Heimzug und Brutzeit 2020 – kein Stubenarrest für freie Vögel

„Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen“. Dieses legendäre Diktum des französischen Großdenkers Blaise Pascal (1623-1662) erfuhr durch einen aggressiven Winzling ungeahnte Aktualität und Wirkmächtigkeit. Als Folge der Corona-Pandemie erstarrte ab dem 21. März das öffentliche Leben in Deutschland. Eine strikte Ausgangssperre wie in Italien, Frankreich oder Spanien gab es aber nicht, dagegen Appelle der Bundesregierung, den Aufenthalt außerhalb der Wohnung auf ein Minimum zu reduzieren. Waren die Vogelfreunde folgsam und sind zu Hause geblieben? Eher nicht. In unserer Beobachtungsplattform ornitho.de gingen die bundesweiten Meldungen für März, April und Mai mit jeweils mehr als einer Million durch die Decke. weiterlesen Heimzug und Brutzeit 2020 – kein Stubenarrest für freie Vögel

Der Vogelwinter 2019/20 in Süd-Niedersachsen – feucht und stürmisch

In einem Eintrag für das Jahr 1808 erzählt Johann Peter Hebel im „Rheinischen Hausfreund“: „Im Jahr 1289, wo man von uns noch nichts wusste, war es so warm, dass die Jungfrauen um Weihnacht und am Dreikönigtag Kränze von Veilchen, Kornblumen und andern trugen“. Heute schmücken sich Mädchen der gehobenen Stände mit putzigen Strickmützen und gehen für Eis und Schnee auf die Straße. Vergebens, denn auch dieser Winter war wärmer als fast alle seiner Vorgänger, zumindest seit dem Beginn regelmäßiger Temperaturmessungen. Frosttage waren absolute Mangelware, Göttinger Kiessee und Seeburger See im Januar jeweils nur tageweise angefroren. Schnee in nennenswerter Menge fiel in den Hochlagen nur Ende Februar (ca. zehn weiterlesen Der Vogelwinter 2019/20 in Süd-Niedersachsen – feucht und stürmisch

Späte Brutzeit und Wegzug 2019: Bunte Gänse und invasive Eichelhäher

Das Wetter im Berichtszeitraum Juli-November kann für Göttingen als weitgehend ausgeglichen bezeichnet werden. Der Sommer war sonnenstundenreich, Juli und August etwas wärmer als gewöhnlich (mit neuem Temperaturhöchstwert von 37,4°C am 25.7.). Niederschläge waren nicht ganz so rar wie im extrem trockenen Vorjahr. Sie reichten aber nicht aus, das Defizit von 2018 auszugleichen. Als Folge litten auch zahlreiche Buchen und andere Laubbäume unter Trockenstress – ein Phänomen, das in diesem Ausmaß seit 50 Jahren nicht beobachtet wurde. Im September und Oktober fiel dann ordentlich Niederschlag, bei weitgehend „normalen“ Temperaturen. Zehn Frostnächte, überwiegend im November, lagen wiederum im langjährigen Mittel. Bedeutende Phasen von Starkregen- oder Sturmereignissen blieben aus, sodass sich weiterlesen Späte Brutzeit und Wegzug 2019: Bunte Gänse und invasive Eichelhäher

Heimzug und Brutzeit 2019 – Vögel auf der Wetter-Achterbahn

Der März 2019 war geprägt von einer rasanten Abfolge stürmischer Tiefdruckgebiete. Mit „Eberhard“, „Franz“, „Gebhard“ und „Heinz“ trugen sie altbackene Vornamen, nach denen Enkeltrickser und falsche Polizisten die Telefonlisten für ihre Schockanrufe filtern. „Igor“ setzte am 15. einen neuen Akzent. Sollte eine Familie dieses Sturmtief beim Berliner Institut für Meteorologie gesponsert und nach dem russischen Opa benannt haben, war dies nicht ganz so folgenreich wie beim legendären Orkan „Kyrill“ im Januar 2007. „Eberhard“ hinterließ in den Wäldern die tiefsten Spuren, war aber in seinem Wirken nicht annähernd vergleichbar mit dem Orkan „Friederike“ im Januar des Vorjahrs. Der Monat endete mit einer warmen Südwestströmung. Ab Anfang April wurde es weiterlesen Heimzug und Brutzeit 2019 – Vögel auf der Wetter-Achterbahn

