Heimzug und Brutzeit 2021 – so kalt wie 40 Jahre nicht

Im März lag die deutschlandweite Durchschnittstemperatur mit 4,6°C im Mittel der letzten drei Jahrzehnte, allerdings lieferten sich Winter- und Sommertage ähnlich dem vergangenen Spätwinter ein stetiges Wechselspiel. Dabei ließ sich der Vorfrühling mit durchschnittlich 144 Sonnenstunden zunächst durchaus genießen. Der April legte dann jedes Frühlingsgefühl auf Eis. Aufgrund anhaltender Polarströmungen, die durch eine stabile Hoch-Tief-Konstellation über Nordeuropa ermöglicht wurde, folgten außergewöhnlich kalte Wochen mit zahlreichen Frosttagen wie es sie seit 40 Jahren nicht gab (wetteronline.de). In der Region kratzte das Thermometer während der letzten Aprildekade nur an drei Tagen an der 20 °C-Marke, nur um anschließend wieder in den Keller gehen. Auch der Mai kann, von einem sehr kurzen Wärmehoch am 9. und 10. des Monats mit bis zu 27°C, noch als sehr unterkühlt bezeichnet werden, sodass Ende des Monats die Pflanzenentwicklung um 2-3 Wochen hinter dem Durchschnitt lag. Ernteereignisse im Grünland fanden daher in vielen Gegenden erst später als üblich statt und könnten bei Wiesenbrütern, zumindest da wo es sie noch gibt, erfolgreiche (Erst-)Bruten bedeutet haben. Niederschläge, im März und April vorwiegend in Gestalt von Schneematsch, und Sonnenstunden lagen vollauf im Durchschnitt.

Zugvögel, insbesondere Weitstreckenzieher, stauten sich aufgrund der Wetterlage im südlichen Europa (z.T. mit „Fallout“-ähnlichen Ereignissen beispielsweise Anfang Mai in der Südschweiz). Gute Zugtage waren nur dünn gesät und ließen das Zuggeschehen sehr schleppend voranschreiten. Der Hauptdurchzug der Mönchsgrasmücke verzögerte sich beispielsweise bis in den Mai, als >80 Ind. am 1. des Monats am Großen Freizeitsee rasteten und sich, mitunter in Gruppen vergesellschaftet, über Mistelbeeren hermachten. Auffallend spät kehrten Klappergrasmücken heim; bis zum 26. April gab es in der Region insgesamt nur zwölf Beobachtungen dieser Art. Die Erstankunft der Dorngrasmücke erfolgte am 20. April und fiel nach zwei Jahren mit sehr frühen Ankünften (2020: 8. April, 2019: 5. April) mal wieder auf ein klassisches Datum.

Nicht zuletzt dank einer sehr umfangreichen und zahlenstarken Limikolen- und Seeschwalbenpalette fanden sich die meisten regionalen Vogelbeobachtenden dieses Frühjahr vornehmlich in den prominenten Feuchtgebieten wieder. Doch wie beispielsweise mehrere Nachweise verschiedener Schnäpper zeigen, gibt es auch in unseren Mittelgebirgswäldern viel Spannendes zu entdecken. Derzeit noch stattfindende, großflächige Untersuchungen auf Waldschadensflächen konnten bereits einige interessante Erkenntnisse liefern – ausführlicher werden die entsprechenden Ergebnisse allerdings erst im nächsten Bericht behandelt. Alles in allem bot 2021 der Region ein ereignisreiches und abwechslungsreiches Vogel-Frühjahr, das im Nachfolgenden genauer dargestellt wird. „Späte“ Arten wie Wachtel, Zwergtaucher, Haubentaucher und auch Schwarzstorch finden, wie üblich, erst im Herbstbericht Erwähnung.

Höckerschwäne bauten in mindestens neun Gebieten ein Nest. Schlupferfolge ergaben sich bei mindestens einem von sechs im Leinepolder Salzderhelden anwesenden Brutpaaren (4 JV=Jungvögel), bei einem Paar an den Northeimer Kiesseen (7 JV; alle mit weißer immutabilis-Mutation) und an der Kiesgrube Ballertasche (2 JV). Im Göttinger Stadtgebiet hat sich die Art erfolgreich im Levinpark (7 JV, später 6; davon 4 immutabilis) und im Rückhaltebecken Grone (4 JV; davon 3 immutabilis) reproduziert. Von einem im Seeanger brütenden Vogel sah man später nichts mehr. Nest bauende Paare fanden sich zudem an der Weser bei Bursfelde, am Göttinger Kiessee und an den „Wunderteichen“ bei Höckelheim – alle drei Nester blieben allerdings eierlos. Damit ergeben sich bis dato fünf bislang erfolgreiche Bruten.

Der überwiegende Teil der 17 aus dem Landkreis Northeim bekannten Singschwäne verließ in der ersten Märzhälfte das Überwinterungsgebiet, drei vorjährige Jungvögel blieben noch bis zum 31. März. Ein im Winterbericht unerwähnter Altvogel, der bei Hedemünden vom 5. Februar bis 29. März überwinterte, stellt vermutlich den ersten dokumentierten Nachweis im Raum Hann. Münden seit 25 Jahren dar. Vielleicht dasselbe Individuum legte am 2. April eine kurze Rast an der Northeimer Seenplatte ein. Am 26. April und damit bereits sehr spät folgte ihm ein weiterer Altvogel.

Eine adulte Ringelgans der dunkelbäuchigen Nominatform „bernicla“ verweilte am 16. März im Leinepolder Salzderhelden.
Ein hartnäckiger Ansiedlungsversuch der Kanadagans im Leinepolder Salzderhelden wurde ebenso hartnäckig von rüsselbewehrten Vierbeinern vereitelt. Im Lutteranger erfolgte dagegen der zweite in der Region dokumentierte Brutnachweis, nachdem es ebenda 2017 die Premiere gab. Die Familie wanderte kurz nach dem Schlupf der Kleinen in den Seeanger und hielt sich dort bis Ende des Berichtszeitraums auf.

Die nun schon seit nahezu zwei Jahren und inzwischen allseits bekannte Zwergkanadagans „Candy“ schien dieses Frühjahr eine Bindung zu einem, nicht wesentlich kleineren, Stockentenweibchen eingegangen zu sein. Als die Ente sich dazu entschloss, im Innenhof des Landkreisgebäudes an der Reinhäuser Landstraße in Göttingen zur Brut zu schreiten, folgte ihr die kleine Gans und wich ihrer neuen Partnerin nicht von der Seite. Anschließend half sie ihr sogar, ihre Jungvögel lautstark gegen Fressfeinde, vor allem Rabenkrähen, zu verteidigen. Der Missmut vieler Angestellter, die das Spektakel auch als freudig-willkommene Abwechslung zum Büroalltag hätten sehen können, fand Milderung im Wachstum der kleinen Enten. Gegen Ende des Berichtszeitraums waren sie bereits groß genug, um keines Schutzes der Gans mehr zu bedürfen und Ruhe kehrte ein.

Im gesamten Berichtszeitraum in verschiedenen Feuchtgebieten anwesend war eine einzelne Weißwangengans, im März waren es zeitweise zwei. Dass Wasservögel regelmäßig zwischen dem Seeburger See und der Northeimer Seenplatte wechseln ist bereits mehrfach dokumentiert. Ein Plastikring lässt keine Zweifel an der Herkunft des Vogels aus Gefangenschaft, was auch die lange Verweildauer erklärt. Einem Hybrid aus Weißwangen- x Graugans, der sich ab Mitte März für zwei Monate am Seeanger und Seeburger See aufhielt, gesellte sich zeitweise ein Hybrid aus Grau- x Kanadagans hinzu.

Am 24. März gab sich die letzte Tundrasaatgans im Seeanger die Ehre, die letzten Blässgänse verabschiedeten sich wie üblich etwas später zur Monatswende. Zwei vorjährige Vertreter letztgenannter Art schritten am Göttinger Kiessee und im Bereich der Northeimer Seenplatte zur Übersommerung. Inzwischen scheinen sich diese Übersommerungen zu einem alljährlichen Umstand zu entwickeln.
Bis zu vier graue Gänse wurden zwischen dem 8. und 14. März an der Geschiebesperre Hollenstedt als Waldsaatgans angesprochen.
Die bereits im Winterbericht erwähnt Kurzschnabelgans hielt sich noch bis zum 26. März im Seeanger auf, ein weiterer Vogel besuchte vom 8. bis 14. März die Geschiebesperre Hollenstedt.

