Späte Brutzeit und Wegzug 2015 in Süd-Niedersachsen

Gro�er Brachvogel - M.Siebner
Abb. 1: Limikolen wie dieser Große Brachvogel machten sich heuer überaus rar. Foto: M. Siebner

„Unser Blut sei nicht mehr der Raben, nicht der mächt’gen Geier Fraß! Erst wenn wir sie vertrieben haben, dann scheint die Sonn’ ohn’ Unterlass!“ So schmissig klingt es in der letzten Strophe der Internationale. Natürlich ist die Säuberung von Vögeln, die in Wirklichkeit alles andere als unersättliche Vampire sind, in dem ehrwürdigen Kampflied metaphorisch gemeint. Gleichwohl dürften Kommunisten – unter deutschen Vogelkundlern gibt es wenige, unter den Göttinger Fachgenossen wohl nur einen – in diesem Sommer ins Grübeln gekommen sein: Die Sonne brannte verheißungsvoll vom Himmel wie selten zuvor – doch die Schurken und Schergen jeder Couleur waren alle noch da und erfreuten sich bester Gesundheit. Wie kann das sein? Auch für Klimatologen in Erwartung der Apokalypse bot das schöne Wetter Anlass zum Verdruss. Alle anderen aber konnten den warmen Sommer und Herbst 2015 unbeschwert genießen. Bis auf den Oktober, der zur Hälfte bemerkenswert kalt ausfiel, war es immer warm und zumeist trocken. Im Norden der Republik sah es dagegen anders aus. Sogar im November herrschten über Wochen vorfrühlingshafte Temperaturen. Unterbrochen wurde das allgemeine Wohlbehagen allenfalls vom ungewöhnlichen Sommersturm „Zeljko“, der am 25. Juli über Deutschland hinwegfegte. Am 17. August sorgte ein schweres Gewitter für lokale Überschwemmungen im Leinetal südlich von Göttingen. Das langweilige Wetter mit wenig Dynamik in der Vogelwelt ging erst in der letzten November-Dekade mit tageweise winterlichen Temperaturen und gleich drei Sturmtiefs in Folge zu Ende. Kein Wunder also, dass es aus dem Zeitraum von Juli bis November vergleichsweise wenig zu berichten gibt.

Im Seeanger konnte sich auch das zweite Brutpaar des Höckerschwans mit einer Spätbrut (ein Jungvogel) reproduzieren. Das Brutpaar am Göttinger Kiessee sorgte bei Spaziergängern für (teils empört artikulierte) Irritationen. Einer der vier (von ursprünglich fünf) Nachkommen wurde von den Eltern regelmäßig brutal verjagt und verbissen. Dem armen Kerl blieb nur die Flucht ans Ufer, wo er bei Anglern und Passanten Schutz suchte. Trotz der Attacken bemühte er sich immer wieder vergebens um Familienanschluss. Dass Höckerschwäne Jungvögel verstoßen kommt öfter vor. Dabei handelt es sich jedoch zumeist um kranke oder geschwächte Tiere, denen von den Eltern keine Überlebenschancen eingeräumt werden (Birkhead & Perrins 1986). Der betroffene Vogel war aber augenscheinlich keines von beiden und erlangte planmäßig die Flugfähigkeit. Die Gründe für das rabiate Verhalten der Eltern müssen offen bleiben.

Die ersten (drei) Singschwäne, unter ihnen wieder ein in Lettland markierter, trafen am 23. November im Leinepolder Salzderhelden ein. Am 6. November flogen fünf Zwergschwäne über das Gebiet.

Am 23. September rasteten zwei Kanadagänse auf dem Göttinger Kiessee, ein Vogel hielt sich von Ende September bis Mitte Oktober an der Geschiebesperre Hollenstedt auf. Ein aus regionaler Sicht außergewöhnlich kopfstarker Trupp von 38 Weißwangengänsen zog (fotografisch belegt) am 26. Oktober über Fredelsloh nach Südwesten.

Bereits aus dem Vorjahr bekannt ist eine tschechische Graugans mit rotweißem Halsring I29, die sich ab dem 18. Juli an der Geschiebesperre Hollenstedt bemerkbar machte. Ein ebenfalls aus Tschechien stammender Vogel (T48, am 9.6.2012 als diesjähriges Weibchen markiert) traf am 3. September ebenda ein und siedelte ab Mitte Oktober in den Göttinger Süden (Kiessee, Reinshof) um. Eine am 17.6.2014 als Jungvogel in der Nähe des Neusiedler Sees/Fertö markierte ungarische Graugans (gelber Ring H588) zeigte am 3. und 4. September am Kiessee weiteren Zu- bzw. Durchzug aus Osteuropa an.

Graugans - A.Stumpner
Abb. 2: Ein Hauch von Pusztaromantik am Kiessee? Foto: A. Stumpner

Wie üblich legten Nilgänse im Sommer und Herbst ordentlich nach: An der Geschiebesperre Hollenstedt und am nahen Böllestau schlüpften fünf bzw. zwei Kleine, während am Seeanger zwei Paare mit anfangs je drei Kleinen die Zahl erfolgreicher Bruten auf drei erhöhten. Am 23. August tauchte an der Leine nördlich des Flüthewehrs eine Familie mit fünf frisch geschlüpften Jungen auf, die vermutlich in einer der hohen Pappeln nahe der Stegemühle erbrütet worden waren. Wegen der vielfältigen Störungen durch freilaufende Hunde und regen Besucherverkehr waren die Altvögel beständig alarmiert und drückten sich mit dem Nachwuchs scheu am Ufer. Nach fünf Tagen waren die Jungen verschwunden. Besser erging es dem im Frühjahr gescheiterten Paar im Levin-Park, das ab Anfang September drei Junge zum Ausfliegen brachte. Damit liegt, wenn es zu keinen Winterbruten kommt, die Gesamtzahl der regionalen Bruten bei 18. Ein Happy End mit Ausfliegeerfolg konnten jedoch nur zwölf von ihnen vorweisen. Die Zunahme ist offenkundig, verläuft aber alles andere als explosiv. Am traditionellen Rast- und Wegzugplatz an der Geschiebesperre Hollenstedt versammelten sich bereits Anfang September, also ungewöhnlich früh, um die 200 Vögel. Später gingen die Zahlen zurück und erreichten erst ab Anfang Oktober die für diese Jahreszeit typischen ca. 150 bis knapp 200 Ind.

