Späte Brutzeit und Wegzug 2021 – auf weiter Strecke durchschnittlich

Einem ungewöhnlich kalten Frühjahr folgte in Deutschland ein überdurchschnittlich warmer Sommer, der seine Spitzenwerte von 36,6 °C bereits Mitte Juni in Berlin-Tempelhof erreichte. Am 18. Juni maß die Wetterstation Göttingen eine für unsere Region außergewöhnliche und schweißtreibende Tageshöchsttemperatur von 34 °C. Im Berichtszeitraum (Juli bis November) ließ es sich dann bei 23 bis 28 °C im Juli zunächst aushalten, einzelne Tage mit Temperaturen um die 20 °C brachten neben Abkühlung aber vor allem Wasser. Bundesweit war das Wetter im Sommer von überdurchschnittlichem Regenreichtum (310 l/m²) gekennzeichnet, was einem 30 % höheren Niederschlag als im Durchschnitt der Referenzperiode (1961-1990) entspricht. Besonders das Tief „Bernd” brachte im Juli punktuell extreme Regenfälle mit sich, wodurch es insbesondere in Südwestdeutschland zu Flutkatastrophen kam. Längere Phasen ohne Niederschlag gab es folglich, zumindest im mittleren Deutschland, nicht, was in Kombination mit 615 Sonnenstunden (der Durchschnitt der Referenzperiode wurde nahezu exakt getroffen!) ein üppiges Wachstum der Vegetation in Feld und Flur ermöglichte. Wenngleich Juli und August überdurchschnittlich warm waren, so ließen doch bereits im späteren August kalte Nächte von bis zu 5°C in der Region herbstähnliche Verhältnisse aufkommen. So richtig wollte der Herbst aber zunächst nicht kommen, in den folgenden Wochen blieb es sehr mild und erste Nachtfröste setzten erst in der zweiten Oktoberdekade ein. Mit gemächlich sinkenden Temperaturen folgten im November weitere Nächte unter dem Gefrierpunkt, die Gewässer blieben aber allesamt eisfrei (DWD 2021, Wetteronline 2021).

Brutzeitpunkt und -erfolg vieler Vogelarten dürften in erster Linie durch die widrigen Verhältnisse im Frühjahr (negativ) beeinflusst worden sein. Spät brütende Arten sollten (zumindest klimatisch) weitgehend gute Brutbedingungen vorgefunden haben. Auch einem erfolgreichen Wegzug unserer gefiederten Freunde stand diesbezüglich eigentlich nichts im Wege: Die zahlreichen Vogelbeobachtungen im Berichtszeitraum lassen zumindest keine größeren Auffälligkeiten erkennen, aber urteilen Sie selbst…

Eine weitere, im vorigen Bericht noch nicht genannte Brut des Höckerschwans fand sich im Leinepolder Salzderhelden, allerdings mit nur einem Jungvogel. Dadurch ergaben sich in diesem Jahr sechs vermutlich erfolgreiche Bruten im Berichtsgebiet. Herbstliche Ansammlungen nennenswerter Größenordnung gab es mit maximal 35 Individuen (Ind.) am 1. September im letztgenannten Gebiet sowie im Umfeld des Seeangers, wo sich über die vergangenen Wochen ein erster Winterbestand von bis zu 32 Ind. ansammelte.

Abb. 1: Familienidylle bei den Höckerschwänen im Levinschen Park. Foto: M. Siebner

Zwei ihrer schwarz gekleideten, normalerweise in Australien beheimateten Verwandten halten sich seit November am Seeburger See auf. Das Schwarzschwanpaar gehört einem lokalen Geflügelhalter. Ob dieser Umstand mit der neuen, seit dem 4.8.2021 geltenden NSG-Verordnung vereinbar ist? Etwaige Auswirkungen auf das Ökosystem, beispielsweise auf den Winterbestand des Kormorans (Schwarzschwäne dienten in der Vergangenheit dem Versuch, Kormorane zu vergrämen und von Gewässern fernzuhalten), sollten unbedingt dokumentiert und mit den zuständigen Behörden kommuniziert werden.

Von Göttingens derzeitigem (inoffiziellen) Maskottchen „Candy” gibt es nichts Neues. Die Zwergkanadagansdame kehrte im Juli an ihren Lieblingsort am Kiessee zurück, nachdem sie zuvor im Kreishaus einer Stockente bei der Aufzucht der Jungvögel tatkräftig zur Seite gestanden hatte.

Die vier Akteure des zweiten regionalen Brutnachweises der Kanadagans blieben noch bis in den August am Seeanger und Lutteranger. Weitere Meldungen stammen vom Göttinger Levinpark (3 Ind.; 25. August), der Geschiebesperre Hollenstedt/Northeimer Kiesteiche (1 Ind.; 23.-29. September), aus Hann. Münden (4 Ind.; 9. Oktober) sowie vom Göttinger Flüthewehr (1 Ind.; 28. November).

Aufgrund eines blauen Züchterrings kein Wildvogel: Eine Weißwangengans, die den gesamten Berichtszeitraum über regelmäßig am südlichen Göttinger Stadtrand die Gesellschaft von Graugänsen suchte. Meldungen am Wendebachstausee betreffen denselben Vogel. Das gilt vermutlich ebenfalls für vier weitere Oktoberbeobachtungen vom Seeanger und der Geschiebesperre Hollenstedt.

Erste Tundrasaatgänse und Blässgänse traten zwar pünktlich um den 21. September auf den Plan, erreichten am traditionellen Schlafplatz an der Geschiebesperre Hollenstedt aber nur magere Zahlen im niedrigen dreistelligen Bereich. Möglicherweise ist hierfür das Schrot an der Schutzgebietsgrenze verantwortlich. Größerer Durchzug erfolgte am 22. November mit mehr als 2.000 Saatgänsen über der Northeimer Seenplatte und ist auf Kälteflüchter östlicher Provenienzen zurückzuführen.

Farblich am Hals markierte Graugänse fanden sich an der Geschiebesperre Hollenstedt (gelb “D535”: 13.07., 23.08., 25.09.; gelb “0555”: 13.08.; rot “29”: 13.08., 25.09.; blau “2BN” beringt am 29.06.2020 in Kalajoki, Finnland: 20.10.), am Seeanger (gelb “D535”, s.o.: 21.11.) sowie in der Feldmark südlich Göttingen (weißer GPS-Tracker: 22.09. bis 06.11.; “YD534” und “YD535”, jung beringt am 11.06.2020 am Schillerteich in Wolfsburg: 09.10., YD535 nochmals am 24.10.; “B2BH”, beringt am 02.07.2019 in Kustavi, Turku Ja Pori, Finnland: 21.11. – zuletzt abgelesen zwei Wochen zuvor am 08.11.2021 in Dalewo, Leszno, Polen). Im Oktober erreichten die Bestände in den traditionellen Überwinterungsgebieten bis zu 1.500 (Geschiebesperre) bzw. 600 (Seeanger/Seeburger See) Individuen, halbierten sich allerdings in den Folgewochen. Es ist anzunehmen, dass die bei beiden Gebieten dokumentierte Bejagung von Gänsen maßgeblich zur Reduktion der Winterbestände geführt hat. Die massive Präsenz von bis zu sechs „Jagdausübungsberechtigten“ im Seeanger, die im August und September mehrfach festgestellt wurde, könnte den Zielen des Natur- und Vogelschutzgebiets kaum stärker entgegenwirken.