Der Schlupferfolg der Graugans war gemischter Natur und alles in allem durchschnittlich. Im Leinepolder Salzderhelden waren mindestens neun Paare (mit 39 JV), an der Geschiebesperre Hollenstedt sechs (45 JV), am Großen Freizeitsee elf (70 JV) und an den Northeimer Kiesteichen inkl. Leine vier (20 JV) erfolgreich. Im Landkreis Göttingen brachten es an der Kiesgrube Ballertasche fünf (17 JV), in der Sandgrube Meensen (2 JV) sowie an der Schwülme bei Adelebsen je ein (3 JV), am Rasespring zwei (4 JV), am Wendebachstausee vier (12 JV), am Seeburger See ein (3 JV), im Seeanger zwei (3 JV) und in der Rhumeaue erneut ein (7 JV) Brutpaar ihre Jungen zum Schlüpfen. Im Göttinger Stadtgebiet lief es mit vier Brutpaaren im Leinepark (15 JV) und zwei Brutpaaren am Kiessee (4 JV) sehr schlecht. Am Kiessee, wo in guten Jahren bis zu 17 Paare an der Insel zur Brut schreiten, konnte der Verursacher für die großen Verluste ermittelt werden:

Abb. 1: Waschbär als eiskalter Nesträuber auf der Insel im Göttinger Kiessee. Foto: M. Siebner

Fazit: 53 Paare mit Schlupferfolg. Ob alle 244 Junggänse die Flugfähigkeit erreicht haben bzw. erreichen werden ist unbekannt. Man kann es ihnen nur wünschen.

Die letzte der anfangs drei properen Hausgänse der Zuchtform „Pommerngans“ wurde zuletzt am 29. Juni am Ortsrand von Hollenstedt beobachtet.
Zwölf Nilgansbruten zeigen einen stabilen Bestand in der Region an. Schlupferfolg gab es an den Northeimer Kiesteichen (4 JV), an der Geschiebesperre Hollenstedt (6 JV), in Bad Gandersheim (2 JV), am Böllestau bei Hollenstedt (2 JV), zweimal in Hann. Münden (6 bzw. 9 JV), an der Rhume bei Gieboldehausen (6 JV), an der Kiesgrube Angerstein (3 JV), in Rollshausen (5 JV), am Seeburger See (7 JV), im Seeanger (4 JV) und im Levinpark (7 JV). Auch hier stellt sich die Frage, wie viele Jungvögel wohl die Flugfähigkeit erreichen werden.

Ende März gerieten an den prominenten Feuchtgebieten der Region insgesamt mindestens drei Rostgänse vor die Optik, die sich augenscheinlich am 7. Mai im Seeanger zusammentaten. Nach vier Tagen verschwanden sie wieder.
Die Brandgans war dagegen durchgehend mit Ansammlungen im niedrig einstelligen Bereich (meist Einzelvögel) anzutreffen, von einer 14er-Gruppe am 21. Mai im Seeanger abgesehen.

Am selben Ort fand erneut Flugbalz mehrerer Schnatterenten statt, ob hier tatsächlich wieder gebrütet wurde bzw. wird ist (noch) unklar. Nach den drei ersten Brutnachweisen des Landkreises (2017-2019) riss die Serie 2020 ab.
Gute Wasserstände im Leinepolder Salzderhelden boten diversen Entenvögeln offenbar ideale Rastbedingungen. Die Maximalzahlen wurden bei Pfeif- (bis zu 750 Ind. = Individuen) und Krickente (bis zu 800 Ind.) im März erreicht, während Spieß– (bis zu 200 Ind.), Knäk– (bis zu 110 Ind.) und Löffelente (bis zu 394 Ind.) typischerweise ihre Maxima im April erreichten. Hier konnten auch einzelne Pfeifenten noch bis weit in den Mai beobachtet werden; ein Männchen und ein Weibchen schienen auch den Sommer im genannten Gebiet verbringen zu wollen. Nachdem eine Löffelente ihre Zähigkeit durch eine Komplettüberwinterung am Göttinger Kiessee unter Beweis gestellt hatte, ließ das Verhalten eines anderen Vogels an der JVA Rosdorf, wo sie das Verhalten der sich von Essensresten der Inhaftierten ernährenden lokalen Stockentenpopulation über mehrere Wochen imitierte, eher Zweifel am Intellekt aufkommen. Zumindest an der Agilität des Vogels bestehen keine Zweifel…

Pärchen der Kolbenente wurden am 2. (Seeburger See) und 27. März (Großer Freizeitsee) beobachtet. Am 20. April machten zwei Männchen und ein Weibchen am Göttinger Kiessee den Abschluss.
Zwischen dem 14. und 24. März schloss sich eine männliche Moorente den tauchenden Tafelenten im Leinepolder Salzderhelden an. Letztgenannte Art erreichte mit 120 Ind. Im Leinepolder und mit 94 Ind. am Seeburger See im März ihre Maxima.
Nennenswerte Durchzugszahlen der Reiherente liegen mit 250 Ind. vom Großen Freizeitsee aus dem März vor. Bruten dieser Art wurden bislang nicht bekannt.
Der bereits seit 2017 alljährlich in die Region wiederkehrende Hybrid aus der Kombination Tafel- x Reiherente vom Typ „Kleine Bergente“ war auch in diesem Winter wieder an der Northeimer Seenplatte anwesend. Am 25. April wurde er dort zuletzt gesichtet.

Das bereits im Vorbericht erwähnte junge Bergentenmännchen vom Göttinger Kiessee blieb noch bis zum 7. März. Die drei an der Northeimer Seenplatte bereits zuvor anwesenden Vögel (zwei Weibchen und ein adultes Männchen) schlossen sich am Großen Freizeitsee zusammen und blieben dort noch den ganzen März.
Ebenfalls im März machte je eine adulte Trauerente auf der Northeimer Seenplatte und auf dem Seeburger See eine Rast. Der Northeimer Vogel blieb neun Tage, der Seeburger Vogel ganze 19.
25 Schellenten nutzten am 5. März den Seeburger See zur Rast und zeigen damit das Durchzugsmaximum dieser Art in der Region an.

Die meisten Zwergsäger verließen uns bis Mitte März; einzelne Nachzügler machten sich spätestens Ende des Monats vom Acker.
Drei Paare des Mittelsägers zeigten am 1. April am Großen Freizeitsee ihr bemerkenswertes Balzverhalten, weitere fünf weibchenfarbene Vögel rasteten zwei Tage später am Seeburger See. Bis zu drei Vögel konnten an beiden Gewässern regelmäßig noch bis weit in den April gesehen werden; auffallend spät dran waren drei bzw. zwei Vögel am 13. bzw. 15. Mai an den Northeimer Kiesteichen.

Abb. 2: Im tiefen Binnenland ein seltenes Schauspiel: Gruppenbalz des Mittelsägers. Foto: B. Riedel

Zunehmende Sommerbeobachtungen von Gänsesägern, besonders im Umfeld der Geschiebesperre Hollenstedt, stützen die seit Jahren gehegte Vermutung, dass es in der weiteren Umgebung ein Brutvorkommen geben könnte. Am 29. Juni gab es schließlich Gewissheit, als ein Weibchen mit acht noch flugunfähigen Jungen dokumentiert wurde. Damit liegt nun endlich der erste Brutnachweis dieser Art für das südliche Niedersachsen (Northeim und Göttingen) vor. Die Leine verfügt in ihrer Ufervegetation vielerorts über alte und höhlenreiche Bäume (v. A. Weiden) und bietet potenziell auch an vielen anderen Stellen geeignete Lebensräume für den Höhlenbrüter, ein gezieltes Suchen auch an anderen Stellen könnte weitere Erkenntnisse liefern.

An drei Orten (Duderstadt, Hullersen, Rhumeaue) konnten in diesem Frühjahr einzelne Jagdfasane beobachtet werden, mindestens eine Beobachtung geht auf eine kürzlich zurückliegende Aussetzung durch örtliche Jagdpächter zurück. Längerfristig dürfte keines der Vorkommen ohne regelmäßige Besatzmaßnahmen überlebensfähig sein, was die Frage nach der Sinnhaftigkeit desselben aufwirft. Das Geld für Zucht und Auswilderung der „Jagdpapageien“ wäre an anderer Stelle weitaus besser investiert, beispielsweise in Schutzprojekten der nun folgenden Art.

Die seit 2006 jährlich auf 90 km² Fläche im Landkreis Göttingen durch E. Gottschalk und die Abteilung Naturschutzbiologie der Universität Göttingen durchgeführte Rebhuhnerfassung ergab in diesem Jahr 237 rufende Hähne, wodurch ein stabiler Bestand nachgewiesen werden konnte. Der Gesamtbestand des Altlandkreises beläuft sich auf ca. 400 Paare (Gottschalk pers.). Der starke Wintereinbruch im Februar mit zeitweise hohen Schneelagen und eisigen Temperaturen scheint den Vögeln offensichtlich nicht allzu sehr zugesetzt zu haben. Die größten Probleme, mit denen diese Art heute konfrontiert wird, sind ganz offensichtlich und bekanntermaßen andere…

Einziger Rothalstaucher des Berichtszeitraums hielt sich in der ersten Aprildekade für vier Tage am Großen Freizeitsee auf. Ebenso wie dieser im Prachtkleid, mischte sich ein Ohrentaucher am 29. desselben Monats am Seeburger See unter sechs Schwarzhalstaucher, die mit maximal 12 Ind. ebendort sowie am Großen Freizeitsee (8 Ind.), aber ansonsten mit eher niedrig einstelligen Zahlen, über den gesamten Zeitraum in der Region beobachtet wurden.