Brandgänse traten nur spärlich als Einzelvögel in Erscheinung, darunter, als lokale Besonderheit, am 26. Juli am Kiessee. Ende November zeigten fünf Ind. am Seeburger See ein unterdurchschnittliches Maximum.

Die Brutsaison der Reiherenten verlief mittelprächtig. Am 14. Juli tauchte auf dem 2800 m² großen Dorfteich in Bodensee ein Weibchen mit acht sehr kleinen Jungen auf. Die Familie war wenig später verschwunden. Wohin, bleibt ein großes Rätsel, denn andere Gewässer nennenswerter Größe sind mehrere Kilometer entfernt. Am Seeanger gab es zwei erfolgreiche Bruten mit insgesamt wohl sieben Küken. Am 21. Juli schlüpften am Göttinger Kiessee sechs Kleine, von denen bereits am Folgetag zwei verschwunden waren. Am 24. Juli schwamm ein Weibchen mit zwei Kleinen auf der Leine am Flüthewehr. Weil die Familie am Kiessee nicht mehr aufzufinden war, kann von einem (nächtlichen?) Umzug über Land ausgegangen werden. Solche wagemutigen Aktionen sind bei Reiherenten durchaus nicht selten. Die beiden verbliebenen Jungvögel erreichten die Selbständigkeit. Ab dem 15. August führte ein weiteres Weibchen auf dem Kiessee fünf Küken, von denen zwei flügge wurden. Am 20. August erschien am Flüthewehr ein Weibchen mit sechs, später nur noch vier bereits recht großen Jungvögeln. Auch diese erreichten, bald mutterlos, die Selbständigkeit – obwohl die Leine ab dem 31. August wegen Reparaturarbeiten am Flüthewehr zum reißenden Strom und das geöffnete Stegemühlen-Wehr zum Sturzbach mutierten. Irgendwie schafften es die gleichermaßen robusten und findigen Kerlchen aber, auf den Flussabschnitt unterhalb der Stegemühle auszuweichen, wo das Wasser ruhiger war. Da stellte sich wieder einmal Bewunderung ein.

Reiherenten - M.Siebner
Abb. 3: Reiherente mit Jungen auf dem Kiessee. Foto: M.Siebner

Zwei weibchenfarbene Schellenten, die bereits am 11. Juli an der Geschiebesperre Hollenstedt auftauchten, stammten, wie vergleichbar frühe Vögel in den Jahren zuvor am Seeburger See, eventuell aus Bruten in Nord-Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt, wo der Bestand zunimmt.

Auch vier junge Gänsesäger ab Anfang Juli könnten, wie in den letzten Sommern ebenda und am Seeburger See, eine Brut in der weiteren Umgebung angezeigt haben. Im September, und damit Wochen vor der regulären Ankunft der Wintergäste, ließen sich bis zu drei adulte Vögel beiderlei Geschlechts beobachten. Gänsesäger weiten ihr Brutareal in Niedersachsen langsam nach Süden aus. Im Heidekreis brüten mittlerweile mindestens drei Paare (Schmidt et al. 2014) und im Landkreis Hildesheim gab es 2014 Hinweise auf eine Brut an der Leine (HVV-Info 2015/1). Der Nachweis eines Junge führenden Weibchens an der Geschiebesperre scheint immer näher zu rücken…

Am 27. November schwamm ein Mittelsäger (wohl K1) in einem Trupp Gänsesäger auf dem Seeburger See.

Von der Wachtel liegen vom 26. April bis 21. August 33 Beobachtungen von 45 bis 48 Vögeln vor (mögliche Doppelzählungen inbegriffen). Die gebietsbezogenen Tagesmaxima kommen vom Diemardener Berg (vier, möglicherweise sogar sieben Ind.) und aus der Feldmark Wollbrandshausen – Gieboldehausen (drei Ind.). Das sind zwar deutlich mehr als im Vorjahr (16 Wahrnehmungen von 17 Ind.), aber ein Einflugjahr sieht anders aus.

In der Feldmark Bernshausen ließen bis zu vier Fasane im August zwei Herzen höher schlagen. Ihre Herkunft ist profaner Natur: Entweder sind sie aus einer Voliere entfleucht oder wurden von einem unbelehrbaren Waidwerker zwecks späterem Abschuss in die Landschaft geschmissen. Auch in der Feldmark zwischen Duderstadt und Ecklingerode tauchten im Spätherbst Fasane auf, von denen die meisten das Weihnachtsfest wohl nicht erleben dürften.

Fasan - L.Söffker
Abb. 4: Fasan nahe dem Lutteranger bei Seeburg. Foto: L. Söffker

Bruten des Zwergtauchers gab es nur am traditionell besetzten Lakenteich im Hochsolling (ein Paar mit mindestens zwei Jungen) und an der Kiesgrube Ballertasche (zwei Paare mit insgesamt mindestens drei Jungen).

