Heimzug und Brutzeit 2011 – vogelkundliche Neuigkeiten aus einem denkwürdigen Frühjahr

Der Mai 2010 ist als einer der kältesten seit Menschengedenken in die Annalen eingegangen. Auch dem Mai 2011 wird dies gelingen, allerdings unter umgekehrtem Vorzeichen: Er war einer der wärmsten und trockensten. Führten vor einem Jahr Nässe, Kälte und Insektenarmut zum Scheitern vieler Kleinvogelbruten, sah es im Frühjahr 2011 ganz anders aus. Für unsere Insektenfresser und ihren Nachwuchs war diesmal Überfluss angesagt. Für Feuchtgebietsarten und am Boden nach Würmern stochernde Vögel geriet die Trockenheit jedoch zum Nachteil. Auch der flächendeckende Kollaps von Mäusepopulationen, der mit dem Wetter nur bedingt zu tun hatte, forderte bei einigen Arten seinen Tribut. Aber der Reihe nach. Im Göttinger Stadtgebiet schritten drei Brutpaare Heimzug und Brutzeit 2011 – vogelkundliche Neuigkeiten aus einem denkwürdigen Frühjahr weiterlesen

Süd-Niedersachens erster Sichler

Eigentlich sollte der Gang in den Seeanger (20 km östlich von Göttingen) am 10. April 2011 lediglich als Antidepressivum gegen ein paar Tage Vogelkartierung in öden brandenburgischen Kiefernforsten und zwischen planenbedeckten Spargelfeldern dienen. Allein schon das Wetter lockte hinaus in eine offene Landschaft, wo die Sonne nicht von unzähligen Kiefernstämmen in Reih und Glied verdunkelt wird. Als wir, Klaus Dornieden und Benedikt Bierwisch, uns am Nachmittag auf den Weg machten, wussten wir noch nichts von Grünschenkel, Kampfläufer und Regenbrachvogel, die Hannes Dörrie am Mittag über unsere regionale Newsgroup avigoe gemeldet hatte. Bei herrlicher Beleuchtung freuten wir uns an Rot- und Schwarzmilan, an einer Rostgans sowie Schnatter-, Knäk-, Löffel-, Süd-Niedersachens erster Sichler weiterlesen

(Hoffentlich nicht nur) in eigener Sache: Gegen das dreiste Absaugen von Beobachtungsdaten durch naturgucker.de!

Die Northeimer Firma naturgucker.de, die sich selbst als „bundesweiter Marktführer bei naturkundlichen Beobachtungen“ bewirbt, hat ihre Geschäftsidee mit einer neuen Serviceleistung aufpoliert. Unter der Rubrik “Seltenheiten” und der Herkunftsbezeichnung „Zitat Internet“ findet man neuerdings mehr oder minder interessante Beobachtungen aus landesweiten bzw. regionalen Newsgroups und Mailinglisten sowie aus dem bundesweit agierenden, kostenpflichtigen Club 300. Hinzu kommen Meldungen, von denen nur die Betreiber der Firma meinen, sie seien besonders bemerkenswert, wie z.B. zwei Zwergmöwen vom 15.5. am Seeburger See, die bar jeder Fachkenntnis als „saisonale Besonderheit“ präsentiert werden.Vor dem trostlosen Hintergrund, dass bis vor kurzem das gefiederte Raritätenspektrum dieser Datenbank, neben einer Vielzahl fragwürdiger bis grotesker Wahrnehmungen (z.B. balzende (Hoffentlich nicht nur) in eigener Sache: Gegen das dreiste Absaugen von Beobachtungsdaten durch naturgucker.de! weiterlesen

Das Birdrace 2011 im Göttinger Land

Sonnenschein aus einem strahlend blauen Himmel bei 24°C, dazu ein leichter Ostwind – Kundige wissen, dass derart angenehm erscheinende Bedingungen für das Aufspüren von Vögeln alles andere als optimal sind. Dessen ungeachtet traten am 7. Mai zwei Göttinger Teams mit- und gegeneinander an: die seit 2005 alljährlich startenden „Sozialbrachvögel“ und, in ihrem zweiten Jahr, die „Leinehänflinge“. Mit 102 (Platz 90 bundesweit) zu 117 Arten (Platz 51) kassierten die „Sozialbrachvögel“ eine Niederlage, die als „krachend“ zu bezeichnen noch untertrieben ist. Ergebnisse und Namen der SponsorInnen können auf der Homepage des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) im Einzelnen studiert werden. Beide Teams verzichteten in diesem Jahr auf einen Besuch des Reinhäuser Das Birdrace 2011 im Göttinger Land weiterlesen

Seidenschwänze in Süd-Niedersachsen 2010/2011: mehr sanfte Brise als Invasorensturm