Abb. 3: Ohrentaucher unter Schwarzhalstauchern am Seeburger See. Strukturelle Unterschiede des Kopfprofils und der Färbung lassen sich hier sehr gut erkennen. Foto: M. Göpfert

Die Rast eines Sterntauchers, der ab dem 26. April den Seeburger See hierfür nutzte, fand am 1. Mai mit der Freigabe des Sees für den Bootsverkehr ein jähes Ende. An dem als Naturschutzgebiet ausgewiesenen See wird dem Tourismus- und Angelbetrieb bedenklich viel Freiraum gelassen. Ob sich hier angesichts des stetig wachsenden Nutzungsdrucks allzu bald etwas bessern wird? Eher nicht.

Dass Kormorane in manchen Kreisen unserer Gesellschaft keine gern gesehenen Gäste am heimischen Karpfenteich sind, dürfte den meisten Vogelkundigen einleuchten. Dass der Vogel immer wieder und in den meisten Fällen zu Unrecht von Vertretern Ruten schwingender Interessensgruppen für jedes erdenkliche fischbezogene Problem verantwortlich gemacht wird, fand am Göttinger Kiessee erneut Bestätigung (näheres zu einem Wels, der versucht hat eine große Rotwangen-Schmuckschildkröte zu fressen, lässt sich mit einem Klick per Suchmaschine finden). Ganz offensichtlich besteht nach wie vor dringender Aufklärungsbedarf, sowohl über die wichtige Rolle des Kormorans für die Gewässerökologie als auch über die als sehr kritisch zu bewertenden Besatzmaßnahmen benannter Interessengruppen, die eine erhebliche Manipulation der natürlichen Gewässerdynamik darstellen!

Nach je einer Beobachtung im März und April machte in der letzten Maidekade im Leinepolder Salzderhelden mit tiefem „whuump“ nicht das Nebelhorn des Metronoms auf sich aufmerksam, sondern eine männliche Rohrdommel. Rezente Brutzeitbeobachtungen dieser Art gibt es nicht, aus den 1960er und 1970er Jahren liegen letzte vereinzelte Nachweise von den Thiershäuser Teichen, vom Denkershäuser Teich sowie (unglaubhafte) Angaben über Brutvorkommen am Seeburger See vor (Dörrie 2010). Eine Ansiedlung wäre angesichts der in jüngerer Zeit entstandenen ausgedehnten Röhrichtkomplexe im Leinepolder Salzderhelden durchaus denkbar. Die Rufaktivität verpaarter Rohrdommeln müsste allerdings normalerweise im Mai bereits stark eingeschränkt sein, weshalb die Umstände eher auf ein Einzeltier hindeuten.
Mit nur etwa einem Drittel der Körpergröße ihres großen Verwandten erfreut sich die Zwergdommel nichtsdestotrotz ähnlich großer Beliebtheit in Vögel beobachtenden und fotografierenden Kreisen. Einem Vogel am 7. und 8. Juni folgte am 29. Juni ein weiterer Vertreter am Göttinger Kiessee, wo er die Röhrichtbestände an der Süd- und Westseite inspizierte.

Gleich drei Nachtreiher ließen in diesem Jahr die Herzen mancher Reiherfreunde höherschlagen. Einem adulten Exemplar im Leinepolder Salzderhelden (30. Mai) folgte am 5. Juni ein vorjähriger Vogel, der regelmäßig bis Ende des bearbeiteten Zeitraums beobachtet wurde und dabei häufig zwischen dem Göttinger Kiessee und der Leine nördlich des Flüthewehrs wechselte – treffenderweise vornehmlich zu später Stunde. Der Reiher scheint eine Übersommerung anzugehen. Ein am 19. Juni bei Bovenden nach Norden überfliegender, adulter Vogel fand ebenfalls Bestimmung als Vertreter dieser Art.

Abb. 4: Vorjähriger Nachtreiher als Dauer-Sommergast an Kiessee und Leine. Foto: M. Siebner

Nachdem während der Kältephase im Winterhalbjahr viele Meldungen über verendete Silberreiher einkamen, fand sich überraschend schnell wieder ein Bestand von bis zu 31 Ind. im Leinepolder und 65 Ind. in der Feldmark nördlich von Edesheim ein, von denen wahrscheinlich auch ein Großteil die Übersommerung angestrebt hat.
Nachdem bereits im Vorjahr Graureiher am Seeburger See Nester bauten und Brutwilligkeit zeigten, brüteten in diesem Jahr dort erstmals fünf Brutpaare, von denen mindestens zwei auch erfolgreich waren (5 und 2 Junge). In zwei Hybridpappeln am Göttinger Kiessee wurde anfangs in 19 von 24 Nestern gebrütet, eine erfolgreiche Reproduktion konnte allerdings nur in neun Nestern (mit mind. 15 Jungen) dokumentiert werden. Die Anzahl brutwilliger Paare ist demnach im Vergleich zu den Vorjahren angestiegen, jedoch bei gleichzeitig schlechtem Bruterfolg.
Ebenfalls weiß, aber nur knapp halb so groß wie Silberreiher, sind die drei Seidenreiher, die am Großen Freizeitsee (4. Mai), im Seeanger/Lutteranger (9. Mai) sowie im Göttinger Stadtgebiet (4. und 5. Juni) eine Stippvisite einlegten.

Über die Meldeplattform ornitho.de wurden sechs Weißstorch-Brutnachweise gemeldet. Diese stammen aus einer Neuansiedlung in Rittmarshausen (3 JV), von der „Villa Kunterbunt“ beim Seeanger (3 JV), vom Wellenreiter in Seeburg (3 JV), aus der Suhleaue bei Seulingen (3 JV), aus Gillersheim (2 JV) und aus Lindau (3 JV). Brütende Altvögel, ohne nachfolgende Jungvogelmeldungen, saßen in Kreiensen, Ahlshausen, Hilwartshausen, Hollenstedt, Bilshausen, Gieboldehausen und Wollershausen auf künstlich angebrachten Plattformen. Auch in Parensen stand kurzzeitig ein Storch auf einem Nest. Bemerkenswert sind gleich drei Nester, die auf toten Bäumen errichtet wurden. Dies war bei Hevensen und zweimal in der Rhumeaue zwischen Lindau und Bilshausen der Fall. Zu Brutversuchen kam es hier allerdings nicht. Diese Meldungen betreffen aber nur einen Bruchteil der regionalen Population, die in den Landkreisen Göttingen und Northeim rasant auf 50 Paare zusteuert.

Der erste Fischadler zeigte sich am 24. März bei Seeburg, der erste Wespenbussard und die erste Wiesenweihe am 8. Mai bei Nikolausberg bzw. Seeburg. Die letzte Kornweihe zog dagegen am 23. April bei Northeim von dannen.
Als fotogen entpuppte sich am 9. April eine Steppenweihe. Das Männchen ging zwischen Groß Lengden und Mackenrode einer Maus an den Kragen, bevor es zügig weiterzog.

Abb. 5: Steppenweihe auf Nagetierjagd. Foto: W. Vogeley

Entsprechend dem Bestandstrend der Art häufen sich in der Region Beobachtungen von Seeadlern, die zumeist immature und umherstreifende Vögel betreffen. Nach einem Vogel am 18. März im Leinepolder Salzderhelden folgte am 3. April ein weiteres Einzeltier im Seeanger sowie ein Duo über der Göttinger Südstadt. Einen Tag später saß ein (weiterer?) Adler an der Geschiebesperre Hollenstedt. Zwischen dem 17. April und 3. Mai liegen vier Beobachtungen vom Leinepolder und der Geschiebesperre vor, die ebenfalls mindestens zwei verschiedene Vögel betreffen.

Nur zwei heimziehende Merline gerieten am 12. und 29. April im Leinepolder und bei Rosdorf ins Blickfeld.
Ein schmuckes Rotfußfalkenweibchen saß am 25. Mai in keimfreier Ackerlandschaft nördlich von Bodensee und machte sich, wer kann es ihm verübeln, schnell wieder davon.
Nachdem die ersten Baumfalken am 22. April heimkehrten, suchten im Mai bis zu vier Vögel an der Geschiebesperre Hollenstedt nach Nahrung. Die Drachenwiese am südlichen Stadtrand Göttingens, an der es in manchen Jahren zum Massenschlupf von Junikäfern kommt, blieb zunächst baumfalkenfrei – es fehlte offenbar an geflügelter Kost. Erst ab dem 30. Juni deutete sich Käferschlupf an und ein Baumfalke war sogleich vor Ort.
Aus der hiesigen Population des Wanderfalken brachten fünf Brutpaare mindestens 15 Junge zum Ausfliegen, was auf einen sehr guten Bruterfolg schließen lässt. Inbegriffen sind die vier bekannten Brutpaare in und um Göttingen sowie das aus Duderstadt. Daten von drei weiteren Paaren aus dem Raum Hann. Münden und Einbeck fehlen.