Die Brutsaison der Haubentaucher verlief gemischt. An der Geschiebesperre Hollenstedt brütete erstmals seit 2005 ein Paar und brachte einen Jungvogel zum Ausfliegen. An den Northeimer Kiesteichen und den südlich davon gelegenen „Wunderteichen“ gab es Hinweise auf mindestens sechs Bruten. Am Göttinger Kiessee verliefen zwei von (nur) drei Bruten erfolgreich, drei Jungvögel wurden selbständig. Ob mehrere Starkwindphasen zum Beginn der Brutzeit das Ansiedlungsverhalten negativ beeinflusst haben, kann nur vermutet werden. An der Kiesgrube Reinshof konnte zum ersten Mal seit 1998 eine erfolgreiche Brut dokumentiert werden, ein Jungvogel wurde flügge. Am Seeburger See verliefen ca. neun Bruten (davon ca. acht Spätbruten auf Teich- und Seerosenblättern) mit Schlupferfolg (in der Regel mit ein bis zwei Kleinen). An den Thiershäuser Teichen brachte das traditionelle Paar drei Jungvögel hoch.

Wie lange der Aufenthalt eines Rothalstauchers ab dem 28. November auf der Kiesgrube Reinshof währt, wird man sehen.

Vom herbstlichen Einflug des Ohrentauchers mit bemerkenswert vielen Binnenlandnachweisen blieb auch unsere Region nicht unberührt. Am 3. und 4. November hielt sich ein Altvogel an den Northeimer Kiesteichen („Tonnenteich“) auf und vom 6. bis 17. November ein vermutlicher Jungvogel ebenda (diesmal auf dem „Kormoranteich“). Dieser Vogel schien die Gesellschaft von Reiherenten zu suchen. Am 30. November schwamm einer auf dem Großen Freizeitsee. Zwischen der Letztbeobachtung am 17. und der neuerlichen Sichtung liegen immerhin knapp zwei Wochen mit recht hoher Beobachterfrequenz; daher dürfte es sich um einen dritten Vogel handeln, der vielleicht bis in den Winter bleibt.

Ohrentaucher - M.Siebner
Ohrentaucher - V.Hesse
Abb. 5: Zwei verschiedene Ohrentaucher an den Northeimer Kiesteichen. Altvogel unten. Foto: V. Hesse. Diesjähriger Vogel oben. Foto: M. Siebner,

Schwarzhalstaucher ließen sich wie üblich spärlicher beobachten als im Frühling und erreichten am 12. und 26. Juli mit vier Ind. am Seeburger See ein frühes Maximum.

Am 21. November geriet am Seeburger See ein Prachttaucher nur kurz in den Blick dreier Beobachter. Der dritte Eistaucher der Region (nach Vertretern 1990 am Seeburger See und 2010 an der Kiesgrube Reinshof) verhielt sich am selben Tag in einer anderen Ecke des Gewässers wie eine publikumsscheue Diva und wurde nur von zwei (anderen) Beobachtern gesehen (und von einem fotografiert). Der kurze Aufenthalt beider Vögel könnte mit anhaltenden Störungen durch Angler zusammenhängen, die sich seit einiger Zeit bis weit in den Winter erstrecken und nicht selten erst mit dem Zufrieren des Sees zum Erliegen kommen. Gerade Seetaucher versuchen in der Regel, zu den Angelbooten einen möglichst großen Abstand zu halten.

Eistaucher - M.Göpfert
Abb. 6: Eistaucher auf dem Seeburger See. Foto: M. Göpfert

Ein Sichler zeigte am 10. Oktober im Seeanger den dritten Lokalnachweis dieser Art an – offenbar nur kurz, denn er konnte in den Folgetagen nicht mehr ausgemacht werden.

Am 7. und 22. November machten Rohrdommeln am Schilfgürtel des Seeburger Sees auf sich aufmerksam. Silberreiher waren auch im Juni und Juli im Leinepolder Salzderhelden mit bis zu elf Vögeln anwesend. Damit hat die Art gute Chancen, als ganzjähriger Gastvogel eingestuft zu werden.

Für den Schwarzstorch gestaltete sich die Brutsaison eher gemischt. Im Northeimer Teil des Sollings waren die beiden traditionellen Nester verwaist, dafür gab es anderer Stelle zwei Bruten. Im Norden des Landkreises scheiterte eine Brut (Verlust der Jungen im Mai/Juni), aus einer Spätbrut wurden drei Junge erst Ende August flügge. Im Landkreis Göttingen verliefen die Bruten von zwei alteingesessenen Paaren mit drei bzw. zwei ausgeflogenen Jungstörchen erfolgreich. Dagegen stand das langjährig besetzte Nest im Kaufunger Wald das zweite Jahr in Folge leer. Ein seit kurzem bekanntes Nest an der (bald obsoleten) Grenze zwischen den Landkreisen Göttingen und Osterode ist leider zum beliebten Ziel fotografierender Naturtouristen geworden.

Schwarzstorch - B. Riedel
600Abb. 7: Schwarzstorch auf Rast in der Feldmark Hollenstedt. Foto: B. Riedel

Beim Weißstorch lief es besser. Nur das Brutpaar in Wollbrandshausen war nicht mit Nachwuchs gesegnet. Das Nest auf dem Kirchturm in Markoldendorf wurde wegen Instabilität von Naturschützern beseitigt, der Nistplatz mit Draht überspannt. Darüber entbrannte unter Storchenfreunden ein heftiger Streit. Gleichwohl begann das Brutpaar an alter Stelle unverdrossen mit dem Bau einer neuen Bleibe, wich aber letztlich auf eine Nistunterlage im nahen Ellensen aus und brachte dort einen Jungvogel zum Ausfliegen. Das Paar in Wolbrechtshausen, das nach der Neuansiedlung im Vorjahr seine Jungen verloren hatte, konnte in diesem Jahr drei Nachkommen in die Selbständigkeit entlassen. Bei Wollershausen kam es zur Ansiedlung des neunten Göttinger Landkreispaars, die auf Anhieb mit zwei Jungen erfolgreich verlief. Die Brutpaare in Lütgenhausen, in Westerode und bei Seulingen konnte den Totalverlust des Vorjahrs mit jeweils drei, zwei und einem Jungen kompensieren. Mäuse gab es offenkundig genug… Im Leinepolder Salzderhelden scheint das lokale Brutpaar überwintern zu wollen.