Drei Nachkommen der Kombination Weißwangen- x Graugans rasteten am 22. August und 22. September an derselben Stelle in der Feldmark Reinshof.

Zu den im Vorbericht aufgeführten Bruten der Nilgans kamen folgende weitere Brutnachweise hinzu: Seeanger (erst 7, später nur noch 3 JV), Leinepolder Salzderhelden (5 JV), Leinewehr bei Salzderhelden (3 JV), Weser bei Hemeln (4 JV), Northeimer Seenplatte/Freizeitsee (6 JV), Wendebachstausee (2 Paare, 3 und 2 JV), Göttinger Kiessee (4 JV). Fazit: in diesem Jahr brachten es 20 Paare zu einem Schlupferfolg, wobei die Anzahl an Jungvögeln offenbar eher gering ausfiel. Größere nachbrutzeitliche Rastbestände gab es nur an der Geschiebesperre Hollenstedt, wo am 24. Oktober 250 Nilgänse die Lokalität zur Rast nutzten.

Vom 4. bis 7. Juli mischte sich ein Rostganspärchenunter die Wasservögel am südlichen Göttinger Stadtrand. Erst am 10. Oktober flog ebenda erneut ein Duo überhin, machte es sich dann aber für den Rest des Tages im Seeanger gemütlich. Eine weitere Beobachtung am 31. Oktober ebendort betrifft vielleicht dieselben Vögel.

Sehr überschaubar gestaltete sich der Wegzug der Brandgans, der am 22. August sein Ende fand. Das Maximum erbrachte ein Trupp von 12 Tieren am Seeburger See (13. August), darüber hinaus konnten nur vereinzelt Zahlen im niedrigen einstelligen Bereich dokumentiert werden.

Ein schmuckes Brautentenweibchen besuchte am 7. Oktober den Göttinger Kiessee. Der Dame gefiel es dort aber offenbar nicht, denn sie flog nach wenigen Sekunden wieder weg. Der Teich des Neuen Botanischen Gartens schien ihr mehr zuzusagen, denn hier schwamm sie am Folgetag und präsentierte dabei auch ihren Züchterring.

Abb. 2: Brautente im Experimentellen Botanischen Garten. Foto: J. A. Demmer

Sechs Beobachtungen der Mandarinente stammen allesamt vom Seeburger See und betreffen mindestens zwei verschiedene Vögel.

Erfreuliches gibt es von der Schnatterente zu berichten. Nach einem Aussetzer (2020) kam es in diesem Jahr erneut zu einer Brut im Seeanger. Die Familiensituation gestaltete sich etwas unübersichtlich, aber die neun Jungvögel stammten allem Anschein nach sogar von zwei Weibchen (5 und 4 JV), womit nun fünf rezente Brutnachweise für den Landkreis Göttingen vorliegen. Auch im Leinepolder Salzderhelden, wo die Art schon lange brütet, wurden mindestens zwei Brutnachweise mit insgesamt 14 Jungen festgestellt – sicher nur ein Bruchteil des tatsächlichen Bestands. Alles in allem dennoch ein recht erfreuliches Ergebnis, das einen landesweit positiven Bestandstrend unterstreicht.

Ab dem 17. August beschränkte sich der Zu- und Durchzug der Pfeifente in gewohnter Weise auf wenige Beobachtungen weniger Vögel. Der traditionelle (für das tiefe Binnenland recht außergewöhnliche) Winterbestand an der Rhume in Northeim wies mit 65 Vögeln eine bislang eher unterdurchschnittlich gute Bestückung auf.

200 Krickenten im Leinepolder Salzderhelden (31. August) markieren ein passables Durchzugsmaximum dieser Art, bei der Stockente wurde es erst Mitte November mit Höchstzahlen von 285 Ind. (Seeburger See), 176 Ind. (Kiesgrube Reinshof) und 164 Ind. (Northeimer Kiesteiche) erreicht.

Die weiteren Anatiden Knäk-, Löffel– und Spießente wurden im üblichen Umfang mit vorrangig einstelligen Ansammlungen angetroffen. Wenige Ausnahmen gab es bei der Löffelente mit bis zu 65 Ind. am Seeburger See (6. November).

Je eine Kolbenente legte am 10. September und 4. Oktober eine Rast am Großen Freizeitsee ein.

Zweistellige Rastbestände von Tafelenten gab es erst im November mit jeweils 22 Ind. an den Northeimer Kiesteichen und am Seeburger See.

Ein erster Winterbestand der Reiherente fand sich schon etwas früher ab dem 22. Oktober mit 110 Ind. an den Northeimer Kiesteichen ein, wuchs seitdem aber nur unwesentlich. Für die Brutvögel sah es ähnlich mager aus: In diesem Jahr erfolgten nur Brutnachweise an der Leine beim Flüthewehr (1 JV), am Wendebachstausee (1 JV) sowie am Böllestau bei Hollenstedt (5 und 6 JV).

Die einzige Bergente des Berichtszeitraums ist ein junges Männchen, das seit dem 21. November auf dem Seeburger See anzutreffen ist.

Abb. 3: Junge männliche Bergente auf dem Seeburger See. Foto: M. Göpfert

Genau zwei Wochen blieb eine weibchenfarbene Trauerente, die am 7. November die Northeimer Kiesteiche ansteuerte.

Abgesehen von zwei Vögeln am Göttinger Kiessee und an der Kiesgrube Reinshof kam es wie im Vorjahr erst im November zu Beobachtungen von Schellenten, die allesamt einstellig blieben.

Ausgesprochen rar macht sich bislang der Zwergsäger, von dem nur ein einziger (weibchenfarbener) Vogel seit dem 22. November am Seeburger See vor die Optik geriet. Wenig anders beim Gänsesäger, auch hier verblieben fast alle Meldungen im einstelligen Bereich. Erst ab Mitte November stieg die Zahl am Seeburger See auf 23 Ind., was angesichts kleinerer Wintereinbrüche in Nordostdeutschland immer noch sehr dürftig ist.

