Wer in den kommenden Wochen in Göttingen Menschen mit Fernglas um sein Wohnhaus schleichen sieht, sollte nicht beunruhigt sein: Göttinger Vogelkundlerinnen und Vogelkundler beginnen ab Anfang März mit der wissenschaftlichen Erfassung der Brutvögel des Göttinger Kernstadtgebiets. Es handelt sich dabei um ein ehrgeiziges Projekt, dass alle Beteiligten ehrenamtlich und in ihrer Freizeit stemmen. Die Stadtvogelkartierung wird vermutlich zwei Jahre dauern und im Juni 2025 abgeschlossen sein.
Das Untersuchungsgebiet wurde dafür in vierzehn Teilflächen unterteilt, für die jeweils kleine Teams oder Einzelpersonen zuständig sind. Kartiert wird immer in den Morgenstunden. Dabei werden nach Möglichkeit alle beobachteten Vögel aufgenommen und notiert, insbesondere dann, wenn sie durch ihren Gesang Anlass zur Vermutung geben, dass sie ein Revier besetzt haben. Zwischen März und Juni finden auf jeder Fläche sechs solcher Erfassungsexkursionen statt. Nach dem Kartierzeitraum werden die umfangreichen Daten digital zusammengeführt und für jede Art gesondert ausgewertet. In der Regel lassen sich dann in der Gesamtschau räumliche Häufungen erkennen, die als besetzte Reviere gewertet und damit Hinweise auf den Bestand geben werden.
Bei der Erfassung geht es nicht nur um den Status Quo. Weil für das Untersuchungsgebiet bereits Daten zu den Brutvögeln seit 1948 vorliegen, erhofft sich der Arbeitskreis ebenso Erkenntnisse zu Bestandsentwicklungen: In den letzten Jahrzehnten haben typische Waldvögel auch im Siedlungsbereich stark zugenommen – hält dieser Trend an? Wie verkraftet der Mauersegler – ein Göttinger Charaktervogel der Sommermonate – die energetische Sanierung der Dachstühle, die ihm als Brutplatz dienen? Welche Arten sind neu hinzugekommen, welche brüten nicht mehr im Untersuchungsgebiet?
Über die Ergebnisse der Stadtvogelkartierung wird an dieser Stelle informiert werden. Wer so lange nicht warten mag, kann sich sehr gerne auf unseren Seiten über die Erfassungen aus den Jahren 1948, 1965 und 2005/2006 informieren.