„Frühling so nass wie zuletzt vor 10 Jahren, dabei leicht zu mild und ausgewogen sonnig.“ So beschreibt der Deutsche Wetterdienst das Frühjahr 2023. Der März startete in Süd-Niedersachsen recht kalt mit Temperaturen um den Gefrierpunkt. Im Laufe des Monats stieg das Quecksilber im Thermometer deutlich an, sodass die Durchschnittstemperatur etwa 1,4°C über dem langjährigen Mittel lag. Mit 71 Millimetern Niederschlag begann das Frühjahr ausgesprochen nass. Dies änderte sich im April, welcher mit durchschnittlich 7,7°C zwar zu kühl, mit 34 Millimetern Regen aber auch zu trocken verlief. Die Temperaturen im Mai lagen im normalen Bereich, im Juni wurde die Durchschnittstemperatur des Referenzzeitraumes um 2°C überboten. Der Mai war wieder zu trocken und auch der Juni war weitestgehend durch ein Niederschlagsdefizit charakterisiert.
Ein Unwetter mit starken Niederschlägen von über 60 Litern in 24 Stunden verzerrt jedoch die Statistik ins Überdurchschnittliche. In Folge der starken Regenfälle stiegen die Wasserstände vieler Gewässer an, sodass es stellenweise zu Brutverlusten bei einigen gewässergebundenen Arten kam.
Eine ausgesprochen abwechslungsreiche Heimzugsaison 2023 liegt hinter uns und für jeden war etwas dabei. Eine bunte Palette an Schreitvögeln, Limikolen und Seeschwalben machte die Besuche an süd-niedersächsischen Gewässern vielfach zu erinnerungswürdigen Erlebnissen. Neben einem Erstnachweis für das Bearbeitungsgebiet, gab es für eine Reiherart den erst fünften Regionalnachweis. Ein sehr selten bei uns erscheinender Schreitvogel verdoppelte seine bisher dokumentierte Individuenzahl innerhalb weniger Wochen. Auch eine seit vielen Jahren in Süd-Niedersachsen nicht mehr nachgewiesene Greifvogelart konnte in diesem Frühjahr entdeckt werden, zwei Mal. Doch mehr dazu gleich.
So erfreulich die Beobachtung einer seltenen Vogelart auch sein mag, darf man dabei nicht vergessen, dass Bruten vieler heimischer und ehemals häufiger Vogelarten mittlerweile ebenfalls den Status einer seltenen Erscheinung haben. Vor allem bei den Arten der Wiesen- und Agrarlandschaft setzte sich auch in diesem Jahr der Abwärtstrend weiter fort. So stehen die letzten Bastionen von Wiesenpieper und Kiebitz in Süd-Niedersachen kurz vor dem Erlöschen und das Braunkehlchen hat sich von fast überall verabschiedet. Nur der Leinepolder mit seinen großen, extensiv bewirtschafteten Naturschutzflächen bewahrt diese Arten vor dem lokalen Aussterben. Andere Arten können augenscheinlich, zumindest mittelfristig, vom fichtendominierten Waldbau der Nachkriegszeit in den Mittelgebirgen profitieren. Die damals angepflanzten großflächigen Fichtenreinbestände fielen 2018 hektarweise dem Sturm „Friederike“ zum Opfer. Hieraus entwickelte sich ein massiver Borkenkäferbefall, der auch zum Absterben vieler lebender Fichten führte. Die Folge waren riesige Offenflächen in den Wäldern. Neuntöter, Baumpieper, Heidelerche und sogar die vom Aussterben bedrohte Turteltaube siedeln sich auf den baumfreien Flächen an. In wie fern die Arten der Nadelwälder hierdurch benachteiligt werden, wird sich zeigen und auch wie viele Jahre die Windwurfflächen noch attraktiv für die Offenlandarten sein werden, steht in den Sternen. Ein Besuch der Windwürfe lohnt sich in jedem Fall und man wird schnell feststellen, dass die Natur aus den „Schadflächen“ vielerorts bereits buntblühende und mit vielen jungen Bäumen bestandene Biotope geschaffen hat.
Die Referenzarten Dorngrasmücke und Nachtigall trafen zu klassischen Daten am 16. bzw. 11. April ein. Die Vorhut auf dem Heimzug stellte ein früher Kuckuck am 9. April im Leinepolder dar, während die große Masse erst ab dem 23. April das Frühlingskonzert mit ihren typischen Rufen ergänzte.
Bruten des Höckerschwans gab es im Leinepolder Salzderhelden (vier Familien, darunter gezählte fünf bzw. zwei Junge), an den Northeimer Kiesteichen (zwei Junge), am Böllestau bei Hollenstedt (fünf Junge), an den „Wunderteichen“ bei Höckelheim (ein Jungvogel, später verschwunden), am Seeanger (anfangs zwei Paare, eins mit neun Jungvögeln), am Lutteranger (wohl erfolglos), am Seeburger See (zwei Bruten ohne Erfolg), im Göttinger Levin-Park (sieben Jungvögel, darunter fünf weiße immutabilis), am Rückhaltebecken Gö.-Grone (Zahl der Jungen nicht ermittelt), am Göttinger Kiessee (Brut frühzeitig abgebrochen), am Wendebachstau bei Reinhausen (zwei Junge), in Hann. Münden (fünf Junge, darunter ein weißes immutabilis) sowie an der Werra beim Letzten Heller (fünf Kleine).
Der letzte Singschwan der Saison hat es bis zum 16. März im Leinepolder ausgehalten.
Vom 15. bis 17. März legten 16 rekordverdächtige Zwergschwäne im Leinepolder eine Rast ein. Die Vögel schliefen viel. Kein Wunder – sie hatten sich am 15. um 5:00 Uhr noch am Roten Weiher nahe der elsässischen Metropole Straßburg aufgehalten. Dies konnte anhand des besenderten Vogels „Kai“ (mit gelbem Halsband „014T“, markiert am 21. November 2021 im Emsland) ermittelt werden, der sich in dem Trupp befand. Die Strecke Elsass-Süd-Niedersachsen von 462 km bewältigten die Vögel in maximal elf Stunden (ab 16:00 Uhr für den Polder abgelesen). Eine reife Leistung, aber so ungewöhnlich nicht für die exzellenten Flieger. Auch den Winter davor hatte „Kai“ im Elsass verbracht.
Hinweise auf erfolgreiche Bruten der Kanadagans gab es in diesem Frühjahr nicht.
Die üblichen ein bis zwei Weißwangengänse, darunter ein mit einer Graugans befreundeter Vogel, besuchten die Feuchtgebiete der Region. Neun Ind. vom 23. bis 28. Mai am Seeanger fielen aus dem Rahmen.
Die letzten (drei) Tundrasaatgänse der Saison stammen vom 5. April von der Geschiebesperre Hollenstedt.
Am 13. Mai hielt sich, aus regionaler Sicht recht spät, eine Kurzschnabelgans an der Geschiebesperre Hollenstedt auf, anscheinend unberingt.