Der Vogelwinter 2018/19 in Süd-Niedersachsen: Selten unspektakulär

Als “winterlich” kann der Dezember 2018 fürwahr noch nicht bezeichnet werden, herrschten doch vorrangig milde Temperaturen mit im Mittel 4°C. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und Schnee waren Mangelware, vielmehr machten vorfrühlingshafte 12°C kurz vor Weihnachten die Hoffnungen auf eine weiße Weihnacht endgültig zunichte. Und der Januar? Zunächst zeichnete sich kein wirklicher Wintereinbruch ab; nachts fiel die Temperatur nicht unter -3°C und tags stieg sie dank stabiler atlantischer Luftströmungen auf bis zu 8°C – durchaus auszuhalten. In der zweiten Januarhälfte erreichte uns dann ein einigermaßen stabiles Hochdruckgebiet und bescherte uns eine sonnige Woche und Dauerfrost mit Temperaturen von bis zu -10°C. Wenngleich nur von kurzer Dauer, so brachte es weiterlesen Der Vogelwinter 2018/19 in Süd-Niedersachsen: Selten unspektakulär

Späte Brutzeit und Wegzug 2018: ein sehr warmer, sehr trockener und endloser Sommer

Kurz und bündig: Der Sommer 2018 war groß, sehr groß. Er begann Mitte April und machte erst Mitte November einem Kälteeinbruch Platz. Insgesamt gestaltete er sich nicht ganz so warm wie der „Jahrhundertsommer 2003“. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war aber keiner so trocken. In vielen Regionen fiel nur ein Drittel der üblichen Regenmenge. Winzer, Betreiber von Obstkulturen, Eisdielenbesitzer und Freibadgänger jubilierten, während Getreide- und Kartoffelbauern, Binnenschiffer und Förster über Einbußen klagten. Gebietsweise wurde das Grünfutter für Kühe und Schafe knapp. Biobauern hingegen, die aus Prinzip auf eine vielfältige Fruchtfolge setzen und den Boden schonender bearbeiten, waren nicht annähernd so schlimm dran. Und während sich im warmen Rinden-Mikroklima Myriaden weiterlesen Späte Brutzeit und Wegzug 2018: ein sehr warmer, sehr trockener und endloser Sommer

Heimzug und Brutzeit 2018: „Brüh’ im Lichte dieses Glückes!”

Die eigenwillige Umdichtung der deutschen Nationalhymne, die eine leichte Muse aus Delmenhorst 2005 vor einem Fußballspiel versehentlich zu Gehör brachte („ich war so aufgeregt“), hat endlich Wirkung gezeigt: Im April, Mai und Juni 2018 gestaltete sich das Wetter so sonnig und warm wie noch nie seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen vor ca. 150 Jahren. Können wir bald ein Klimaoptimum (heutzutage ein verpönter Begriff!) wie im Mittelalter genießen, mit Weinbau an den Hängen des Leinetals oder Ackerbau und Viehzucht auf Grönland wie zur Wikingerzeit? Fällt die nächste Eiszeit, die eigentlich nicht mehr fern sein sollte, etwa aus? Oder herrschen im kommenden Jahr wieder ganz andere Verhältnisse? Egal: Bis Ende weiterlesen Heimzug und Brutzeit 2018: „Brüh’ im Lichte dieses Glückes!”

Der Vogelwinter 2017/18 in Süd-Niedersachsen: So weit die Flügel tragen – Besuch aus der Taiga

Im Dezember 2017 und Januar 2018 war es dunkel, sehr dunkel. Und sehr, sehr nass. Nur ganz selten riss, zwischen zwei Regengüssen, das dichte Gewölk auf. Dann klammerten sich blasse Kleinkinder in Panik an ihre Eltern, weil sie plötzlich von einem Feuerball geblendet wurden. Gerüchten zufolge soll es sich dabei um ein Gestirn namens ” Sonne” gehandelt haben. Im Dezember schien sie nur 16 Stunden, im Januar war es ähnlich. Damit wurde der extrem trübe Winter 2012/13 noch unterboten. Was tun? Eine bewährte Antwort auf monatelange Dunkelheit kommt aus Finnland. Sie wird dort “Kalsarikännit” genannt, auf Deutsch ungefähr “sich allein zu Hause in Unterhosen betrinken”. Vermutlich hat sie weiterlesen Der Vogelwinter 2017/18 in Süd-Niedersachsen: So weit die Flügel tragen – Besuch aus der Taiga

