Weiß der Geier!

Noch beeindruckender als der Anblick des Riesenvogels ist die geballte Ignoranz der herbeigeeilten Experten. Von einem auf einheimische Beute geeichten Jäger oder einer bodenständigen Bauernfamilie kann man kaum erwarten, dass sie den exotischen Dachbesucher auf Artniveau bestimmen. Anders verhält es sich mit dem Betreiber des Harzer Falkenhofs und dem medienbewussten Rüdershausener Vogelpfleger, der sich bislang vor allem mit einem gescheiterten Steinkauz-Wiederansiedlungsprojekt hervorgetan hat. Sie hätten nach kurzem Studium der Fachliteratur herausbekommen können, dass es sich weder um einen Gänse- noch Himalayageier, sondern zweifelsfrei um einen Sperbergeier handelt. Diese Greifvogelart brütet in Afrika südlich der Sahara. Einzelvögel tauchen seit ein paar Jahren in südspanischen Gänsegeier-Kolonien auf bzw. werden auf Weiß der Geier! weiterlesen

Das Birdrace 2007 aus Göttinger Sicht

Das coole Team der „Göttinger Sozialbrachvögel“ (Hans-Heinrich Dörrie, Christoph Grüneberg, Mathias Siebner und Nikola Vagt) trat auch beim diesjährigen Birdrace am ersten Samstag im Mai wieder an. Die Rahmenbedingungen des Wettkampfs wiesen im Vergleich zu den Vorjahren einige Veränderungen auf. Unsere regionalen Mittbewerber (Fabian Bindrich, Jan Goedelt und Volker Hesse), die 2005 als „Schnelle Brüter“ und 2006 als „Feuchtkehlchen“ an den Start gegangen waren, nahmen leider nicht mehr teil. Sie hatten uns in beiden Jahren empfindliche Niederlagen zugefügt. Bevor sie jedoch in Gefahr gerieten, sich wie so manche ambitionierte Truppe in der Geschichte zu Tode zu siegen, konnten zwei ihrer Kombattanten berufsbedingt nach Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen wechseln. Neu Das Birdrace 2007 aus Göttinger Sicht weiterlesen

Bahnbrechende Neuerung in der Feldornithologie – Exaktes Vogelzählen mit ORNIVOX

Wer von uns kennt nicht das Grübeln nach einem Zähltermin? Wurden wirklich alle Vögel auf Artniveau identifiziert und zahlenmäßig erfasst? Hat man womöglich weniger Individuen notiert als die Kollegen, und wenn ja, warum? Damit ist jetzt Schluss! Wir freuen uns, mit dem Göttinger Trichter ORNIVOX eine Weltneuheit präsentieren zu können, die eine revolutionäre Epoche der Freilandornithologie einleitet.ORNIVOX ist ein ausgefeiltes Hightech-Produkt. Die mit Millionen Sonarrezeptoren beschichtete Innenseite des Trichters empfängt, in Kombination mit einem Frequenzadapter, die Lautäußerungen fliegender Vögel in einer bislang nicht für möglich gehaltenen Qualität. Die Rufe werden ohne jedes störende Nebengeräusch direkt in den Gehörgang des Anwenders geleitet. Ein ebenfalls auf der Innenseite angebrachtes Koordinatensystem Bahnbrechende Neuerung in der Feldornithologie – Exaktes Vogelzählen mit ORNIVOX weiterlesen

Winter adé – Ornithologischer Winterabschlussbericht 2006/07

Die sich fortsetzende milde Witterung im Winter 2006/2007 – von einigen wenigen Frosttagen einmal abgesehen – ließ die Überwinterungen der im letzten Bericht bereits genannten Langstreckenzieher erfolgreich verlaufen. Die beiden Weißstörche und der Flussuferläufer konnten durchgehend bis Ende März an der Geschiebesperre Hollenstedt und im Leinepolder Salzderhelden beobachtet werden. Einer der Weißstörche entstammte allerdings dem Schweizer Wiederansiedlungsprojekt mit Vögeln, denen der Zugtrieb systematisch abgewöhnt wurde. Er hatte 2006 im nahegelegenen Gronau/Leine einen Brutversuch unternommen. Von der Mönchsgrasmücke liegen weitere drei und von der Singdrossel eine weitere Winterbeobachtung vor. Sommergoldhähnchen scheinen in bisher nie beobachteter Zahl ausgeharrt zu haben, denn bereits am 22. Februar sangen allein entlang der Hesse-Straße Winter adé – Ornithologischer Winterabschlussbericht 2006/07 weiterlesen