Überwinternde bzw. heimziehende Blässgänse erreichten am 11. März im Leinepolder mit 4000 Ind. ihr Maximum. Danach gingen die Zahlen schnell zurück. Eine übliche Bummelantin geriet am 31. Mai bzw. am 16. Juni an den Northeimer Kiesteichen in den Blick.
Bruten der Graugans fanden an folgenden Lokalitäten statt: Leinepolder Salzderhelden (mind. 11), Geschiebesperre Hollenstedt (5), Northeimer Kiesteiche (2), Böllestau bei Hollenstedt (2), Northeimer Freizeitsee (11), Rhume bei Northeim (1), Husumer Teiche bei Hammenstedt (1), Seeburger See (2), Seeanger (1), Göttinger Levin-Park (4, davon zwei mit Schlupferfolg), Rückhaltebecken Gö.-Grone (1), Göttinger Stadtfriedhof (1), Alter Botanischer Garten Gö. (1, gescheitert), Göttinger Kiessee (5), Rasespring bei Rosdorf (2), Kiesgrube Reinshof („mehrere“) und Wendebachstau bei Reinhausen (1).
Die aus dem Vorbericht bekannte, allseits geschätzte Streifengans verweilte bis zum 15. März im Göttinger Süden. Dann hieß es: Ab nach Kassel! Das hat sie jetzt davon…
Und wie ist es der Nilgans, unserem sehr heimlichen Wappenvogel, ergangen? Sie konnte sich im Umfeld des Denkershäuser Teichs (anfangs 13 Kleine), am Northeimer Freizeitsee (vier), an der Kiesgrube Angerstein (sieben), am Seeburger See (drei, später nur noch zwei Kleine), im Göttinger Levin-Park (sieben, Folgebrut desselben Paars mit erfolgreicher Spätbrut 2022?), am Göttinger Kiessee (zwei, später nur noch ein Jungvogel), im neuen Biotop südlich des Flüthewehrs (drei, später nur noch ein Jungvogel, damit der erste Brutvogel dort, eine wahre Pionierleistung!), am Wendebachstau bei Reinhausen (fünf) sowie an der Werra beim Letzten Heller (fünf) reproduzieren.
Am Seeanger hielt sich über Wochen ein Paar der Brandgans auf. Bei dieser Art sind Bruten bzw. Brutversuche überfällig. Das Maximum stammt mit acht Ind. am 24. März vom Northeimer Freizeitsee.
Rostgänse hielten sich wie üblich einzeln oder zu zweit im Gebiet auf. Vorwegnehmend sei eine Familie mit flüggen Jungvögeln Anfang Juli am Seeanger mitgeteilt. Wo diese erbrütet worden sind muss offen bleiben.
Auf einem kleinen Teich an der Kohlenstraße mitten im Bramwald schwammen am 5. März gleich sechs (!) Mandarinenten (zwei W., vier M.). Ende Mai konnte das Vorkommen nicht bestätigt werden. Sehr mysteriös.
Die aus Vorberichten bekannte männliche Brautente pendelte bis zum 13. April zwischen dem Levin-Park und der Leine in der Göttinger Weststadt.
Erfolgreiche Bruten der Schnatterente konnten im Leinepolder Salzderhelden (sieben halbwüchsige Jungvögel) und (erstmals) am Lutteranger (neun Pulli) dokumentiert werden. Auf dem Heimzug wurde der Leinepolder von bis zu 350 Ind. bevölkert.
Ohne Präzedenz gestaltete sich der Heimzugbestand der Spießente im Leinepolder: Bis zu 800 (!) Ind. nutzten in der zweiten und dritten Märzdekade die großen Wasserflächen zum Gründeln.
Dagegen war die Knäkente mit Maximalzahlen im niedrigen zweistelligen Bereich eher schwach vertreten.
Bemerkenswert sind die Maximalzahlen der Löffelente im Leinepolder, die auf bis zu 500 Ind. taxiert wurden.
Am 10. und 11. März erreichten Kolbenenten mit zehn Ind. am Northeimer Freizeitsee ihr Maximum.
Ab dem 29. Mai ließ sich auf dem Göttinger Kiessee ein sonderbares Ententier bestaunen. Es handelte sich um einen gattungsübergreifenden männlichen Hybriden aus Krick- x Reiherente. Zumindest wurde er als solcher vom namhaften Hybridologen J. Lehmhus (Braunschweig) bestimmt. Die „Kreiherente“ verhielt sich mehr wie eine Schwimmente und gründelte fleißig.
Nicht ganz so bizarr, dafür umso anhänglicher ist der langjährig bekannte Erpel Tafel-x Reiherente, der noch am 28. Mai an der Geschiebesperre Hollenstedt gesehen wurde.
Vom 17. bis 24. März schmückte ein Paar der Moorente den Seeanger. Der Erpel schien unberingt gewesen zu sein, beim Weibchen war eine Kontrolle nicht möglich. Eine Herkunft aus dem Steinhuder Aufzuchtprojekt ist leider nie auszuschließen.
Ein Paar der Bergente schwamm am 5. April auf einem der Northeimer Kiesteiche. Weiblich waren zwei Vögel am 14. April auf dem Seeburger See.
Das junge, anfangs von einem Altvogel begleitete Männchen der Trauerente aus dem Vorbericht hielt sich bis zum 13. April auf dem Freizeitsee auf. Ein altes Paar folgte ihm am 18. April ebenda.
Die drei länger präsenten Samtenten auf dem Freizeitsee blieben bis zum 22. März.
Am 15. April schwammen bemerkenswerte 13 Mittelsäger (sieben Männchen, sechs Weibchen) auf der Northeimer Seenplatte. Solche Zahlen ähneln mittlerweile denen des Gänsesägers, dessen Rastbestände nach mehreren eher milden Wintern beständig zurückgehen. Ob sich die Beobachtungen der erstgenannten Art vor allem auf die kleine Brutpopulation an der Innerste bzw. den Derneburger Teichen südlich von Hildesheim beziehen, muss offen bleiben.
Die spätwinterliche Zählung balzender Rebhühner erbrachte in diesem Jahr einen Bestand wie zum Beginn des Projekts 2006. Ob sich aus diesem nicht gerade frohgemut stimmenden Ergebnis schon ein Trend ableiten lässt, bleibt fürs Erste offen. Wiederum konnten zwischen den Zählgebieten große Unterschiede festgestellt werden, verbunden mit starken lokalen Schwankungen. Im intensiv aufgewerteten Projektgebiet im Süden Göttingens betrug die Dichte gute 5,5 Paare/km², im Eichsfeld nur um die zwei Paare/km².
In den Feldmarken Großenrode und Ellierode (Raum Hardegsen) dämmern bedauernswerte Fasane dem Abschuss entgegen, am sog. Grünen Band bei Duderstadt sind es gar drei.
Der einzige Rothalstaucher der Saison trat am 14. April im vollen Prachtkleid am Seeburger See in Erscheinung.