Das gleichermaßen frühe und zahlreiche Eintreffen von Seidenschwänzen (Bombycilla garrulus) bereits im Oktober 2010 auf Helgoland und an der deutschen Nord- und Ostseeküste nährte bei einigen Vogelkundlern die Erwartung, dass nach einem extrem schwachen Auftreten im kalten Winter 2009/2010 wieder einmal ein Masseneinflug bevorstehen könnte. Im spektakulären Invasionsjahr 2004/2005 waren die ersten der gefräßigen Nordlichter nämlich ähnlich früh erschienen. Flugs erfolgte auf unserer Homepage am 28.10. ein Aufruf, die Vögel zu melden. Auch das „Göttinger Tageblatt“ war, wie 2004, am 3.11. mit einer entsprechenden Aufforderung an seine Leserinnen und Leser erneut am Start. Damit waren gute Voraussetzungen gegeben, einen Einflug auf großer Fläche und unter breiter Beteiligung der Seidenschwänze in Süd-Niedersachsen 2010/2011: mehr sanfte Brise als Invasorensturm weiterlesen

Amtliche Entwarnung: Nur eine deutsche Brutvogelart akut vom Klimawandel bedroht!

In der Schriftenreihe „Naturschutz und biologische Vielfalt“ des Bundesamts für Naturschutz (BfN) ist als Bd. 98 eine Literaturstudie von Rabitsch et al. zum Thema „Auswirkungen des rezenten Klimawandels auf die Fauna in Deutschland“ erschienen. In einer Pressemitteilung des BfN vom 18.3.2011 wird die Publikation wie folgt vorgestellt: „Vom Klimawandel sind auch Tiere betroffen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Bienenfresser, der sich infolge des Klimawandels nordwärts in Mitteleuropa ausbreitet. Als „Verlierer“ des Klimawandels gelten die Langstreckenzieher unter den Zugvögeln, die oft zu spät wieder in Deutschland eintreffen. Der Gartenrotschwanz oder der Trauerschnäpper finden so kaum noch genügend Brutplätze und Nahrung“. Wie sich die Bilder gleichen: Der Vorläufer der Amtliche Entwarnung: Nur eine deutsche Brutvogelart akut vom Klimawandel bedroht! weiterlesen

Temperaturen auf der Achterbahn – der Vogelwinter 2010/2011 in Süd-Niedersachsen

March 14th, 2011 Der dritte Kältewinter in Folge setzte bereits Ende November mit einem massiven Kälteeinbruch und heftigen Schneefällen ein. Mit 30 Frosttagen und bis zu 40 cm Schneehöhe auch in den Tieflagen war der Dezember 2010 der kälteste und schneereichste seit 40 Jahren. Der Januar hingegen zeichnete sich im wesentlichen durch milde Temperaturen aus und war vermutlich wieder mal „zu warm“. Das Tauwetter zum Monatsanfang brachte Hochwasser und einen Volleinstau des Leinepolders Salzderhelden. Im Februar lösten sich kalte und milde Perioden ab. Mäßiger Nachtfrost sorgte dafür, dass Anfang März viele Stillgewässer noch ganz oder teilweise zugefroren waren. Mit bis zu 90 Ind. lag der Winterbestand des Höckerschwans Temperaturen auf der Achterbahn – der Vogelwinter 2010/2011 in Süd-Niedersachsen weiterlesen

Süd-Niedersachsens zweiter Eistaucher : ein kleines Lehrstück für Anfänger (und Fortgeschrittene)

Nach einem total verregneten und deshalb fast „vogelfreien“ Samstag zog es Hans-Jürgen Thorns (Göttingen-Groß Ellershausen) am darauf folgenden Sonntag, dem 14.11.2010 gegen 7.30 Uhr an die Kiesgrube Reinshof südlich von Göttingen. Das Wetter war mit 14°C und einer föhnigen Brise aus Südwest angenehm frühlingshaft. Ein paar Tage zuvor gab es an dem ca. neun Hektar großen Abbaugewässer einen bunten Gänsemix zu sehen, u.a. mit diesjährigen Blässgänsen wie aus dem Bilderbuch. Dieses Mal verlief der Rundgang zunächst eher unspektakulär: Eine Höckerschwan-Familie, ein paar Stockenten, eine Reiherente und zwei Dutzend Blässhühner dominierten das schmale Artenspektrum. Knapp 50 Graugänse, die in kleinen Trupps einflogen, machten viel Lärm um was auch immer. Süd-Niedersachsens zweiter Eistaucher : ein kleines Lehrstück für Anfänger (und Fortgeschrittene) weiterlesen

Brutzeit II und Wegzug 2010 – vogelkundliche Neuigkeiten aus Niedersachsens Boomregion mit Herz!