Identisch zum Seeadler nehmen auch Beobachtungen des Kranichs in der Region stetig zu. Angesichts eines Brutbestands, der bereits 2009 mit 7.000 – 8.000 Paaren für Gesamtdeutschland angegeben wurde (Gedeon et al. 2014) und inzwischen im fünfstelligen Bereich liegen dürfte (und damit möglicherweise höher ist als je zuvor in der Geschichte), wenig verwunderlich. Sichere Bruten konnten, trotz zahlreicher Indizien, erneut nicht festgestellt werden. Im Leinepolder Salzderhelden waren durchgehend Kraniche anwesend und zumindest von Brutversuchen ist auszugehen. Der Flug eines Vogels endete mit letalen Folgen, als er mit einer Hochspannungsleitung kollidierte. An selber Stelle ist bereits vergangenen Herbst ein Höckerschwan tot aufgefunden worden. Durch die Markierung von Stromleitungen mit Flatterband kann dem mit geringem Aufwand entgegengewirkt werden.

Zwei eher ungewöhnliche Brutnachweis der Wasserralle erfolgten im Juni am Seeanger und am Seeburger See, wo ein Jungvogel rennend im Schilf verschwand.

Abb. 6: Durch das dichte Schilf staksende junge Wasserralle direkt am Restaurant „Graf Isang“. Foto: M. Göpfert

Erste Wachtelkönige kehrten in der letzten Maidekade zurück, singende Vögel fanden sich bei Nesselröden in einem Gebiet des Rebhuhnschutzprojekts, in der Rhumeaue (NSG), im Gillersheimer Bachtal (NSG), auf dem Reinhäuser Berg und im Bratental. Mindestens sieben Vögel bezogen in der Rhumeaue Revier, wo sie auf Landesflächen des NSG vor dem Mähwerk Landnutzender sicher sein sollten. Eine weitere Revierbesetzung erfolgte im Gillersheimer Bachtal. Erst ab Mitte Juni fanden sich auch mehrere Rufer im Leinepolder Salzderhelden ein, dem eigentlichen regionalen Verbreitungsschwerpunkt dieser Art.
Zwei Beobachtungen je eines Tüpfelsumpfhuhns entstammen der Kiesgrube Ballertasche und dem Leinepolder Salzderhelden. Nur in letztgenanntem Gebiet handelte es sich um einen singenden Vogel, der dem örtlichen Brutbestand zuzuordnen ist.
Am 2. April ging ein Männchen des Kleinen Sumpfhuhns in der Kiesgrube Ballertasche im Schilf in Deckung und ward nicht mehr gesehen oder gehört. Zweiter Lokalnachweis!

Ganze sechs Austernfischer ließen sich auf dem Frühjahrszug blicken. Ein am 3. März über das Ostviertel ziehender Vogel machte durch sympathisches „kubiiek“ auf sich aufmerksam; am 27. März legte ein Artgenosse an der Kiesgrube Reinshof eine Pause ein, fand sich hier zeitweise in der Gesellschaft zahlreicher Feldhasen wieder und blieb noch bis zum Folgetag. Am Großen Freizeitsee rasteten einmal ein Vogel (17. März) und einmal zwei (21. März), ihnen folgte erneut ein einzelner Vogel am 1. Mai im Seeanger. Neben Vorkommen nahe der Weser im Landkreis Hameln-Pyrmont liegen die nächsten Brutgebiete dieser Art nur rund 80 km entfernt im Braunschweiger Raum, wo in diesem Jahr (bei positivem Bestandstrend) mindestens 29 Brutpaare festgestellt wurden. Die für binnenländische Populationen offenbar essenziellen Habitatstrukturen, nämlich Gewerbegebiete mit Kiesflachdächern als Brutplatz und Bolzplätze o. Ä. zur Nahrungssuche, lassen angesichts des unaufhörlich voranschreitenden Baubooms, besonders im wirtschaftlichen Sektor, eine weitere Zunahme im Binnenland erwarten. Ein wenig Farbe im Grau der ehemaligen Tongrube Siekgraben wäre allerdings nur ein schwacher Trost, wenn man bedenkt, dass den riesigen Lagerhallen wichtige Brachen und Ackerland weichen mussten…

Abb. 7: Ostfriesenstorch trifft Meister Lampe an der Kiesgrube Reinshof. Foto: M. Siebner

Ebenfalls in schwarz, weiß und rot zeigte sich ein vorjähriges Stelzenläuferweibchen, das am 1. und 3. Mai erst der Geschiebesperre und dann dem Leinepolder Salzderhelden einen Besuch abstattete.
Mit blauen statt roten Beinen und ebenso graziös waren die insgesamt 17 Säbelschnäbler, die am 1. April (2 Ind.; Leinepolder Salzderhelden), 2. Mai (5 Ind.; Seeanger) und 9. Mai (10 Ind.; Seeanger) in der Region eine Rast einlegten.

Während die Beobachtung von zwei Kiebitzregenpfeifern im Leinepolder Salzderhelden vom 3. Mai singulär blieb, konnten zwischen dem 10. März und dem 23. April insgesamt mindestens 20 Goldregenpfeifer an vier Orten festgestellt werden. Die Höchstzahl stammt mit 13 Ind. aus dem Leinepolder Salzderhelden und zeigt bereits das Ende des vorrangig im Februar stattgefundenen Heimzugs an. Ihnen folgten vereinzelt Nachzügler mit Truppgrößen von 1-3 Tieren.
Nach einem Jahr mit gutem Bruterfolg beim Kiebitz folgte nun ein schlechtes. Von zunächst sechs balzenden Paaren an der Geschiebesperre Hollenstedt machten drei Paare Ernst und begannen zu brüten – nur ein Paar sollte mit einem Jungvogel Schlupferfolg haben. Nach zwei Wochen war der Kleine verschollen. Im Seeanger waren zwar 1-2 Paare anwesend und zeigten sich auch zeitweise aggressiv gegenüber Fressfeinden, zum Schlupf von Jungen kam es hier jedoch nicht. Wie es um den Bruterfolg im Leinepolder Salzderhelden steht, dem bedeutsamsten Brutgebiet Südniedersachsens, ist unbekannt.

Brutverdacht des Flussregenpfeifers gab es an der Kiesgrube Reinshof (1 BP=Brutpaar), an der ehemaligen Tongrube Siekgraben (1 BP) und auf einer Baustelle in Gö-Grone (1 BP); Brutnachweise liegen von der Geschiebesperre Hollenstedt (2 BP) und dem Großen Freizeitsee (>5 BP) vor. Schlupferfolg konnte nicht dokumentiert werden, was aber angesichts der Fragilität heutiger Bruthabitate und der massiven Störungen durch menschliche Tätigkeiten aller Art wenig verwundert.
Nach den zwei ersten heimziehenden Sandregenpfeifern im Februar fand sich erst am 21. März wieder ein Vogel im Leinepolder Salzderhelden ein, ihm folgte ein Duo Ende des Monats ebenda. Nach einem April ohne Nachweis wurden zwischen 3. Mai und 5. Juni ganze 28 Beobachtungen gemacht, die wohl ganz überwiegend Vertreter der Unterart „tundrae“ betreffen. Insgesamt rasteten mindestens fünf Vögel im Seeanger, unklarer ist das Bild im Landkreis Northeim. Im Leinepolder Salzderhelden beliefen sich die größten Ansammlungen auf sechs zeitgleich anwesende Vögel, am Großen Freizeitsee waren es vier zugleich. Zahlreiche weitere Meldungen könnten weitere Vögel betreffen. Wie hoch die Gesamtzahl rastender Sandregenpfeifer gewesen ist, kann anhand der Daten nicht gesagt werden. Mehrfachmeldungen derselben Vögel einerseits und eine hohe Zugdynamik andererseits ergeben leider ein sehr unklares Bild.

Der Durchzug des Großen Brachvogels beschränkte sich auf den Zeitraum zwischen Mitte März und Mitte April, hier wurden mit einer Ausnahme (30 Ind.; Wunderteiche) nur Vögel in einstelliger Truppgröße gesehen oder gehört.
Besorgniserregend, aber angesichts der Bestandssituation seines großen Verwandten nicht weiter verwunderlich ist die bemerkenswerte Entwicklung, dass der Regenbrachvogel in der Region inzwischen ebenso häufig (bzw. selten) beobachtet wird wie der Große Brachvogel. Zwischen 9. April und 10. Mai wurden dabei maximal 19 Vögel im Leinepolder Salzderhelden, zwei Vögel im Seeanger und ein Vogel auf der Drachenwiese am südlichen Stadtrand Göttingens beobachtet. Aufgrund der bereits angesprochenen Problematik (siehe Sandregenpfeifer) kann nicht gesagt werden, wie viele Vögel tatsächlich in der Region anwesend waren – schätzungsweise 25 – 50 Ind. dürften es aber gewesen sein.