Maximal 14 Schwarzhalstaucher tummelten sich am 6. April auf dem Seeburger See.
Zwei Sterntaucher trotzten vom 14. bis 16. April auf dem Northeimer Freizeitsee dem Rummel.
Der seit dem 19. Februar auf dem Freizeitsee präsente Prachttaucher war bis zum 1. Mai vor Ort. Er vertrieb sich die Zeit mit Ausflügen an die Northeimer Kiesteiche
Sichler traten in diesem Jahr vermehrt in Deutschland auf. Vermutlich spielte die ausgeprägte Dürre in Südeuropa dabei eine Rolle. Andererseits sind Sichler notorische „Nomaden der Lüfte“. Vom Einflug wurde auch unsere Region ausgiebig bedacht. Am 22. April rasteten neun Ind. kurz im Seeanger. Vom 28. April bis zum 1. Mai ging im Leinepolder ein Einzelvogel auf die Molluskenjagd. Vom 11. bis 12. Mai statteten sechs Ind. dem neu angelegten Biotop südlich des Göttinger Flüthewehrs einen Besuch ab und sorgten in der örtlichen Szene für Aufregung. Die Nacht hatten die Vögel wohl irgendwo im Umfeld des Göttinger Kiessees verbracht. Das Nahrungsangebot an der feuchten Flutrinne schien passabel gewesen sein. Am 13. Mai konnte (wohl) dieser Trupp beim nordhessischen Höringshausen ausgemacht werden.
Am 19. März machte sich eine Rohrdommel am Denkershäuser Teich bemerkbar. Im Leinepolder konnte vom 28. April bis zum 7. Mai ein (manchmal) rufender Vogel im Leinepolder ausgemacht werden, einmal sogar ganz offen im Grünland. Sicher ein interessanter Nachweis, der aber hinsichtlich einer möglichen Brutansiedlung nicht allzu optimistisch gewertet werden kann.
Der Brutplatz der Zwergdommel im Landkreis Northeim aus dem Vorjahr war im Mai über Tage von einem Männchen besetzt.
Die Nachweise des knuffigen Kuhreihers nehmen zu: Am 26. April erfreute an der Geschiebesperre Hollenstedt ein (unberingter) Vogel mit einem fünften Regionalnachweis die Beobachterinnen und Beobachter.
Die Graureiher-Kolonie am Göttinger Kiessee ist in diesem Jahr auf 20 Paare angewachsen. Mindestens 51 Junge zeigten am 2. Juni einen passablen Schlupferfolg an. Zum ersten Mal verlief auch eine Brut auf der kleinen Vogelschutz-Insel erfolgreich. Die Kolonie am Seeburger See ist auf zehn Paare angewachsen, die am Sultmerberg bei Northeim war wieder besetzt. Genauere Angaben zum Brut- oder Schlupferfolg liegen leider nicht vor.
Am 9. und 11. Mai beehrte ein Purpurreiher (derselbe Vogel?) den Seeburger See. Am 2. Juni flog ein Vogel über die „Wunderteiche“ bei Höckelheim Richtung Freizeitsee.
Am 3. Mai versteckte sich ein Seidenreiher in der Flutrinne des neuen Biotops in der Leineaue südlich vom Göttinger Flüthewehr. Er wurde erst sichtbar, als er nach Süden abflog. Aktuell (Ende Juli 2023) stehen in diesem Gebiet die Disteln so hoch und dicht, dass selbst ein Goliathreiher unentdeckt bliebe…
An der DB-Trasse Müllershausen – Salzderhelden ist der Brutbestand des Weißstorchs förmlich explodiert. Auf den Stromverteilermasten existieren mittlerweile zwölf (!) Nester. Auf den meisten saßen Alt- und Jungvögel. Das Gewirr der Leitungen und der rege Zugverkehr scheinen die Vögel nicht zu beeindrucken. Im „Falken“ 7/2023 ist jüngst ein lesenswerter Artikel von T. Brandt (Ökologische Station Steinhuder Meer) über Zielkonflikte im Vogelschutz erschienen. Darin geht es nicht nur um Uhus, die Nistflöße für Flussseeschwalben plündern, sondern auch um Weißstörche, die Küken von Wiesenbrütern erbeuten. Der Autor empfiehlt, Ansiedlungen von Weißstörchen in der Nähe von Schutzgebieten für Wiesenvögel nicht mehr zu fördern. Nur: Was tun, wenn die Deutsche Bahn sich ungewollt zum größten Storchenschützer mausert?
Für den Berichtszeitraum stehen 44 beobachtete Fischadler auf der Liste, der Letzte ließ sich am 14. Juni über der Geschiebesperre Hollenstedt blicken.
Die größte ziehende Gruppe Wespenbussarde wurde mit vier Individuen am 5. Mai über Hann. Münden gesichtet. Vermutlich stationäre Einzelvögel und Paare dieser häufig übersehenen Art wurden über dem Reinhäuser Wald, der Langen Bahn (Bramwald) und bei Hann. Münden gesichtet.
Von vier Bruten des Wanderfalken konnte der Erfolg ermittelt werden. Ein Paar in einem Steinbruch südlich von Göttingen brachte vier Junge durch. An drei Brutplätzen im Göttinger Stadtgebiet konnten zwei und zweimal drei Junge beobachtet werden. An einem fünften Brutplatz außerhalb des Stadtgebietes wurden zwei Jungvögel gefüttert. In Hann. Münden schritten zwei Paare zur Brut, eine Nachkontrolle des Bruterfolges gab es nicht, während in Duderstadt aus einer Brut mindestens 3 Jungvögel ausflogen. Insgesamt ist dies ein ordentliches Ergebnis. Erkenntnisse aus dem Kreis Northeim liegen nicht vor.
Das letztjährige Brutrevier des Baumfalken im Göttinger Süden war auch dieses Jahr wieder besetzt, eine Kontrolle des Bruterfolges steht noch aus. Erwähnenswert sind mindestens zwölf Baumfalken die am 1. Mai über dem Leinepolder Insekten jagten. Es wird vermutet, dass ein Massenauftreten der Märzfliege diese Ansammlung hervorgerufen haben könnte. Ähnliche Gruppenjagden auf Junikäfer über der Göttinger Drachenwiese konnten dieses Jahr nicht beobachtet werden.
Zwei adulte Rotfußfalken (Männchen und Weibchen) auf dem Heimzug wurden zufällig am 1. Mai im Leinepolder fotografisch dokumentiert.
Drei durchziehende Merline stellen eine eher durchschnittliche Zahl dar.
Von den etwa vier im Leinepolder überwinternden Kornweihen verbrachte ein Pärchen noch einige Zeit im Gebiet bevor es abflog. Die letzten Durchzügler ließen sich Zeit bis Ende Mai, wo am 28. eine letzte Beobachtung gelang.