Vom 19. August bis 4. Oktober wurden 28 rastende bzw. ziehende Fischadler gesehen, maximal drei Vögel am 7. September an der Geschiebesperre Hollenstedt. Am Seeburger See geriet er an sechs Beobachtungstagen mit insgesamt sieben Vögeln vergleichsweise spärlich ins Blickfeld.

Der Wegzug des Wespenbussards machte sich in, aus regionaler Sicht, recht ordentlichen Zahlen bemerkbar. Vom 25. August bis 3. Oktober zogen insgesamt 251 Vögel über die Region, davon allein 166 am 6. September. Der größte Trupp umfasste an diesem Tag 43 Ind. über der Göttinger Südstadt.

Wespenbussard - V.Lipka
Abb. 8: Ziehender Wespenbussard. Foto: V. Lipka

Am 21. und 22. August hielten sich am Wüsten Berg und Diemardener Berg bis zu zwei Wiesenweihen (ad. W. und diesj. Ind.) auf. Am 3. September zog ein Weibchen ebenda nach Süden.

Die mit einem Sender ausstaffierte finnische Steppenweihe „Potku“ – das heißt auf Deutsch „Fußtritt“, bezeichnet aber auch, aus allochthoner Sicht kaum weniger verstörend, ein abgelegenes Dorf in der Nähe ihres Nistplatzes – verbrachte, aus dem Harzvorland kommend, die Nacht vom 8. auf den 9. September am Rand des Breiten Holzes westlich von Gö.-Elliehausen. Tags darauf flog sie in 12 Stunden ins 400 Kilometer entfernte deutsch-französische Grenzgebiet. Signale des Senders konnten bis zum 4. Oktober aus dem Westen Mauretaniens empfangen werden. Wo sich der Vogel, ein Weibchen, aktuell aufhält ist unklar, möglicherweise bzw. hoffentlich in einem Gebiet mit schlechter GPS-Anbindung.

Eine weibliche Rohrweihe , die am 28. und 29. November über dem Seeburger See und Seeanger ihre Kreise zog, ist aus regionaler Sicht als außergewöhnlich spät einzuordnen.
Über den Rast- und Winterbestand der Kornweihe wird im nächsten Bericht Auskunft gegeben.

Der Bestand des Rotmilans lag im EU-Vogelschutzgebiet V19 „Unteres Eichsfeld“ wie im Vorjahr bei ca. 28 Revieren. Auch das Scheitern von 30 Prozent der Bruten durch Prädation und ähnliche Vorkommnisse bewegte sich im herkömmlichen Rahmen. Interessanterweise konnten in diesem Jahr bei den Nestern mit Kameras keine plündernden Marder und Waschbären abgelichtet werden, so dass hier als Hauptübeltäter der Habicht infrage kommt.

Am 11. Oktober gab ein immaturer Seeadler der Geschiebesperre Hollenstedt und dem Leinepolder die Ehre.

Seeadler - P. Reus
Abb. 9: Seeadler an der Geschiebesperre Hollenstedt. Foto: P. Reus

Für den Berichtszeitraum liegen acht Nachweise wegziehender Merline vor, darunter nur ein als Männchen vermerkter Vogel. Vom bundesweiten Einflug von Rotfußfalken war unsere Region nur marginal betroffen: Am 21. August jagte ein Jungvogel über der Feldmark Behrensen und am 2. September flog ein Männchen über das Flüthewehr bei Göttingen nach Süden. Über der Drachenwiese im Göttinger Süden gingen in der ersten Juli-Dekade wieder bis zu fünf Baumfalken auf die Jagd nach Junikäfern.

Bis dato vollzog sich der Wegzug des Kranichs vor allem im Oktober. Die höchsten Zahlen wurden am 27. mit allein 2238 über die Feldmark Behrensen ziehenden Vögeln erreicht, die regionale Gesamtsumme könnte an diesem Tag bei mehr als 4000 Ind. gelegen haben. Massenzugtage mit mehr als 5000 Vögeln gab es anscheinend (wieder einmal) nicht.

In Göttingen und Umgebung machten sich von September bis November Wasserrallen singulär oft bemerkbar, und zwar an der Leine beim Flüthewehr (9.9.) an der Leine in Höhe des Klärwerks (24.10.), am Rückhaltebecken Grone (28. und 29.10.) und über Wochen bis zu zwei an der Kiesgrube Reinshof und bis zu drei am Kiessee. Passanten werden sich manchmal gefragt haben, wer da im Schilf gerade abgestochen wird…

Was quiekt denn da? Wasserralle am Göttinger Kiessee.
Viel leiserer Ruf eines Weibchens. Aufnahmen: M. Siebner

Im Juli riefen (noch) bis zu fünf Wachtelkönige im Leinepolder Salzderhelden. Von dort stammt auch die einzige Beobachtung eines Tüpfelsumpfhuhns am 8. Oktober.

Mindestens zwei Goldregenpfeifer standen am 13. November in der Feldmark Wollbrandshausen. Ein Einzelvogel flog am 27. November mit 18 Kiebitzen über dem Seeanger umher. Kiebitze traten auf dem Mauser- und Wegzug zumeist in erbärmlich zweistelliger Zahl auf. Am traditionellen Rastplatz in der Feldmark Wollbrandshausen – Gieboldehausen, der nur noch ein Schatten seiner selbst ist, ließen sich am 19. September maximal 175 Ind. zählen.

