanschluss im Levin-Park. Foto: M. Siebner.

Als, mit nur einem Paar, immer noch sehr seltener Göttinger Brutvogel präsentierte sich wiederum die Nilgans. Am Levin-Park erlangten fünf von sechs Jungvögeln die Flugfähigkeit. Ein Jungvogel hatte sich am Flügel verletzt. Sein Verbleib ist unklar. Anfang Mai hatte sich ein Paar in einem Treuenhagener Hausgarten niedergelassen und schritt in einem Krähennest (Fichte) zur Brut, das im Vorjahr von der Waldohreule genutzt worden war. Der Erfolg blieb jedoch aus, denn die Altvögel wurden in der Folgezeit ohne Nachwuchs gesehen.
Im Seeanger konnten sich zwei Paare mit jeweils sechs Jungen reproduzieren. An der nahen Retlake hatte zuvor ebenfalls eine Baumbrut stattgefunden. Hier war ein Rotmilan der Leidtragende, dessen Nest die wehrhafte Gans kurzerhand übernahm und den stolzen Greifvogel des Feldes verwies.

15 Brandgänse am 11.4. am Seeburger See sind eine für den Landkreis Göttingen und dieses Gewässer ungewöhnlich hohe Zahl. Dies betrifft auch sieben Ind. am 23.6. im Seeanger.

Das seit Anfang Oktober 2010 am Levin-Park residierende Mandarinenten-Weibchen „Mandy“ hatte sich, um nicht als Objekt des lustvollen Abhakens herhalten zu müssen, rechtzeitig vor dem Birdrace am 7.5. verabschiedet.

Am Seeanger wurden bis weit in den Juni balzende Schnatterenten beobachtet, einmal auch ein aufmerksam Wache haltendes M. Dies könnte nach den „Adebar“-Kriterien durchaus als Brutverdacht (von ein bis zwei Paaren) gewertet werden. Ein wasserdichter Brutnachweis in Gestalt von Junge führenden W. steht aber für dieses Gebiet immer noch aus.

Dies betrifft auch ähnlich gelagerte Beobachtungen von Krick-, Knäk- und Löffelente (balzende Paare, Balzflüge, patrouillierende M.). Löffelenten erreichten am 3.4. am Seeburger See mit 55 Ind. ihr Maximum, 40 Ind. waren es dort am 11.4.

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Abb. 2: Ungewöhnlich: Knäkerpel im Levin-Park. Foto: M. Siebner.

Die an den Northeimer Kiesteichen überwinternde Samtente entpuppte sich während ihrer Mauser als M. und hielt es bis (mindestens) zum 18.4. dort aus.

Ein weibchenfarbener Zwergsäger lieferte am 18.3. im Rückhaltebecken Gö.-Grone einen unerwarteten lokalen Erstnachweis.

Wer denkt, der ungewöhnlich starke Durchzug von Gänsesägern im Spätwinter 2011 mit bis zu 175 Ind., die am 18.2. allein am Seeburger See gezählt wurden (vgl. den Winterbericht 2010/2011 auf dieser Homepage) sei nicht mehr zu toppen, musste sich am 12.3. von 204 (!) Ind. ebendort eines Besseren belehren lassen. Recht spät dran war ein vorj. M., das sich vom 10. bis 11.5. am Flüthewehr südl. vom Göttinger Kiessee aufhielt.

In den traditionellen Verbreitungsschwerpunkten der Wachtel wurden deutlich mehr Vögel gehört als in den Vorjahren. In der Feldmark Sattenhausen ließen sich bis zu 15 M. vernehmen (2.6.), in der Feldmark Geismar-Süd bis zu 11 (11.6.). Am 22.6. wetteiferten auf 40 Hektar in der Feldmark südl. Kerstlingerode sechs M. um Weibchen in unbekannter Zahl. Aus vielen Gebieten, für die der Begriff „Agrarsteppe“ ein Euphemismus ist, wurden ein bis zwei Ind. gemeldet. Bevor unter den Lesern ein Streit entbrennt, ob 2011 ein ausgeprägtes Einflugjahr ist oder nicht, wenden wir uns anderen Arten zu…

Rebhühner wurden in geringer Zahl (weniger als fünf Ind.) vor allem aus dem Süden Göttingens und vom Diemardener Berg gemeldet. Dort gab es die geringsten Winterverluste. Nachweise verpaarter Ind. liegen zudem aus der Rhumeaue bei Bilshausen und vom Leinepolder Salzderhelden vor. Recht ungewöhnlich ist ein Vogel, der am 28.3. an einem Waldweg (!) im Schmiedeberg bei Landolfshausen gesehen wurde.

Wenn sie es darauf anlegen, können sich Zwergtaucher über Wochen menschlichen Blicken entziehen. Daher muss vorerst offen bleiben, ob sich am Seeanger ein Paar reproduzieren konnte. Einzelvögel wurden dort bis weit in die Brutzeit gesehen.

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Abb. 3: Gut getarnt. Zwergtaucher im Schlichtkleid am Göttinger Kiessee. Foto: V. Hesse.

Der Göttinger Brutpopulation des Haubentauchers am Kiessee geht es nach wie vor schlecht. Zum einen fanden sich nur drei Paare zum Brüten ein, zum anderen zeigt deren Erfolg mit bis dato nur zwei Jungvögeln aus zwei erfolgreichen Bruten eine wiederum sehr geringe Reproduktionsrate an.

Vom Schwarzhalstaucher liegen acht Beobachtungen von insgesamt 27 Ind. vor. Am 23.4. erreichten sie mit zehn Ind. am Seeburger See das Maximum.

Gleich vier Rothalstaucher vom Seeburger See am 30.4. sind angesichts des sehr spärlichen Auftretens in den letzten Jahren recht bemerkenswert.

Die Kormoran-Kolonie an den Northeimer Kiesteichen ist auch 2011 verwaist. Hier hat der Waschbär offenbar ganze Arbeit geleistet, denn es wurden nicht einmal balzende oder gar nestbauende Vögel gesehen.

Das Staunen über Süd-Niedersachsens ersten Sichler, der sich am 10.4. am Seeanger einfand, kann auf dieser Homepage mit einem Extrabeitrag von K. Dornieden und B. Bierwisch anschaulich nachvollzogen werden.

Am 20.6. hielt sich an der Geschiebesperre Hollenstedt ein Löffler auf. Mit seinen Farbringen und einer kleinen gelben Fahne erinnerte er wahlweise an einen bunt geschmückten Weihnachtsbaum oder eine Signalboje. Gleichwohl sind derart auffällige Applikationen sehr sinnvoll, weil sie von engagierten Beobachtern mit dem Spektiv abgelesen bzw. mit einer Digicam dokumentiert werden können. Der Vogel stammte aus einer Kolonie auf der niederländischen Nordseeinsel Vlieland, wo er seine Markierungen am 10.7.2010 als Nestling erhalten hatte. Danach wurde er nur einmal abgelesen, und zwar am 30.8.2010 auf ebenjener Insel, nur fünf Kilometer vom Beringungsort entfernt. Dies scheint erstaunlich für einen derart ins Auge fallenden Großvogel, der auf seinem Weg ins afrikanische Winterquartier mehrere Länder mit zahlreichen Beobachtern passieren musste. An seiner süd-niedersächsischen Raststätte wurde er ab und an von einem Weißstorch und einer Stockentenmutti gemobbt.
Mittlerweile hat sich der Löffler in unserer Region zum alljährlich an der Geschiebesperre Hollenstedt und/oder im Seeanger in Erscheinung tretenden Heimzug-Gastvogel gemausert. Dieses Phänomen basiert mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der starken Zunahme seiner holländischen, norddeutschen und dänischen Brutpopulationen.