Vier durchziehende Wiesenweihen auf dem Heimzug sind als durchschnittlich einzustufen, während eine ziehende männliche Steppenweihe am 28. April über dem Seeanger die vierte Frühjahrsbeobachtung (von insgesamt sechs Nachweisen) im Bearbeitungsgebiet markiert.
Einsam blieb auch die Beobachtung eines Raufußbussards am 17. März in der Feldmark zwischen Lemshausen und Sieboldshausen.
61 Beobachtungen von Seeadlern betreffen wahrscheinlich zwei Individuen. Ein Vogel, der als K2/3 bestimmt wurde, ließ sich nach dem 1. März nicht mehr blicken, während der zweite (fast adult bis adult, K4/5) bis zum Ende des Berichtzeitraums verlässlich im Gebiet angetroffen werden konnte. Die Vögel bewegten sich vornehmlich zwischen Leinepolder und Northeimer Freizeitsee. Die Sichtung eines adulten Vogels über Ebergötzen am 1. März ist vermutlich dem Tier aus dem Leinepolder zuzurechnen, das am selben Tag dort nicht gesichtet wurde. Der (fast) adulte Vogel blieb im Leinepolder und konnte bis zum Ende des Berichtszeitraums verlässlich dort beobachtet werden. In Schleswig-Holstein starten Seeadler ihre ersten Brutversuche im Alter von durchschnittlich 4,4 Jahren (Struwe-Juhl, B. (2002): Altersstruktur und Reproduktion des Seeadlerbrutbestandes (Haliaeetus albicilla) in Schleswig-Holstein. Corax 19, Sonderheft 1:51-61.). Verfliegt sich also auch mal ein zweiter Altvogel, könnte es im Leinepolder durchaus spannend werden, schließlich sind das Gebiet und die umliegenden Seen als Habitat durchaus brauchbar.
Gleich zwei Mal wurde in diesem Frühjahr ein Schreiadler beobachtet, was seit 1986 (!) die Regionalnachweise zwei und drei markiert. Während das erste Exemplar (mit auffälliger Mauserlücke) am 6. Mai nahe Einbeck gen Westen zog und einigen Birdracern eine tolle Bonusart bescherte, überflog der zweite Vogel am 10. Juni die Northeimer Kiesteiche Richtung Südwest. Interessant ist, dass im Berichtszeitraum mindestens zwei Schreiadler auch den Raum Cuxhaven unsicher machten. Die zwei im Leinepolder gesichteten Vögel passen anhand von Federmerkmalen allerdings zu keinem der beiden fotografierten Vögel aus Cuxhaven. Auch konnte keine Übereinstimmung mit einem der anderen im Frühjahr über Deutschland fotografierten Schreiadler festgestellt werden. Über die Herkunft der Vögel kann also nur spekuliert werden.
Auch in diesem Jahr kam es wieder zur Brut eines Kranichpaares im Leinepolder Salzderhelden. In diesem Jahr augenscheinlich ohne Schlupferfolg. Weitere Bruten fanden im Kaufunger Wald und im Altkreis Osterode am Harz statt. Die Art scheint weiterhin auf dem Vormarsch zu sein.
Von der Wasserralle liegen bis zum Ende des Bearbeitungszeitraumes keine Brutfeststellungen vor. Beobachtungen balzender Tiere gab es aber in den bekannten Brutrevieren.
Im Leinepolder hielten solide zwölf Wachtelkönighähne die Stellung. Vom 20. Mai bis zum 4. Juni sang eine Wiesenralle am Seeanger. Die zwei am 27. Mai festgestellten Könige an der Rhumeaue bei Bilshausen haben nach der Wiesenmahd das Gebiet unfreiwillig verlassen müssen.
Am 9. Mai hielt sich ein Tüpfelsumpfhuhn im Seeanger auf. Im Leinepolder Salzderhelden wurde Ende April und Anfang Mai ein singendes Männchen festgestellt.
Jeweils ein Austernfischer am 24. März im Leinepolder Salzderhelden und am 23. April an der Geschiebesperre Hollenstedt brachte etwas Nordseeatmosphäre nach Süd-Niedersachsen. Gleiches gilt für den Säbelschnäbler, von dem gleich sieben Individuen am 23. März im Leinepolder rasteten. Zwei weitere Vögel legten am 6. Mai einen Zwischenstopp zunächst an der Geschiebesperre Hollenstedt und später im Leinepolder ein.
Die Beobachtungen von Stelzenläufern haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Ob, wie beim Sichler, die Dürre in Südeuropa dabei eine Rolle spielt, kann vermutet werden. Andererseits gibt es seit Jahrzehnten immer wieder mal Bruten. 2023 hat sich die Art in mehreren Bundesländern erfolgreich fortpflanzen können. Auch bei uns gelangen zwei Beobachtungen dieser skurril anmutenden Limikole. Am 6. Mai wurden zwei Vögel im Leinepolder Salzderhelden beobachtet und eine Woche später folgte ein einzelnes Tier am Großen Freizeitsee.
Für viele Vogelbegeisterte war die Entdeckung eines Triels am 5. Mai wohl das Highlight des Frühjahrs. Der Vogel wurde nachmittags im neugeschaffenen Biotop am Göttinger Flüthewehr entdeckt und verweilte hier bis zum Abend. Für das Bearbeitungsgebiet ist dies der erste Nachweis dieses sehr heimlichen Watvogels und entsprechend groß war der Andrang der Interessierten. Eine Abhandlung zur Entdeckung des Vogels findet sich hier.
Dreimal wurde jeweils ein Kiebitzregenpfeifer im Leinepolder Salzderhelden entdeckt. Der erste Vogel rastete am 4. Mai im Gebiet. Später folgten ihm am 13. Juni ein prächtiger Altvogel und am 15. desselben Monats ein Vorjähriger.
Der größte Trupp seit langer Zeit konnte am 10. März vom Goldregenpfeifer fotografisch dokumentiert werden. Insgesamt 171 Vögel überflogen an dem Tag im Schwarm die Feldmark Reinshof in nördliche Richtung. Zweistellige Truppgrößen wurden außerdem in der Feldmark südlich Geismar (25), bei Wolbrechtshausen (20) und im Leinepolder Salzderhelden (25) gezählt.
800 Kiebitze im Leinepolder können mit der Maximalzahl des letzten Jahres bei weitem nicht mithalten. Besonders düster sieht es für die Art jedoch als Brutvogel aus. Eine einzige Brut wurde im Leinepolder Salzderhelden festgestellt. Für vier weitere Reviere bestand hier zumindest Brutverdacht. Im Seeanger und an der Geschiebesperre Hollenstedt konnte jeweils nur ein Paar mit Brutverdacht dokumentiert werden. Schlupferfolg wurde in diesem Frühjahr nicht beobachtet.
Bruten des Flussregenpfeifers gab es auf dem Kiesaufbereitungsgelände am Großen Freizeitsee und im Siekgrabengebiet in Göttingen, an letzterem Ort wohl erfolglos. Verdacht auf Reproduktion bestand weiterhin an der Geschiebesperre Hollenstedt, dem Großen Freizeitsee, dem Flüthewehr in Göttingen und an der Kiesgrube Reinshof.