An der Geschiebesperre Hollenstedt rasteten in der ersten September-Dekade bis zu zwei Sandregenpfeifer. Am 25. August flogen 13 Mornellregenpfeifer über den Diemardener Berg. Rund 20 Ind. taten es ihnen am 30. über der Feldmark südlich Edesheim nach. Insgesamt 33 Vögel sind einsamer Regionalrekord, allerdings mit dem Schönheitsfehler, dass keiner der Vögel es für nötig befunden hat, einen Fuß auf süd-niedersächsischen Boden zu setzen. Frechheit!

Mornellregenpfeifer - L.Söffker
Abb. 10: Mornellregenpfeifer über dem Diemardener Berg. Foto: L. Söffker

Regenbrachvögel gab es im August am 6. (Seeanger), am 21. (Feldmark Thüdinghausen) und am 28. (mindestens ein kichernder Vogel nachts über Gö.-Nikolausberg ziehend). Im Zeitraum vom 28. Juli bis 28. September wurden neun Große Brachvögel gesehen, zumeist als überfliegende Einzelvögel (zwei Ind. am 9. September im Leinepolder).

Von der Waldschnepfe liegen zehn Beobachtungen vor, darunter eine aus dem Juli (Brutzeit) nahe Lutterberg und ein etwas aus dem Rahmen fallender Vogel am 31. Oktober im Göttinger Levin-Park. Zwergschnepfen erreichten im Oktober an einem traditionellen Rastplatz am Göttinger Stadtrand ihr Maximum mit bis zu fünf Ind. Bemerkenswert ist ein Vogel, der Anfang November über Tage an der Geschiebesperre Hollenstedt wie in einer Muckibude unermüdlich vor sich hin pumpte. Nicht viel häufiger als der kleine Vetter war die Bekassine mit maximal 13 Ind. am 6. August im Seeanger.

Vom 20. bis 22. November rastete ein Thorshühnchen (vierter Lokalnachweis) auf dem Seeburger See. Es hielt sich bevorzugt an der vegetationsreichen Auemündung auf und wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit am Mittag des 22. von einem Sperber erbeutet. In der Seemitte ohne Ansitzwarten für Beutegreifer wäre es besser aufgehoben gewesen…

Thorshühnchen - M.Siebner
Abb. 11: Thorshühnchen am Seeburger See. Foto: M. Siebner

Mager waren auch die Maximalzahlen des Flussuferläufers mit jeweils fünf Ind. an der Geschiebesperre Hollenstedt, an der Kiesgrube Reinshof und am Seeburger See. Dunkle Wasserläufer traten nur am Seeanger auf (maximal fünf Ind. am 6.8.). Rotschenkel wurden am 12. Juli und am 7. September an der Geschiebesperre mit einem bzw. zwei Ind. gesehen sowie, als lokale Besonderheit, am 19. August am Göttinger Kiessee. Drei Grünschenkel zeigten am 16. August an der Geschiebesperre ihr Maximum, fünf Waldwasserläufer am 31. Juli an den Northeimer Kiesteichen. Damit verglichen signalisierte die Höchstzahl von 14 Bruchwasserläufern am 14. und 17. August am Seeanger fast einen Masseneinflug. Ungewöhnlich waren aus lokaler Sicht bis zu vier Vögel, die vom 10. bis 22. August auf dem Pflanzenteppich des Kiessees sehr grazil in Blatthühnchenmanier tänzelten.

Bruchwasserläufen - S.Hillmer
Abb. 12: Bruchwasserläufer auf dem Kiessee. Foto: S. Hillmer

Können Kampfläufer so etwas auch? Die maximal acht Vögel am 28. August an der Geschiebesperre gingen wohl eher behäbig zu Werke. Zwei Sichelstrandläufer am 27. August waren unter den Limikolen an der Geschiebesperre die Starvögel. Alpenstrandläufer traten zumeist als Einzelvögel am Seeanger und an der Geschiebesperre auf (dort zwei Ind. am 27. und 28. September).

Das bemerkenswert geringe Auftreten von Watvögeln in diesem Sommer und Herbst erklärt sich unter anderem aus den fehlenden Schlammflächen am Seeanger, wo der Wasserstand trotz allgemeiner Trockenheit hoch war und Eutrophierung mehr denn je alles zuwachsen ließ. Die Bedeutung der Geschiebesperre Hollenstedt als Rastplatz nimmt schon seit Jahren kontinuierlich ab, weil mausernde und rastende Gänsescharen die Ufer und Inselchen bedecken. Zudem könnte der zunehmend waldartige Charakter der Ufervegetation (mit Prädatoren wie dem Habicht auf der Lauer) ihnen den Aufenthalt vergällen. Der Erfolg vieler Arten in den arktischen Brutgebieten fiel offenbar mäßig aus, was ebenfalls zu den niedrigen Zahlen beigetragen hat (Änderung vom 25.12.2015).

Vom 19. bis 27. August demonstrierten bis zu vier junge Zwergmöwen am Seeburger See ihre Flugkünste. Junge Einzelvögel schmückten am 17. August den Seeanger und am 30. August den Göttinger Kiessee.

Zweigmöwe - S.Hillmer
Abb. 13: Junge Zwergmöwe am Göttinger Kiessee. Foto: S. Hillmer

Eine junge Schwarzkopfmöwe zeigte sich bereits am 19. Juli am Seeburger See, ebenfalls jung waren zwei Vögel am 10. August ebenda. Unzeitgemäß war eine am 27. Juli über die Geschiebesperre fliegende adulte Silbermöwe, der kurz darauf sieben unbestimmbare Großmöwen folgten.

