Endlich: Sensationelle Fotos freigegeben!

2007 wurde der englische Spielfilm „Irina Palm“ (Regie: Sam Gabarski) auf der Berlinale uraufgeführt und erhielt 27 Minuten lange, stehende Ovationen. In der Titelrolle verkörpert die grandiose Marianne Faithfull, deren Leben von Abstürzen und Auferstehungen geprägt ist wie kaum ein zweites, anrührend und komisch zugleich eine mittellose Hausfrau, die ihrem todkranken Enkel eine kostspielige Behandlung in Australien finanziert. Sie tut dies, indem sie – unter dem Künstlerinnennamen „Irina Palm“ – sexuell überfrachteten Londoner Männern durch ein Loch in der Wand eines Sexclubs („Glory Hole“) im Handumdrehen Erleichterung verschafft. Nach kurzer Zeit wird sie, ihrer speziellen Begabung wegen, zur vielgefragten Hauptattraktion des Etablissements. Sie entwickelt eine Wertschätzung der eigenen Arbeit, die sie gegen die – mit lüsterner Neugier gepaarte – Entrüstung von Freundinnen und Familie zu verteidigen weiß. Der Besitzer des Sexclubs, ein melancholisch umflorter und recht sympathisch wirkender Einwanderer vom Balkan, verliebt sich in sie, und sie sich in ihn – und alles kommt, nach einigen Verwicklungen, zu einem guten Ende. Wer dieses Meisterwerk realistischer Filmkunst in bester britischer Tradition noch nicht gesehen hat – ob im Kino oder in den Spätprogrammen der ARD – ist selber schuld und sollte dies schleunigst nachholen!

Bis heute blieb der Öffentlichkeit verborgen, dass die ersten Probeaufnahmen für „Irina Palm“ nicht in England, sondern in der Bundesrepublik Deutschland verfertigt wurden, und zwar an den Northeimer Kiesteichen in Süd-Niedersachsen. Wie das? Dies liegt bzw. lag an spezifischen Vorgaben der Filmförderung der Europäischen Union, die an dieser Stelle aus Platzgründen nicht näher erläutert werden können. Zudem sind sie mittlerweile außer Kraft gesetzt, nachdem ruchbar geworden war, dass ein hoch subventionierter Dokumentarfilm über entflogene Großtrappen (englischer Titel „Inglorious Bustards“) nicht, wie vertraglich vereinbart, im Schutzgebiet Belziger Landschaftswiesen, sondern in Potsdam-Babelsberg abgedreht wurde.
Ein weiteres Argument für das strukturschwache Süd-Niedersachsen war das im Vergleich zu Großbritannien erheblich geringere Lohnniveau für Statisten. Als solche mussten sich zwei Neigungsvogelkundler verdingen, die damals (wie heute) knapp bei Kasse waren und daher, ähnlich wie „Irina Palm“, in ihrer Notlage zu allem bereit. Als Ausgleich für den Hungerlohn brachten sie einige Standfotos in ihren Besitz, zwecks Eigenverwertung auf einschlägigen Internetseiten, was sich jedoch wider Erwarten als Flop erwies.

Foto 1.jpg
Foto 1: Vor der „Glory Hole“-Kulisse: Einer der beiden Statisten in realistischer Aufstellung.
Foto 2.jpg
Foto 2 zeigt den älteren der beiden in Vertretung von „Irina Palm“ bei der Arbeitssimulation.

Diese Probeeinstellung wurde später, natürlich unter leicht geänderten Bedingungen, exakt im Film reproduziert. Zudem dokumentiert das Bild, wie man Lohnerwerb und brotlose Passion harmonisch in Einklang bringen kann: Der Kleindarsteller hat einen Erpel der Kolbenente fest im Blick und alles andere fest im Griff. Wer denkt da nicht sogleich an eine biedere Hausfrau, die den Anrufer einer kostenträchtigen Antillennummer (0190…) fernmündlich bedient, während sie nebenher an einem Pullover strickt oder sich die Fußnägel schneidet?

Nach Abschluss der Arbeiten konnten die beiden Statisten die Produktionsfirma überreden, das hölzerne Provisorium nicht abzubauen, sondern es – unter dem elektrisierenden Motto „Naturgucken macht Spaß!“ – erlebnishungrigen Mitmenschen zur Nachnutzung zu überlassen. Seitdem findet die Vorrichtung als „Spanische Wand“ (absurd!) oder „Schießschartenwand“ (schon treffender!) in den Einträgen diverser vogelkundlicher Internetseiten und Newsgroups lobende Erwähnung. Ende gut, alles gut – fast wie im Film.

P.S. … und natürlich steht zu hoffen, dass diese brisante Enthüllung einen vergleichbaren Widerhall findet wie die bahnbrechende Präsentation des Göttinger Trichters ORNIVOX, die vor genau drei Jahren, am 1.4.2007, auf dieser Seite in Szene gesetzt wurde (nachzulesen unter „Archiv“). Seitdem ist ORNIVOX, ein Produkt hochsensibler Spitzentechnologie, aus der seriösen, ausschließlich an harten Fakten orientierten Avifaunistik nicht mehr wegzudenken. Auch der Naturschutz hat von dieser Neuerung enorm profitiert, was für die „Schießschartenwand“ an den Northeimer Kiesteichen noch belegt werden muss…