Der erste Sandregenpfeifer des Frühjahrs wurde am 7. April an der Geschiebesperre Hollenstedt entdeckt. Am 16. Juni endete der Heimzug mit einem Vogel im Polder Salzderhelden. Insgesamt wurden elf Beobachtungen gemeldet, wobei der größte Trupp elf Regenpfeifer umfasste, welche im vorher genannten Gebiet Nahrung suchten.
Insgesamt 17-mal und damit etwas häufiger als in den vergangenen Jahren wurden Große Brachvögel gemeldet, wobei sich das Maximum am 25. und 30. März sowie am 2. April auf sieben Vögel festlegen ließ. Noch häufiger trat dessen kleinerer Verwandter in Erscheinung. Insgesamt 20 Beobachtungen wurden vom Regenbrachvogel dokumentiert. 17 Vögel im Leinepolder Salzderhelden waren die höchste Anzahl in diesem Frühjahr.
Das Uferschnepfenmonopol hielt auch in diesem Frühjahr wieder, wo sonst, der Leinepolder Salzderhelden. Am 23. März und am 1. sowie am 27. April wurde hier eine Greta, so der plattdeutsche Name für die Art, gesehen. Am 30. April waren es dann sogar vier Tiere. Balzende Waldschnepfen wurden im Solling und im Bramwald gemeldet. Ansonsten trat der Vogel mit dem langen Gesicht auf dem Heimzug weitere 14-mal an unterschiedlichen Orten in Erscheinung.
Aufgrund ihrer guten Tarnfärbung und der Angewohnheit, erst unter dem Schuh aufzufliegen, werden Zwergschnepfen recht selten beobachtet. Daher sind gleich sieben fliegende Vögel am 15. März über dem Seeanger bemerkenswert. Weiterhin trat die Art acht Mal in diesem Frühjahr in Erscheinung.
25 Bekassinen am 11. März im Leinepolder Salzderhelden sind ein eher maues Maximum für unser Gebiet.
Gleiches gilt für die Maxima des Bruchwasserläufers (50 am 4. Mai), des Dunklen Wasserläufers (10 Ende Mai) und des Grünschenkels (20 am 1. Mai), allesamt im Leinepolder.
238 Kampfläufer am 19. März und 10 Rotschenkel am 23. März und 28. April passen hingegen in das Bild der vergangenen Jahre.
Waldwasserläufer traten Ende März maximal zu siebt an der Geschiebesperre Hollenstedt auf.
Große Trupps des Flussuferläufers wurden am 29. April am Großen Freizeitsee mit 25 Individuen und am Seeburger See mit 17 Tieren gezählt.
Den ersten beiden Alpenstrandläufern am 11. März im Seeanger folgten 25 weitere Beobachtungen, wobei 13 Tiere das Maximum darstellten.
Nur flüchtig war die Beobachtung eines Knutts am 10. Mai. Der Vogel überflog den Seeanger, leider ohne Anstalten zu machen, hier eine Rast einzulegen. In Süd-Niedersachsen tritt diese an der Küste sehr häufige Limikole nur alle paar Jahre einmal auf.
Nicht gerade häufig fiel der Temminckstrandläufer in diesem Jahr auf dem Heimzug auf. Fünf Beobachtungen gelangen, wobei am 9. Mai gleich vier Vögel den Seeanger zur Nahrungssuche nutzten.
Je ein Zwergstrandläufer am 9. Mai im Seeanger und am 22. Mai im Leinepolder Salzderhelden beglückte die Beobachter.
Früh dran waren die ersten beiden Zwergmöwen des Frühjahrs am 29. März über den Northeimer Kiesteichen. Bis zum 5. Mai folgten 13 weitere Beobachtungen an unterschiedlichen süd-niedersächsischen Gewässern. Das Maximum wurde am 23. April mit 17 Individuen (14 adulte und drei vorjährige) auf dem Seeburger See erreicht. Schwarzkopfmöwen gelangten zwischen dem 18. März und dem 15. Mai insgesamt 14-mal vor die Optik hiesiger Ornithologen. Herausragend sind dabei die Beobachtungen von acht, die Kiesgrube Reinshof überfliegenden Tieren am 14. April und von ebenso vielen, allesamt immaturen, Möwen am 9. Mai am Freizeitsee.
Zwischen dem 23. März und dem 24. Juni wurden an sechs Tagen insgesamt neun, mehrheitlich adulte, Heringsmöwen gemeldet. Fast alle Beobachtungen betrafen den Großen Freizeitsee bei Northeim, nur die Letzte gelang im Leinepolder.
An unterschiedlichen Gewässern in Göttingen und Northeim wurden im Berichtszeitraum an sieben Tagen ebenso viele Mittelmeermöwen bestimmt.
92 Steppenmöwenbeobachtungen wurden in diesem Frühjahr gemeldet, darunter elf Tiere am 13. März im Polder.
Neun Flussseeschwalbenbegegnungen zwischen dem 11. April und dem 29. Juni mit insgesamt 19 Individuen liegen im niedrigen Normalbereich. Das Maximum von sieben Vögeln am 5. Juni am Großen Freizeitsee ist jedoch bemerkenswert.
Vier Mal wurden einzelne Küstenseeschwalben vermerkt. Bemerkenswert ist die Entdeckung eines vorjährigen Vogels am Seeburger See. In diesem Alter verbringen die Vögel den Sommer fast ausschließlich an der afrikanischen Küste und werden nur sehr selten in Mitteleuropa gesehen.
Fünf Raubseeschwalbenbeobachtungen konnten im Bearbeitungsgebiet notiert werden. Mindestens einmal wurde dabei der Zug eines Vierertrupps vom Göttinger Kiessee entlang der Leine bis zu den Northeimer Kiesteichen dokumentiert. Für die 22 Kilometer weite Strecke benötigten die Tiere 34 Minuten.
Ein sehr seltener Gast ist die Zwergseeschwalbe bei uns. Die letzten Beobachtungen gelangen 2021, 2020, 2013 und 2012. In diesem Jahr hielt sich ein Vogel am 19. Juni bei der Nahrungssuche über dem Großen Freizeitsee auf.
71 Beobachtungen (Doppelzählungen inbegriffen) der Trauerseeschwalbe wurden von unterschiedlichen Gewässern in Südniedersachsen gemeldet. Das Maximum stammt vom 5. Mai mit 22 Tieren aus dem Polder.
Aus regionaler Sicht besonders häufig trat in diesem Frühjahr die Weißbart-Seeschwalbe auf. Am Leinepolder Salzderhelden wurde die Art am 9. Mai (1), 22. Mai (5), 23. Mai (1), 14. Juni und 15. Juni (1, wohl derselbe Vogel) gemeldet. Weiterhin besuchte am 17. Mai eine dieser Sumpfseeschwalbe den Großen Freizeitsee und am 21. Mai flogen zwei über dem Seeburger See.