Abb. 8: Hunde-resistenter Regenbrachvogel am südlichen Stadtrand Göttingens. Foto: M. Siebner

Bis zu erfreuliche 10 Uferschnepfen versammelten sich in der ersten Aprildekade im Leinepolder Salzderhelden. Die Dokumentation einer Kopulation ließ auf eine Ansiedlung in dem für diese Art wieder sehr geeignet erscheinenden Gebiet hoffen, nach dem 1. Mai waren aber bedauerlicherweise alle Vögel weitergezogen. Am 15. April mischte sich auch ein Vogel unter die anwesenden Limikolen, der als Vertreter der isländisch-nordnorwegischen Population (Unterart „islandica“) bestimmt wurde.

Brutzeitliche Waldschnepfen flogen vorrangig im Kaufunger Wald, Solling und Bramwald auf- bzw. überhin und ergeben insgesamt Hinweise auf mindestens neun besetzte Reviere. Weitere Beobachtungen im Reinhäuser Wald, Gillersheimer Forst und Mündener Stadtforst könnten ebenfalls auf Brutvorkommen schließen lassen.
Auf dem Heimzug rastende Zwergschnepfen fanden sich im Stockhauser Bruch (4 Ind.) und in der Rhumeaue (3 Ind.) zusammen, die letzten zwei saßen am 24. April im Seeanger.
Dank guter Wasserstände konnten bis zu 127 Bekassinen im Leinepolder Salzderhelden (8. April) zur Rast verweilen; 50 Ind. im Seeanger (25. März) und 16 Ind. im Stockhauser Bruch (22. März) zeigen auch für diese vergleichsweise kleinen Gebiete passable Rastbestände an.

Bis zu 30 Dunkle Wasserläufer (26. April), 18 Rotschenkel (29. April), 210 Grünschenkel (27. April), 180 Kampfläufer (27. April) und 150 Bruchwasserläufer (27. April) bildeten eine bunte und kopfstarke Limikolengemeinschaft im Leinepolder Salzderhelden, der wie bereits angeführt über optimale Rastbedingungen durch angepasste Wasserstände verfügte. Höchstzahlen wurden gegen Ende April erreicht, nur der Bruchwasserläufer stellt mit einem 200er-Trupp am 10. Mai die Ausnahme dar.
Die Höchstzahlen des Waldwasserläufer wurden mit zehn Individuen dagegen bereits deutlich früher am 5. April an der Geschiebesperre Hollenstedt erreicht. Überraschende neun Individuen am 10. April an der Kiesgrube Reinshof sind ebenfalls aus lokaler Sicht bemerkenswert viele.

Der einzige Steinwälzer flog am 5. Mai am Großen Freizeitsee davon; derselbe Ort sagte erst einem (14. Mai), anderthalb Wochen später gleich zwei Sanderlingen offenbar zu und ließ sie zwei bzw. vier Tage bleiben.

Abb. 9: Prächtiger Sanderling am Northeimer Freizeitsee. Foto: V. Hesse

Zwei Zwergstrandläufern (14. bzw. 22. Mai) stehen mindestens neun Temminck­strand­läufer (27. April bis 16. Mai) gegenüber – ein typisches Häufigkeitenverhältnis im Binnenland.
Höchstzahlen des Alpenstrandläufers belaufen sich auf 28 Ind., die am 4. April durch den Leinepolder Salzderhelden wuselten.

Die meisten Zwergmöwen (immerhin 29 Ind.) nutzten am 25. April den Seeburger See zur Nahrungssuche, 16 waren es zwei Tage zuvor am Großen Freizeitsee. 
Der Durchzug der Lachmöwe kulminierte am 23. März, als >1.200 Vögel erst bei Edesheim auf einem Acker und anschließend im Leinepolder Salzderhelden beobachtet wurden. Beringte Vögel fanden sich am Seeburger See, wo am 7. März ein kroatischer Altvogel (adult beringt am 08.02.2015 auf einer Müllkippe in Jakuševec bei Zagreb; links weiß SEM7) sowie am 14. Mai ein polnisches Tier aus dem Vorjahr (juvenil beringt am 11.06.20 bei Wyszkow; gelb TMLY) abgelesen werden konnten.
Nach fünf ausschließlich adulten Schwarzkopfmöwen im März folgten erst ab der Monatswende April-Mai wieder (mind. sieben) Artgenossen, die meisten davon hatte noch nicht die Volljährigkeit erreicht.

Je eine Silbermöwe zeigte sich am 2. März (vorjährig; Leinepolder Salzderhelden), 12. März und 4. Mai (adulte; Großer Freizeitsee).
Mittelmeermöwen aller Altersklassen wurden insgesamt 40-mal gemeldet, dabei neben einem Duo am Seeanger (vorjährige; 1. Mai) und einem 8er-Trupp am Großen Freizeitsee (11. Mai) ausschließlich Einzelvögel.
Überwiegend nicht-adult waren die 172 gemeldeten Steppenmöwen (Mehrfachmeldungen inbegriffen), der inzwischen in der Region am häufigsten beobachteten Großmöwe. Darunter war auch eine Brandenburgerin (juvenil beringt am 12.06.19 am Gräbendorfer See; gelb XLJP) im dritten Kalenderjahr. Die Truppgrößen lagen zwischen einem und sieben Vögeln. 

Dass die Großmöwenbestimmung Neulingen bereits nach einem ersten Blick ins Bestimmungsbuch einen großen Bogen um diese Artengruppe machen lässt und auch erfahrenere Vogelbeobachter noch regelmäßig in den Wahnsinn zu treiben vermag dürfte niemanden verwundern. Noch weitaus schwieriger, und in vielen Fällen unmöglich, ist die Bestimmung von Hybriden. Ein (vermuteter) Vertreter der Kombination Silber x-Steppenmöwe im dritten Kalenderjahr konnte zwischen dem 14. April und 22. Mai regelmäßig am Seeburger See und der Northeimer Seenplatte, inkl. Leinepolder Salzderhelden, beobachtet und fotografiert werden – ein gelber Farbring (juvenil beringt am 07.06.19 in Braunsbedra; gelb XHLL) vereinfachte hierbei das Erkennen des Vogels. Allerdings war es weder den Beringern noch Möwenexperten möglich, den Vogel mit endgültiger Sicherheit zu bestimmen.

Abb. 10: Unbestimmbarer Rätselhybrid mit Merkmalen von Silber- und Steppenmöwe. Foto: V. Hesse

Sieben Heringsmöwen, davon eine im zweiten, eine im dritten und drei im Alterskleid zogen zwischen dem 3. März und dem 19. April durch.

Glänzen konnte die Region diesen Frühling mit Seeschwalbennachweisen. Darunter eine Zwergseeschwalbe (22. bis 26. Mai; Großer Freizeitsee), eine Lachseeschwalbe (30. Juni; ebenda), sechs Raubseeschwalben (9. April; Göttinger Kiessee), eine Weißbart-Seeschwalbe (20. und 21. Juni; Seeburger See), sieben Weißflügel-Seeschwalben (9. Mai; Leinepolder Salzderhelden), bis zu 16 Trauerseeschwalben (Höchstzahl: 5. Juni; Seeburger See) eine Brandseeschwalbe (26. Juni; Seeburger See), mindestens 21 Flussseeschwalben (Gesamtzahl) sowie vier Küstenseeschwalben (8. bis 9. Mai, 22. bis 26. Mai; Großer Freizeitsee). Damit waren alle in Deutschland vorkommenden Seeschwalbenarten vertreten – jede weitere Art wäre einer Sensation gleichgekommen.

Abb. 11: Stippvisite im Nieselregen: seltene Lachseeschwalbe in Northeim. Foto: B. Riedel

Das nunmehr sechste Frühjahr in Folge müht sich eine Hohltaube am Göttinger Kiessee damit ab, eine Partnerin zu finden. Ob es wohl jemals klappt?
Die hiesigen Ergebnisse einer landesweit durchgeführten Erfassung der Turteltaube werden aufgrund noch laufender Kartierungen im kommenden Bericht dargestellt, im Berichtszeitraum gab es immerhin Beobachtungen aus acht Gebieten. Die großflächige Öffnung der Wälder durch Sturm, Trockenheit und Insektenkalamitäten sollte dieser Art eigentlich entgegenkommen – sofern noch Vögel zum Besiedeln übrig sind…

Die Beobachtung eines Halsbandsittichs am 8. Mai aus Göttingen-Grone ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen entflogenen Käfigvogel zurückzuführen.

