Neue Vogelarten für Süd-Niedersachsen

Mit dem Ende der Deutschen Seltenheitenkommission (DSK) und der Übergabe ihrer Arbeit an die Deutsche Avifaunistische Kommission (DAK) unter dem Schirm des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) ist eine Ära zu Ende gegangen. Im letzten Jahr erschien nun der letzte Seltenheitenbericht der DSK (DSK 2010), der die anerkannten Nachweise seltener Vogelarten des Jahres 2009 und Nachträge der Jahre 2001 bis 2008 enthält. Dies soll zum Anlass genommen werden, eine Ergänzung der regionalen Artenliste vorzunehmen, die auch anerkannte Nachweise der Jahre 2001 bis 2005 (DSK 2008) und 2006 bis 2008 (DSK 2009) enthält. Nachzutragen sind:

Gänsegeier (Gyps fulvus): 30.06.2006 1 Ind., 12.07.2006 2 Ind., über Hollenstedt kreisend (Frau Rannenberg, Dieter Rehahn in DSK 2009).

Diese Beobachtungen wurden nicht in den avifaunistischen Jahresbericht 2006 des Arbeitskreises Göttinger Ornithologen aufgenommen. Sie fehlt auch in der Auflistung von Krüger & Krüger (2007).

Steinadler (Aquila chrysaetos): 23.10.2003 1 Ind. im 1. KJ bei Hevensen ziehend (C. Bock, A. Degen, A. Schönheim in DSK 2008).

Diese Beobachtung findet sich nicht im betreffenden Jahresbericht 2003 des AGO, wohl aber anekdotisch in der Begrüßungsrede zum 10-jährigen Bestehen des AGO.

Schwalbenmöwe (Xema sabini): 09.09.2008 1 diesjähriges Ind. am Seeburger See (T. Meineke in DSK 2009). Diesem Vogel folgte erstaunlicherweise im Folgejahr, am 17.08.2009, ein zweiter, diesmal ein Altvogel (T. Meineke, K. Menge in DSK 2010).

Aztekenmöwe (Larus atricilla): 18.05. 2007 1 ad. Ind. am Seeburger See (T. Meineke, K. Menge in DSK 2009).

Mit zwei Nachweisen eines im Binnenland sehr seltenen Gastes aus der arktischen Tundra und einer mitteleuropäischen Ausnahmeerscheinung nordamerikanischer Provenienz konnte das trübe Auge des Eichsfelds erneut seinen legendären Ruf als Hort von Überraschungen zementieren, diesmal die Möwen betreffend.

Rosenstar (Sturnus roseus): 05.06.2001 1 ad. Ind. im Leinepolder Salzderhelden (P.H. Barthel in DSK 2010).

Vier Erstnachweise aus den letzten beiden Jahren harren noch der Anerkennung:

Der erste betrifft einen am 03.05.2010 nur kurzzeitig über dem Leinepolder jagenden Alpensegler.

Der zweite einen umtriebigen Sichler mit Farbringmarkierung (V02) aus dem Ebro-Delta, der sich vom 10.04.-11.04.2011 im Seeanger aufhielt und dann seinen Weg über die Große Grabenniederung in Brandenburg in litauische Gefilde fortsetzte. Bald kehrte er Nordosteuropa wieder den Rücken und bewegte sich zielstrebig auf einem entgegengesetzten Kurs. Letztmalig wurde er im September in den Niederlanden abgelesen.

Ein Weißschwanzkiebitz besuchte vom 13.-22.06.2011 für einige Tage die Geschiebesperre. Mit Sicherheit derselbe Vogel geriet wenig später für zwei Wochen im Juli an einer Kiesgrube bei Köthen in Sachsen-Anhalt ins Blickfeld. Möglicherweise ebenfalls derselbe war im September des Vorjahres an der französischen Kanalküste zu sehen (Barthel 2011). Sein individuelles Merkmal, ein fehlender Fuß, sorgte für Diskussionen über die Herkunft des Vogels. Allemal mobil und durch seinen Makel nicht eingeschränkt war er ja offensichtlich…

Den dritten Erstnachweis des Jahres stellte ein am 31.10.2011 an der Südseite des Göttinger Kiessees rastendes Pallasschwarzkehlchen im 1. KJ dar.

Zumindest bei Sichler, Weißschwanzkiebitz und Pallasschwarzkehlchen stehen die Chancen auf eine Anerkennung durch die DAK nicht schlecht, da diese fotografisch eindeutig belegt sind.

Der Vollständigkeit halber seien auch noch die zweiten regionalen Nachweise von Grasläufer (2009, DSK 2010) und Eistaucher (2010, Anerkennung durch AKN muss noch erfolgen) angemerkt. Weiterhin avanciert die Spornammer nach dem Einflug im September/Oktober 2010 (drei Nachweise) und einem Nachweis im Frühjahr 2011 von der Ausnahmeerscheinung zum seltenen Gastvogel – für Kategoriefetischisten sicher eine hochinteressante Sache…

Die aktualisierte Artenliste kann nun hier heruntergeladen werden. Zur Freude des Einen oder Anderen folgt diese nun Barthel & Helbig (2005). Dementsprechend verlängert sich die Zahl der nachgewiesenen Vogelarten nicht nur um die ergänzten Erstnachweise, sondern auch um bisher unberücksichtigte Splits (z.B Schafstelzen-Taxa etc.) auf 322 Arten.

Christoph Grüneberg

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… und auf sie müssen wir wohl noch lange warten. Foto: V. Hesse.

Literatur

  • Deutsche Seltenheitenkommission (2008): Seltene Vogelarten in Deutschland von 2001 – 2005. Limicola 22, S. 249-339.
  • Deutsche Seltenheitenkommission (2009): Seltene Vogelarten in Deutschland von 2006 – 2008. Limicola 23, S. 257-334.
  • Deutsche Seltenheitenkommission (2010): Seltene Vogelarten in Deutschland 2009 (mit Nachträgen 2001 – 2008). Limicola 24, S. 233-286.
  • Barthel, P.H. & A.J. Helbig (2005): Artenliste der Vögel Deutschlands. Limicola 19, S. 89-111.
  • Barthel, P.H. (2011): Bemerkenswerte Vogelfotos. Limicola 25 , S. 166-168.
  • Krüger, T. & J.-A. Krüger (2007): Einflug von Gänsegeiern Gyps fulvus in Deutschland 2006: Vorkommen, mögliche Ursachen und naturschutzfachliche Konsequenzen. Limicola 21, S. 185-217.