Abb. 4: Löffler und Weißstorch. Sie jagten und sie hassten ihn. Foto: S. Böhner.

Am Abend des 6.4. flog eine rufende Rohrdommel über dem Leinepolder Salzderhelden (I) umher.

Silberreiher hielten sich in kleinen Gruppen von bis zu vier Ind. bis weit in den Mai in der Region auf. Das war jedoch auch in den vergangenen Jahren der Fall und bietet daher keinen Anlass zum Optimismus hinsichtlich einer Brutansiedlung. Im Juni fehlten die weißen Riesen denn auch.

Die kleinen Graureiher-Kolonien am Hessenberg bei Bilshausen und an den Thiershäuser Teichen waren wieder mit jeweils bis zu fünf Paaren besetzt.
Die Göttinger Kolonie im städtischen Levin-Park ist auf acht Paare angewachsen. Damit dürfte ein Großteil der zuvor am Hagenberg brütenden Vögel jetzt an diesem Parkgewässer nisten – in einem einzigen Baum! Von den mehr als 20 Jungvögeln, die einen guten Bruterfolg indizieren, hecheln aktuell noch ca. zehn dem Flüggewerden entgegen. In der Weststadt haben die Vögel mittlerweile einen regelrechten Fanclub, zu dem auch tätowierte Flaneure mit Kampfhunden gehören, die sich im Gespräch durchaus aufgeschlossen für Fragen der Stadtvogelkunde zeigen…

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Abb. 5: Wir sind jung, wir sind gierig! Graureiher im Levin-Park. Foto: M. Siebner.

Am 22.5. gelang es im Seeanger einem adulten Purpurreiher, sich vor etlichen, aber zum Glück nicht allen, Beobachter/innen in einer schwer einsehbaren Ecke des Gebiets zu verbergen.

Ein Seidenreiher konnte am 12.5. an der Geschiebesperre Hollenstedt von B. Riedel auf naturgucker.de fotografisch dokumentiert werden. Auch diese Art, deren europäischer Brutbestand enorm zugenommen hat und die sich rasant nach Norden ausbreitet (Nordfrankreich, Südengland und Holland) ist inzwischen in unserer Region ein alljährlicher Gast.

Der Heimzug des Schwarzstorchs machte sich mit allein drei Beobachtungen in der ersten Märzdekade bereits recht früh bemerkbar. Insgesamt liegen bis dato knapp 20 Beobachtungen vor, darunter auch von zwei über Göttinger Kleingartenkolonien kreisenden und dann nach Süden abziehenden Vögeln. Ob die vergleichsweise zahlreichen Sichtungen ein gutes Jahr für diese Art indizieren, sei dahingestellt. Es gibt Anzeichen, dass im Landkreis Göttingen über die bekannten Paare im Reinhäuser Wald, Bramwald und Kaufunger Wald hinaus noch weitere Brutplätze existieren.

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Abb. 6: Schwarzstorch über dem Diemardener Berg. Foto: V. Lipka.

Ein am 15.5. an der Geschiebesperre Hollenstedt von W. Kassebeer fotografierter Schwarzstorch trug einen Ring der Vogelwarte Hiddensee (CA 012137). Die Markierung hatte er am 16.6.2009 als einer von drei Nestlingen bei Geisa im Thüringer Wartburgkreis erhalten.
Schlimm dran war ein Vogel aus dem Suhletal bei Seulingen vom 27.5. Er hatte sich den Unterschenkel gebrochen, konnte aber noch sehr gut fliegen. Gleichwohl dürften seine Überlebenschancen nicht sehr groß sein.

Für die regionale Weißstorch-Population, die mit einem neuen Brutpaar in Immensen am Leinepolder Salzderhelden auf nunmehr sechs Paare angestiegen ist, verläuft die Brutzeit nicht gerade ersprießlich. Trockenheit und Mäusemangel haben zu einem überdurchschnittlich hohen Jungvogelverlust geführt. In Seeburg verhungerten drei von vier Jungvögeln, am Seeanger zwei von vier. Über den Nachwuchs des Gieboldehäuser Paars liegen widersprüchliche Angaben vor. Gleichwohl kann ein regelrechtes Katastrophenjahr für Weißstörche noch schlimmer verlaufen.

Während der Heimzug des Fischadlers sich zwischen dem 27.3. und 22.4. mit zwölf Beobachtungen eher schwach bemerkbar machte, liegen vergleichsweise viele Daten zum Wespenbussard vor. Die, in der Regel über Jahrzehnte in Beschlag genommenen, Reviere an den Thiershäuser Teichen, nahe den Schweckhäuser Wiesen, am Sandberg bei Ebergötzen, an der Lengderburg und im Reinhäuser Wald sind wieder besetzt. Ob balzende Vögel, die Mitte Juni mehrfach über dem Kerstlingeröder Feld wahrgenommen wurden, dem Brutpaar an der Lengderburg zuzurechnen sind oder ein neues Vorkommen anzeigen, muss vorerst offen bleiben.

Ein am 25.4. nahe dem Kreitholz bei Etzenborn ziehender Zwergadler der hellen Morphe (Beobachter: G. Brunken) wäre nach Anerkennung durch die Deutsche Avifaunistische Kommission (DAK) der zweite regionale Nachweis. Der erste datiert vom 18.9.1998 am Diemardener Berg.

Männliche Wiesenweihen wurden am 19.4. am Seeanger und am 19.5. bei Sattenhausen gesehen.

In der Rhumeaue zwischen Lindau und Bilshausen sowie südöstl. von Gieboldehausen hat sich je ein Rohrweihen-Paar niedergelassen. Neben einem Paar im Leinepolder Salzderhelden sind dies die einzigen der Region.