Steppenmöwen konnten an der Geschiebesperre am 10. September (K1-Vogel) und am 24. September (je ein K1 und K2-Vogel) bestimmt werden. Ein diesjähriger Vogel am 21. November am Seeburger See war nicht ganz astrein und wies Merkmale einer berüchtigten „Larus polonicus“ aus einer der vielen gemischten Großmöwen-Kolonien im östlichen Mitteleuropa auf. Am 18. September zog eine Heringsmöwe (K1) über den Seeanger.

Trauerseeschwalben traten nur am Seeburger See auf und erreichten dort am 13. September mit elf Vögeln ihr Maximum.

Flussseeschwalben ließen sich einzeln am Göttinger Kiessee (10. und 15.7.) sowie zu dritt am 31. Juli an den Northeimer Kiesteichen blicken.

Wegen des dramatischen Bestandsrückgangs ist ein singendes Männchen der Turteltaube am 11. Juli bei Nienhagen am Rand des Kaufunger Walds von Belang. Ein Vogel am 16. Juli an der Deponie Blankenhagen bei Moringen fiel auch noch in die Brutzeit. Ein diesjähriges Ind. rastete am 26. Juli in der Feldmark Barterode. In der Nähe des Denkershäuser Teichs hielten sich am 29. August zwei Vögel auf.

Mit der Schleiereule scheint es nach den milden Wintern langsam aufwärts zu gehen. Kreischende Exemplare ließen sich, einzeln oder zu zweit, an den Kirchen in Fredelsloh, Bodensee, Seeburg und Bernshausen vernehmen, desgleichen im südöstlichen Siedlungsbereich von Diemarden. Auch das traditionelle Vorkommen am Rand des Leinepolders konnte bestätigt werden. Von einem zuvor kolportierten Brutvorkommen in Desingerode zeugt (leider nur) ein Verkehrsopfer an der B 446. An der B 27 bei Stockhausen war ebenfalls ein Totfund zu beklagen.

Interessant ist der Fund von Federn und Gewöllen eines Raufußkauzes am 4. Oktober im Bodenhausener Forst südlich von Göttingen. Der Vogel ist mit hoher Wahrscheinlichkeit einem Prädator zum Opfer gefallen. Ob er auf dem Zug eine (längere?) Rast eingelegt oder gar im Gebiet gebrütet hat, muss offen bleiben. Höhenlage und das Fehlen von Altbuchen mit Schwarzspechthöhlen in dieser öden Fichtenplantage sprechen eher gegen eine Ansiedlung.

Raufußkauzrupfung - L.Söffker
Abb. 14: Federn des Raufußkauzes. Foto: L. Söffker

Von der Ahlsburg (Sollingvorland) gibt es die akustische Wahrnehmung eines Sperlingskauzes am 15. August. Von dort liegt bereits die Beobachtung eines Vogels vom 25. Februar 2014 vor.

In Groß Schneen zeigten drei fiepende Jungvögel der Waldohreule am 6. September eine späte Brut in diesem für die Art sehr erfolgreichen Jahr an. Alles andere als alltäglich ist ein rufender Waldkauz am Friedländer Weg unweit der Göttinger Innenstadt.

Im Göttinger Süden gab es Hinweise auf ein Eisvogelmännchen, das in seinem Revier gleich zwei Weibchen in seinen Bann ziehen konnte. Polygynie kommt bei dieser Art ab und an vor (Bauer et al. 2005). Beide Bruten hatten Schlupferfolg, scheiterten jedoch vermutlich an Prädation oder permanenten Störungen durch allerlei Volk.

Wie dramatisch der Klimawandel bei uns verläuft, belegt die erneute Brut von Bienenfressern im Landkreis Göttingen – nur zwölf Jahre nach dem Jahrhundertsommer 2003. Ein Paar mit einem Helfer brachte mindestens zwei Jungvögel zum Ausfliegen. Am 5. Juli wurde über Ebergötzen mindestens ein rufender Vogel gehört.

Bienenfresser - M.Siebner
Abb. 15: Bienenfresser. Foto: M. Siebner

Vom Wendehals gibt es nur eine Wegzugbeobachtung vom 21. August in Duderstadt.

Die Beobachtung eines Pirols am 31. Juli an den Northeimer Kiesteichen stellt eine der seltenen regionalen Wegzugbeobachtungen dieser Vogelart dar.

Raubwürger sind in diesem Herbst deutlich besser vertreten als im Vorjahr. Eine Übersicht gibt es im Winterbericht. Das klägliche Maximum von ca. 70 Saatkrähen liegt vom 3. November bei Rosdorf vor und betrifft einen nach Südwesten ziehenden Trupp.

Beutelmeisen gerieten vor allem an der Geschiebesperre Hollenstedt (maximal fünf Vögel im Familienverband am 11. Juli), an den Northeimer Kiesteichen und einmal am Seeanger (vier Ind. am 3. Oktober) ins Blickfeld.

Heidelerchen waren auf dem Wegzug mit 17 Vögeln am 25. Oktober am Waldrand bei Gö.-Herberhausen am besten vertreten, ihre Gesamtzahl liegt bei mageren 46 Ind.

Die diesjährige Zählung brütender Uferschwalben erbrachte einen Regionalbestand von 60 Paaren, darunter nur zwei im Landkreis Göttingen. An den Northeimer Kiesteichen hatte sich in einer instabilen Aufschüttung eine neue Kolonie von ca. 18 Paaren etabliert. Dank einer raschen Intervention von Naturschützern blieben die Vögel von der Kiesgewinnung unbehelligt.

Uferschwalbenkolonie - J. Bryant
Abb. 16: Fragiler Brutplatz. Foto: J. Bryant

Bartmeisen machten sich zu zweit am 27. September im Seeanger und (mindestens) zu fünft am 8. Oktober im Leinepolder Salzderhelden bemerkbar.