Nachweise von Wachteln erfolgten in diesem Jahr wie gewohnt nahezu ausschließlich akustisch und betreffen 58 Tiere, davon einige während der Nacht durchziehend. Erfreulich viele Revierbesetzungen gab es in der Rhumeaue zwischen Katlenburg und Gieboldehausen, wo zeitweise bis zu zehn männliche Wachteln ihre Brutbereitschaft signalisierten. Auch in der Feldmark Geismar-Süd (1), bei Rittmarshausen (1) und im Leinepolder Salzderhelden (3) wurden Reviere besetzt.

Einziger Jagdfasan blieb ein Weibchen am Ortsrand von Hullersen, das auf eine kürzliche Aussetzung zurückgeht.

Am Lakenteich im Solling machten zwei von drei Zwergtaucherpaaren Ernst und brachten vier Jungvögel zum Schlüpfen. In der Kiesgrube Ballertasche und am Klusteich bei Scheden brachte es jeweils ein Pärchen auf je zwei Jungvögel.

Abb. 4: Junger Zwergtaucher am Flüthewehr. Foto: M. Siebner

Haubentaucherbruten ergaben sich an den Northeimer Kiesteichen (3 Paare, 0 + 2 + 2 JV), an den „Wunderteichen“ bei Höckelheim (1 Paar, 0 JV), an der Kiesgrube Angerstein (1 Paar, 2 JV), am Göttinger Kiessee (1 Paar, 3 JV, später 1), an der Kiesgrube Reinshof (2 Paare, 0 JV) und am Seeburger See (15 Paare, 19 JV). Weitere balzende Paare fanden sich an den Tongruben Ascherberg und am Großen Freizeitsee, zu Brutversuchen kam es dort aber offenbar nicht.

Sieben Schwarzhalstaucher markierten bereits im Juli den Höhepunkt des in der Region üblicherweise kaum bemerkbaren Wegzugs, ihnen folgten vier Beobachtungen von Einzelvögeln sowie zwei von einem Duo am Seeburger See Ende September. Erst am 24. November zeigte sich an der Northeimer Seenplatte wieder ein Einzelgänger – alles wie immer.

Zu einem diesjährigen Sterntaucher, der seit dem 12. November am Großen Freizeitsee rastete, gesellte sich drei Tage später ein zweiter Jungvogel. Beide Vögel blieben noch bis zum Ende des Berichtszeitraums.

Altbekannt ist inzwischen ein Kormoran mit blauem Farbring “2R8”, der am 15.06.2017 auf der Insel Heuwiese (Vorpommern-Rügen) beringt wurde und seither die Winter am Seeburger See verbringt. Abgelesen wurde er dort am 6. und 13. November. Ein weiterer farblich markierter Vogel (blau “4V5”), der am 13. Juli an der Geschiebesperre Hollenstedt saß, stammt ebenfalls aus Mecklenburg-Vorpommern.

Zweifellos als Höhepunkt des Sommers bleibt ein Einflug der in Südosteuropa beheimateten Zwergscharbe in Erinnerung, der jedoch zunächst nur das südöstliche Deutschland betraf. Der von M. Göpfert erbrachte Erstnachweis in der Region ließ dennoch nicht lange auf sich warten und erfolgte am 12. August kurz und knackig mit gleich zehn der niedlichen Vögel im Seeanger. Näheres zu diesem spektakulären Nachweis lässt sich hier nachlesen.

Abb. 5: Zwergscharben rasten im Seeanger. Foto: M. Göpfert

Von vier Rohrdommeln äußerten sich zwei während des nächtlichen Durchzugs: eine am 16. Oktober im Leinepolder Salzderhelden und eine am 15. November über der Göttinger Innenstadt. Einen Tag zuvor zeigte sich einer der heimlichen Vögel an der Schilfkante des Denkershäuser Teichs und wurde dort auch Ende November erneut beobachtet. Die Überwinterung in diesem Gebiet scheint angestrebt zu werden.

Nach mindestens fünfwöchiger Anwesenheit des im Vorbericht erwähnten Nachtreihers im Göttinger Süden wurde der vorjährige Vogel am 12. Juli zuletzt am Kiessee beobachtet. Ein zweiter, diesmal diesjähriger Vogel, wurde am 25. Juli optisch und am 28. Juli akustisch im Seeanger nachgewiesen.

Die Äcker am Hang des Edesheimer Bergs boten offenbar, wie in den Vorjahren, Silberreihern Nahrung in Hülle und Fülle. Hier versammelten sich bis zu 40 Ind. (2. Oktober) auf den mit Zwischenfrüchten bestellten Schlägen. Mit bis zu 54 Ind. (22. November) war der Seeburger See ebenfalls weiß garniert.

Ihre grauen Vettern bevorzugten den Seeanger, wo sich am 16. September immerhin 29 Vögel versammelten. Bis zu 17 Graureiher suchten ebenfalls auf den zuvor genannten Äckern am Edesheimer Berg (17. September) nach Nahrung, wohingegen der Leinepolder Salzderhelden der Art nach dem 5. Juli (35 Ind.), möglicherweise aufgrund schwindender Feuchtigkeit, weniger zusagte.

Das Brutjahr 2021 war für die regionale Schwarzstorchpopulation ein mageres, mit kleinen Lichtblicken. Bei dem bekannten Brutpaar im Bramwald blieb erstmals nach mindestens fünf Jahren mit erfolgreichen Bruten das Nest unbesetzt, die Gründe sind unklar. An anderer Stelle des Waldes gab es wahrscheinlich einen (gescheiterten) Brutversuch. Brutzeitbeobachtungen aus dem Kaufunger Wald lassen zumindest ein wenig für die Zukunft hoffen… Etwas erfreulicher sah es im östlichen Teil des Landkreises aus. Im Reinhäuser Wald hat sich in diesem Jahr ein zweites Paar angesiedelt, dem ältesten Brutpaar Niedersachsens machte das offenbar nichts aus, denn es brütete wie gewohnt erfolgreich. Von fünf weiteren Brutpaaren im niedersächsischen Teil des Harzes waren vier erfolgreich und brachten elf Jungvögel zum Ausfliegen. Der letzte Schwarzstorch verließ unsere Gefilde am 30. September gen Süden.

Und der Weißstorch? Mit 35 besetzten Nestern und 46 flüggen Jungvögeln (von 19 erfolgreichen Paaren) allein im Landkreis Northeim hält der positive Bestandstrend weiter an. Zum Vergleich: 2018 waren es dort 13 Brutpaare, die 26 Junge großzogen. Artenschützerisch motivierte Unterstützungsmaßnahmen, wie beispielsweise das Anbringen von Nistplattformen, werden bei dieser Art schlichtweg nicht mehr benötigt. Viele andere Arten hätten eine Aufmerksamkeit, wie sie dem Weißstorch zuteil wird, dagegen viel eher nötig (siehe Turteltaube). Unter mehreren beringten Vögeln im Seeanger war am 18. und 23. Oktober auch ein Gast aus Polen (grün “T9154”, beringt 25.08.2021 ca. 40 km östlich von Stettin/Szczecin).