Habicht und Sperber gerieten in diesem Frühjahr ungewohnt spärlich ins Blickfeld. Beim Sperber könnte man noch mutmaßen, dass er wegen der ungewöhnlichen Kleinvogelarmut im letzten Winter entsprechende Verluste erlitten hat. Für den robusten Habicht mit seinem weiten Nahrungsspektrum ist dies jedoch kaum anzunehmen. Aus dem östlichen Landkreis Göttingen liegen nur zwei Hinweise auf Bruten vor. Im Nordteil des Landkreises Northeim wurde ein W. auf dem Nest gesehen. Vermutlich macht sich auch in unserer Region die intensivierte illegale Verfolgung durch Jäger und/oder Taubenzüchter und Ziervogelhalter bemerkbar. Diese hat z.B. in Nordrhein-Westfalen und Bayern ein Ausmaß erreicht, das an die Zeit vor der Unterschutzstellung aller Greifvögel in den 1970er Jahren erinnert. Wer angesichts der dramatisch zunehmenden, teilweise himmelschreienden Fälle von Vergiftung, Abschuss und Fallenfang streng geschützter Vögel mit den beliebten – natürlich ganz, ganz wenigen – „schwarzen Schafen“ in einem Meer strahlendweißer Unschuldslämmer argumentiert, sei daran erinnert, dass bisher alle gerichtsnotorischen Fälle von Vogelschützern und Avifaunisten aufgedeckt und zur Anzeige gebracht wurden. Auf die Selbstreinigungskraft dieser vernagelten Nutzergruppen zu hoffen ist so aussichtsreich wie die Behandlung einer schweren Psychose mit homöopathischen Globuli.

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Abb. 7: Besser weiträumig umfliegen? Junger Habicht über dem „Jägerparadies“ in der südl. Göttinger Feldmark. Foto: M. Siebner.

Der Brutbestand des Rotmilans im extra für diese Art eingerichteten EU-Vogelschutzgebiet V 19, „Unteres Eichsfeld“ beträgt in diesem Jahr um die 20 Paare. Die Zunahme gegenüber dem Vorjahr (17 Paare) dürfte jedoch virtueller Natur sein, weil in diesem Jahr erheblich mehr Zeit in die Erfassung investiert werden konnte. Während im Vorjahr die Brutpaare einen insgesamt guten Bruterfolg erzielen konnten, sieht es aktuell eher gemischt aus. Etliche Bruten wurden aufgegeben, z.B. in Seeburg, am Seeanger, an der Retlake (die bereits erwähnte Nilgans-Okkupation) und in Obernfeld. An der Nesselrödener Warte lag ein toter Altvogel auf drei Eiern. Andererseits gibt es Bruten mit drei Jungvögeln, so etwa bei Weißenborn und Mackenrode. Eine genauere Auswertung steht zwar noch aus, ein ausgeprägtes Katastrophenjahr scheint aber nicht vorzuliegen.
In der Samtgemeinde Gieboldehausen wurden 13 Revierpaare ermittelt, von denen neun zur Brut schritten. Von diesen hatten fünf Bruterfolg und konnten bis dato sechs flügge Jungvögel hervorbringen.
Geeignete Nahrungshabitate dieses Wappenvogels unserer Kulturlandschaft schwinden infolge der Intensivierung der Landwirtschaft (Anbau nachwachsender Rohstoffe für die Agroenergie, Dominanz von schnell- und hochwüchsigem Wintergetreide, Raps und Mais, wohin man blickt) in Windeseile dahin. Zur Kompensation werden jetzt – mit mehr als 800 €/ha hochdotiert – Luzernestreifen angelegt, deren Gesamtfläche im Landkreis Göttingen allerdings nur 250 Hektar umfasst. Zudem liegen etliche dieser Flächen, z.B. im Hacketal zwischen Waake und Ebergötzen, in Gebieten, wo es keine Rotmilane gibt bzw. an schattigen Waldrändern, die von ihnen bei der Nahrungssuche eher gemieden werden…
Rotmilane, die auf der Suche nach verwertbaren Abfällen oder einem unvorsichtigen Huhn über dem ländlichen Siedlungsbereich kreisen, sind ein vertrauter Anblick. Auch am Westrand des Göttinger Stadtgebiets tauchen sie nicht selten auf. Ein Rotmilan jedoch, der Ende Juni dem waldnahen und vegetationsreichen Ostviertel mehrere Besuche abstattete und sich dabei aus sehr geringer Entfernung beobachten ließ, ist für Anwohner und Vogelkundler ein neues Phänomen.

Aus dem Ostteil des Landkreises Göttingen liegen Angaben zu sieben Revierpaaren des Schwarzmilans vor. Das Vorkommen konzentriert sich wie gewohnt auf die weitere Umgebung des Seeburger Sees und die Rhumeaue, wo insgesamt fünf Revierpaare notiert wurden.

Der Bestand des Mäusebussards im „V 19“ ist auf ca. 30-40 Prozent des Niveaus von 2003 gesunken. Die Waldrandbrüter sind noch stärker zurückgegangen – kein Wunder, denn als „Waldränder“ kann man die strukturarmen, wie mit einem Lineal gezogenen Grenzlinien zu intensiv bewirtschafteten Agrarflächen kaum noch bezeichnen.
Als Sensation wurde in einem Artikel des „Göttinger Tageblatts“ vom 29.3. der Totfund eines im Frühjahr 2010 in Südwestfinnland beringten Mäusebussards in Bilshausen abgefeiert. Wann und wie genau der skelettiert gefundene Vogel sein Leben lassen musste, bleibt unklar. Wie auch immer: Die „schier unglaubliche Reise“, die ihm attestiert wurde, ist alles andere als besonders bemerkenswert. Finnische und nordrussische Mäusebussarde sind in der Regel Zugvögel, die von Mitteleuropa bis Ostafrika überwintern und dabei locker Flugleistungen von bis zu 9000 Kilometern und mehr pro Jahr bewältigen. Daran gemessen sind die 1577 Kilometer zwischen dem Beringungsort und Bilshausen ein Klacks.

Am 2.5. zog ein männlicher Rotfußfalke im 2. Kalenderjahr an Groß Lengden vorbei. Baumfalken auf der Libellenjagd können derzeit am besten am Seeanger beobachtet werden. Im weiteren Umfeld (Langenberg bei Landolfshausen, Schweckhäuser Berge und evtl. bei Krebeck) sind zwei oder drei Brutplätze besetzt.

Die Göttinger Wanderfalken an der Johanniskirche brachten drei Jungvögel zum Ausfliegen.

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Abb. 8: Einer von drei. Junger Wanderfalke an der Johannis-Kirche. Foto: M. Siebner.

Die regionale Brutpopulation des Turmfalken ist vom vergangenen, ungewöhnlich schneereichen Kältewinter weniger in Mitleidenschaft gezogen worden als befürchtet. Das ist wohl damit zu erklären, dass die meisten Jungvögel ihr heimatliches Areal frühzeitig geräumt haben und in wärmeren Gefilden überleben konnten. Nun besetzen sie die freigewordenen Reviere ihrer ums Leben gekommenen Eltern.

Wie in den Vorjahren weilten im Leinepolder Salzderhelden im April bis zu 30 zumeist immature Kraniche. Einige von ihnen hielten es bis Ende Mai dort aus. Ebenfalls bis weit in den Mai präsentierte sich im Seeanger ein vorjähriger Vogel im nahezu unverfälschten „Küken-Look“.