Von der nordosteuropäischen Nominatform der Schwanzmeise, die sich u.a. durch einen strahlend weißen Kopf, winzige Knopfaugen und einen, wie gemalt, scharf zum Kopf kontrastierenden pechschwarzen Nacken auszeichnet – und die nicht selten mit weißköpfigen Vertretern unserer heimischen Unterart europaeus verwechselt wird! – gibt es nur die buchstäbliche Handvoll glaubhafter bzw. dokumentierter Regionalnachweise. Deshalb ist die Beobachtung von drei Vögeln am 3. November nahe dem Seeburger See bemerkenswert. Am 5. November hielten sich mindestens zwei sehr weißköpfige Schwanzmeisen mit schwarzem Nackenband und kleinen Augen an der Leine bei Bovenden auf. Die beigefügten Fotos könnten sehr wohl die Nominatform betreffen, lassen aber die diagnostischen Merkmale mehr erahnen als erkennen.

Caudatus
Abb. 17: Schwanzmeise mit Merkmalen der Unterart caudatus. Foto: O. Henning

Wegen des starken Bestandsrückgangs ist ein am 15. Juli im Stockhäuser Bruch singender Feldschwirl von Bedeutung. Die einzige Wegzugbeobachtung des Schilfrohrsängers stammt vom 7. September aus der Feldmark südlich Hollenstedt. 23 singende Sumpfrohrsänger auf zwei Kilometer Strecke am 2. Juli in der Feldmark Gladebeck – Parensen sind sehr erfreulich. Wenn es nur überall so wäre…Der aus dem Vorbericht bekannte Drosselrohrsänger war – sollte es immer derselbe Vogel gewesen sein – noch am 18. Juli in der Kiesgrube Ballertasche präsent.

Am 6. Oktober hielt sich an der Geschiebesperre Hollenstedt eine Wasseramsel mit dunklem Bauch auf. Am Leinekanal in der Göttinger Innenstadt präsentiert sich seit Wochen ein zutraulich wirkender Vogel, ebenfalls mit dunklem Bauch. Über die Herkunft dieser Wasseramseln, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht der nordischen Unterart cinclus angehören, ist im Sammelbericht zum Wegzug 2012 schon Einiges gesagt.

Wasseramsel - B. Bartsch
Abb. 18: Wasseramsel im Göttinger Stadtzentrum. Foto: B. Bartsch

Von der Ringdrossel liegt nur eine Beobachtung vom 17. Oktober im Seeanger vor.

Braunkehlchen zeigten mit 15 Vertretern am 17. September in der Feldmark Reinshof ein mittlerweile typisches Maximum an, die Zahlen in der Feldmark Gieboldehausen und im Leinepolder lagen mit jeweils zwölf Ind. am 7. bzw. 17. September nur geringfügig darunter.

Einzelne Schwarzkehlchen posierten von Ende August bis Anfang Oktober abseits ihrer Brutplätze u.a. am Diemardener Berg, an den Tongruben Siekgraben, in der Feldmark Rittmarshausen und bei Eberhausen (zwei Ind.).

Mit mindestens 19 Ind. erreichten rastende Steinschmätzer am 7. September am Diemardener Berg ein passables Maximum, anderswo waren sie durchweg mit weniger als 10 Ind. vertreten.

Vom 26. August bis 2. September ließen sich am Diemardener Berg und in der Feldmark Sattenhausen insgesamt fünf Brachpieper aufspüren.

Von T. Sacher (Wetteraukreis) vorbildlich dokumentiert – mit Fotos, Tonaufnahmen und Expertisen namhafter Kenner der Art – ist der vierte Regionalnachweis des Strandpiepers. Das Kronjuwel dieses Berichts rastete an einem typischen Datum (22. September) in der Feldmark bei Naensen (Einbeck). Der Aufenthalt an einem Misthaufen, um den sich Pfützen aus einen Gemisch aus Wasser und Jauche gebildet hatten zeigte die arttypisch enge Bindung an Feuchtflächen an, die auch von zwei gleichzeitig anwesenden Gebirgsstelzen geteilt wurde… Vom Strandpieper existiert bis dato nur ein anerkannter Nachweis vom 21. November 1998 aus dem Leinepolder Salzderhhelden (V. Konrad, R. Liebelt in DSK 2002 – am 12.2.2016 nachträglich korrigiert!)). Die beiden Nachweise davor (vgl. Dörrie 2010) datieren fast schon aus grauer Vorzeit und stammen von der Kiesgrube Reinshof (September 1986) und von der Leine zwischen Nörten und Elvese (November 1988). Im niedersächsischen Binnenland nördlich des Harzes tritt der vom Helgoländer Vogelwärter H. Gätke treffend als „ernst und einsam“ charakterisierte Strandpieper etwas häufiger in Erscheinung.

Abb. 19: Strandpieper bei Einbeck. Foto: T. Sacher

Am 24. Oktober zogen beeindruckende 184 Kernbeißer über das Kerstlingeröder Feld.

Vergleichsweise gute Buchfinken-Wezugtage waren der 4. (knapp 1400 Ind.) und 18. Oktober (knapp 2000 Ind.) ebenda. Das Maximum von knapp 1250 Bergfinken wurde am 21. Oktober erreicht.