Im Aufwind – Seeadler in Süd-Niedersachsen

Der Morgen des 20. Februar 2007 war trüb, prominenter Gastbeobachterbesuch aus der Bundeshauptstadt versprach jedoch Licht am Ende der Göttinger Wintersackgasse. Ein Seeadler, der am Rand des wiedervernässten Seeangers auf einem Weidezaunpfahl saß, erhellte dann auch sogleich die Gemüter. Der Vogel ließ sich anhand der Gefiedermerkmale als vorjährig bestimmen und war nicht beringt (s. Foto). Er fraß mehrfach am Boden und flog kurze Strecken umher, um dann in einem abgestorbenen Baum zu rasten. Dörrie (2000) stuft den Seeadler in Süd-Niedersachsen noch als seltenen Wintergast ein und nennt von 1984 bis Anfang der 90er Jahre lediglich fünf bis sechs Nachweise (verweist allerdings auf die Unvollständigkeit der Aufstellung). Aus der Im Aufwind – Seeadler in Süd-Niedersachsen weiterlesen

Turmfalken in Göttingen

Die Wahl des Turmfalken zum „Vogel des Jahres 2007“ bietet einen willkommenen Anlass, die Naturgeschichte dieses Greifvogels in unserer Stadt zu skizzieren. Einst… Auf der Sympathieskala der gefiederten Beutegreifer nahm Falco tinnunculus immer schon eine gewisse Sonderstellung ein. Vom verbreiteten Hass auf Greifvögel war er weniger betroffen als seine Verwandten. Die ornithologischen Altmeister des 19. Jahrhunderts verteidigten diesen „liebenswürdigsten Falken“ (A.E. Brehm) als „nützlichen“ Mäusejäger, den es uneingeschränkt zu schützen gelte. Gleichwohl wurde er bis ins zweite Drittel des 20. Jahrhunderts vom Menschen verfolgt. Dabei kam den letalen Verwechslungen mit dem „schädlichen“ Sperber eine besondere Bedeutung zu. Auch das beliebte Ausschießen von Krähennestern hat so mancher Falkenbrut den Turmfalken in Göttingen weiterlesen

Besondere Beobachtungen aus Herbst und Winter 2006

Das Jahr 2006 klang in ornithologischer Hinsicht recht ruhig aus. Die außergewöhnlich milde Witterung in den letzten Monaten des Jahres ließ kaum Zugdynamik entstehen, so dass einige regelmäßige Wintergäste entweder ganz ausblieben oder nur in geringeren Zahlen die Region erreichten. Gleichzeitig veranlassten die hohen Temperaturen einige Zugvögel zum Ausharren. Aber der Reihe nach: Mitte September beehrte der zweite Seidenreiher des Jahres die Northeimer Kiesteiche und ein junger Mornellregenpfeifer rannte über die plateauartigen Äcker bei Wolbrechtshausen. Der im letzten Bericht beklagte schwache Durchzug des Fischadlers normalisierte sich in der zweiten Septemberhälfte. Auffällig war, dass die Vögel bei der Jagd im Seeanger erfolgreicher waren als am benachbarten Seeburger See. Der Besondere Beobachtungen aus Herbst und Winter 2006 weiterlesen

Ist das Rebhuhn noch zu retten, Herr Gottschalk?

Ein Interview Seit nunmehr zwei Jahren ist der Landkreis Göttingen Schauplatz eines der ehrgeizigsten Artenschutzprojekte in Deutschland. Seitdem betreibt die Biologische Schutzgemeinschaft (BSG) gemeinsam mit dem Zentrum für Naturschutz an der Uni Göttingen das sogenannte „Rebhuhnschutzprojekt“. In Kooperation mit Landwirten und Jägern soll dabei den regionalen Beständen des charismatischen Hühnervogels auf die Sprünge geholfen werden. Wir haben mit Dr. Eckhard Gottschalk vom Zentrum für Naturschutz, einem der Projektkoordinatoren, gesprochen und ihn zum Rebhuhnschutzprojekt befragt. AGO: Das Rebhuhn war bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein ein weit verbreiteter und häufiger Bewohner der offenen Kulturlandschaft. Warum braucht es heute Schutz? E. Gottschalk: Die Bestände des Rebhuhns sind in den letzten Jahrzehnten Ist das Rebhuhn noch zu retten, Herr Gottschalk? weiterlesen

Das Futterhäuschen – eine Kathedrale des Vogelschutzes?