Ein letzter Fischadler zeigte sich am 10. Oktober am Seeburger See, bereits drei Wochen zuvor hatte sich der letzte Wespenbussard verabschiedet. Hinweise auf mögliche Bruten der letztgenannten Art gab es aus der Ahlsburg, dem Göttinger und Reinhäuser Wald und vom Pferdeberg bei Duderstadt.

Singulär verblieb die Beobachtung eines Steppenweihenweibchens, das am 19. September den Diemardener Berg Richtung Süden überflog und sich dort kurz nach Fressbarem umsah.

Abb. 6: Steppenweihe am Diemardener Berg. Foto: M. Georg

Fast genauso selten war die Wiesenweihe in der Region vertreten, einem vorjährigen Weibchen am Wüsten Berg (18. August) folgte am 11. September ein Jungvogel bei Scheden.

Zwei Wochen später zogen dann die ersten Kornweihen durch; insgesamt gab es seitdem 15 Beobachtungen von insgesamt 19 Individuen.

Bruthinweise der Rohrweihe gab es in der Rhumeaue bei Lindau und im Leinepolder Salzderhelden, ein Erfolg wäre zumindest im Leinepolder den regelmäßig dort beobachtenden Leuten aufgefallen. Als reichlich verbummelt lässt sich ein Vogel bezeichnen, der am 22. November an der Geschiebesperre Hollenstedt nach Südwest flog – genau wie im Vorjahr!

Ebenfalls spät dran war ein Schwarzmilan, der sich am 14. Oktober in der Gesellschaft seiner roten Verwandten aufhielt.

Kopfstarken Durchzug von Rotmilanen gab es beispielsweise (trotz stürmischen Verhältnissen) am 23. September mit mehr als 80 Ind. bei Bischhausen sowie am 22. November mit 147 Ind. allein im Bereich der Northeimer Seenplatte!

Drei Sichtungen eines immaturen Seeadlers im Seeanger gehen vermutlich auf denselben Vogel zurück, der sich vom 14. bis 23. August dort herumtrieb. Ein weiterer Jungvogel flog am 13. November am Großen Freizeitsee vorüber.

Nur ein einziger Merlin geriet ins Blickfeld, der Vogel zog am 30. September über Göttingens Forstbotanischen Garten nach Südwest.

Ebenfalls allein unterwegs war ein diesjähriger Rotfußfalke, der am 2. September im Leinepolder Salzderhelden gesehen wurde.

Der Durchzug von Kranichen beschränkte sich weitgehend auf wenige Tage und erreichte alles in allem gut dreimal so hohe Zahlen wie normalerweise. Die Masse zog dabei offenbar am 9. Oktober (>4.100 Ind.), während der letzten Oktobertage (>3.600 Ind.) und schließlich am 22. November (>16.000 Ind.!) durch. Selbst unter Berücksichtigung von Uhrzeiten und Zugrichtungen ist die Auswertung solch großer und unübersichtlicher Datenmengen bestenfalls als dürftig zu bewerten…

Vier Tüpfelsumpfhuhnbeobachtungen im Leinepolder Salzderhelden betreffen vermutlich die örtlichen Brutvögel, bei einem Vogel im Seeanger (8. August) handelte es sich um einen rastenden Durchzügler.

Kurz war die Verweildauer zweier Stelzenläufer, die am 13. Oktober den Leinepolder Salzderhelden besuchten.

Ebenfalls nur singulär wurde der Goldregenpfeifer beobachtet, als ein Vogel am 23. November den Seeburger See überflog.

Dreistellige Kiebitzansammlungen, noch vor wenigen Jahrzehnten ein alltägliches Bild, gab es nur vereinzelt im Seeanger (110 Ind. am 18. Juli; 250 Ind. am 17. September), im Leinepolder (160 Ind. am 18. Juli) und in der Feldmark nordöstlich von Ebergötzen, wo am 24. Oktober 270 Ind. rasteten.

Keine weiteren Bruten des Flussregenpfeifers wurden bekannt. Der Wegzug verlief wie üblich unauffällig und war am 3. September abgeschlossen.

Abb. 7: Auf Seerosen balancierender Flussregenpfeifer. Foto: M. Göpfert

Elf Einträge von Sandregenpfeifern zwischen dem 13. August und 13. September verteilen sich auf mindestens zwölf Vögel: neben bis zu zehn Individuen im Leinepolder Salzderhelden nutzten zwei Jungvögel die Uferbereiche der Kiesgrube Reinshof für einen viertägigen Zwischenstopp.

Der 23. August blieb der einzige Tag mit Mornellregenpfeifern, die sich am Abend zu dritt in den Ackerfurchen des Wüsten Bergs ungesehen glaubten.

Ein erster Regenbrachvogel trat kichernd am 2. Juli in der Feldmark bei Bischhausen auf den Plan, vier Tage später zeigte sich ein Vogel im Leinepolder Salzderhelden. Ihm folgten drei Beobachtungen einzelner Vögel vom Seeanger/Seeburger See. Den Abschluss machte ein nächtlicher Durchzügler über Nikolausberg am 6. August.

Insgesamt 14 Große Brachvögel sind ein trauriges, aber mittlerweile nicht untypisches Ergebnis für den Wegzug, genauso wenige waren es im Vorjahr. Ähnliches betrifft die Uferschnepfe (1 Ind. am 15. August im Leinepolder Salzderhelden), die hier auf dem Wegzug aber grundsätzlich selten ist.

Die einzigen zwei Zwergschnepfen des Herbstes wurden im Seeanger (7. Oktober) und am Großen Freizeitsee (21. November) aufgescheucht – die erste durch ein Rind.

Fortziehende Bekassinen versammelten sich in nennenswerter Zahl nur im Leinepolder Salzderhelden mit >30 Ind. (bei vermutlich hoher Dunkelziffer) am 10. August. Andernorts blieben die Zahlen nahezu ausschließlich im einstelligen Bereich.

Dies trifft ebenso auf den Flussuferläufer zu. Ausnahmen stellen 17 (21. Juli) bzw. 24 Ind. (2. August) am Seeburger See und 12 Ind. (2. August) am Göttinger Kiessee dar. Bis zum 16. Oktober waren sie alle abgezogen.

Zwei adulten Männchen des Dunklen Wasserläufers am 1. Juli folgten Mitte August zwei Jungvögel im Leinepolder Salzderhelden. Am 31. des Monats waren es dann ebendort fünf Ind. Im selben Zeitraum fanden sich im Seeanger drei Vögel ein. Den Abschluss machte am 6. Oktober ein Überflieger an der Kiesgrube Reinshof.