Seltener trat die Weißflügel-Seeschwalbe in Erscheinung. Drei Vögeln am 5. Mai im Leinepolder Salzderhelden folgte je ein Tier am Großen Freizeitsee (17. Mai) und dem Seeburger See (4. Juni).
Balzende Turteltauben wurden an sechs Orten festgestellt. Auf einer großen Windwurffläche im Solling am Kirchberg wurde gar in drei Revieren geturtelt. Heute schon fast eine sensationelle Nachricht. Auch andere Reviere lagen in verwüsteten Fichtenwäldern. Wer kann, sollte solche Flächen gezielt auf diese vom Aussterben bedrohte Art hin kontrollieren.
Ein Wellensittich am 19. April wirkte am Leinepolder Salzderhelden etwas fehl am Platz.
Das Steinkauz-Revier im Landkreis Northeim war wieder besetzt.
Waldkäuze konnten offensichtlich von der buchenmastinduzierten Mäuseschwemme in süd-niedersächsischen Wäldern profitieren. Mindesten neun Mal wurden bettelnde Jungvögel gemeldet. Dies ist mit Sicherheit nur ein Bruchteil der tatsächlichen Bruten. Allein bei einer mitternächtlichen Tour durch den Deppoldshäuser Wald wurden an fünf Stellen Ästlinge notiert. In anderen Wäldern dürfte das Bild vermutlich ähnlich ausgesehen haben.
Balzende Raufußkäuze wurden nur aus dem Bramwald gemeldet, balzende Sperlingskäuze nur aus dem Solling. Das schwache Auftreten beider Arten trotz eines guten Mäuseangebots lässt sich wohl am ehesten durch eine geringe Beobachtungsintensität erklären. Oder hat etwa die hohe Waldkauzpräsenz etwas damit zu tun…?
Die einzige Sumpfohreule des Heimzuges stattete dem Seeanger am 8. März einen Besuch ab.
Wie der Waldkauz reproduzierte sich auch die Waldohreule in diesem Frühjahr wieder zahlreicher. Nach der Nullnummer im letzten Jahr, konnten nun wieder an sieben Orten bettelnde Eulenküken verhört werden. An elf weiteren Stellen wurden Altvögel, teilweise balzend, beobachtet.
Den Göttinger Uhu hat es möglicherweise Richtung Bovenden verschlagen. Zumindest wurde hier mind. ein nichtflügger Jungvogel gesehen. Beobachtungen balzender Uhus im Bereich der Göttinger Nordstadt oder der Innenstadt blieben dieses Frühjahr aus.
Zuletzt in den Jahren 2020 und 2016 nachgewiesen, stellt die Beobachtung eines Ziegenmelkers am 30. Mai ein besonderes Highlight dar. Der Vogel konnte an den „Wunderteichen“ überfliegend beobachtet werden. Die Seltenheit der Art erklärt sich unter anderem durch die perfekte Tarnung dieses am Tage regungslos verharrenden Nachtvogels. Außerhalb bekannter Brutplätze sind Sichtbeobachtungen daher reine Glückssache.
Der Eisvogel hat sich offensichtlich von seinem Bestandseinbruch im Winter 2021 nach einer anhaltenden Kälteperiode wieder gut erholt. Insgesamt wurden 177-mal Eisvögel in ornitho.de eingegeben.
Vom Bienenfresser gab es sieben Beobachtungen überfliegender Vögel. Die Höchstzahl von 14 Individuen wurde am 15. Mai bei Hollenstedt und fünf Tage später am Flüthewehr erfasst.
Gut in das positive Bild der letzten Jahre fügen sich neun bis zehn Wiedehopfbeobachtungen ein, eine Rekordzahl. Dem ersten am 29. März im Bereich des Northeimer Freizeitsees folgten u.a. bis zum 19. April Vögel in der Feldmark Gö.-Geismar, Reinhausen, Gö.-Grone, Gö.-Nordstadt, in Diemarden und am Diemardener Berg.
Wendehälse waren auch in diesem Jahr wieder recht gut vertreten. Insgesamt wurden für den Berichtszeitraum 96 Beobachtungen gemeldet. Bruten wurden bis Anfang Juli auf dem Kerstlingeröder Feld, der Rhumeaue bei Bilshausen sowie bei Wollbrandshausen und Eberhausen festgestellt. Im ersten Gebiet gab es wohl mindestens drei Reviere. Auch an etlichen anderen Orten wurden singende Vögel bemerkt, jedoch ist hier ein großer Anteil von Durchzüglern mit eingeschlossen.
Vom Pirol liegen 21 Beobachtungen vor. Das traditionelle Revier am Pferdeberg bei Gerblingerode schien wieder besetzt zu sein. An der Geschiebesperre Hollenstedt flötete ein Männchen über Tage bis Ende Mai. Bemerkenswert ist die Beobachtung von zwei oder gar vier Ind. (darunter ein singendes Männchen und wohl ein Weibchen) an einem interessanten Datum, nämlich am 11. Juni in der Lieth bei Lenglern. Aus diesem Gebiet gibt es auch ältere Nachweise.
Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer haben in den vergangenen Jahren die Fichtenplantagen förmlich dezimiert. Nicht nur im Harz, sondern auch in den Wäldern der Region sind große Offenflächen entstanden. Vermutlich stehen wir vor einer Renaissance von Vogelarten, die solche Lebensräume bevorzugen. Ein Beispiel liefert der Neuntöter. Während die alljährliche Zählung auf dem Göttinger Kerstlingeröder Feld 26 revieranzeigende Männchen erbrachte, die einen hohen, erfreulich stabilen Bestand anzeigten, konnten auch abseits ihres Hotspots bemerkenswerte Zahlen ermittelt werden, und zwar auf „Waldschadensflächen“. Im Göttinger Wald waren es 13, im Nörtener Wald 17 und im Langenholtenser Wald zehn Männchen. Und das sind letztlich nur Schlaglichter. Diese erfreuliche Entwicklung verdient es, gründlicher dokumentiert zu werden. Natürlich stehen diese neuen Lebensräume nur temporär zur Verfügung, aber etliche komplett ignorante Waldbesitzer und Forstverwaltungen sind schon eifrig dabei, wieder mit Fichten aufzuforsten. Für das Gedeihen der Neusiedler scheint also auch in Zukunft gesorgt zu sein.
Kann auch der als Brutvogel verschwundene Raubwürger von der neuen Entwicklung profitieren? Bisher sieht es noch nicht danach aus, obwohl aus dem Bramwald (6. April) und aus dem Göttinger Bratental (12. Mai) zwei Beobachtungen vorliegen, die etwas aus dem Rahmen der Wintergäste fallen.
Aus regionaler Sicht hübsch spät dran waren bis zu acht Saatkrähen vom 23. bis 25. April im Göttinger Süden. Das war gleichzeitig auch das Heimzugmaximum.