Weil dieser Bericht ziemlich umfangreich ausfällt, verzichten wir auf ergötzliche Präliminarien und kommen gleich zur Sache. Die Höckerschwan-Brutpaare am Rückhaltebecken Grone und an der alten Rosdorfer Tongrube brachten sechs bzw. fünf Junge zum Ausfliegen. Die Rosdorfer Jungschwäne waren alle von Geburt an weiß gefärbt (sog. immutabilis-Variation). Die anderen drei Göttinger Schwanenpaare (Kiessee, Pfingstanger und Levin-Park) blieben ohne Nachwuchs. Eine für das tiefe Binnenland verdächtig frühe Ringelgans schwamm am 17.10. an der Geschiebesperre Hollenstedt. Herkunft und Unterarten-Status dieses Vogels müssen offen bleiben. Im Leinetal zwischen dem Wendebachstau bei Reinhausen und der Geschiebesperre Hollenstedt flog ab Mitte September eine Kanadagans umher. Diese Gänseart ist, anders als in West- und Süddeutschland, Brutzeit II und Wegzug 2010 – vogelkundliche Neuigkeiten aus Niedersachsens Boomregion mit Herz! weiterlesen

Seidenschwänze – Ansturm der Invasoren?

Während der vergangene Kältewinter ungewöhnlich wenige Seidenschwänze nach Süd-Niedersachsen brachte, könnte es in den kommenden Wochen und Monaten wieder ganz anders aussehen. Seidenschwanz-Invasionen werden im wesentlichen vom mangelnden Nahrungsangebot (z.B. ausbleibende Fruktifikation der Eberesche) im Winter verursacht. Die beerenfressenden Taigavögel sind dann gezwungen, nach Süden auszuweichen. Momentan zeichnet sich ein früher Einflug ab, vor allem an der norddeutschen Küste und auf Helgoland (dort bereits mehr als 100 rekordverdächtige Individuen). Aber auch in Mittelhessen wurden schon einige gesichtet (M. Kraft im German BirdNet). Woher die einfliegenden Vögel stammen ist unklar. Aus Südschweden (Falsterbo) liegen bis dato nur wenige Beobachtungen ziehender Individuen vor. Der bislang stärkste Einflug konnte für den Seidenschwänze – Ansturm der Invasoren? weiterlesen

Der Gartenrotschwanz – Vogel des Jahres 2011 – in Süd-Niedersachsen: eine urbane Randexistenz mit hohen Ansprüchen

Hätte der NABU nach dem gefiederten Angler-Hassobjekt Kormoran (vgl. den Beitrag vom 25.10.2009 auf dieser Homepage) die ähnlich unpopuläre Elster zum „Vogel des Jahres 2011“ küren sollen? Das wäre wohl etwas zuviel verlangt von einem Verband, dem in der Mehrheit gutherzige BeitragszahlerInnen angehören, die ihre Symbiose mit den gefiederten Freunden ohne Ausschüttung von Stresshormonen genießen möchten. Deshalb ist die Wahl eines hübschen Singvogels, an dem sich niemand stört, durchaus nachvollziehbar. Zudem ist der Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) aus fachlicher Sicht eine interessante Vogelart, deren Populationsdynamik (auch) in unserer Region viele Fragen aufwirft. Bestand und Bestandsentwicklung Der aktuelle Brutzeitbestand unseres Porträtvogels kann in Süd-Niedersachsen (Landkreise Göttingen und Northeim) auf der Der Gartenrotschwanz – Vogel des Jahres 2011 – in Süd-Niedersachsen: eine urbane Randexistenz mit hohen Ansprüchen weiterlesen

Katastrophen? – Wir warten nur darauf!

Brennende Wälder, von Orkanen leergefegte Höhenzüge, Truppenübungsplätze mit feuerspeienden Panzerverbänden, die Schneisen der Verwüstung hinterlassen, die Mondlandschaften des Braunkohle-Tagebaus: Was der empfindsame Normalbürger zumeist als „Schändung“ und „Zerstörung“ einer vermeintlich „intakten Natur“ wahrnimmt und der Forstwirt oder Waldbesitzer als ökonomisches Desaster beklagt, ist für etliche – zunehmend seltener werdende – Brutvogelarten ein wahrer Segen. Dieser hält sich jedoch in engen Grenzen, wenn die Natur rasch wieder „in Ordnung gebracht“ wird und düngender Nährstoffeintrag die offenen Flächen schneller denn je wieder zuwachsen lässt. Um diese Phänomene am Beispiel des Reinhäuser Walds südlich von Göttingen genauer zu erkunden hatte sich im Frühjahr 2009 ein Team unseres Arbeitskreises unter der Ägide Katastrophen? – Wir warten nur darauf! weiterlesen