Von insgesamt sieben beobachteten Rotschenkeln fanden vier Sichtungen im Seeanger statt, jeweils eine weitere erfolgte am Seeburger See, am Großen Freizeitsee und im Leinepolder Salzderhelden.

Abb. 8: Rotschenkel am großen Freizeitsee in Northeim: Foto: B. Riedel

Als adulter Vertreter fand ein vom 4. bis 6. Juli im Leinepolder Salzderhelden rastender Teichwasserläufer Bestimmung.

In demselben Gebiet kulminierte am 17. August der Durchzug des Grünschenkels, als 22 Ind. im überstauten Grünland ihren Beschäftigungen nachgingen.

Am 6. Juli rasteten dort bereits beachtliche 15 Waldwasserläufer, ein Einzelvogel scheint sogar über den Winter in unseren Breiten bleiben zu wollen – an der Geschiebesperre Hollenstedt kommt es regelmäßig zu Überwinterungen einzelner Individuen.

Anfang Juli erreichte auch der Bruchwasserläufer seine Höchstzahlen (35 Ind.) im Leinepolder, bis zu 25 Vertreter rasteten dort auch Mitte August noch. Schlusslicht war ein Einzelvogel im Seeanger (9. Oktober).

Der Durchzug des Kampfläufers erreichte, wie für viele Watvögel typisch, zwei Peaks. Bis zu 25 (vorrangig adulte und männliche) Ind. kamen in der ersten Julihälfte durch, Anfang September waren es dann bis zu 47 (diesjährige) Vögel im Leinepolder. Sieben Individuen im Seeanger (8. September) ergänzen das Bild, hier wurden aber ansonsten fast ausschließlich Einzelvögel beobachtet.

Je ein Zwergstrandläufer bereicherte die Wasservogelgemeinschaft des Seeangers (26. August; diesj.), des Leinepolders (1. September) und der Geschiebesperre Hollenstedt (23. September; diesj.) um eine kleine, aber feine Komponente.

42 Meldungen von Alpenstrandläufern beschränken sich jeweils auf Zahlen im niedrigen einstelligen Bereich, die kopfstärkste Gruppe bestand aus sechs Individuen am 4. Oktober an der Geschiebesperre.

Ausschließlich am Seeburger See ließen sich in diesem Herbst Zwergmöwen blicken. Zwischen dem 29. August und dem 12. September wurden hier sechs Mal diesjährige Vögel bei der Nahrungssuche beobachtet – allerdings waren es nie mehr als zwei Vögel.

Zwei beringte Lachmöwen wurden ebendort abgelesen. Darunter ist ein aus dem Vorjahr bekannter Vogel (gelb “TJWL“, adult beringt 06.2020 am Solina-Stausee, Polen: abgelesen am 14. Juli, 5. August und 20. September) sowie ein Unbekannter (weiss “SUNK”).

Nachweise von Schwarzkopfmöwen nehmen in der Region zu, was auf bundesweit positive Bestandstrends zurückzuführen ist. Erneut ausschließlich am Seeburger See und Seeanger wurden zwischen dem 5. August und 14. Oktober 19-mal insgesamt 29 Vögel (alle jung, Mehrfachzählungen inbegriffen) beobachtet. Darunter war am 16. August ein Sachse (gelb “ASKK”, jung beringt 15.6.2021 an der Kiesgrube Rehbach, Leipzig) sowie am 17., 20., 25. und 30. September ein Pole (rot “PEJH”, beringt 13.06.2021 in Wójcice, Polen).

Abb. 9: Sächsische Schwarzkopfmöwe zu Gast in Seeburg. Foto: M. Göpfert

Bemerkenswerterweise wurden Sturmmöwen seltener gemeldet als die zuvor abgehandelte Art, an insgesamt sechs Tagen brachte sie es auf nur 15 Ind. Die Höchstzahl machten neun Vögel aus, die am 8. Oktober auf den Northeimer Kiesteichen schwammen.

Zur in der Region häufigsten Großmöwe der jüngeren Zeit hat sich die Steppenmöwe gemausert, von der es 16 Sichtungen von insgesamt 27 Ind. gab.

Einmalig blieben dagegen Beobachtungen der Mittelmeermöwe (1 adultes Ind., 28. November) und Heringsmöwe (1 adult und 2 diesj. Ind., 12. August) am Seeburger See.

Nach einem seeschwalbenreichen Frühjahr konnte der Herbst ja nur schwach ausfallen… Immerhin brachte der August noch zwei Raubseeschwalben (adult und diesj.; Geschiebesperre Hollenstedt), eine Weißflügelseeschwalbe (diesj.; Seeburger See), etwa 25-30 Trauerseeschwalben (je 8 adult und diesj.; verschiedene Gebiete) sowie zwei Flussseeschwalben (diesj. und adult; Seeburger See).

Das Maximum der Hohltaube stammt vom 26. August mit 93 Ind. aus der südlichen Feldmark Diemarden. Am traditionellen Schlafplatz am Seeanger fanden sich am 13. September maximal 27 Ind. ein.

Maximal 28 Türkentauben am 21. November in Seeburg sind für dieses Dorf sehr passabel, für das gesamte Eichsfeld aber eher mau. Größere Ansammlungen gibt es vor allem im Offenland (z. B. um Seulingen), wo nicht nach ihnen gesucht wurde.

Unter reger Beteiligung von mehr als 20 Göttinger und Northeimer Taubenfans fand in diesem Frühjahr eine von der Staatlichen Vogelschutzwarte angeregte bundeslandweite Bestandserfassung der Turteltaube statt. Während der Landkreis Göttingen gut abgedeckt werden konnte, gab es im Landkreis Northeim einige Lücken. Leider änderte sich am düsteren Bild, das anlässlich ihrer Wahl zum „Vogel des Jahres 2020“ auf dieser Homepage gezeichnet werden musste, praktisch nichts. In den ehemaligen Verbreitungsgebieten Dransfelder Hochfläche, Reinhäuser Wald bis Weißenborn, Kaufunger Wald, Bramwald und Solling konnten nur fünf Nachweise erbracht werden (siehe Karte). Dafür wurden im östlichen Teil des Landkreises Northeim mehrere Vorkommen bei kleineren bewaldeten Höhenzügen entdeckt, wo viele exponierte Bereiche von Sturm und Borkenkäfer glattrasiert wurden. Diese kleineren Wälder sind von Agrarland umgeben, das noch vergleichsweise kleinteilig und strukturreich ist. Ansonsten scheint die offene Kulturlandschaft bei uns aber inzwischen turteltaubenfrei zu sein. Samenreiche Ruderalflächen und Wegraine: Fehlanzeige. Basierend auf den erhobenen Daten kann der Bestand im Landkreis Göttingen auf fünf bis zehn Paare, der im Landkreis Northeim, unter Berücksichtigung von großen Erfassungslücken z. B. im Solling und Sollingvorland, auf 15 bis 30 Paare geschätzt werden. Ob die jüngst entstandenen riesigen Waldschadensflächen –  für Offenland- und Lichtwaldvögel alles andere als Katastrophengebiete! – nach ein paar Jahren von der Art besiedelt werden (können), bleibt ungewiss. Möglicherweise sind die verbliebenen Populationen schon zu klein, um sich ausbreiten zu können. Anderswo in Niedersachsen hat die Erfassung gezeigt, dass geeignete Lebensräume verwaist sind. Das ist ein echtes Alarmsignal, das auch mit den millionenfachen Abschüssen auf dem Heim- und Wegzug erklärt werden kann.