Eine Beutelmeise (immer derselbe Vogel?) hielt sich vom 2. bis 10. April im Seeanger auf.
Im Bramwald waren mindestens zehn Reviere der Heidelerche besetzt. Der regionale Trend ist eindeutig positiv, den „Waldschadensflächen“ sei Dank. Am Kirchberg im Solling sangen am 28. April zwei Männchen. Die Maximalzahlen vom Heimzug stammen vom Seeanger (45 Ind. am 8. März) und aus der Feldmark Gö.-Elliehausen (20 Ind. am 12. März).
An der Rhume im Bereich der Northeimer Kiesteiche ist auf 100 Meter eine große Kolonie der Uferschwalbe mit ca. 150 Paaren und ca. 200 frischen Röhren entstanden. Am Freizeitsee waren ca. 50 Brutröhren beflogen. In der Rhumeaue bei Lindau konnte an einem kleinen Abbaugewässer eine Kolonie von 15 Paaren dokumentiert werden, an der Sandgrube Meensen waren 22 Nester beflogen. Interessant ist die Beobachtung eines höhlengrabenden Paares an den ehemaligen Tongruben Siekgraben. Im Göttinger Stadtgebiet ist die Art als Brutvogel schon lange verschwunden.
Wegen starker Bestandsrückgänge rangieren zwei andere Schwalbenarten mittlerweile in der Roten Liste Niedersachsens in Kategorie 3 („im Bestand gefährdet“). Einen kleinen Lichtblick liefert die Kolonie der Rauchschwalbe an der Stauanlage des Göttinger Flüthewehrs, die mittlerweile auf zehn Paare angewachsen ist – fernab jeder Großtier-Stallhaltung, dafür in Wassernähe und neuerdings in Nachbarschaft zu einer kleinen Rinderherde.
Renovierungsarbeiten im Vorjahr an der alten Scheune in Bursfelde, wo sich die größte Mehlschwalben-Kolonie der Region befindet, könnten den Brutbestand 2023 beeinträchtigt haben. (Unabsichtlich) zu Bruch gegangene Nester konnten von den Vögeln nicht durch Neubauten kompensiert werden. Gegenüber dem Vorjahr (153 Nester, 130 Bruten) wurden 2023 nur 114 Nester mit 80 Bruten dokumentiert. Die Ursachen für den Rückgang sind letztlich unklar. An der Kolonie beim Gut Wellersen ist die Zahl der Bruten bei gleich bleibender Nesterzahl (41 bzw. 40) von 36 auf 19 geschrumpft. Angaben zur Göttinger Stadtpopulation gibt es im nächsten Sammelbericht.
Im Leinepolder hat es eventuell eine erfolgreiche Brut der Bartmeise gegeben. Im Seeanger hielt sich am 21. März (noch) ein Ind. auf.
Auch der Fitis ist eine Lichtwaldart, die durchaus von den neu entstandenen Offenflächen profitieren könnte. Bis jetzt hält sich das eher in Grenzen. An der Langen Bahn im Bramwald wurden am 28. Mai elf singende Männchen gezählt. Dort war er aber immer schon gut vertreten. Besser sah es am 4. Juni am Kirchberg im Solling mit 13 Sängern aus. Insgesamt sind bei ornitho die Zahlen dieser einstmals häufigen Vogelart erschreckend niedrig. Maximalzahlen wie 30 Ind. am 30. April am Northeimer Freizeitsee oder 20. Ind. am 19. April am Göttinger Kiessee betreffen Vögel, die auf dem Heimzug rasten.
Auf den beim Neuntöter erwähnten „Waldschadensflächen“ sowie am Kirchberg im Solling haben sich die ersten Feldschwirle hörbar gemacht. Ein bemerkenswertes Maximum liegt mit elf Sängern vom 6. Juni aus dem Leinepolder vor.
Im Leinepolder konnten am 4. Mai bei einer gründlichen Erfassung acht singende Rohrschwirle ermittelt werden. Am Seeburger See waren bis zu vier Sänger präsent, am Seeanger bis zu drei, in der Rhumeaue bei Lindau und in der Gillersheimer Bachaue jeweils bis zu zwei. Mit dieser Art scheint es langsam aufwärts zu gehen. Allerdings setzt die enge Bindung an Röhrichtbestände der Expansion Grenzen.
Am Northeimer Freizeitsee sangen bis zu vier Schlagschwirle. Ansonsten bestätigte die Art ihre Hauptverbreitung in der östlichen Hälfte der Region: In der Ellerbachaue zwischen Hilkerode und Brochthausen sowie in der Rhumeaue bei Lindau sangen jeweils zwei Männchen, in der Rhumeaue bei Rüdershausen, im NSG „Gillersheimer Bachtal“ sowie westlich Bilshausen ließen Einzelvögel ihren erregenden Gesang erklingen.
Vom Schilfrohrsänger wurden am 4. Mai im Leinepolder Salzderhelden sechs singende Männchen gezählt. Eine Revierbesetzung liegt faktisch nur vom Seeanger vor. Die anderen Sänger in den bekannten Feuchtgebieten waren augenscheinlich nur kurzzeitig präsent.
Vom Drosselrohrsänger waren an den „Wunderteichen“ bei Höckelheim immerhin sieben Reviere besetzt (elf im Vorjahr). Sehr bemerkenswert sind ebenfalls sieben Reviere am Seeburger See, sicher eine Höchstzahl der letzten Jahrzehnte. Am Denkershäuser Teich und an der Kiesgrube Reinshof bekamen einzelne Sänger den Brutzeitcode B („wahrscheinliches Brüten“) verpasst.
Stare fanden sich Mitte März im Leinepolder mit 4000 bis 6000 Ind. zum Schlafen ein. Ab Anfang Juni bildeten sich bereits die ersten Schlafplätze mit hohem Jungvogelanteil, so im Gillersheimer Bachtal (1. Juni, etwa 300 Vögel), am Seeanger (15. Juni, 3500 Vögel) sowie im traditionellen Haselnussgebüsch am Göttinger Kiessee (25. Juni, 4000 Vögel). Das Maximum der Schlafplatzbelegung ist für den Juli zu erwarten.
Ringdrosseln konnten auf dem Heimzug 22-mal beobachtet werden, sieben davon genauer bestimmt als ssp. torquatus.
Größere Trupps (>100 Ind.) rastender Rotdrosseln auf dem Heimzug wurden im März und April noch gesichtet. Der größte dieser Trupps mit 320 Vögeln war am 17. März durch morgendlichen Nebel zur Rast auf dem Kerstlingeröder Feld gezwungen und blieb gleich einen weiteren Tag. Offenbar waren die frisch gemähten Wiesen eine gute Nahrungsquelle. Reichlich spät dran war die letzte Rotdrossel des Frühlings am 3. Mai im Levinpark.