Die Wasserralle kommt in diesem Jahr am Seeburger See mit sehr wenigen, vermutlich nur maximal drei Paaren vor. Neben Winterverlusten könnte sich möglicherweise auch die verstärkte Prädation durch Waschbären und Marderhunde bemerkbar machen, die auf ihren Streifzügen durch den Schilfgürtel ein eiweißreiches Gelege nicht verschmähen. Am Seeanger sind zwei Reviere besetzt.

Im Leinepolder Salzderhelden (I) rufen bis zu sieben Wachtelkönige. Ein Wiesenknarrer ließ sich am 5.5. aus einem verkrauteten Rapsacker südl. des Göttinger Kiessees vernehmen. Ein Artgenosse im Seeanger war nach wenigen Tagen wieder verschwunden.

Ein Paar Stelzenläufer beehrte am 10.5. den Seeanger und lieferte den nach dem 29.3.2007 zweiten Lokalnachweis und den dritten Nachweis für die Region (Erstnachweis im Jahr 2000 im Leinepolder Salzderhelden).

Die extreme Trockenheit hat auch die kleine Kiebitz-Lokalpopulation im und um den Seeanger in Mitleidenschaft gezogen. Trockenes Grünland ist wegen seiner gut erreichbaren Kleinsäuger für Prädatoren aller Art attraktiver als feuchtes. Bruten auf Maisfeldern wurden ebenfalls rasch aufgegeben, weil die Gelege aufgrund der geringen Vegetationsentwicklung lange ohne Schutz blieben. Von den fünf bis sechs Paaren konnte keines Erfolg, vermutlich nicht einmal Schlupferfolg, vorweisen.

Vom 13. bis 22.6. hielt sich an der Geschiebesperre Hollenstedt Süd-Niedersachsens erster (und Deutschlands 12.) Weißschwanzkiebitz (Erstbeobachter: B. Riedel) auf. Leider fehlten seinem rechten Fuß sämtliche Zehen und das untere Drittel des Tarsus. Wo und wie er sich diese Verstümmelung zugezogen haben könnte, wird Gegenstand von Mutmaßungen bleiben. Sein Gefieder – es handelte sich bei dem Vogel mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein M. – war jedoch tadellos und die meisten Beobachter hatten nicht den Eindruck, dass er aufgrund seiner Behinderung unfähig war, größere Strecken zurückzulegen und sich auf der Rast zwischendurch ausreichend zu ernähren. Letztlich wird die Deutsche Avifaunistische Kommission (DAK) sachkundig darüber befinden, in welche Kategorie der deutschen Artenliste der seltene Gast gestellt wird. In jedem Fall war es ein wunderschöner, ungemein graziler Vogel, der von zahlreichen Beobachtern aus nah und fern gebührend bewundert wurde.

Abb. 9: Weißschwanzkiebitz an der Geschiebesperre Hollenstedt. Anklicken zum Vergrößern. Foto: W. Kühn.

Flussregenpfeifer traten in diesem Frühjahr ab dem 21.3. in gewohnten Zahlen in Erscheinung. Allerdings konnte bis dato kein einziges Paar einen Erfolg in Gestalt flugfähiger Jungvögel vorweisen. Dieser triste Befund betrifft drei bis vier Paare an der Geschiebesperre Hollenstedt, zwei Paare auf der Glunz-Brache in Göttingen und ein bis zwei Paare an der Kiesgrube Reinshof und an den ehemaligen Tongruben Siekgraben. Auf den Kiesbänken des neu gestalteten Leineabschnitts gegenüber der Göttinger Lokhalle balzten von April bis Mitte Mai täglich bis zu zwei Paare – allerdings nur so lange, bis die ersten Spaziergänger und Hundebesitzer kamen… So vielversprechend dieses Gebiet derzeit (noch) aussieht, so ungeeignet ist es wegen seiner Störungsanfälligkeit zur Brutansiedlung von Vögeln aller Art. Am Seeanger mit seinem ungewöhnlich hohen Wasserstand, dem auch die Trockenheit nichts anhaben konnte, ließen sich die Vögel gar nicht erst blicken.

Im Zeitraum zwischen dem 10.4. und 3.5. gelangten vier Regenbrachvögel zur Beobachtung und zwar am Seeanger (2 Ind. zusammen) und an der Kiesgrube Reinshof (zweimal Einzelvögel).

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Abb. 10: Regenbrachvogel an der Kiesgrube Reinshof. Foto: S. Böhner.

Trotz der extremen Trockenheit hielten Waldschnepfen der „Langen Bahn“ im Bramwald die Treue und balzten dort im April/Mai mit bis zu fünf M. Aus der Großcurthstr. in Gö.-Treuenhagen gelangte am 14.3. ein benommener Vogel in die Pflegestation des NABU. Dort stellte sich heraus, dass er nach einem Scheibenanflug nur ein leichtes Schädel-Hirntrauma erlitten hatte und bald wieder fit war. Mittlerweile werden lebende Waldschnepfen, wenn überhaupt, in Göttingen zumeist als benommen am Boden sitzende Anflugopfer wahrgenommen; kaum eine Vogelart scheint – gemessen an ihrem ohnehin spärlichen Auftreten – von der „technischen Umweltverschmutzung“ stärker betroffen zu sein. Erheblich besser waren Einzelvögel dran, die an typischen Heimzugdaten am 18.3. in Bovenden, am 21.3. am Eschenberg bei Gelliehausen und am 25.3. im Hainholz bei Falkenhagen gesehen wurden.

Am Seeanger balzte wiederum ein Bekassinen-Paar. Ab Mai wurden die Vögel jedoch nicht mehr gesehen, so dass anzunehmen ist, dass auch sie vor der Trockenheit kapitulieren mussten. Maximal 38 Ind. nutzten das Gebiet am 29.3. als Trittstein auf dem Heimzug. Diese Zahl wurde von 197 Ind. (!) am 28.3. im Leinepolder Salzderhelden (I) weit übertroffen.

Leicht verfrüht war ein Temminckstrandläufer an der Geschiebesperre Hollenstedt am 22.4. Dies trifft auch auf einen Sichelstrandläufer am 21.4. im Seeanger zu.

Maximal 30 Zwergmöwen ließen sich am 19.4. am Seeburger See blicken. Während sich die Lachmöwen-Kolonie am Lutteranger nach einigen verpufften Präliminarien von maximal 30 Paaren wieder einmal als verwaist erwies, schritten am Seeburger See mindestens fünf Paare auf Seggenbülten und Teichrosen erfolgreich zur Brut. Eine fast adulte Schwarzkopfmöwe hielt sich am 16.5. dort auf.

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Abb. 11: Lachmöwe mit drei Jungvögeln am Seeburger See. Foto: N. Wasmund.

Zwei Mittelmeermöwen im 2. Kalenderjahr erfreuten am 7.5. am Seeburger See alle Birdraceteilnehmer/innen gleichermaßen. Gleich sieben Heringsmöwen zogen am 24.3. über Seeburg nach Norden. Ein Einzelvogel im 4. Kalenderjahr legte am 10.4. am Seeburger See eine kurze Rast ein.