Immerhin fünf Schleiereulen legen nahe, dass den kurzen, aber heftigen Wintereinbruch mehr Vögel überlebt haben als zunächst befürchtet. Vorkommen am Leinepolder Salzderhelden und in Eberhausen fanden sich bestätigt, ein Tonaufnahmegerät dokumentierte (zum wiederholten Mal!) einen Vogel in Nikolausberg und Sichtbeobachtungen jagender Eulen erfolgten am Diemardener Berg und in der Rhumeaue.
Spärlich sind Meldungen des Raufußkauzes: drei singende Männchen im Solling, eins im Bramwald.
Das einzige, seit 2020 bekannte, Vorkommen des Steinkauzes der Region im Landkreis Northeim konnte sich zuletzt im März bestätigen.
Von der kleinsten heimischen Eule konnten mindestens acht besetzte Reviere in drei Gebieten (Gillersheimer Forst, Reinhäuser Wald, Solling) festgestellt werden. In erstgenanntem Forst waren bislang keine Sperlingskauzvorkommen bekannt. Die Nachweise in diesen vergleichsweise kleinen Wäldern der tieferen Lagen nehmen zu, nicht zuletzt dank intensiver Suche motivierter Leute.

Bruterfolg der Waldohreule ließ sich durch bettelnde Jungvögel in einem Feldgehölz bei Jühnde (2 JV), in einer Scheune in Göttingen Geismar-Süd (1 JV), in der Göttinger Südstadt (2 JV), zweimal in Seeburg (2 JV und 3 JV), in Wiershausen (4 JV) und Mollenfelde (2 JV) vernehmen.
Von der nah verwandten Sumpfohreule liegen zwei Beobachtungen vor, einmal vom Großen Freizeitsee (6. Mai) und einmal aus dem Seeanger (17. Mai) – beide ließen sich ausschließlich im Flug bestaunen.

Ab dem 12. März schallte des nachts ein wiederholtes und voluminöses „UU-hu“ über die Göttinger Innenstadt. Schaurig ist die Atmosphäre, wenn ein Uhu von auf dem Dach des Deutschen Theaters befindlichen Skulpturen oder von der Spitze des St. Paulus-Kreuzes ruft. Nachdem eine Turmfalken-Brutnische am Max-Planck-Gymnasium als untauglich beurteilt wurde erkundete er einen Monat lang, gemeinsam mit einem Weibchen, das Stadtgebiet zwischen Innenstadt, Nikolausberg, Ostviertel (Stauffenbergring/Nonnenstieg) und Zietenterrassen (Guldenhagen/Emil-Nolde-Weg). Spekulationen über die Anwesenheit von mehr als zwei Vögeln konnten nicht bestätigt werden. Nach dem 13. April war der Spuk vorbei – ob das Paar schließlich noch einen geeigneten Brutplatz gefunden hat ist unbekannt. Ebenfalls skurril erscheint ein Brutversuch eines Uhus, der bei Mollenfelde in einem Garten versuchte in einem Krähennest zu brüten. Man fragt sich sogleich, wie das denn passen soll. Ein zweiter Vogel wurde hier nicht beobachtet und es ist von einem unerfahrenen Tier auszugehen. Das Scheitern der Brut war eigentlich programmiert – sicherlich zum Wohlgefallen der in nächster Nähe brütenden Waldohreulen.

Abb. 12: Grusel-Uhu auf dem Dach des Deutschen Theaters. Foto: M. Siebner

Die seit 2017 in Innenstadtnähe ansässigen Waldkäuze brachten vier Junge zum Ausfliegen. Ob der Wechsel des Brutplatzes in den nahe gelegenen Cheltenhampark Zufall war oder mit dem Auftauchen der Uhus zusammenhängt, bleibt Spekulation.

Nur 62 Beobachtungen des Eisvogels unterstreichen das hohe Gefährdungspotential durch anhaltende Minusgrade (zum Vergleich: 2020 waren es 214). Der bereits erwähnte Wintereinbruch im Februar hat offensichtlich zu großen Verlusten geführt. Hoffen wir, dass diese durch guten Bruterfolg schnell wieder ausgeglichen werden können.
Bienenfresser brachten etwas Farbe in fünf Gebiete. Am 9. Mai machten fünf Vögel am Großen Freizeitsee den Auftakt, einen Tag später folgten sechs bei Ebergötzen, gefolgt von je einem Vogel bei Katlenburg und am Flüthewehr. Mindestens zwei Vögel über dem Neuen Botanischen Garten machten am 24. Mai den Abschluss. Fast alle zogen, mit weichem „prrüt“, am Himmel vorbei. Nur ein einziger Vogel verließ kurzzeitig den Luftraum:

Abb. 13: Exotisches Flair am Göttinger Kiessee: Bienenfresser. Foto: M. Siebner

Ebenfalls Farbe brachten acht rastende Wiedehopfe, die fast ausschließlich im Göttinger Stadtgebiet und stadtnahen Bereichen gesehen wurden. Ausnahme machte ein Vogel im Leinepolder Salzderhelden. Der erste überraschte am 5. April an der Kiesgrube Reinshof, der letzte setzte sich am 13. Mai auf das Dach einer Scheune in Geismar-Süd, bevor er sich davonmachte. Ein neunter Wiedehopf stocherte 150 m hinter der Landkreisgrenze zu Hildesheim am Feldweg nach Nahrung.

Zum Wendehals folgt im nächsten Bericht eine genauere Aufstellung der Nachweise. Das wichtigste in Kürze: traditionelle Brutplätze waren besetzt, teilweise in sehr guter Bestückung. Im Forstbotanischen Garten (mit Brutnachweis), am Kerstlingeröder Feld (3-4 Reviere, 2 mit Brutnachweis) sowie in der Südstadt, am Freizeitsee, im Gartetal und bei Duderstadt. Weitere Hinweise auf Brutvorkommen erfolgten bei Hohnstedt, an der ICE-Trasse westl. Lemshausen, im Northeimer Wald (bis zu 4!), im Gillersheimer Bachtal, am Sultmerberg, im Weckenholz, an den Northeimer Kiesteichen und am Impfzentrum in Göttingen-Grone. Alles in allem erneut ein erfreulich gutes Jahr, auch als Folge gezielten Suchens in geeigneten Habitaten.
Ein Brutnachweis des Grauspechts (2 JV) erfolgte am Kerstlingeröder Feld; ein Ebensolcher des Mittelspechts wurde im Göttinger Stadtwald erbracht. Kleinspechte beim Füttern ihrer Jungen fanden sich im Solling – erstaunlicherweise zimmerten sich die Vögel ihre Stube in 1,90 Meter Höhe in eine abgestorbene Hainbuche. Mit einem Brusthöhendurchmesser von nur 20 Zentimeter blieb in dem dünnen Bäumchen nicht viel Platz, aber die Vögel wussten den begrenzten Raum gut zu nutzen.

13-mal ließ sich der Pirol nachweisen. An zwei Orten (Pferdeberg bei Immingerode und Großer Freizeitsee) gab es eine zweite Beobachtung, die möglicherweise kurzzeitige Revierbesetzungen darstellen. Gleich zwei Vögel nahe des Fuchsbergs im Bramwald sollen ebenfalls nicht unerwähnt bleiben.

Alljährlich auf dem Kerstlingeröder Feld durchgeführte Zählungen, der überregionalen Hochburg des Neuntöters, ergaben in diesem Jahr 20 Reviere und zeigen einen stabilen Bestand an. Weitere Befunde, besonders von den zahlreichen Waldschadensflächen, werden aufgrund noch laufender Erfassungen im nächsten Bericht abgehandelt.

59 Sichtungen des Raubwürgers sind sehr erfreulich und ließen zeitweise Hoffnungen auf Ansiedlungen aufkommen. Diese wurden (bislang) enttäuscht, denn ab April ließ sich keiner mehr blicken. Vielleicht ergeben letzte Besuche auf Waldschadensflächen im Rahmen der erwähnten Turteltaubenerfassung doch noch Überraschungen – die Bettelrufe der Jungvögel sind sehr auffällig. 

Hat sich der immense Rückgang an Nadelgehölzen in den Wäldern negativ auf den Tannenhäher ausgewirkt? Das lässt sich mit Zufallsbeobachtungen aus ornitho.de nicht herausfinden – im Bearbeitungszeitraum waren es ganze zwei (Kaufunger Wald und Solling)…
Brutverdächtige Dohlen wurden in Lutterhausen (1-2 BP), Ellierode, Fredelsloh (1-4 BP), Bodensee Bernshausen, Wollbrandshausen, Seeburg und Klein Schneen bekannt. Einer von zwei Brutnachweisen ergab sich in letztgenanntem Ort, wo in unmittelbarer Nachbarschaft zu Waldkauz und Turmfalke in einer Scheune (Nistkastenbrut) zwei Jungvögel großgezogen wurden. In Seeburg erfolgte ein Brutnachweis in Form eines Altvogels, der Futter vom Seeanger Richtung Ortschaft beförderte.