Abb. 10: Turteltaubenvorkommen 2021 in Süd-Niedersachsen. Karte: B. Bartsch

Der Juli war Papageienmonat. Neben einem unbestimmten Vertreter der Psittacidae in Billigshausen schaffte es in Gö.-Grone ein Wellensittich und in Gö.-Weende ein Schwarzköpfchen,seinen Halterinnen oder Haltern zu entfliehen.

„Brut“nachweise des Kuckucks werden eher selten dokumentiert. Ende Juli wurde am Landwehrgraben am südlichen Göttinger Stadtrand ein Jungvogel flügge. Geplagte Wirtsvögel waren Sumpfrohrsänger.

Aus Wolbrechtshausen wurden vom 31. Juli zwei Schleiereulen bekannt. Am 3. September saß in Tiftlingerode ein Einzelvogel auf einer Wäschespinne.

Die Herbstbalz des Sperlingskauzes wurde zwei Mal im Solling und fünf Mal im Reinhäuser Wald gehört.

Fiepende Jungvögel zeigten am 2. August in Escherode (ganz knapp diesseits der Zivilisationsgrenze zum Hessenland!) sowie in Gö.-Geismar, bei Holzerode und am Grenzstreifen zu Thüringen nahe Ischenrode Brutnachweise der Waldohreule an, die im Vorbericht nicht enthalten sind. Inklusive der „Grenzbrüter“ und den im Vorbericht erwähnten Daten, lässt sich auf mindestens elf Brutnachweise mit etwa 26 Jungvögeln schließen.

Im Herbst sorgte über Wochen ein liebestoller Uhu für Aufregung unter Vogelbegeisterten und der Göttinger Normalbürgerschaft. Sein Aktionsradius reichte von der Nord- bis in die Südstadt. Hohe Gebäude wie der Blaue Turm auf dem Uni-Gelände oder das Neue Rathaus wurden als Singwarten mit optimaler Reichweite für das schaurig-schöne Spektakel genutzt. Ob es sich um das Männchen aus dem Frühjahr handelte, das (sogar verpaart) das Ostviertel beschallte, muss offen bleiben. Immerhin: Göttingen könnte, nach Hildesheim und Osnabrück, zu einer weiteren Uhustadt werden. In den beiden vorgenannten Städten tritt die imposante Großeule als Kirchbrüter in Erscheinung.

Bemerkenswerte 37 Studentinnen und Studenten beteiligten sich 2021 in der Arbeitsgruppe Gebäudebrüter an der dritten Erfassung des Mauerseglers in Göttingen. Die Ergebnisse können auf der Homepage des BUND in der Rubrik „Artenschutz am Gebäude“ studiert werden. Es wurden in einem Untersuchungsgebiet, das große Teile des Stadtgebiets umfasst, um die 300 Brutplätze in Nistkästen und an „natürlichen“ Standorten gefunden. Rückschlüsse auf die aktuelle Populationsgröße und mögliche Bestandsschwankungen dieses schwer zu erfassenden Koloniebrüters mit oftmals versteckt liegenden Nistplätzen, dessen Bestand anlässlich der Stadtvogelkartierung 2005/2006 noch auf ca. 1000 Paare geschätzt wurde, lassen die Zahlen nicht zu. Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr dürfte im Wesentlichen in der Ausweitung des Untersuchungsgebiets und in der gestiegenen Zahl der Zählerinnen und Zähler zu suchen sein. Der große Vorteil der Untersuchung besteht darin, dass jeder beflogene Brutplatz in eine Karte, Straße für Straße mit den jeweiligen Hausnummern eingetragen wird. Damit entsteht ein Kataster der Mauersegler-Brutplätze. Der Wermutstropfen ist allerdings: Abrissarbeiten und Gebäudesanierungen sind bei der Stadt nicht meldepflichtig, so dass die Untere Naturschutzbehörde erst eingreifen kann, wenn das Zerstörungswerk vollendet ist. Nur im Einzelfall kann, von Anwohnern alarmiert, ein Baustopp erwirkt werden. Immerhin können Kompensationsmaßnahmen (in der Regel das Anbringen von Nistkästen) verordnet werden. Anders sieht es bei öffentlichen Gebäuden aus. Hier hat der Naturschutz direkten Zugriff und kann etwas für den Schutz der Gebäudebrüter tun.

Vom Eisvogel liegen aus dem Berichtszeitraum immerhin 139 Beobachtungen (darunter leider ein Totfund nach Scheibenanflug in der Göttinger Weststadt) vor. Dies deutet darauf hin, dass die Verluste nach der extremen Kälteperiode im Februar zumindest teilweise durch Zuzug kompensiert werden konnten. Am Flüthewehr gerieten mehrfach zwei Vögel vor die Optik, am 6. Oktober im Göttinger Levin-Park sogar drei.

Ein einzelner, am 3. Juli nach Süd überfliegender Bienenfresser bei Dassel dürfte bereits den Wegzug betreffen.

Über die erfreuliche Entwicklung beim Wendehals wurde bereits im Vorbericht Auskunft gegeben. Die Brut in der Kleingartenkolonie „Stegemühle“ nahe dem Göttinger Kiessee verlief mit mindestens zwei ausgeflogenen Jungen erfolgreich. Auf dem Kerstlingeröder Feld brüteten drei von vier (!) Paaren, davon mindestens zwei mit gefütterten Jungvögeln. Hoffnung macht ein singender Vogel vom 2. Juli auf einer Aufforstungsfläche nahe dem Glasebachtal im Kaufunger Wald.