Trauerschnäpper, insbesondere revieranzeigende Individuen (oder sogar Brutnachweise) sind in der Region von jeher rar. Ein sehr ausdauerndes Männchen besang vom 4. bis zum 27. Mai einen Nistkasten auf dem Klausberg in Göttingen. Über den Grund für sein plötzliches Verschwinden kann nur spekuliert werden, vermutlich hat er sich mangels Partnerin davongemacht. Ob solch ein Vogel die Bewertung „wahrscheinliches Brüten“ verdient ist durchaus spannender Diskussionsstoff. Brutzeitbeobachtungen am 2. Juni in Einbeck (ein Männchen) sowie die eines singenden Männchens am 17. Juni im Solling unterstreichen das magere Vorkommen. Ob es irgendwo noch unentdeckte Kleinpopulationen der anderswo durchaus nicht seltenen Art gibt, ist unklar. Insgesamt sind unsere Wälder zu dicht und zu dunkel für diese Lichtwaldart geworden. Ein unabdingbares Habitatrequisit für brütende Trauerschnäpper sind frei stehende Äste als horizontale Singwarten, die sich in einiger Entfernung zu anderen Bäumen befinden. Die Seltenheit im Göttinger Siedlungsbereich ist, trotz zahlloser Nistkästen, ein Mysterium.
Von zwei singenden Zwergschnäppern kann eigentlich nur der Vogel am 14. Mai bei Delliehausen gezählt werden, sang der andere bei Hann. Münden (17. Mai) doch schon einige Meter weit hinter der Landesgrenze zu Hessen.
Ein männlicher Hybrid Haus- x Gartenrotschwanz konnte in Weende gesichtet werden. Ob es sich dabei um das Männchen oder gar Nachkommen einer lokalen Mischbrut aus dem Jahr 2020 an selber Stelle handelt muss offen bleiben.
Vom Braunkehlchen gibt es Juni-Beobachtungen nur aus dem Leinepolder bei Salzderhelden, wo ein kleines, aber regelmäßiges Brutvorkommen als letztes Gallisches Dorf gegen das gänzliche Verschwinden in Süd-Niedersachsen ankämpft.
Das Schwarzkehlchen setzt seine lokale Ausbreitung langsam aber stetig fort. So wurde eine „Waldschadensfläche“ im Nörtener Wald bei Sudershausen neu besiedelt. Bruten konnten nachgewiesen werden für den Seeanger (mind. ein erfolgreiches Paar), die Feldmark Gö.-Geismar (eins), das Gillersheimer Bachtal (drei), die Feldmark Wollbrandshausen (zwei), zwischen Duderstadt und Ecklingerode (eins), bei Denkershausen (zwei) und im Leinepolder (mind. eins, vermutlich untererfasst) sowie in der Rhumeaue bei Bilshausen (drei). Auf einer „Waldschadensfläche“ am Kirchberg im Solling brüteten Schwarzkehlchen das zweite Jahr in Folge. Es bleibt spannend zu sehen, ob das Schwarzkehlchen mit zunehmender Verkrautung noch frischer Kahlflächen eben diese als Lebensraum erschließen kann.
37 Schafstelzen der nördlichen Unterart thunbergi konnten auf ihrem Durchzug nach Nordeuropa festgestellt werden.
Ein wahrscheinlicher Hybrid aus Bachstelze x Trauerbachstelze konnte am 15. März im Seeanger fotografisch belegt werden.
Vier Brachpieper auf dem Durchzug ließen sich bei Diemarden (19. April), am Northeimer Freizeitsee (23. April), bei Seeburg (27. April) sowie bei Groß Schneen (8. Mai) beobachten.
Wiesenpieper besetzten in zweistelliger Anzahl Reviere im Leinepolder, zwei Reviere waren es in der Feldmark bei Bovenden. Drei gemeldete Brutnachweise im gesamten Leinepolder sind aufgrund der schlechten Zugänglichkeit vermutlich deutlich untererfasst. Von den Vögeln bei Bovenden konnte zumindest für ein Paar ein Brutnachweis erbracht werden. Auch diese Populationen stellen vermutlich die letzten isolierten Inselvorkommen in Süd-Niedersachsen dar.
Obwohl Baumpieper durch ihr akustisches Gebaren im Frühling nicht gerade unauffällig sind, sind besetzte Reviere nur vom Kerstlingeröder Feld (eine Zählung ergab mind. 14), so wie aus dem Nörtener Wald bei Sudershausen (sechs), auf der Schadensfläche Kirchberg im Solling, der Ruhmeaue und aus dem Bramwald (alle ohne verlässliche Zahlen) einwandfrei nachgewiesen. Immerhin konnten für alle Gebiete außer dem Nörtener Wald auch Brutnachweise erbracht werden. Auch für diese Lichtwaldart scheint sich abzuzeichnen, dass die so genannten „Waldschadensflächen“ eine wirkliche Bereicherung ihres Lebensraums darstellen.
Sieben Bergpieper rasteten an der Geschiebesperre (ein Ind. am 12. März), im Leinepolder (zwei am 12. März) und am Seeanger (einer am 10. April, drei weitere am 18. April).
Nur zehn Beobachtungen des Birkenzeisigs ohne nachgewiesene Revierbesetzung stellen einen neuen Negativrekord für diese Art in Süd-Niedersachsen dar. Es kann daher vermutet werden, dass das regionale Brutvorkommen nahezu erloschen ist.
Die Bestandstrends für den Girlitz sind überregional betrachtet leicht zunehmend. Und auch in der Region entstand in diesem Jahr bei vielen Beobachtern der Eindruck, dass es etwas mehr Beobachtungen des kleinsten aller europäischen Finken gibt als in vorangegangenen Jahren. Tatsächlich wurden in diesem Frühjahr mehr Girlitze bei ornitho.de gemeldet als noch 2022 (Abb. 17). Über die Jahre 2016-2023 ist auch ein positiver Trend der Anzahl der Beobachtungen für die Region zu beobachten. Ob dies durch erhöhte Aufmerksamkeit der Beobachter oder eine tatsächliche Zunahme des lokalen Girlitzbestandes zurückzuführen ist, muss an anderer Stelle geklärt werden.
Inzwischen regelmäßig statten im Frühjahr (noch) nicht hier wieder heimische Grauammern der Region Stippvisiten ab. Im März und April waren es fünf Vögel, einer nördl. von Duderstadt (11. März), einer in der Feldmark westl. von Bovenden (27. März), zwei in der Feldmark Wollbrandshausen (8. April) sowie ein Einzelvogel überfliegend zwischen Rosdorf und Siekanger (28. April).
Der Ortolan machte sich so rar, wie er nun mal bei uns ist: Am 29. April flog einer über Gö.-Nikolausberg und am 6. Mai rastete einer auf einer Brachfläche am Northeimer Freizeitsee.
Damit schließt der Bericht, der fast ausschließlich auf beachtlichen 50.099 Datensätzen auf unserer Plattform ornitho.de basiert. Die Verfasser danken allen Melderinnen und Meldern in dreistelliger Zahl.
Christian Dienemann, Hans H. Dörrie und Ole Henning