Als in der Region als Brutvogel verschollen muss die Beutelmeise gelten, nachdem sie Südniedersachsen erst in den 1980er Jahren besiedelt hatte. Zwei Nachweise aus dem Seeanger vom 23. April und 1. Mai betreffen Durchzügler; ein Vogel am 29. Juni an der Geschiebesperre lässt sich möglicherweise mit Dismigration erklären. Auch bei dieser Art könnte das gezielte Suchen nach Hinweisen in geeigneten Lebensräumen wie Flussauen neue Erkenntnisse liefern – praktischerweise geht das im Herbst und Winter besonders gut. Die auffälligen Nester der Vögel sind dann leicht zu entdecken und es kommt zu keinen Störungen des Brutgeschäfts.

Erwähnenswerte Trupps der Heidelerche suchten am 6. März (32 Ind.), 9. März (16 Ind.) und 22. März (25 Ind.) auf waldrandnahen Ackerflächen nach Nahrung. Die Art wird als „ausnahmsweise bzw. unregelmäßig und lokal in unserer Region brütend“ (Dörrie 2010) beschrieben; rezente Brutzeitbeobachtungen gibt es nicht, was aber möglicherweise auch auf eine geringe Beobachtungsfrequenz in geeigneten Habitaten zurückzuführen ist. Infolge eines gezielten Aufsuchens von kürzlich durch Windbruch, Trockenheit und Borkenkäfer entstandenen, großen Offenflächen im Kaufunger Wald ließen sich ebenda an zwei Stellen Heidelerchenvorkommen dokumentieren. Eine weitere Junibeobachtung erfolgte auf der Dransfelder Hochfläche, wo ebenfalls geeignete Lebensräume gegeben sind. Ob sich eine regionale, möglicherweise sogar dauerhafte Population in den aktuell in Umwandlung befindlichen und großflächig geeigneten Lebensraum bietenden Wäldern herausbildet?

Abb. 14: Von Heidelerchen besiedelte Offenfläche im Kaufunger Wald. Fotomontage: B. Bartsch

Traditionelle Brutkolonien der Uferschwalbe waren besetzt. In der zweiten Maidekade flogen in der Sandgrube Meensen 15 Vögel und am Großen Freizeitsee 500 Vögel umher. Angaben zur Anzahl von Bruthöhlen liegen von beiden Orten (noch) nicht vor, sodass hier nichts weiter angeführt werden kann.

Etwas später als üblich meldete sich am 23. April der erste Feldschwirl, höchste Dichten wurden im Leinepolder Salzderhelden, im Gillersheimer Bachtal und der Rhumeaue erreicht, wo jeweils dürftige fünf Vögel sangen. Dem stehen mindestens 14 Revier anzeigende Feldschwirle auf verschiedenen Waldschadensflächen gegenüber.
Von 31 Schlagschwirlen kam es in vier Gebieten zu Revierbesetzungen. Im Gillersheimer Bachtal, bei Lödingsen und in der Ellerniederung bei Hilkerode ließ sich je ein Männchen nieder, in der Rhumeaue zwischen Lindau und Gieboldehausen waren es mindestens fünf.
Maximal vier Rohrschwirle bevölkerten den Seeburger See, ein weiterer den Seeanger. Eine bemerkenswerte Revierbesetzung im Gillersheimer Bachtal ist angesichts des relativ kleinen Schilfgürtels ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Die im Leinepolder Salzderhelden befindliche, größte hiesige Population kann durch ornitho.de nicht quantifiziert werden.

Sowohl Schilf– als auch Drosselrohrsänger waren dieses Frühjahr eher spärlich vertreten. Während einzelne Beobachtungen des Kleineren der zwei teils bis in den Juni vom Seeburger See, Seeanger und Leinepolder Salzderhelden erfolgten (und als Hinweis auf Brutvorkommen gewertet werden können), meldete sich Vertreter des Größeren in der Tongrube Ascherberg mit zwei Sängern (einer verpaart!), an den „Wunderteichen“ bei Höckelheim, am Seeburger See (3 Rev.) und im Leinepolder Salzderhelden (>3 Rev.). Weitere Beobachtungen beider Arten verblieben singulär und werden daher als Durchzügler bewertet.

Der seit drei Jahren bestehende Starenschlafplatz südlich des Göttinger Kiessees füllte sich am 10. Juni bereits mit geschätzten 4.000 Vögeln. Möglicherweise waren Rabenkrähen der Grund für sein kurzzeitiges Verwaisen. Gegen Ende des Berichtszeitraums fanden sich aber wieder geschätzte 2.000 – 3.000 Stare ein.

23 Beobachtungen von mindestens 43 Ringdrosseln können sich sehen lassen, die letzten zwei machten es sich am 3. Mai im Leinepolder Salzderhelden bequem. Fünf Tage später verschwanden als Folge eines witterungsbedingt verspäteten Wegzugs nahe Rosdorf die letzten vier Rotdrosseln, ausgerechnet 15 Minuten bevor sie die Liste zweier Birdrace-Sympathisanten hätten vervollständigen können. Vergleichsweise starke Truppgrößen wurden auch in der zweiten Aprilhälfte noch erreicht, beispielsweise >74 Ind. in der Nacht des 19. Aprils über der Göttinger Nordstadt – das Tonaufnahmegerät hat hier mit Sicherheit nur einen kleinen Bruchteil der durchziehenden Drosseln aufgenommen.

Dass Beweidungsprojekte zu spannenden Entwicklungen der Lebensräume führen können, ist in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen. Ob sich der am 9. Mai entdeckte Zwergschnäpper den „Hutewald Nienover“, ein 223 Hektar großer und seit etwa 20 Jahren durch jeweils ca. 30 Exmoorponys und Heckrinder beweideter und dadurch sehr strukturreicher Wald (die Bezeichnung „Wald“ ist hier ausnahmsweise mal zutreffend, während für normale Nutzwälder eigentlich die Bezeichnung „Forst“ oder „Baumplantage“ gewählt werden sollte), zufällig ausgesucht hat? Der Vogel war ausgefärbt, sang allerdings (untypischerweise) relativ leise und oft unvollständig. Drei Wochen später verhielt er sich, ebenfalls für regionale Verhältnisse untypisch, sehr heimlich und inspizierte die höhlenreichen Baumriesen. Ein zweiter Vogel konnte allerdings nicht hier, sondern am 29. Mai im Wildtiergehege am Kehr gefunden werden. Das ebenfalls adulte Männchen sang bis zum 22. Juni aus voller Kehle – so wie es sich für unverpaarte Männchen am Rande des Verbreitungsgebiets eben gehört.
Weitaus mehr Geschick erfordert es, in der Geräuschkulisse von Waldvögeln den zarten Gesang des Halsbandschnäppers herauszuhören. Dem geschulten Ohr des Beobachters entging er nicht, als er am 28. Mai das „Schmesserfeld“ im südwestlichen Solling aufsuchte.

Audio: Gesang des Sollinger Halsbandschnäppers – auffallend unauffällig! Aufnahme: D. Singer

Das adulte Männchen sang zwar ausgiebig, hielt sich aber im Grunde nur in den Baumkronen des aufgelichteten Eichenbestands auf und war dort entsprechend nur sehr schwierig zu beobachten. Nach vier Tagen war er wieder weg. Es handelt sich um den fünften Nachweis im Bearbeitungsgebiet (1966, 1967, 1978, 2013, 2021).

Abb. 15: …optisch dagegen weniger unauffällig. Foto: V. Hesse

Den einzigen Hinweis auf einen Brutverdacht des Trauerschnäppers lieferte ein Weibchen im Wildtiergehege am Kehr (einem ehemaligen Verbreitungsschwerpunkt), wo es in Anwesenheit eines Männchens Nistmaterial sammelte. Ob es sich bei den in verschiedenen Gebieten bis Anfang Juni festgestellten Einzelnachweisen oft auch singender Vögel nur um späte Durchzügler handelt? Das geben die Daten leider nicht her.

Im letzten Braunkehlchen-Brutgebiet Südniedersachsens, dem Leinepolder Salzderhelden, ließen sich zwei Reviere ausmachen. Weitaus weniger deprimierend haben sich die Bestände von Schwarz– und Blaukehlchen entwickelt: zahlreiche Vorkommen konnten bestätigt werden. Brutnachweise des Schwarzkehlchens ergaben sich in acht Gebieten (u. A. auf einer Windwurffläche); Nachwuchs des Blaukehlchens in drei bekannten Gebieten.