Zwei für unsere Region im Frühjahr fast schon obligatorische Raubseeschwalben flogen am 17.4. über dem Northeimer Freizeitsee umher.

Am Seeanger konnten am 21.5. drei Weißbart-Seeschwalben fotografisch belegt werden. Weißflügel-Seeschwalben traten am 7.5. und 9.5. am Seeburger See als Einzelvögel in Erscheinung. Trauerseeschwalben erreichten an ebendiesem Gewässer am 7.5. mit 46 Ind. ihr Maximum.

Der Bestand der Türkentaube in Stadt und Landkreis Göttingen ist auf einem denkbar niedrigen Niveau angelangt. Aus der Stadt liegt nur eine Handvoll Beobachtungen aus Geismar und der Weststadt vor, die zwei bis maximal drei Paare betreffen. Im Landkreis konnte sie, zumeist mit Einzelpaaren, nur noch in Seulingen, Bischhausen, Diemarden, Seeburg (2) und Bernshausen (2) notiert werden.

Ebenso schlecht ist es um die Turteltaube bestellt. Aus dem 130 km² großen „V 19“-Schutzgebiet liegt nur eine Brutzeitfeststellung aus dem Seulinger Wald vor. Im Bramwald ließen sich rufende M. an der „Langen Bahn“ und an einer Freifläche bei Ellershausen vernehmen. Der Gesamtbestand im Landkreis Göttingen dürfte mittlerweile 10 Paare nicht überschreiten. Damit befindet sich diese Art aus regionaler Sicht in der Kategorie 1 der Roten Liste und ist „vom Erlöschen bedroht“. Die Gründe für den dramatischen Rückgang sind vielschichtig. Verdichtung und Verdunkelung des Baumbestands infolge der „naturnahen“ Nutzung der Wälder sind dieser Lichtwaldart abträglich. Da sie gern in Jungfichtenbeständen am Rand von Lichtungen brütet, dürfte deren brachiale „Durchforstung“ mit Harvestern zur Brutzeit – auch das ist ordnungsgemäße Forstwirtschaft! – zur Zerstörung auch der letzten Bruten führen. Hinzu kommt die übermäßige „Bejagung“, die in einigen Mittelmeerländern und in Frankreich auch auf dem Heimzug ganz legal in Szene gesetzt werden darf und alljährlich Millionen brutbereiter Vögel das Leben kostet.

Am 13.5. wurde ein Kuckucksweibchen dabei beobachtet, wie es am Stockhäuser Bruch an einem Schuppen einer Bachstelze ein Ei ins Nest schmuggeln wollte. Dafür bleibt dem Parasiten nur wenig Zeit, in der Regel weniger als 15 Sekunden (!), denn die meisten Wirtsvögel sind im Laufe der Koevolution mit ihren dreisten Kostgängern recht wachsam geworden…
Im „V 19“ konzentriert sich das Vorkommen mittlerweile, wie anderswo auch, auf Feuchtgebiete, Gewässer und Fließgewässerauen. Mit 12 Revieren scheint es stabil zu sein. Dies trifft auch auf das Göttinger Stadtgebiet mit vier bis fünf Revieren zu.

Der totale Zusammenbruch der Mäusepopulationen im Wald hat bei den Eulen ein ziemliches Desaster verursacht. Im Kaufunger Wald gab es keine einzige Rauhfußkauz-Brut. Auch der Sperlingskauz konnte sich augenscheinlich nirgendwo reproduzieren. Ob das Verschwinden (?) des Uhus von seinem angestammten Brutplatz im Reinhäuser Wald mit diesem Phänomen zusammenhängt, kann nur vermutet werden. Auch junge Waldkäuze und Waldohreulen – von der letztgenannten Art liegt immerhin ein Brutnachweis aus Fredelsloh am Rand des AGO-Bearbeitungsgebiets vor – wurden nicht gemeldet. Obschon Uhu und Waldkauz Wirbeltiere aller Art erbeuten können – vom Igel über die Fledermaus bis zur Forelle -, stellen Mäuse (auch beim Uhu) die häufigsten Beutetiere. Auch der Sperlingskauz als kompensatorischer Kleinvogeljäger scheint von einer Brut Abstand zu nehmen, wenn Mäuse nahezu komplett fehlen.

Bei der Schleiereule kamen sicher noch die extremen Verluste durch die letzten Kältewinter hinzu. Bei ausreichendem Nahrungsangebot können die Auswirkungen solcher „Störjahre“ aber schnell wieder ausgeglichen werden.

Die Göttinger Mauersegler ließen sich in diesem Frühjahr Zeit und trafen erst um den 8.5. in der Stadt ein, ca. eine Woche später als üblich. Blickt man derzeit in den Himmel über Göttingen, wird man den Eindruck nicht los, dass ihr Bestand in den letzten Jahren deutlich geschrumpft ist. Die wahren Wolken, die auswärtige Vogelkundler immer beeindruckt haben, scheinen der Vergangenheit anzugehören. Als Erklärung bieten sich vor allem energetische Sanierungsmaßnahmen an, die zum Verlust zahlreicher Brutplätze geführt haben. Neben der überfälligen Entwicklung eines Schutzkonzepts für Gebäudebrüter durch die Stadtverwaltung ist eine Bestandserfassung des Göttinger Charaktervogels dringend geboten.

Das traditionelle Eisvogel-Paar an der Hahle bei Mingerode ist aktuell mit der zweiten Brut beschäftigt. Am südlichen Göttinger Stadtrand war ein langjähriger Brutplatz zumindest von einem M. besetzt.

Bereits am 13.3., d.h. für unsere Region singulär früh, traf auf dem Kerstlingeröder Feld der erste Wendehals ein. Der Vogel rief bis in den April, dann herrschte Stille. Bis dato gibt es, zum ersten Mal seit Jahren, keine Hinweise auf eine Brut in seinem letzten Refugium. Man kann nur hoffen, dass es im kommenden Jahr wieder besser aussieht, ansonsten wäre mit dieser Spechtart ein weiterer regionaler Brutvogel verschwunden.
Leicht verspätete Migranten wurden am 10.5. in der Rhumeaue bei Lütgenrode und am 14.5. in Gö.-Nikolausberg vernommen. Am 4.6. rief ein Ind. am Altendorfer Berg bei Einbeck, verließ jedoch kurz darauf das Gebiet, so dass auch hier von einem verspäteten Durchzügler oder umherstreifenden Vogel auszugehen war. Auch ein stummer Vogel am 27.6. in der Göttinger Kleingartenkolonie „Edelweiß“ ist allenfalls in die letztgenannte Kategorie einzuordnen. Die anderen acht Beobachtungen (u.a. vom Göttinger Kiessee und aus Bovenden) fielen in die typische Hauptdurchzugsperiode vom 15. bis 25.4.