Bis dato liegen schon ca. 25 Wahrnehmungen so genannter Trompetergimpel mit mindestens 45 Vögeln (darunter auch einige Mischrufer) vor. Damit gibt es Anzeichen für den stärksten Einflug seit 2004, als sie zum ersten Mal europaweit auf sich aufmerksam machten. Über die Kurische Nehrung (Litauen) zogen Ende Oktober täglich bis zu 800 Trompeter (vgl. www.trektellen.org). Und der Winter hat noch gar nicht begonnen. Woher genau die Vögel stammen ist weiterhin unklar. Einem lesenswerten Bericht westeuropäischer Beobachter, die in den Sommern 2013 bis 2015 an der Außengrenze der Westpaläarktis im Ural patrouillierten (Jones et al. 2015) ist zu entnehmen, dass dort alle Gimpel tröten. Aber kommen unsere Gäste wirklich von so weit her? Und wo verläuft in Russland die Grenze zwischen sanften Flötern und kernigen Trötern?

So klingt er: Trompetergimpel auf dem Kerstlingeröder Feld. Aufnahme: M. Mooij. Bitte das Sonagramm anklicken.

Von September bis November traten Girlitze auf dem Wegzug mit weniger als 50 Vögeln (darunter im September sicher auch noch der ein oder andere Brutvogel) in Erscheinung. Im Vorjahr wurden 53 Ind. registriert. Die maximalen Truppgrößen lagen bei erbärmlichen fünf Ind. An den früher gern frequentierten Rastplätzen Tongruben Siekgraben und Kiesgrube Reinshof wurde, trotz guten Nahrungsangebots, keiner gesehen. Und das nach einem sehr warmen, an die mediterrane Ursprungsregion der Vögel erinnernden Sommer, der die Bestände eigentlich hätte wachsen lassen müssen….

Vom 23. bis 25. November rastete eine männliche Schneeammer in der Feldmark südlich Diemarden und gab sich ungewohnt fotogen.

Schneeammer - V.Lipka
Abb. 20: Schneeammer bei Diemarden. Foto: V. Lipka

Damit schließt der Bericht. Der Verfasser dankt allen Beobachterinnen und Beobachtern für ihr eifriges Engagement.

Hans H. Dörrie

Daten lieferten (fast alle für unsere Datenbank ornitho.de):

Anonymus (2), R. Bayoh, P.H. Barthel, B. Bartsch, J. Behling, S. Beisler, S. Böhner, M. Borchardt, H. Brockmeyer, G. Brunken, J. Bryant, J. Bunk, J. Collins, K. Conrad, M. Corsmann, A. Dahlmann, L. Demand, V. Dierschke, H. Dörrie, K. Dornieden, W. Dreyer, M. Drüner, H. Edelhoff, M. Feldhoff, I. Fahne, M. Fichtler, A. Geß, K. Gimpel, A. Goedecke, M. Göpfert, E. Gottschalk, S. Grassmann, C. Grüneberg, T. Hammer, W. Haase, H. Hartung, J. Hegeler, O. Henning, D. Herbst, V. Hesse, S. Hillmer, U. Hinz, S. Hohnwald, E. Höhle, S. Hörandl, S. Holler, R. Hruska, S. Jaehne, M. Jenssen, K. Jünemann, U. Jürgens, C. Junge, R. Käthner, C. Kaltofen, A. Kannengießer, J. Katzenberger, R. Kellner, D. Kemper, H.-A. Kerl, P. Kerwien, P. Keuschen, J. Kirchner, P. Kneser, H. Kobialka, G. Köpke, M. Korn, L. Korossy, M. Kuschereitz, I. Lilienthal, V. Lipka, W. Lübcke, G. Mackay, P. Meinecke, T. Meineke, K. Menge, P. Mergel, S. Minta, M. Mooij, F. Mühlberger, M. Olivé, T. Orthmann, M. Otten, B. Preuschhof, S. Racky, D. Radde, U. Rees, K. Reiner, P. Reus, B. Riedel, V. Rösch, C. Roos, G. Rotzoll, T. Sacher, M. Schleuning, F.-U. Schmidt, H. Schmidt, P. Schmidt, D. Schomberg, D. Schopnie, M. Schuck, L. Sebesse, M. Seifert, H. Seyer, M. Siebner, D. Singer, L. Söffker, W. Sondermann, R. Spellauge, I. Spittler, M. Sprötge, M. Stange, T. Steiger, T. Stemmler, K. Stey, A. Stumpner, A. Sührig, J. Thiery, A. Torkler, D. Towers, J. Tupay, D. Trzeciok, F. Vogeley, W. Vogeley, M. Wagner, S. Wagner, C. Weider, M. Weinhold, C. Weinrich, E. Werling, D. Wucherpfennig, M. Zimmermann, S. Zinke und etliche andere.

Literatur

Bauer, H.-G., Bezzel, E. & W. Fiedler (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel. Aula-Verlag, Wiebelsheim

Birkhead, M. & C. Perrins (1986): The Mute Swan. Croom Helm, London.

Schmidt, F.-U., Hellberg, T., Grimm, R. & N. Molzahn (2014): Die Vogelwelt im Heidekreis – eine aktuelle Bestandsaufnahme. Naturkdl. Beitr. Soltau-Fallingbostel 19/20: 1-541.

Deutsche Seltenheitenkommission (DSK) (2002): Seltene Vogelarten in Deutschland 1998. Limicola 16: 113-184.

Dörrie, H. (2010): Anmerkungen zur Vogelwelt des Leinetals in Süd-Niedersachsen und einiger angrenzender Gebiete 1980-1998. Kommentierte Artenliste. 3., korrigierte Fassung im pdf-Format

Jones, J., Monticelli, D. & P.-A. Crochet (2015) : Birding in European Russia : Ural mountains, Yekaterinburg and Orenburg Region. Dutch Birding 37: 302-320.

Erstellung der Sonagramme mit Hilfe “Raven Lite 1.0″, update 22, Cornell Lab of Ornithology, www.birds.cornell.edu

Weidenmeise - M.Siebner
Abb. 21: Weidenmeise am Seeburger See. Foto: M. Siebner