Sieben Brachpieper nutzten die erste Maihälfte für Zwischenstopps, mit Ausnahme zweier Vögel an der ehemaligen Tongrube Siekgraben waren sie alle allein unterwegs.
Im bedeutendsten Brutgebiet des Baumpiepers, dem Kerstlingeröder Feld, konnten mindestens 18 Reviere dokumentiert werden. Weiterhin konnten auf zahlreichen Windwurfflächen Revier anzeigende Vögel gefunden werden. Im Folgebericht wird dies genauer ausgeführt.
Die einzigen Brutvorkommen des Wiesenpiepers ließen sich in der Feldmark zwischen Bovenden und Angerstein mit nur noch drei Revieren und im Leinepolder Salzderhelden mit mindestens acht Revieren bestätigen. Wie lange sich die erstgenannte und hierzulande möglicherweise letzte Normallandschaftspopulation dort noch halten kann, ist sehr fraglich. Ob der „Niedersächsische Weg“, der breite und ungedüngte Gewässerrandstreifen vorsieht, der Art zugutekommt? Man kann es nur hoffen. Die Leine ist beispielsweise als sog. „Gewässer 2. Ordnung“ klassifiziert, LandwirtInnen müssen nun zu ihrem Ufer einen fünf Meter breiten Randstreifen anlegen und dürfen diesen nicht düngen, nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandeln und nicht umbrechen. An „Gewässern 3. Ordnung“, die immerhin rund 80 Prozent des niedersächsischen Gewässernetzes ausmachen und auch kleine Bäche umfassen, sind es drei Meter.

Gleich zweimal (5. und 12. Mai; Leinepolder Salzderhelden und Seeanger) verriet sich ein auf- und überfliegender Vogel an einem gedehnten „psiiih“; einer der Rotkehlpieper ließ sich anschließend auch kurz optisch begutachten.
Reichlich spät dran waren zwei Bergpieper am 16. Mai am Ufer des Großen Freizeitsees:

Abb. 16: Ins Prachtkleid hat er es schon mal geschafft… Später Bergpieper auf dem Heimweg ins Gebirge. Foto: B. Riedel

Merkmale einer Aschkopf-Schafstelze wies ein Vogel an der Geschiebesperre Hollenstedt auf, der sich am 18. April an der Wasserkante offenbarte. Ob eine Anerkennung durch die zuständige Seltenheitenkommission ohne Tonaufnahmen der Rufe realistisch ist, erscheint zunächst fraglich.
Einer männlichen Gelbkopf-Schafstelze am Großen Freizeitsee (28. April) folgte vier Tage später an derselben Stelle ein Vogel desselben Geschlechts und blieb bis zum 27. Mai. Ob es sich dabei um einen anderen Vogel handelt, obliegt ebenfalls einer Stellungnahme durch die zuständige Seltenheitenkommission.
Zitronengelb war der Vogel, der am 3. Mai auf den Schlammflächen der Geschiebesperre Hollenstedt herumlief. Frühjahrsnachweise von Zitronenstelzen, diesmal ein Weibchen, scheinen neuerdings nahezu alljährlich anzufallen.

Ein letzter, einsam rufender Bergfink geriet am 2. Mai im Bramwald zu Gehör. Im April wurden bereits nur noch an vier Stellen insgesamt acht Individuen festgestellt, die meisten schienen bereits im März durch- bzw. abgezogen zu sein.
Der letzte Fund heimziehender nordosteuropäischer „Trompetergimpel“ liegt in Form eines Duos auf einer Windwurffläche nahe Gillersheim vor und datiert vom 16. März.
Hinweise auf mögliche Brutvorkommen des Erlenzeisigs liegen aus dem Solling, Bramwald, Kaufunger und Reinhäuser Wald vor. Konkretes Brutverhalten, wie beispielsweise durch singfliegende Männchen ausgedrückt, ließen sich nicht feststellen. Ein am 16. April in Göttingen-Weende in einem Garten kopulierendes Pärchen ließ sich nicht erneut ausmachen. Manche Bereiche im urbanen Raum können allerdings durchaus als Brutgebiet in Frage kommen (z.B. Stadtfriedhof Göttingen), weshalb dieser Art auch hier stets Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

Die Tendenz zu vermehrten Frühjahrsnachweisen von Grauammern hält an. Im Seeanger rastete am 24. März und 1. April ein (evtl. derselbe und auf dem Heimzug befindliche) Vogel. Überraschend erklang am 13. Mai in der Feldmark östlich von Rittmarshausen der Gesang einer Grauammer; auch am 16. Mai war er noch zu hören. Eine weitere Überraschung ließ nicht lange auf sich warten: am 11. Juni sang ein weiterer Vogel zwischen Bodensee und Gieboldehausen. Gezieltes Suchen im weiteren Eichsfeld könnte viele weitere Überraschungen zu Tage fördern, sollte aber nur mit hoher Frustrationstoleranz gegenüber ausgeräumten Agrarlandschaften angegangen werden!

Abb. 17: Agiles Grauammer-Männchen in der Feldmark bei Rittmarshausen. Foto: M. Siebner

Am 28. und 30. April machte je ein männlicher Ortolan nahe Wachenhausen und in einem Garten bei Ebergötzen auch akustisch auf sich aufmerksam.

Schluss mit Genuss: am 2. Juni fand sich ein Männchen der aus Südosteuropa stammenden Kappenammer auf der Speicherkarte einer Fotografin wieder. Seine Rast am Sollingrand nahe Mackensen war offenbar von kurzer Dauer; niemand fand den Vogel in den Folgetagen wieder. Damit liegt für unsere Region der Erstnachweis dieser Ammernart mit Ausbreitungstendenz nach Nordwesten vor.

Abb. 18: Erstnachweis der Kappenammer im Bearbeitungsgebiet. Foto: A. Trentz

Der Bericht beruht auf exakt 50.500 Meldungen (zum Vergleich: 2020 43.680, 2019 29.214) der vogelkundlichen Datenbank ornitho.de; behandelt wurden ausschließlich die Landkreise Göttingen (Altlandkreis) und Northeim.

Béla Bartsch

Der Dank geht an die Beobachter/innen:

F. Arndt, P.H. Barthel, N. Bayer, T. Becker, K. Beelte, L. Bergschmidt, A. Bischoff, M. Bock, T. Böckenförde, P. Böhl, S. Böhner, L. Bolte, J. Bondick, M. Borchardt, D. Bordin, H. Brockmeyer, G. Brunken, J. Bryant, J. Bunk, M. Corsmann, J. Demmer, C. Dienemann, H. Dörrie, K. Dornieden, M. Drüner, L. Dumpe, M. Fichtler, C. Frank, T. Gawlig, T. Geis, M. Georg, M. Göpfert, E. Gottschalk, C. Grüneberg, F. Hadacek, K. Hagenow, A. Hartmann, S. Hartmann, F. Heim, F. Helms, A. Henningsen, D. Hennrich, J. Herborg, D. Herbst, M. Herkel, V. Hesse, S. Hillmer, U. Hinz, F. Hirschauer, M. Hölker, M. Hoffmann, S. Hohnwald, M. Hoppe, S. Jaehne, M. Jahn, M. Jenssen, J. Joosten, K. Jünemann, J. Kallmayer, J. Kamp, H. Karthäuser, R. Käthner, H.-A. Kerl, P. Kerwien, P. Keuschen, M. Krömer, P. Kuester, I. Lilienthal, V. Lipka, U. Maier, D. Mederer, T. Meineke, P. Mergel, K.-F. Merten, H. Meyer, M. Mooij, P. Motzkau, J. Myles, F. Nieporte, D. Nolte, D. Ochterbeck, F. Oertel, J. Opitz, A. Otte, F. Pape, S. Paul, G. Peters, B. Preuschhof, J. Priesnitz, L. Przibilla, M. Püttmanns, K. Raab, D. Radde, J. Reichelt, O. Reuer, B. Riedel, M. Rößner, T. Rohde, L. Rüskaup, H. Rumpeltin, L. Sackers, R. Schenk, H. Schmidt, A. Schuldt, M. Schulze, J. Schwickardi, M. Siebner, D. Simmelbauer, D. Singer, L. Söffker, F. Specht, I. Spittler, N. Stanik, T. Stemmler, A. Stumpner, A. Sührig, J.-N. Tertling, F. Vogeley, W. Vogeley, D. Waldhelm, J. Weiss, J. Weiß, J. Wobker, J. Wohlert, D. Wucherpfennig, D. Zinner und viele andere.

Quellen:

Dörrie, H.-H. (2010): Anmerkungen zur Vogelwelt des Leinetals in Süd-Niedersachsen und einiger angrenzender Gebiete 1980-1998. Kommentierte Artenliste. 3. korrigierte Fassung, Göttingen, Dezember 2010.

Gedeon, K., Grüneberg, C., Mitschke, A., Sudfeldt, C., Eikhorst, W., Fischer, S., Flade, M., Frick, S., Geiersberger, I., Koop, B., Kramer, M., Krüger, T., Roth, N., Ryslavy, T., Stübing, S., Sudmann, S.R., Steffens, R., Vökler, F., & K. Witt (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten, Münster.

Abb. 19: Klein aber fein: Zwergseeschwalbe am Großen Freizeitsee. Foto: M. Siebner