Auch der Grauspecht machte sich auf dem Kerstlingeröder Feld und im Göttinger Stadtwald ausgesprochen rar. Aus dem „V 19“ liegen, bei unvollständiger Erfassung, Hinweise auf neun Reviere vor. Die weitere Entwicklung sollte aufmerksam verfolgt werden, nicht zuletzt weil nach herkömmlicher Meinung der Grauspecht von Winterverlusten des Grünspechts profitieren soll. Diese haben sich jedoch wider Erwarten in Grenzen gehalten (vgl. die Anmerkungen im Winterbericht).

Vom Schwarzspecht, dem wegen seiner ungenutzten Höhlen eine Schlüsselrolle für die Bestandsdynamik vieler anderer Höhlenbrüter zukommt, wurden im „V 19“ auf 130 km² 20 Reviere ermittelt. Es könnten aber noch deutlich mehr sein, weil die Erfassung einige Lücken aufwies.

Der Brutbestand des Mittelspechts hat, trotz intensivierter Nutzung der Alteichenbestände, im „V 19“ zugenommen. Die Populationsgröße kann jetzt auf ca. 100 Reviere taxiert werden.

Dagegen scheint der Brutbestand des Kleinspechts, vielleicht als Resultat der letzten Kältewinter, zusammengebrochen sein. Aus dem „V 19“ liegen Hinweise auf ganze drei Reviere vor. Am südl. Göttinger Stadtrand trat ein Paar im April balzend in Erscheinung, ansonsten herrschte im weiteren Stadtgebiet Fehlanzeige.

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Abb. 12: Männlicher Kleinspecht am südl. Göttinger Stadtrand. Foto: M. Siebner.

Immerhin drei regional seltene Pirole wurden gesehen/gehört, und zwar am 23.5. im Großen Leinebusch, einem früheren Brutplatz, am 2.6. im Seeanger und am 13.6. in der Rhumeaue bei Bilshausen.

Transsaharazieher unter den Sperlingsvögeln, die ihre Überwinterungs- und Brutgebiete über den östlichen Mittelmeerraum ansteuern, hatten in diesem Jahr enorme Probleme. Zum einen zwangen sehr unregelmäßig verteilte Regenfälle in Ostafrika – vermutlich als Folge des Wetterphänomens „La Niña“ – sie zu großflächigen und kräftezehrenden Ausweichbewegungen, zum anderen kam ihnen im Mai ein Tiefdruckgebiet über der Ägäis in die Quere. Entsprechend spät, nämlich am 22.5.und damit ca. zwei Wochen später als gewohnt, wurde der erste Neuntöter der Region im Leinepolder Salzderhelden gesehen. Die alljährliche Zählung auf dem Kerstlingeröder Feld, ihrem Göttinger Verbreitungsschwerpunkt, erbrachte am 15.6. ganze sieben M. und zwei W. So wenige waren es in den vergangenen elf Jahren noch nie! Ob dieser Rückgang auch überregional repräsentativ ist, sei dahingestellt. Die zahlreichen, z.T. in sich widersprüchlichen Verlautbarungen in diversen Internetforen bieten sich kaum für einen Vergleich an.

Abb. 13: Neuntöter (revieranz. M.) auf dem Kerstlingeröder Feld 2000-2011

Ein bis zwei Raubwürger hielten es bis in die letzte Märzdekade auf dem Kerstlingeröder Feld aus. Interessant ist die Beobachtung von zwei (verpaarten?) Ind. am 27.3. zwischen Löwenhagen und Ellershausen. Hier ist es in der Vergangenheit zu mehreren Bruten auf einer nahen Windwurffläche/Kahlschlag gekommen.

Eines der regional erstaunlichsten Phänomene (vgl. den Bericht zur Brutzeit 2010 auf dieser Homepage) ist die unauffällig verlaufende Bestandszunahme und Ausbreitung der Dohle im Ostteil des Landkreises Göttingen. An den Kirchen einiger Eichsfeldgemeinden haben sich (Einzel-)Paare angesiedelt. Auch in einigen Waldgebieten wurden jetzt kleine Vorkommen von ein bis zwei Paaren entdeck t, und zwar am Bettenroder Berg, am Klafterberg bei Beienrode, im Nesselrödener Wald und an den Weißwasserköpfen bei Ebergötzen. Im Klosterpark von Germershausen ist sogar eine kleine Kolonie entstanden. Die Zunahme korreliert mit einem ähnlichen Zuwachs der Hohltaube, deren Bestand im „V 19“ mittlerweile deutlich im dreistelligen Bereich liegt. Dies erklärt auch die kopfstarken Trupps von manchmal mehr als 50 Ind., die sich seit einiger Zeit z.B. im Seeanger einfinden. Der Schwarzspecht macht’s möglich! Welchen Einfluss die von der Forstwirtschaft viel gepriesene Unterschutzstellung einzelner „Habitatbäume“ hat wäre eine Untersuchung wert.

Beutelmeisen machten sich auch in diesem Frühjahr abseits ihres Verbreitungsschwerpunkts an den Northeimer Kiesteichen kaum bemerkbar. Von der Kiesgrube Reinshof, vom Lutteranger und vom Seeburger See liegen aus dem Zeitraum März bis Juni ganze sechs Beobachtungen vor. An den Northeimer Kiesteichen gerieten ein oder zwei beringte Vögel mit Nistmaterial ins Visier. Der oder die Ringe konnten leider nicht abgelesen werden. Vielleicht haben die Vögel sich schon längst wieder aus dem Staub gemacht und brüten jetzt in Tschechien, Luxemburg oder Südschweden – Beutelmeisen sind da sehr flexibel…

Abb. 14: Beringte Beutelmeise an den Northeimer Kiesteichen. Wer sieht mehr? Foto: M. Siebner.

Aus dem Göttinger Stadtgebiet gibt es weitere Indizien für einen Bestandsrückgang der Weidenmeise. In diesem Jahr liegt nur ein Brutnachweis vom Nonnenstieg vor. Über die Gründe kann man derzeit nur spekulieren. Am Pfingstanger und am Kiessee sind Brutbäume gefällt worden, was sogleich zum Verschwinden der Art führte. Alte Weichhölzer werden vom Fachdienst Stadtgrün schnell als „Gefahrenbäume“ eingestuft und beseitigt. Hinzu kommt, dass die Weidenmeise unter den Höhlenbrütern besonders konkurrenzschwach ist.

In dem Gebäudekomplex Burgstr. 37/Ecke Ritterplan in Göttingen ist vor zwei bis drei Jahren ein kleines Eldorado für Gebäudebrüter entstanden. Die Häuser sind mit einer Styroporschicht ziemlich schlampig isoliert, dahinter befindet sich ein engmaschiges Gitter. Styropor und Gitter weisen im Traufbereich einige Lücken auf, an und hinter denen Mehlschwalben, Mauersegler und Haussperlinge nisten. Manche Mehlschwalbennester kann man hinter dem Styropor nur erahnen. Das Brüten hinter (!) einer Fassade ist bei dieser Art sehr ungewöhnlich. Immerhin hat sich der Brutbestand in der Innenstadt dadurch von vormals zwei bis drei Paaren (am Männerwohnheim am Wall und am Grotefendgebäude an der Berliner Str.) auf ca. 15 erhöht. Leider stehen auch hier Sanierungen ins Haus, so dass dieser eigenartige Brutplatz schnell der Vergangenheit angehören könnte.
Anders als die Südostzieher fanden sich die westziehenden Schwalben mit dem 22.3. (Uferschwalbe), dem 19.3. (Rauchschwalbe) und dem 4.4. (Mehlschwalbe) zu gewohnten Erstbeobachtungsdaten ein.