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Abb. 11: Wendehals-Habitat im Kaufunger Wald. Foto: L. Dumpe

Insgesamt liegen Hinweise auf bis zu 31 Reviere vor, viele Beobachtungen sind allerdings nur sogenannte „Brutzeitfestellungen“ (BZF) und könnten folglich theoretisch auch Durchzügler betreffen. Konkrete Brutverdachtsfälle (BV; Revierbesetzungen und Paarbeobachtungen) und Brutnachweise (BN; Beobachtungen von Jungvögeln oder Futter tragende Altvögel) liegen insgesamt 16 vor:

Abb. 12: Wendehals-Verbreitung in Südniedersachsen. Karte: B. Bartsch

Pirole auf dem Wegzug machten sich am 11. Juli im Seeanger und zwei Tage später an der Geschiebesperre Hollenstedt bemerkbar.

Der Brutbestand des Neuntöters auf dem Kerstlingeröder Feld konnte bei einer zusätzlichen Zählung am 12. Juli auf 25 Reviere (und mindestens neun erfolgreiche Bruten) beziffert werden. Damit liegt seit 2014 wieder ein Rekordergebnis vor.       

Der erste Raubwürger der Wegzug- und Wintersaison tauchte am 1. Oktober an der Geschiebesperre Hollenstedt auf. Vögel mit längerer Verweildauer sind bis dato aus dem Seeanger und vom Kerstlingeröder Feld bekannt geworden. Im Folgebericht gibt es sicher mehr kundzutun.

Ein Tannenhäher, der am 15. August durch Ebergötzen vagabundierte, ist ebenso bemerkenswert wie ein Artgenosse am 20. November am Westrand des Brackenberger Holzes, das ebenfalls nicht zum traditionellen Brutareal zählt.

54 Saatkrähen, die am 26. Oktober über den Neuen Göttinger Botanischen Garten nach Südwesten zogen, sind das klägliche Maximum für eine Art, die bis in die 1990er Jahre auf dem Wegzug noch in vierstelliger Zahl bestaunt werden konnte. Heute sind dreistellige Zahlen schon die Ausnahme. Der starke Rückgang lässt sich unter anderem damit erklären, dass auf osteuropäischen Deponien mittlerweile ein reiches Nahrungsangebot existiert, das den Vögeln ein gemütliches Überwintern ermöglicht.

Viermal gerieten Hybriden aus Raben- x Nebelkrähen ins Visier, die durchaus mit Nebelkrähen verwechselt werden können. Die östliche Schwester der Rabenkrähe ist in der Region ein seltener Gast.

Abb. 13: Hybrid Raben- x Nebelkrähe bei Groß Schneen. Foto: J. Bondick

Beutelmeisen traten auf dem Wegzug zwischen dem 25. September und dem 17. Oktober nur am Seeburger See (einmal) und am Seeanger (viermal) in Erscheinung. Das Maximum lag bei vier Individuen.

Brutzeit oder Wegzug? Egal: Juli-Beobachtungen der Heidelerche fallen immer aus dem Rahmen. Daher war ein Vogel, der sich vom 4. bis 25. des Monats auf dem Kerstlingeröder Feld aufhielt, durchaus bemerkenswert. Immerhin hat die Art 1995 dort gebrütet. Zwischen dem 15. September und dem 23. Oktober gerieten 306 Ind. in den Blick/zu Gehör. Die höchste Tagessumme stammt vom 28. September mit mindestens 74 Ind. aus dem Bratental bei Gö.-Nikolausberg.

Die große Kolonie der Mehlschwalbe in Bursfelde war in diesem Jahr von mindestens 132 Paaren bevölkert. 2020 waren nur 96 Nester beflogen. Der Brutbestand in der Göttinger Innenstadt konzentriert sich mit zehn beflogenen Nestern auf die Filialen von Kaufland und Rossmann in der Kurzen Geismarstraße und das Grotefend-Areal an der Berliner Straße, wo neun Nester existierten. Andere Brutplätze sind augenscheinlich verwaist. Das Grotefend-Areal soll einem ziemlich monströsen Gebäude mit sieben Stockwerken direkt am Stadtwall weichen. Die historische Anlage mit ihren alten Bäumen wird in diesem Bereich kaum noch sichtbar sein. Gegen das Bauvorhaben – der auswärtige Investor hat sich schon etliche repräsentative Gebäude unter den Nagel gerissen – regt sich nun Protest. Ob es den Mehlschwalben hilft?

Am 17. Oktober und am 6. November machten sich im Seeanger (wieder) maximal sechs Bartmeisen bemerkbar.

Ein extrem verbummelter Fitis konnte am 23. November im Göttinger Ostviertel optimal mit Fotos belegt werden.

Abb. 14: Später Fitis. Foto: C. Dienemann

Am 15. August ließen sich im Seeanger zwei Rohrschwirle beim Füttern von mindestens zwei Jungvögeln beobachten. Damit liegt der zweite regionale Brutnachweis für diesen Röhrichtbewohner vor (der erste erfolgte im Vorjahr am Seeburger See), der seit einigen Jahren auch in anderen Feuchtgebieten Reviere besetzt hält und dort vermutlich schon (unentdeckt) gebrütet hat.

Aus dem Seeanger ist erneut ein Brutnachweis des Schilfrohrsängers zu vermelden. Sollte er sich in diesem Gebiet dauerhaft als Brutvogel etablieren, wäre das eine sehr erfreuliche Entwicklung, denn südlich der Mittelgebirgsschwelle ist er immer noch sehr selten. Ein Sänger vom 4. August am vegetationsreichen Landwehrgaben am südlichen Göttinger Stadtrand schien zu verkünden: „In dieses Rohrsängerparadies passe auch ich gut hinein“. Leider hat sich durch die Verlegung des Weges, der jetzt an der Südseite direkt an dem trägen Gewässer entlang führt, das Störungspotential von Hundemuttis und Jogger/innen enorm erhöht. Eine planerische Fehlleistung, die durchaus hätte vermieden werden können. 

Vom 2. bis 17. Juli entzückte der erster Buschrohrsänger des Göttinger Stadtgebiets (vierter Regionalnachweis) zunächst im dicht bewachsenen Bett des Flüthegrabens nahe dem Göttinger Kiessee viele Beobachterinnen und Beobachter mit seinem formidablen Gesang. Am 11. d. M. wich er auf die Ruderalflächen südlich des Flüthewehrs aus, wo er wegen der größeren Entfernung schwieriger zu beobachten war.

Abb. 15: Buschrohrsänger in Göttingen. Foto: M. Siebner

Im Nordwestteil des Leinepolders Salzderhelden signalisierten zwei verpaarte Drosselrohrsänger am 7. Juli Brutverdacht.

Die Rastplatzzahlen des Stars fielen eher moderat aus. Das regionale Maximum wurde am Seeburger See im Spätsommer mit 12.000 Ind. erreicht. Im Haselwäldchen unterhalb der Meyerwarft am Göttinger Kiessee verfehlten die Vögel die 5.000er-Marke nur knapp.

Die Ringdrossel fehlte in diesem Herbst komplett. Auch dies ist bemerkenswert.