Späte Brutzeit und Wegzug 2017 in Süd-Niedersachsen: Wind und Regen ohne Ende

Das Wetter im Berichtszeitraum Juli – November gestaltete sich, nun ja, recht wechselhaft. Stabile Hochdrucklagen im Sommer: Fehlanzeige. Die Folge war ein extrem nasser Juli. So etwas ist in unseren Breiten nicht ungewöhnlich. In der letzten Dekade des Monats kam es jedoch besonders heftig: Das Tiefdruckgebiet „Alfred“, ein veritables Ekel, sorgte für tagelangen, unwetterartigen Dauerregen. Die Pegel der Leine und ihrer Nebenflüsse stiegen dramatisch. Nördlich des Harzes war auf großer Fläche Land unter. In Süd-Niedersachsen kam es nicht ganz so schlimm, doch mussten der Leinepolder Salzderhelden und der Seeanger zeitweise aufgestaut werden, um der Wassermassen Herr zu werden. Über Brutverluste in diesen Gebieten kann man nur spekulieren. Weil weiterlesen Späte Brutzeit und Wegzug 2017 in Süd-Niedersachsen: Wind und Regen ohne Ende

Heimzug und Brutzeit 2017 in Süd-Niedersachsen – (fast) alles schon mal da gewesen?

Unter dem knapp 2000 Jahre alten, hier leicht veränderten Sinnspruch des weisen Rabbi Ben Akiba wird im Folgenden ein kleiner Einblick in das süd-niedersächsische Vogelleben gegeben. Wie immer gibt es neben vielen Schattenseiten auch ein paar Lichtblicke. Sie alle zu dokumentieren ist das nüchterne Metier seriöser Avifaunistik. Wohl dem, der sich heute noch, animiert von der beschaulichen Devise “Mach’ es wie die Sonnenuhr, zähl’ die heit’ren Stunden nur“, in die Natur begibt. Sich darüber zu erheben oder gar lustig zu machen, ist völlig verfehlt: Bisweilen muss auch der abgeklärteste Vogelkundler – etwa nach der Durchquerung einer mit monströsen Windrädern zugestellten, güllegesättigten Glyphosat-Wüstenei – zu Stimmungsaufhellern greifen, wenn er weiterlesen Heimzug und Brutzeit 2017 in Süd-Niedersachsen – (fast) alles schon mal da gewesen?

Der Vogelwinter 2016/17 in Süd-Niedersachsen: zeitweise kalt und meistens ruhig

Das Winterwetter war geprägt von einem eisigen Januar, der ca. 2°C kälter ausfiel als im Mittel. In den Niederungen fiel jedoch nur wenig Schnee. Die Stillgewässer waren über Wochen zugefroren. Nur der Northeimer Freizeitsee wies einen eisfreien Bereich von nennenswerter Größe auf, an dem sich im Hochwinter mehr als 1000 Wasservögel konzentrierten. In der letzten Februardekade tauten die Gewässer wieder auf, wobei das Orkantief „Thomas“ am 23. des Monats diesen Prozess mit ergiebigen Regenfällen beschleunigte. Um der Wassermassen Herr zu werden, wurde die Leine im Polder 1 bei Salzderhelden schnell angestaut.Anders als im vorangegangenen milden Winter 2015/16 verharrten einige Kurzstreckenzieher dieses Mal in nennenswerter Zahl. Dazu später mehr. weiterlesen Der Vogelwinter 2016/17 in Süd-Niedersachsen: zeitweise kalt und meistens ruhig

Späte Brutzeit und Wegzug 2016 in Süd-Niedersachsen: mal warm, mal kalt – Wetter halt

Das Wetter wies im Berichtszeitraum Juli – November einige Besonderheiten auf. Am 28. August fegte ein Sturm über den Göttinger Süden und sorgte am Kiessee für zahlreiche umgestürzte Bäume, vor allem alte Weiden. Der sehr warme September (fünf Grad wärmer als im Durchschnitt) glich mehr einem Sommermonat. Der Oktober war dagegen alles andere als golden und eher kühl. Der ungewöhnlich frühe Wintereinbruch in der ersten Novemberhälfte mit gebietsweise starken Schneefällen im Norden der Republik machte sich bei uns nur in abgeschwächter Form mit ein paar Frostnächten bemerkbar, in denen einige Kleingewässer, darunter auch Teile des Seeangers, schnell zufroren. Gleichwohl erreichten uns in diesem Zeitraum gefiederte Gäste auf der weiterlesen Späte Brutzeit und Wegzug 2016 in Süd-Niedersachsen: mal warm, mal kalt – Wetter halt