Die wenigen Daten zum Waldlaubsänger sind heterogen. Im Göttinger Stadtwald ist er wiederum mit ein bis zwei Revieren geradezu selten. Auf einer Probefläche (1 km²) im Husumer Tal bestanden hingegen sechs Reviere, die im Vergleich zu den Vorjahren (2007: 0, 2008: 3, 2009: 3, 2010: 5) einen Höchstwert anzeigen. Im „V 19“ wiederum fehlte die Art weithin. Dort gab es auf 130 km² Hinweise auf ganze sieben Reviere.

Mit zehn Revieren (5,5 Rev./10 ha) wurde eine 18 ha große Windwurffläche im Bramwald bei Ellershausen vom Fitis in einer art- und biotoptypischen Dichte besiedelt.

Am 5.6. wurde in einem für den Artenschutz sensiblen Bereich des Reinhäuser Waldes ein singender Grünlaubsänger festgestellt (Beobachter: A. Torkler). Eine Tonaufnahme wurde angefertigt, die Beobachtung wird der Avifaunistischen Kommission Niedersachsen (AKN) gemeldet. Die bisherigen regionalen Nachweise datieren aus den Jahren 1963 (zweimal im Göttinger Stadtgebiet) und 1987 (Domäne Eddigehausen).

Für den guten Rutsch einiger Westzieher spricht auch ein Feldschwirl, der bereits am 6.4. in der Suhleaue seinen betörenden Gesang erschallen ließ. Gleichwohl indizieren frühe Erstankunftsdaten vorwitziger Pioniere nicht automatisch ein gutes Jahr für die betreffende Art und sollten deshalb nicht überbewertet werden. In der Feldmark Geismar-Süd war der Bestand am 11.6. mit gerademal vier singenden M. auf ca. 300 ha auf einem historischen Tiefstand, zu dem auch die Habitatdegradation beigetragen haben dürfte.

Deutlich verspätet scheint dagegen der südostziehende Schlagschwirl eingetroffen zu sein, der jedoch in unserer Region ein traditionell spärlicher Revierbesetzer ist. Am 2.6. ließ sich ein M. in der Rhumeaue bei Bilshausen vernehmen und seit dem 13.6. orgelt einer an der Bölle gegenüber der Geschiebesperre Hollenstedt unverdrossen vor sich hin.

Der kleine Regionalbestand des Rohrschwirls hat sich gut etabliert. Am Seeburger See und (erstmals) am Seeanger besteht je ein Revier, im Leinepolder Salzderhelden sind es zwei.

Am 12.5. geriet am Seeburger See der erste Sumpfrohrsänger, auch er ein Südostzieher, zu einem um ca. sieben Tage verspäteten Heimzugdatum ins Blickfeld. Danach trafen Einzelvögel nur sehr zögerlich ein. Erst um die Monatswende Mai/Juni wurden nennenswerte Zahlen erreicht (z.B. 15 Ind. am 29.5. im „Jägerparadies“ in der Feldmark Geismar-Süd oder 10 Ind. am 6.6. im Rückhaltebecken Gö.-Grone). Nach dem Abklingen des Heimzugs war das Rückhaltebecken Grone von acht M. besetzt, die einen leicht unterdurchschnittlichen Bestand anzeigen. In der Feldmark Geismar-Süd sangen am 11.6. während einer Nachtexkursion auf ca. 300 ha ganze sechs M. Das ist der tiefste Stand seit Jahren, der aber auch, wie beim Feldschwirl, mit Habitatverschlechterungen zusammenhängen könnte. Die vegetationsreichen Entwässerungsgräben von einst mit vorjährigen Rohrglanzgrasstengeln und Brennesseln werden durch übermäßige Pflege immer strukturärmer. Die vorherrschende Trockenheit tat sicher ein Übriges.

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Abb. 15: Sumpfrohrsänger in der südl. Göttinger Feldmark. Foto: M. Siebner.

Der Brutbestand des Teichrohrsängers am Göttinger Kiessee liegt mit ca. 10 Revieren im Schnitt der vergangenen Jahre. Leider konnte der augenscheinlich starke Rückgang der ehedem mit bis zu 130 Paaren kopfstarken Population am Seeburger See noch immer nicht mit aussagekräftigen Daten erhärtet werden.

Einzelne Drosselrohrsänger machten sich am 23.4. an der Kiesgrube Reinshof und vom 28.4. bis 2.5. am Seeburger See bemerkbar.

Die westziehenden Grasmückenarten hatten offenkundig keine Probleme auf dem Zug – im Gegenteil: Der Frühling 2011 brachte den stärksten Durchzug der Dorngrasmücke seit mindestens 25 Jahren. Die quirligen und nach Kräften singenden Vögel waren in der offenen Landschaft buchstäblich überall. Selbst in vergleichsweise kleinen Gebieten wie dem Diemardener Berg, dem Rückhaltebecken Gö.-Grone, der Bauschuttdeponie Gö.-Geismar oder auf einer 18 ha großen Offenfläche im Bramwald waren bis zu 30 singende M. anzutreffen. Auf der letztgenannten Fläche bestanden später 14 Reviere, die eine hohe Siedlungsdichte von 7,8 Rev./10 ha anzeigen.

Einige Rätsel gab diesmal die Wasseramsel auf. Die Brutplätze an der Stegemühle und unter der Eisenbahnbrücke an der Leine waren verwaist. Der traditionelle Brutplatz an der Grone am Hagenweg wurde erst Anfang Mai in Beschlag genommen. Dagegen kam es am Gronespring in Gö.-Grone erstmals zu einer Brutansiedlung. An der Garte nahe dem Werderhof wurden am 13.5. zwei Jungvögel gesehen. Ob das Hochwasser nach dem Tauwetter im Januar einige von ihnen vertrieben hat, kann höchstens gemutmaßt werden. Bisher konnten Hochwasserereignisse dieser robusten Art wenig anhaben, die zudem auch kaum für besonders hohe Winterverluste bekannt ist.

Zur Ringdrossel liegen aus dem Zeitraum zwischen dem 30.3. und 11.4. fünf Beobachtungen von 13 Ind. vor, darunter jeweils zwei M. und drei W. am 6.4. in der Feldflur bei Niedeck und am 11.4. auf dem Kerstlingeröder Feld.

Die kleine Population des Trauerschnäppers im und am Wildgehege am Hainholzhof im Göttinger Stadtwald könnte bald erlöschen. In diesem Jahr ist sie auf ein einziges M. geschrumpft. Ob es sich reproduzieren konnte, wird die Nistkastenkontrolle im Herbst ergeben.