Dreistellige Zahlen der Rotdrossel liegen nur aus dem Göttinger Forstbotanischen Garten (100 Ind. am 6. Oktober), vom Kerstlingeröder Feld (164 Ind. am 24. Oktober) sowie aus Hann. Münden (135 Ind. am 31. Oktober) vor.

Magere sechs (!) Braunkehlchen zeigten am 12. September in der Leineniederung bei Bovenden die regionale Tageshöchstzahl auf dem Wegzug an.

Brutverdächtige Schwarzkehlchen nahe der Sandgrube Meensen scheinen eine Novität zu sein.

Vom Blaukehlchen ist eine erfolgreiche Brut am Seeburger See nachzutragen, die am 24. Juli dokumentiert werden konnte.

Vom Brachpieper konnten zwischen dem 17. Juli (frühes Datum, fotografisch belegt) und 19. September fünf Ind. ausgemacht werden. Es handelte sich immer um Einzelvögel.

Abb. 16: Brachpieper auf dem Reinhäuser Berg. Foto: V. Lipka

Noch seltener traten Rotkehlpieper in Erscheinung, und zwar zu zweit am 2. Oktober im Leinepolder Salzderhelden.

Von der Gebirgsstelze gibt es im Berichtszeitraum nur 78 Meldungen (darunter kein Brutnachweis), also deutlich weniger als vom Eisvogel. Im Vorjahr wurde sie immerhin 169-mal registriert. Vermutlich hat auch bei dieser Art die zehntägige Kälteperiode im Februar für herbe Verluste gesorgt.

Trotz eines reichhaltigen Nahrungsangebots bewegten sich die lokalen Maxima des Stieglitz in der Regel im zweistelligen, ausnahmsweise im unteren dreistelligen Bereich. Die Höchstzahl stammt von einer Ruderalfläche südlich des Göttinger Kiessee, wo sich am 17. August 350 der munteren Gesellen tummelten.

Noch spärlicher präsentierte sich der Bluthänfling: Hier waren dreistellige Zahlen absolute Mangelware. Die Ausnahme bildete am Ortsrand von Imbsen ein Schwarm von bis zu 250 Ind., die im September/Oktober ein Rapsstoppelfeld frequentierten.

Aus der Nach-/Zweitbrutzeit (Juli bis September) liegt nur eine Beobachtung eines Familienverbands des Birkenzeisigs vor, und zwar vom 13. September aus der Göttinger Nordstadt. Nur dort traten die quirligen Finkenvögel (noch) regelmäßig in Erscheinung. In der Weststadt konnten nur noch Einzelvögel notiert werden. Ansonsten Fehlanzeige. Gegenüber 2005/2006, als der Göttinger Gesamtbestand noch auf 120 Paare beziffert wurde, ist das mehr als kläglich. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis dieser Neusiedler (seit Mitte der 1980er Jahre) wieder verschwunden ist. Über die Ursachen kann nur spekuliert werden. Auffällig ist, dass das typische Habitat aus einem Mix aus alten Birken und Nadelbäumen in Göttingen immer seltener wird. Die Birke ist als „Allergiebaum“ mittlerweile verhasst und die Koniferen sind weithin aus der Mode gekommen.

Kein Bericht ohne Grauammer?! Am 27. September zog eine über den Diemardener Berg.

Zwischen dem 30. August und dem 10. September gerieten die nächtlichen Zugrufe von drei Ortolanen auf die Aufnahmegeräte („nocturnal migration”) von zwei Aficionados. Bei einem vierten, der am 5. September frühmorgens über den Kaufunger Wald flog, könnte es sich um den ersten Nachweis für Hann. Münden seit 1977 gehandelt haben.

Béla Bartsch und Hans H. Dörrie

Diese Zusammenstellung basiert auf 22.555 Datensätzen, die weit mehr als 100 Melderinnen und Melder in den Monaten Juli bis November auf ornitho.de zusammengetragen haben:
F. Arndt, P.H. Barthel, T. Becker, L. Behnen, S. Beisler, L. Bergschmidt, A. Bischoff, M. Bock, T. Böckenförde, P. Böhl, S. Böhner, L. Bolte, J. Bondick, M. Borchardt, H. Brockmeyer, G. Brunken, J. Bryant, J. Bunk, M. Burdorf, M. Corsmann, J. Demmer, M. Dentler, C. Dienemann, J. Dierschke, V. Dierschke, H. Dörrie, K. Dornieden, M. Drüner, L. Dumpe, J. Ernst, M. Fichtler, C. Frank, T. Gawlig, T. Geis, M. Georg, K. Gimpel, M. Göpfert, A. Görlich, E. Gottschalk, C. Grüneberg, W. Haase, K. Hagenow, A. Hartmann, S. Hartmann, F. Heim, F. Helms, O. Henning, D. Hennrich, D. Herbst, M. Herkel, V. Hesse, S. Hillmer, U. Hinz, F. Hirschauer, M. Hölker, S. Hohnwald, S. Jaehne, M. Jahn, M. Jenssen, J. Joosten, K. Jünemann, U. Jürgens, J. Kallmayer, J. Kamp, H. Karthäuser, R. Käthner, H.-A. Kerl, P. Kerwien, P. Keuschen, M. Krömer, I. Lilienthal, V. Lipka, U. Maier, D. Mederer, T. Meineke, P. Mergel, H. Meyer, R. Meyer, P. Motzkau, J. Myles, F. Nieporte, D. Nolte, D. Ochterbeck, J. Opitz, F. Pape, S. Paul, B. Preuschhof, J. Priesnitz, M. Püttmanns, K. Raab, D. Radde, J. Reichelt, O. Reuer, B. Riedel, T. Rohde, L. Rüskaup, H. Rumpeltin, L. Sackers, H. Schmidt, A. Schuldt, J. Schwickardi, M. Siebner, D. Simmelbauer, D. Singer, L. Söffker, J. Sommerfeld, R. Spellauge, N. Stanik, A. Stumpner, A. Sührig, J.-N. Tertling, W. Unkrig, F. Vogeley, W. Vogeley, J. Weiss, J. Weiß, J. Wobker, J. Wohlert, D. Wucherpfennig, D. Zinner und viele andere.
J. Behling und J. Thiery (Staatl. Forstämter Münden und Reinhausen) steuerten Daten zum Schwarzstorch bei.
Ihnen allen ein herzlicher Dank!

Quellen:
Deutscher Wetterdienst (2021): Deutschlandwetter im Sommer 2021. [abgerufen am 16.12.2021]
Wetteronline (2021): Wetter im Rückblick – Wetterstation Göttingen. [abgerufen am 16.12.2021]

Junger Wespenbussard auf dem Wegzug. Foto: M. Siebner