Mit dem Buch „Vögel füttern – aber richtig“ (Franck-Kosmos Verlag, Stuttgart 2006) haben Peter Berthold und Gabriele Mohr einen Ratgeber vorgelegt, der für ein zumindest in Deutschland völlig neues Verständnis der Vogelfütterung wirbt.* In den einleitenden Kapiteln des Buches beschreiben die beiden Autoren das Ausgangsszenario ihrer Überlegungen präzise und korrekt. Die Rote Liste gefährdeter Brutvögel wird immer länger. Mehr und mehr vermeintliche Allerweltsarten bevölkern wegen starker Bestandsrückgänge die Vorwarnliste zukünftiger RL-Kandidaten. Besonders betroffen sind Charakterarten des offenen und halboffenen Kulturlandes (darunter zahlreiche Weitstreckenzieher) sowie einige synanthrope Vertreter der Vogelwelt des Siedlungsbereichs. Hauptursache und Motor dieser bedrückenden Entwicklung ist die industrialisierte und chemisierte Landwirtschaft, die unter anderem den Verlust Das Futterhäuschen – eine Kathedrale des Vogelschutzes? weiterlesen

Von der Seltenheit zur Normalität – Silberreiher in Süd-Niedersachsen

Weiße Vögel haben seit jeher die menschliche Phantasie beflügelt. Für die einen symbolisieren sie jungfräuliche Reinheit, anderen sind sie wegen ihrer unwirklich anmutenden Erscheinung irgendwie suspekt. Den Höckerschwänen in städtischen Parkanlagen werden traditionell die unterschiedlichsten Gefühlsregungen entgegengebracht, und wenn diese Vögel nicht weitgehend stumm wären, könnten sie davon ein vielstimmiges Lied singen. Heutzutage ist nicht jede weiße Erhebung in der Landschaft zwangsläufig ein Schwan (oder eine Plastiktüte). Während der letzten 15 Jahre haben sich Silberreiher zu einem regelmäßigen Anblick gemausert. Gerät einer von ihnen ins Visier des interessierten Normalbürgers, ist dieser in der Regel konsterniert und fragt nicht selten telefonisch beim Experten nach („So einen merkwürdigen Vogel habe Von der Seltenheit zur Normalität – Silberreiher in Süd-Niedersachsen weiterlesen

Wo bleiben sie denn? Seidenschwänze, bitte melden!

Göttingen ist nicht nur eine quirlige Universitätsstadt, sondern – Kundige wissen es bereits – auch die Seidenschwanz-Metropole Süd-Niedersachsens. Seit dem Jahr 2000 haben die regionalen Nachweise dieses faszinierenden Gastvogels deutlich zugenommen. Grund dafür ist, neben gestiegener Aufmerksamkeit, das reiche Nahrungsangebot. Im Spätwinter werden von den gefräßigen Invasoren vor allem Mistelbeeren verspeist. Die Früchte dieses Halbparasiten gedeihen zu einem Gutteil auf Hybridpappeln, deren Zahl in unserer Stadt jedoch nach planmäßig betriebenen Fällaktionen deutlich kleiner geworden ist. Dessen ungeachtet beherbergte Göttingen während des beeindruckenden Einflugs im Winter 2004/2005, der in Band 10 der Naturkundlichen Berichte zur Fauna und Flora Süd-Niedersachsens ausführlich gewürdigt wird (Dörrie 2005) Trupps von bis zu 500 Wo bleiben sie denn? Seidenschwänze, bitte melden! weiterlesen

… weißer geht’s nicht?!

Kommentar. In den vergangenen dreißig Jahren wurde immer wieder vorgeschlagen, Brutvogelarten, die im Bestand nicht gefährdet sind oder einen positiven Trend aufweisen, in gesonderten Verzeichnissen aufzuführen, den sogenannten Grünen oder Blauen Listen. Durchsetzen konnten sich die Positivlisten aber nicht, weil sie für den Natur- und Artenschutz als fragwürdig bis kontraproduktiv eingestuft wurden. Dagegen ist die öffentlichkeitswirksame Präsentation von Erfolgen im staatlichen Natur- und Artenschutz nicht nur legitim – sie kann auch, zur Freude des Steuerzahlers, sinnvoll gestaltet werden. So liegt als gelungenes Beispiel der Werbung für bedrohte, aber im Bestand wieder zunehmende Tierarten eine im Jahr 2002 vom Bundesumweltministerium herausgegebene Broschüre mit dem treffenden Titel “Sie kommen wieder. … weißer geht’s nicht?! weiterlesen