Dagegen zeugt das ebenfalls kleine Vorkommen des Schwarzkehlchens in der Rhumeaue bei Bilshausen mit zwei Revieren von Stabilität, weil es nie größer war. Heimzugbeobachtungen von je zwei M. und W. dieser Vogelart, die noch vor 10 Jahren in unserer Region als Seltenheit bestaunt wurde, liegen vom 19.3. und 21.3. vom Diemardener Berg sowie vom 26.3. von der Geschiebesperre Hollenstedt und vom 28.3. aus der südl. Göttinger Feldmark vor.

Ähnlich wie die Dorngrasmücke trat die Nachtigall auf dem Heimzug ungewöhnlich häufig auf, besonders in der Leineniederung. In Göttingen waren aber nicht wesentlich mehr Reviere besetzt als in den Vorjahren. Dagegen ist sie z.B. an den Northeimer Kiesteichen in weiterer Zunahme begriffen. Am Rückhaltebecken Gö.-Grone hielt ein M. ein Revier, das mit hartem Stakkato und ohne das typische „Anschwellen“ auf sich aufmerksam machte. Leider handelte es sich nicht um Süd-Niedersachsens ersten Sprosser, sondern um eine abweichend singende Nachtigall, die auch aussah wie eine solche. Derart irritierende Vögel sind in unserer Region gar nicht mal selten.

Der Brutbestand des Blaukehlchens ist weiterhin in der Wachstumsphase. Im Leinepolder Salzderhelden sind aktuell 16 Reviere besetzt, im Seeanger mindestens vier. Am Seeburger See im Bereich des „Graf Isang“ bestehen allein zwei Reviere, rund um den See dürften es noch ein paar mehr sein.

Für Göttinger Verhältnisse sehr früh machte sich bereits am 3.4. der erste Gartenrotschwanz bemerkbar. Für den „Vogel des Jahres 2011“ ist es ein gutes Jahr. Davon profitiert auch die laufende Untersuchung des Arbeitskreises Göttinger Ornithologen in Kleingartenkolonien, die mittlerweile den Hauptlebensraum des Gartenrotschwanzes darstellen. Ein isoliertes Brutvorkommen in den Schweckhäuser Wiesen ist vor diesem Hintergrund bemerkenswert.

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Abb. 16: Göttinger Kleingartenrotschwanz. Foto: M. Siebner.

Der Baumpieper hat in Göttingen seinen Verbreitungsschwerpunkt auf dem Kerstlingeröder Feld. Die diesjährige Zählung erbrachte am 15.6. 17 revieranzeigende M. und mindestens fünf erfolgreiche Bruten. Dies ist sicher ein Rückgang gegenüber den außergewöhnlichen 22 M. im Vorjahr, aber immer noch mehr als die 11 Reviere, die 2008 und 2009 dort gezählt wurden. Verglichen mit dem Kerstlingeröder Feld (1,2 km²) ist die Besiedlung im „V 19“ sehr dünn, denn für dieses 130 km² große Gebiet kann der Bestand auf (nur noch) 30 Reviere beziffert werden, mit Vorkommen von bis zu sechs Paaren südl. Groß Lengden, bei Weißenborn und um Etzenborn. Eine 18 ha große Offenfläche im Bramwald bei Ellershausen wurde von immerhin fünf M. in Beschlag genommen.

Noch schlechter ist es um den Wiesenpieper bestellt. Die kleine Lokalpopulation in der Feldmark Geismar-Süd, die einzige im Göttinger Stadtgebiet, ist auf ein bis zwei Reviere geschrumpft. Dramatisch ist auch der Rückgang im „V 19“. Hier wurden nur noch vier (!) Reviere gefunden, das Erlöschen scheint nicht mehr fern zu sein. Dieser unscheinbare Singvogel ist nur wenigen bekannt. Anders als die majestätisch wirkenden Großvögel Weißstorch, Kranich und Seeadler hat er keine Lobby. Pech gehabt…

Dagegen bewegt sich die Schafstelze weiterhin auf der Gewinnerseite. Damit könnte es jedoch bald vorbei sein, wenn im Rahmen der Erzeugung von Agroenergie Getreidefelder bereits im Mai, also zur Hauptbrutzeit, in den Schredder wandern. Im „V 19“ beträgt der aktuelle Bestand um die 150 Paare, im Leinetal zwischen Göttingen und Einbeck dürften es ebenso viele sein. Das „geklumpte“, fast schon kolonieartige Auftreten konnte besonders eindrucksvoll in der Feldmark südl. Kerstlingerode dokumentiert werden. Hier fanden auf nur ca. 40 ha 12 erfolgreiche Bruten statt.

Am 13.4. wurde am Göttinger Kiessee eine Bachstelze mit dunklen Flanken und dunkelgrauem Bürzel fotografiert. Nach Diskussion in avigoe und Befragung auswärtiger Experten kam man überein den Vogel besser unbestimmt zu lassen und ihn nicht der nordwesteuropäischen Trauerbachstelze zuzuordnen.

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Abb. 17: Unbestimmbare Bachstelze am Göttinger Kiessee. Foto: V. Hesse.

Starvogel für das Birdrace-Team der „Göttinger Sozialbrachvögel“ war am 7.5. zweifellos ein leicht verspäteter Bergfink an der Kiesgrube Reinshof.

Die schon öfter erwähnte Freifläche bei Ellershausen war von immerhin drei Paaren des Bluthänflings bevölkert. Zu seinem Vorkommen in Kleingartenkolonien liegen interessante Daten vor, die mit den Ergebnissen der Gartenrotschwanz-Untersuchung kundgetan werden.

Eine auf dem Heimzug rastende männliche Spornammer konnte am 12.3. nahe Seulingen aus geringer Entfernung betrachtet werden. Am 1.5. rasteten bei Groß Lengden zwei Ortolane.

Mit diesen beiden Vertretern einer hochcharismatischen Singvogelart schließt der recht ausführlich geratene Bericht, der sein Zustandekommen den folgenden Beobachter/innen verdankt: P.H. Barthel, B. Bierwisch, S. Böhner, G. Brunken, A. Clages, M. Corsmann, H. Dörrie, K. Dornfeldt, K. Dornieden, M. Drüner, M. Fichtler, J. Fleischfresser, M. Göpfert, E. Gottschalk, C. Grüneberg, V. Hesse, U. Hinz, S. Hohnwald, L. Hülsmann, K. Jünemann, H.-A. Kerl, G. Köhler, G. Köpke, U. Kormann, W. Kühn, V. Lipka, T. Matthies, C. Oppermann, H. und J. Ostwald, L. Pape, S. Paul, D. Radde, H. Riechers, V. Rösch, J. Rothe, R. Rotzoll, A. Schröter, M. Siebner, A. Stumpner, H.-J. Thorns, N. Wasmund, H. Weitemeier und D. Wucherpfennig.

Hans-Heinrich Dörrie und Silvio Paul